Stark steigende Nachfrage - Die Berliner Corona-Impfzentren suchen nach Helfern

Ob Boostern oder Erstimpfung: Die Zahl derer, die sich gegen Corona impfen lassen wollen, steigt aktuell in Berlin. In den Impfzentren aber ist das Personal knapp, denn viele Helfer sind wieder in ihre ursprünglichen Berufe zurückgekehrt. Von Stephan Ozsváth
Des einen Freud ist des anderen Leid. Diejenigen, die letztes Jahr als Kellnerin, Messebauer oder Barmann wegen Corona keinen Job mehr hatten, sattelten kurzfristig um, wurden Impfhelfer, wiesen in Tegel, am Messedamm und in den anderen Impfstellen die Impflinge ein, begleiteten sie von der Warteschlange bis zum Pieks.
"Damals hatten wir 4.000 Leute" in den sechs Impfzentren, sagt der frühere THW-Chef Albrecht Brömme dem rbb, jetzt sei das Problem, "dass eben einige wieder ihren alten Job machen". Das coronabedingte Arbeitskräfte-Potential vom November 2020 "haben wir jetzt nicht", so Brömme weiter. In der Senats-Pressekonferenz am Dienstag hatte auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller gewarnt, dass "wir darunter leiden, dass wir nicht genug Personal haben". Der SPD-Politiker appellierte deshalb an die Bewohner der Stadt: "Bitte melden Sie sich!" Derzeit fehlten "schlichtweg viele Menschen, um noch schneller die Impfzentren auszubauen", so Müller.
Malteser: Zahl der Impfwilligen innerhalb von zwei Wochen verdoppelt
"Du willst Deinen Teil zur Bekämpfung der Pandemie beitragen?“, fragen deshalb die Berliner Malteser auf ihrer Internet-Seite [malteser-berlin.de]. Dort zeigt ein Verkehrsschild in Richtung "Impfzentrum", und in einem roten Kasten ist die Mail-Adresse für die Bewerbung als Impfhelfer angegeben.
"Es fehlen Impfhelfer", bestätigt auch Diana Bade, Sprecherin der Malteser in Berlin auf rbb-Anfrage. Die Malteser betreiben das Impfzentrum Messezentrum, vor dem es immer wieder Schlangen gibt. In den vergangenen zwei Wochen hat sich die Zahl der Impfungen Bade zufolge verdoppelt – auf jetzt bis zu 2.500 täglich.
DRK will frühere Impfhelfer wieder aktivieren
Der frühere THW-Chef Albrecht Brömme, der den Umzug des Impfzentrums von der Messe ins nicht genutzte ICC und den Aufbau von zwei Impfstellen im Osten der Stadt koordiniert, spricht von einem Bedarf von etwa 500 Helfern allein für die beiden Impfstellen im Osten, die dann Johanniter und Arbeiter-Samariterbund leiten sollen. "Wir werden das schaffen, wenn sich noch ein paar melden", sagt Brömme und verweist auf die Internetseite www.wirhelfenberlin.de, dort kann man sich per E-Mail bei den Hilfsorganisationen bewerben. Gesucht werden "Menschen, die gerne mit vielen Menschen zusammenarbeiten", die mehrsprachig sind und Berufserfahrung haben.
Beim Deutschen Roten Kreuz heißt es, man versuche die "alten" Impfhelfer wieder zu aktivieren, so eine Sprecherin gegenüber dem rbb. Laut ersten Informationen scheine das auch zu gelingen. Wie hoch der Bedarf ist, werde noch ermittelt.
Dienste in Impfzentren bei Ärzten begehrt
Bei den Impfärzten gebe es dagegen kaum erhöhten Personalbedarf. "Es werden zwar jetzt wieder mehr Dienste", sagt ein pensionierter Chirurg, der bereits im Frühjahr und Sommer 2021 als Impfarzt ausgeholfen hat, "aber keineswegs so wie damals".
Er rechnet vor: In jedem Impfzentrum hätten in den Stoßzeiten zwischen März und Juni 2021 "20 bis 30 Ärztinnen und Ärzte" die Corona-Impfungen verabreicht. Hochgerechnet auf einen Monat und sechs Impfzentren seien das insgesamt sicher 3.000 Einsätze im Zweischicht-System gewesen.
Der Arzt verglich den Andrang auf die fünfstündigen Dienste der Impfärzte mit dem Kartenverkauf für ein Rolling-Stones-Konzert: "Kaum veröffentlicht, schon weg".
Da die Dienste gut bezahlt sind, 120 Euro pro Stunde, hätten manche Kolleginnen und Kollegen seinerzeit auch Schichten gehamstert, sagt der Chirurg, mit Hilfe von "elektronischen Mitteln und Strohmännern". Die Missstände seien aber jetzt abgestellt, sagt der Mediziner. "Manche kriegen halt den Hals nicht voll", urteilt er über seine Zunftkollegen.
Bei der Kassenärztlichen Vereinigung hieß es lediglich, nach diesem Thema habe schon mal jemand gefragt. Für die Impfzentren sei aber die Senatsgesundheitsverwaltung zuständig. Dort gab es auf die rbb-Anfrage bisher keine Rückmeldung.
Brömme: "Gemeinsam schaffen wir das schon"
"Ärzte kann man sich nicht schnitzen", sagt Impfzentrums-Koordinator Brömme, aber die Bezahlung sei "auskömmlich" und die Kunden seien schon registriert und sortiert, "das hat er in der Praxis nicht", so Brömme. Er freue sich dennoch "über jeden Arzt, der sich meldet".
In den beiden Impfstellen im Osten, die derzeit aufgebaut werden, wird es jeweils nur etwa 15 Impfkabinen geben, im ICC dagegen werden es 54. Brömme ist zuversichtlich, dafür noch genügend Personal zu finden: "Gemeinsam schaffen wir das schon", unterm Strich sei das Impf-System in Berlin gut. Erst am Vortag habe er mit einem Flugbegleiter der Lufthansa gesprochen, der sonst Langstreckenflüge begleite und jetzt als Impfhelfer einspringe.
Sendung: Inforadio, 17.11.2021, 18:30 Uhr