Berliner Verwaltungsgericht - Verkürzung des Genesenenstatus auf drei Monate ist rechtswidrig

Do 17.02.22 | 14:02 Uhr
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ILLUSTRATION - Ein Mann hält sein Smartphone mit einem digitalen Covid-Genesenenzertifikat vor einem Apotheken-Logo hoch. (Quelle: dpa/Marcus Brandt)
Audio: Fritz | 17.02.2022 | Natascha Gutschmidt | Bild: dpa/Marcus Brandt

Wie lange gilt der Genesenenstatus? Zuletzt verkürzte das RKI die Geltungsdauer von sechs auf drei Monate. Das ist rechtswidrig, entschied das Verwaltungsgericht Berlin. Die Entscheidung gilt aber zunächst lediglich für die beiden Antragssteller.

Die umstrittene Verkürzung des Genesenenstatus durch das Robert-Koch-Institut (RKI) von sechs auf drei Monate ist rechtswidrig. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin am Mittwoch in einem Eilverfahren entschieden. Am Donnerstag wurde der Beschluss öffentlich gemacht.

Über die Geltungsdauer des Genesenenstatus müsse die Bundesregierung selbst entscheiden, so die Richter und verwiesen auf die Vorschriften im Infektionsschutzgesetz. Dies könne nicht dem RKI übertragen werden. Dies überschreite die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung. Aus diesem Grund habe sich das Gericht nicht mit der Frage befassen müssen, ob die zeitliche Verkürzung von sechs auf drei Monate auf ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe oder hinreichend begründet worden sei.

Entscheidung gilt nur für Antragssteller

Diese Entscheidung gilt nach Gerichtsangaben aber zunächst lediglich für die beiden Antragssteller, die vor das Verwaltungsgericht gezogen waren. Mit ihrem Eilantrag wollten sie laut Gericht eine zehntägige Quarantänepflicht nach Rückkehr von einem Kurzaufenthalt in Dänemark vermeiden. Vor der Verkürzung des Genesenenstatus wären sie davon noch ausgenommen gewesen, hieß es.

Das Gericht könne die Verordnung nicht generell aussetzen, erklärte ein Gerichtssprecher. Der Beschluss ist auch noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung im Eilverfahren ist Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich.

Bund und Länder haben bereits vereinbart, dass die Festlegungen zum Genesenenstatus nicht mehr an das RKI delegiert werden sollen. Damit soll eine jüngst vorgenommene Änderung rückgängig gemacht werden. Diese sieht vor, dass die Frist nicht mehr in einer Verordnung steht, sondern Festlegungen des RKI auf dessen Internetseite direkt greifen.

RKI hatte den Status zum 15. Januar von sechs auf drei Monate verkürzt

Das Institut hatte den Genesenenstatus auf dieser Grundlage zum 15. Januar von sechs auf drei Monate verkürzt. Viele Bürger verloren damit quasi über Nacht die Möglichkeit, in Restaurants oder Bars zu gehen. Unmut löste aus, dass diese Änderung zunächst weitgehend unbemerkt blieb.

Zuvor hatten bereits die Verwaltungsgerichte in Osnabrück, Hamburg und Ansbach in Bayern ähnlichen Eilanträgen stattgegeben, das Dresdner Verwaltungsgericht lehnte einen solchen dagegen ab. Anders als im Berliner Fall wandten sich die Antragsteller in diesen vier Fällen nicht gegen die Bundesregierung selbst, sondern gegen die Behörden vor Ort oder die Landesverordnungen.

Sendung: Abendschau, 17.02.2022, 19:30 Uhr

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62 Kommentare

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  1. 62.

    Geimpft ist doch geimpft. Noch ist eine Boosterpflicht doch immernoch nicht umgesetzt. Nichtmal die Apps erkennen den Booster endlich mal, obwohl für 2G+ Kontrollen sehr sinnvoll. (2G könnte ja einfach gelb geben).

    Auch die 3 Monate Genesenstatus ist nicht in der App hinterlegt. Wird wohl bevor die App alles vernünftig kann sowieso alles obsolet sein. ;D

  2. 61.

    Die meisten stellen sich das ganz einfach vor oder?

    Zack Stellen für ITS Pflegekräfte Ausbildung ausschreiben und eventuell noch für ihre Notfallpflegekräfte. Schon Problem gelöst. Seit 30-40 Jahren wollen immer weniger Menschen solche Berufe ausüben, das ist einfach so und damit hat die Politik nicht einmal viel zu tun. Ich würde diesen Job auch nicht machen wollen, Sie vielleicht? dann melden Sie sich, Sie werden wohl direkt einen Ausbildungsplatz bekommen.

  3. 60.

    Hallo Thomas,
    es liegt mir fern, Ihnen Ihre persönliche Meinung suggerieren zu wollen.
    Ein solches Missverständnis möchte ich gern auflösen.

    Ich hatte angenommen, dass es Sie freuen würde, wenn Sie mit Ihrer Einschätzung "Es ist daher zu erwarten, dass das OVG das Urteil des VG aufhebt." richtig lägen.
    Natürlich meine ich mit "freuen" das ganz positive Gefühl, wenn eine getroffene Aussage bestätigt wird.

    Bei der Bewertung der selbst von Karl Lauterbach eingeräumten Kommunikationsstörung zwischen RKI und Minister würde ich allerdings beim Attribut "beschämend" bleiben. (Siehe #55)

    Ich denke, so könnten wir uns ins Benehmen setzen.

  4. 59.

    "...und selbst wenn Ihnen das OVG die Freude machen sollte..."
    Das ist genau eine "Stammtischparole", mir meine persönliche Meinung suggerieren zu wollen und ich finde hier überhaupt nichts beschämend, sondern genau so, wie ich es im Kommentar #53 bereits beschrieben hatte.

  5. 58.

    Die Antwort sollte eigentlich an #38 gehen.

    Aber ok wo hat er eine Allumfassendheitsthese abgeleitet?
    Und dort steht auch:
    "Dennoch würden alle Daten zeigen, dass der Schutz für Genesene vor einem schweren Krankheitsverlauf nach einer Corona-Infektion „sehr gut“ sei."
    Und nur darum geht es.

  6. 57.

    Die Aussage im Artikel vom 28.01. ist im Zusammenhang dieses Urteils soviel Wert wie die Wasserstandsmeldung der Elbe. Auch der in dem Artikel zitierte Expertenrat hat sich in den offiziellen, publizierten Empfehlungen mit keinem Wort zu dieser Entscheidung eingelassen, weder inhaltlich noch verwaltungsformal.

  7. 56.

    Irritierend ist, dass ein einzelner Arzte einige Krankenhäuser anfragt und daraus eine Allumfassendheitsthese ableitet. Hat Sie das nicht irritiert?

    Der von mir verlinkte Artikel ist im übrigen vom 07.02. Nicht-Lesen hilft natürlich der Keine-Ahnung.

  8. 55.

    Hallo Thomas,
    und selbst wenn Ihnen das OVG die Freude machen sollte - finden Sie nicht auch, dass es beschämend ist, wenn in einer Krisensituation eine Behörde eine fragwürdige Entscheidung trifft, ohne ihren Dienstherren rechtzeitig zu informieren.

    Das Wichtige, dass diese Regelung justiziabel ist/war und ein Gericht die Rechtswidrigkeit festgestellt hat.
    Wir bewegen uns also nicht auf dem Level von Stammtischparolen, obwohl auch viele "normale" Menschen und Nichtjuristen ein ungutes Gefühl hatten.

    Als loyaler und mündiger Bürger freue ich mich darüber, dass ein Gericht eine offizielle Angelegenheit durchaus kritisch bewertet, selbst wenn ein anderes zu einer anderen Bewertung kommen sollte.
    Denn wenn das nämlich nicht mehr möglich wäre, ... puh!

  9. 54.

    Keine Ahnung,was in dem Text als Gegenargument drin stehen soll und ich werde es mir auch nicht durchlesen,aber bitteschön:

    https://www.berliner-zeitung.de/news/genesene-schutz-vor-infektion-ist-vergleichbar-mit-schutz-nach-impfung-li.208171

    Mediziner: „Keine bekannten Fälle von Genesenen auf Intensivstationen“

  10. 53.

    Man kann als Laie den Sinn von Maßnahmen immer in Frage stellen, aber Karl Lauterbach hat die Entscheidung damit begründet, dass die einfachen Delta-Genesenen sich nach 3 Monaten mit Omikron infizieren können.
    Die EU hat in ihrer Genesenen-Auslegung "BIS" ZU 6 MONATEN zustehen. In Frankreich legt man "BIS" mit 4 Monaten aus.

    Fässt man dies alles zusammen, steht die Festlegung zum Genesenenstatus in Deutschland NICHT im Widerspruch zur EU, ist wissenschaftlich begründet und damit verwaltungstechnisch sauber. Es ist daher zu erwarten, dass das OVG das Urteil des VG aufhebt.

  11. 52.
    Antwort auf [Nana ] vom 17.02.2022 um 22:33

    Und genau das scheint nach einer Infektion mit Ommikron nicht der Fall zu sein [1].

    Demnach hätte auch ein Hr. Lauterbach auf Basis der vorliegenden Informationen so entscheiden müssen, hätte er nicht mit einer Verordnung vom Januar das RKI dazu ermächtigt (was nach Urteils des Verwaltungsgericht rechtlich nicht zulässig war).

    Oder er hätte sehenden Auges die vorliegenden Daten ignoriert.

    [1] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/131519/Medizinische-Debatte-um-Genesenenstatus-Wie-gut-sind-Omikron-Infizierte-geschuetzt

  12. 51.

    Ja stimmt leider.
    Und da Berlin für sein aussitzen bekannt ist wird man erst einmal nichts weiter machen.

  13. 50.
    Antwort auf [Nana ] vom 17.02.2022 um 22:36

    Von mir aus gründen sie eine BI. Aber machen sie was statt alles mieszumachen. Das ist Demokratie. Deswegen werden sie nicht morgen verhaftet oder gar ermordet.

    Für dieses Recht wurde lange genug gekämpft.

  14. 49.

    Ein gelungener Taschenspielertrick zwischen Lauterbach und Wieler. Das kaum jemand aufschreit kann ich mir nur so erklären, dass fast alle infizierten geimpft waren und es bei den 6 Monaten bleibt.

  15. 48.

    Ui, das war ein guter! Glaube aber nicht, dass das alle verstehen...

  16. 46.

    Warum sollte ich*? Ziehen Sie doch in ein Land IHRER Wahl, wo Kritik am Staat direkt unterbunden wird. Dann müssen Sie sich keine anderen Meinungen mehr anhören. Deal?

    *) Davon ab bin ich ohnehin in drei Ländern zuhause. Ist hier aber irrelevant.

  17. 45.

    Der Staat das sind wir alle. Wir haben Parteien gewählt die auf Teufel komm raus privatisiert haben und das Gesundheitssystem auf marktwirtschaftlich getrimmt haben. Wir haben diese Parteien gewählt.

  18. 44.

    Hallo Andreas,
    dem letzten Satz habe ich nichts hinzuzufügen. Außerdem hat ja Lauterbach dem RKI die Sache entzogen weil ... Naja, steht auch in der Urteilsbegründung. Es obliegt nämlich der Regierung und nicht eines Institutes.
    Mit freundl. Grüßen

  19. 43.

    Andreas:
    "Wenn jetzt alle Bürger der Stadt eine Klage einreichen würden…. das wäre mal was :D"

    Ja, aber viele Klagen würden zurückgewiesen werden wegen fehlender Beschwer, nämlich die von den Menschen, die das gar nicht betrifft, also die nicht im 4.-6. Monat des Genesenheitsstatus sind bzw. nicht in diesen kommen (also zur Zeit im 1.-3. Monat mit Gesenheitsstatus sind). Denn zulässig sind nur Klagen, wenn man selber davon betroffen ist. Wenn jemand dagegen klagt, der davon nicht betroffen ist (also nicht genesen oder seit mehr als 6 Monaten genesen), dann wird die Klage als unzulässig zurückgewiesen.

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