Corona-Kurzarbeitergeld läuft aus - "Die Angst, dass alles wegbricht, ist massiv"

Sa 22.01.22 | 11:24 Uhr | Von Christoph Hölscher
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Logo am Gebäude der Agentur für Arbeit (Quelle: dpa/Christoph Hardt)
Video: Brandenburg aktuell | 22.01.2022 | Hanno Christ | Bild: dpa/Christoph Hardt

Im März jährt sich der Beginn der Pandemie zum zweiten Mal. Unternehmen, deren Beschäftigte Kurzarbeitergeld beziehen, haben dann ein Problem: Die Leistung ist auf 24 Monate begrenzt. Ein Messebauer aus Bernau fürchtet um seine Existenz. Von Christoph Hölscher

Fast 20 Jahre lang hat Existenzgründer Michael Kessmann geackert, um seine Firma groß zu machen - mit Erfolg: Messen in Düsseldorf, Paris, Barcelona, zehn Angestellte, drei Millionen Euro Jahresumsatz, eine nagelneue Halle im Bernauer Gewerbegebiet. Doch dann kommt Corona: Alle Messen werden abgesagt - für Kessmann und seine Mitarbeiter gibt es nichts mehr zu tun.

Immerhin muss er sie nicht entlassen: Es gibt Kurzarbeitergeld vom Staat. Kessmann ist einer der ersten Unternehmer in Brandenburg, die es damals beantragen. Nun könnte er einer der ersten sein, bei denen es ausläuft.

Geld vom Staat gegen Arbeitslosigkeit

Um Firmenpleiten und Massenarbeitslosigkeit im Lockdown zu verhindern, erleichtert die Bundesregierung den Bezug von Kurzarbeitergeld gleich zu Beginn der Pandemie. Unternehmen können ihre Beschäftigten auf Staatskosten vorübergehend nach Hause schicken - bis zu 24 Monate lang. Die Folge: Bis zu sechs Millionen Beschäftigte beziehen auf dem Höchststand im April 2020 Kurzarbeitergeld; über 40 Milliarden Euro gab der Bund dafür in den vergangenen zwei Jahren aus.

Das Ergebnis: Auch wenn es für sie keine oder weniger Arbeit gibt, bekommen Arbeitnehmer zwischen 60 und 87 Prozent ihres Gehalts - je nach Dauer und Familienstand. Kessmann stockt die Zahlungen für seine Beschäftigten auf 100 Prozent auf - Rücklagen aus "besseren Zeiten" machten es möglich, so Kessmann. Darüber habe er nicht lange nachdenken müssen: "Die Mitarbeiter sind unser Kapital. Wenn wir die nicht hätten, könnten wir gleich dichtmachen."

Unternehmer vor dem Aus?

Doch genau das könnte jetzt, nach fast zwei Jahren Pandemie, trotzdem passieren: Ende Februar läuft das Kurzarbeitergeld für seine Beschäftigten aus; die Höchstbezugsdauer von 24 Monaten ist dann erreicht. Eine Verlängerung: bisher nicht vorgesehen. Aufträge für den Messebauer sind nicht in Sicht. Kessmann ist verzweifelt: "Nach dem jetzigen Stand müsste ich allen Mitarbeitern kündigen."

Anders als etwa in der Gastronomie oder im Kulturbereich gab es für die Messe- oder Veranstaltungsbranche keine "Atempausen" zwischen den Corona-Wellen. Aufträge? Fehlanzeige - abgesehen von kleineren Einsätzen etwa beim Bau eines Impfzentrums oder einer Teststelle. Dazu kommen noch bürokratische Hürden: So darf Kessmanns Firma nicht in anderen Branchen, etwa auf dem Bau, tätig werden, weil er sonst staatliche Fördergelder für seine neue Betriebshalle zurückzahlen müsste. Diese sind daran gekoppelt, dass er ausschließlich als Messebauer tätig ist.

Michael Kessmann engagiert sich politisch bei den Freien Wählern in Bernau und hofft jetzt auf die Hilfe der Landesregierung: Wenn der Bund beim Kurzarbeitergeld nicht nachlegen will, müsse eben das Land Brandenburg für Unternehmen in Not in die Bresche springen, findet er.

Politik prüft weitere Hilfen

Der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) dämpft die Erwartungen: Es sei gar nicht klar, wie viele Betriebe überhaupt vom Auslaufen des Kurzarbeitergeldes betroffen seien, so der Minister. Die Zahlen würden gerade vom Bundesarbeitsministerium erhoben und geprüft. Ansonsten sei die Landeregierung in "intensiven Gesprächen" mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) darüber, ob und wie betroffenen Unternehmen geholfen werden könne. Für weitere Zuschüsse an Unternehmen aus Landesmitteln sieht Steinbach derzeit noch keinen Bedarf.

Für Unternehmer Kessmann wird es eng. Schon im März könnte Schluss sein für ihn und seine Beschäftigten nach fast 20 Jahren: "Die Angst, dass alles wegbricht, ist massiv." Er wünscht sich schnell ein "starkes Signal" der Unterstützung von der Politik - vor allem aber auf ein Ende der Pandemie, damit er bald wieder als Messebauer arbeiten und auf eigenen Füßen stehen kann.

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Sendung: Inforadio, 21.01.2022, 18:25 Uhr

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Beitrag von Christoph Hölscher

46 Kommentare

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  1. 46.

    ......kritisch sich selbst gegenüber - auf gut deutsch: selbstkritischer :)

  2. 44.

    Kommt immer drauf an was und wie etwas gesagt wird. Die Beschwerden kamen nicht von mir aber von Kommentatoren (wie u.a. von Paul/BRB) die eigentlich immer objektiv urteilen. Es ging darum, dass wieder einmal eine dominierende Meinung vertreten wurde, der sich alle anzupassen haben, widerspruchslos!!!! Das geht in einem Forum überhaupt nicht, genausowenig wie die Tatsache, dass Antworten darauf nicht veröffentlicht werden. Es ging übrigens um "Elon Musk kommt Mitte Februar erneut nach Berlin" aber nicht nur dort ist das gewesen.
    Er ist übrigens kein Ausnahmefall. Das scheint hier zur Tendenz zu werden und sie sollten auch ab und an kritisch in den Spiegel schauen.

  3. 43.

    "Elon Musk kommt Mitte Februar erneut nach Berlin" Und kommen sie jetzt nicht mit der Ausrede, dass sie ihn nicht finden. Da kann ich nur sagen "sauber hingekriegt"
    09:09/12:10

  4. 42.

    Aber seine Meinung darf „Dominik“ wohl noch sagen? Die Unternehmersicht ist doch diejenige, die hier deutlich zu kurz kommt. Finden Sie nicht, das die dazugehören muss und auch warum?

  5. 41.

    „Medien haben eine Verpflichtung objektiv zu berichten“ - haben sie leider nicht, genausowenig sie die richtige Grammatik verwenden. Sie sind nur ihrem Gewissen verpflichtet - und das hat viel Gestaltungsspielraum. Was sie nicht machen sollten, andere zu erziehen... wenn das passiert, wird abgeschaltet. Siehe Einschaltquoten von Fritz- oder Inforadio.

  6. 40.

    Angst lähmt, aber wer (Altes) loslässt hat zwei Hände frei. Also nach zwei Jahren in Angst - loslassen und Neues wagen.

  7. 39.

    Wenn, Ihrer Meinung nach ein Messebauer ein Tausendsassa zu sein hat, dann sind Sie es doch auch mal selber, und betätigen sich in Ihrem Domizil als Dachdecker und Klempner.

  8. 38.

    Wieso heben Sie hervor gesetzlich versichert zu sein. Solidarität? Wenn Sie Ihre Kinder und nicht sozialversicherungspflichtige/n Ehepartner/in in der gesetzl. Krankenkasse mitversichern ist es doch wesentlich günstiger, da für diese keine Beiträge bezahlt werden müssen. Und der Beitragssatz wird nur bis zur jeweiligen Einkommensgrenze bezahlt werden. Der Prozentsatz zur Kasse wird auch nur von dem Teil der unter die Einkommensgrenze fällt abgezogen, darüber bezahlt man keinen Cent mehr.

  9. 37.

    Was ist "bei Musk"?

    Wo kann man gesperrt sein?

    Sie scheinen ja bestens informiert über die Kommentarsektion des RBB?

    Ich bin sehr häufig privat wie geschäftlich im gesamten südöstlichen Brandenburger Raum, insofern ist der RBB einfach interessant.

  10. 36.

    Aber eine Frage hat er noch nie beantwortet, ob Dresden tatsächlich stimmt und ob in BB kommentiert, weil er dort überall gesperrt ist. Die Frage hat im bei Musk mal jemand gestellt und prompt war er weg. Seltsam.

  11. 35.

    Mit dem Lesen haben sie es nicht so? Es ist doch alles konkret angesprochen worden. Machen sie sich einfach mal die Mühe die Kommentare zu lesen und zwar ALLE , dann finden sie ALLE ihre Fragen beantwortet.
    Es ist langsam furchtbar, dass hier immer nur Unterstellungen verbreitet werden.

  12. 34.

    Sehe ich ähnlich. Schon der Blick auf die aufgelaufenen zusätzlichen Schulden auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene lassen für die Zukunft Probleme erwarten, die irgendwie gelöst werden müssen. Momentan mag da noch keiner so richtig drüber reden und man schiebt es auf den genannten Ebenen irgendwie vor sich her.

  13. 33.

    Ja, gehört sowieso nicht zum Thema. Ich habe mal gelernt: Über Geld redet man nicht, Geld hat man.

  14. 32.

    Und Glückwunsch zu ihren Bekannten hochgebildeten. Gibt solche und solche. Ich kenne genügend auch rücksichtslose Karrieristen, da bin ich komplett harmlos. Ich bin sogar freiwillig gesetzlich Krankenversichert, obwohl privatversicherung günstiger wäre. Ich bin aber selbst für die Abschaffung dieser, da wäre es ja absurd....

    Und ja, ich kenne genügend, die nicht nur ihr Haus auf Vordermann gebracht haben, sondern als Friseur, Kosmetikerin, oder auf dem Bau schwarz doppelt verdient haben. Das finde ich schlicht nicht in Ordnung.

    PS: ich habe sogar unbezahlte Elternteil genommen um Zeit für meine Kinder zu haben. Ich hätte relaxed in Kurzarbeit....

  15. 31.

    Ach, einfach nichts draus machen, der gibt gibt bei jedem Thema mit seinem Geld an.
    Wird er wohl fürs Ego brauchen.

  16. 30.

    Ja moin.

    Ich beleidige niemanden, den Unternehmer lobe ich explizit, aber ich kenne genügend, die sehr bequem in Kurzarbeit bald 2 Jahre verbracht haben. Klar eine "Versicherungsleistung", aber eine wie irre aufgebohrte, sowohl zeitlich (von 1 Jahr auf 2 Jahre) als auch um 20% vom Betrag her. Damit ist wohl kein Anreiz für gefragte Fachkräfte (Messebauer sind meist extrem gute Handwerker!) Sich anderweitig Arbeit zu suchen. Und ja mir ist bewusst, dass dies eventuell ein großes Problem für den Unternehmer ist wenn seine Leute nicht wieder zurück kommen.

    Der Unternehmer ist der tatsächlich gelackmeierte. Die Messebauer finden wohl recht schnell was neues.


    Auch

  17. 29.

    Oh ja 87% meines Gehaltes sind schon verdammt auskömmlich.....

  18. 28.

    Eher verschwurbelte Impfgegner....

    Nennen Sie mir 1 vernünftigen fundierten Grund sich nicht impfen zu lassen!

  19. 27.

    Sie sind doch wahrscheinlich Handwerker, zb Tischler.

    Konnten oder werden Sie keine andere Arbeit finden. Menschen wie Sie sind doch gefragt wie selten.

    PS: Ich war erst im Herbst auf einer sehr großen Mesde in Düsseldorf. Gäste aus der ganzen Welt, ich war durchaus überrascht.

    Mit Impfpflicht kann es im Mai endlich wieder losgehen.

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