Immer mehr Fälschungen entdeckt - Wie die Kontrolle der Impfpässe die Apotheken belastet

Di 07.12.21 | 20:10 Uhr | Von Mona Ruzicka
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Symbolbild: Eine Kundin übergibt ihren Impfpass und ein Covid-19 Impfzertifikat in einer Pankower Apotheke, um sich einen digitalen Impfnachweis ausstellen zu lassen. (Quelle: dpa/J. Carstensen)
Video: Brandenburg aktuell | 07.12.2021 | Mona Ruzicka | Bild: dpa/J. Carstensen

Die Zahl gefälschter Corona-Impfpässe steigt. Oft erkennen Apotheken diese und rufen die Polizei. Der Fall einer Oranienburger Apotheke zeigt, wieviel Druck und Bedrohung die Mitarbeiter aushalten müssen. Von Mona Ruzicka

Vor der Diana-Apotheke hängt seit wenigen Tagen ein Schild. Digitale Impfzertifikate – "nur für Stammkunden/Kundenkartenbesitzer!". Es ist eine Notlösung, die letzte Reißleine, die die Apotheke in Oranienburg gezogen hat.

In den vergangenen zwei Wochen hat die Filialleiterin Doreen Kesten fast täglich mit der Polizei zu tun. Immer mehr Menschen wollen sich digitale Impfzertifikate in der Apotheke ausstellen lassen, bis zu 100 am Tag. Und einige Personen kommen mit gefälschtem Impfpass, wollen ihren Betrug reinwaschen, indem sie an den QR-Code kommen.

Mehrere Betrugsversuche pro Tag

Es gab Tage, da hatte Kesten nach eigener Aussage bei mindestens zehn Kundinnen oder Kunden den Verdacht, dass mit den Einträgen im gelben Impfbüchlein etwas nicht stimmte. Bestätigt sich der Verdacht, ruft sie die Polizei und erstattet Anzeige. "Die Polizei nimmt das sehr ernst, ist kooperativ und sehr schnell da", sagt die Filialleiterin. Neulich sei sogar gerade ein Polizist da gewesen, als wieder ein Fälscher vor der Tür gestanden habe. Die Personalien seien direkt aufgenommen worden.

Woran die Apothekerin Betrug erkennt, will sie nicht genau verraten, um es den Betrüger:innen nicht einfacher zu machen. Fehler entdecke sie oft in den Chargennummern des Impfstoffes oder den Stempeln der Praxis oder der Impfzentren. Im Zweifel rufe sie auch bei Praxen an und erfahre dann zum Beispiel, dass die Praxis an dem eingetragenen Tag gar nicht geimpft habe, erzählt Kesten. Manche Stempel sind schon als häufige Fälschung bekannt, etwa der einer Berliner Praxis.

Steigende Anzeigen bei der Polizei

In Brandenburg liegen der Polizei bislang 134 Fälle wegen Impfpassfälschungen vor, in Berlin sind um die 400 Fälle bekannt. Die Zahlen steigen, im Oktober waren es in Brandenburg noch 30 Fälle, im November bereits 42. Der Brandenburger Polizeisprecher Torsten Herbst sagt, er rechne damit, dass einige Fälle noch nachträglich hinzukämen.

Bereits im Oktober klärte die Polizei Apotheken über übliche Betrugsmaschen auf. "Daraufhin sind die Zahlen deutlich nach oben gegangen", sagt Herbst. "Wir sind der Auffassung, dass die Kontrollen in den Apotheken gut funktionieren, sonst hätten wir nicht so viele Hinweise über gefälschte Impfpässe."

Im kürzlich verabschiedeten Infektionsschutzgesetz stellte der Gesetzgeber klar, dass das Fälschen und das Vorzeigen eines falschen Impfpasses eine Straftat ist, auf die eine Geldstrafe oder mehrjährige Haftstrafe steht. Doch sieht es angesichts der steigenden Zahlen so aus, als würden hohe Strafen Betrüger:innen kaum abzuschrecken.

Sorge um Sicherheit der Mitarbeiter

Die Apothekerin Kesten wirkt abgeklärt, wenn sie von den vielen Polizeibesuchen erzählt. Sie ist, wie sie sagt, mit anderen Apotheken vernetzt, die meisten machten ähnliche Erfahrungen. Doch sie sagt auch: "Natürlich ist man in Sorge, man steht an der Front und muss mit solchen Fällen umgehen können."

Christian Buttenberg ist Inhaber der Diana-Apotheke, er hat noch zwei weitere Filialen in Berlin. "Das größte Problem ist die Gefährdung meiner Mitarbeiter. Es gibt einzelne Leute, die aggressiv werden, nach dem Impfbuch grabschen und rausrennen", sagt Buttenberg. Für eine Berliner Filiale habe er deshalb schon einen Sicherheitsdienst engagiert. Wegen der Anzeigen und Polizeieinsätze habe die Apotheke bereits negative Bewertungen in sozialen Netzwerken bekommen.

Neben der Gefährdung der Mitarbeitenden wird der Arbeitsalltag in der Apotheke immer stressiger. Bis zu 25.000 Impfzertifikate haben die Diana-Apotheken bislang ausgestellt, wie Buttenberg schätzt. Die Filiale in Oranienburg ist in einem Einkaufscenter, der Kundenstrom entsprechend hoch.

Arbeitsaufwand bringt Apotheken ans Limit

"Wir kümmern uns um Tests, Masken und zusätzlich stellen wir Hunderte Zertifikate aus", sagt Apothekeninhaber Buttenberg. "Jetzt auch noch die Fälschungen, wir sind am Limit." Filialleiterin Kesten vermutet nach eigener Aussage, dass die gut besuchte Apotheke Betrüger:innen anziehe. "Die Personen sind darauf aus, dass wir nicht genau hinschauen, weil der nächste Kunde schon wieder ansteht."

Doch Doreen Kesten und ihre Kolleg:innen haben den Anspruch, ganz genau hinzuschauen, wie sie sagt. "Ich bin mir sicher, dass sehr viele gefälschte Zertifikate im Umlauf sind. Deshalb verweigere ich lieber ein Mal mehr die Ausgabe, als jemand einen gefälschten QR-Code in die Hand zu geben."

Die Apothekerin stellt nur noch Personen mit Kundenkarte, bei denen die Kontaktdaten bekannt sind, digitale Impfzertifikate aus. Kein leichter Schritt, doch aus ihrer Sicht notwendig, um nicht mehr jeden Tag die Polizei im Haus zu haben.

Sendung: Brandenburg aktuell, 07.12.2021, 19:30 Uhr

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Beitrag von Mona Ruzicka

29 Kommentare

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  1. 29.

    Und deswegen darf Mensch die Apotheker*innen bedrohen und beschimpfen!??
    Ja, diese Menschen tun mir leid. Sie wollen den Betrug nicht unterstützen und werden bedrängt und angefeindet...
    Das gehört sich einfach nicht. Wenn die Menschen meinen sich nicht impfen lassen zu wollen, sollen sie auch die Konsequenzen akzeptieren und sich nicht mit solchen Dingen raus mogeln.

  2. 28.

    Gefälschte Impfpässe Wurde eine "Strafbarkeitslücke" übersehen?
    Strafrechtler sagen: Der Gesetzgeber hätte sauberer arbeiten müssen.
    "schweres Versagen des Gesetzgebers"
    Das ist ja ein riesiges Problem für die ganze Gesellschaft, wenn das passiert. Vielleicht ist manch einem noch gar nicht bewusst, dass das eine Straftat ist."
    Diese Leute setzen aufgrund der unkalkulierbaren Infektionsrisiken das Leben anderer aufs Spiel.
    Dieses Land ist leider komplett unfähig, manchmal, wie hier, ist es sogar zum Vorteil der Bürger.

    Seit immer öfter die 2G- Regel gilt, habe sich Problem enorm verschärft. Wenn sich eben gewisse Personen, die eben ungeimpft sind Zutritt verschaffen zu Veranstaltungen, wo eigentlich nur Geimpfte zugelassen werden, dann denke ich brauchen wir diese Regel nicht, weil im Prinzip wird sie dann ausgehebelt.

  3. 27.

    Die Ärzte dürfen das Impfzertifikat ausstellen. Gestern bei der Boosterimpfung wurde ich aber nach unten zur Apotheke geschickt, man braucht auch wohl entsprechende Ausstattung und daran hatte der Impfarzt kein Interesse. Da dort geimpft wurde wie im Drive In Schalter, "Treten Sie vor, zack, gehen Sie weiter und warten dort hinten 15 Min" ging das unten in der Apotheke gleich so weiter. Aber die eigentliche Bezahlung ist der Apotheke ist wohl sehr in Ordnung. Im Normalfall, kann man da eine vernünftige Prüfung auch erwarten, was gestern wohl nicht nötig war bei Leuten die von oben kamen....

  4. 26.

    Nicht alle Apotheken geben sogenannte Immunkarten aus. Die Wartezeit beträgt laut telefonischer Auskunft derzeit ca. 14 Tage. Ein Nachtrag über Auffrischimpfungen usw. ist im Immunausweis nicht möglich. Wie kann es sein, dass man das alles auf den Bürger abwälzt? Die Krankenkassen wissen doch ziemlich genau wer wann und womit geimpft wurde? Alles ist doch bereits digital erfasst? Eventuell sollten die Krankenkassen ihren Kunden diese Immunkarten zuschicken? Von den zusätzlichen Kosten und der Plastikflut jetzt mal ganz abgesehen... Und ich glaube spätestens wenn man doch mal ins Museum möchte ist nur der Smartnachweise zulässig. Und was machen eigentlich die abgehängten Menschen auf dem Land? Also so läuft das alles nicht optimal ;)

  5. 25.

    Ganz einfach, weil es die digitalen Zertifikate erst später gab als die Impfung.

  6. 24.

    Sie brauchen doch auch kein Smartphone. Einfach eine Impfkarte in einer Apotheke ausstellen lassen, das der gelbe Impfausweis nicht mehr akzeptiert wird liegt leider an den Fälschungen.

  7. 23.

    Ja, die Apotheken haben eine zeitlang gut an den FFP2-Masken verdient, weil zunächst ein Mangel herrschte und Spahn die pauschale Vergütung m. E. zu hoch angesetzt hat. Ziemlich bald gab es diese Masken dann aber auch sehr viel billiger z.B. in Supermärkten zu kaufen. Das hat doch aber nichts mit dem Problem der gefälschten Impfpässe zu tun, mit dem sich viele Apotheken nun konfrontiert sehen, Andreas.

  8. 22.

    Hier, lieber Herr Dominik aus Dresden, sind wir ausnahmsweise mal derselben Meinung.

  9. 21.

    Da gebe ich ihnen recht.
    Apotheker sind doch - neben den Corona-Impfstoff-Herstellern - diejenigen die von dieser Pandemie mit am meisten profitieren. Die "armen" Apotheker tun mir "wirklich leid".

  10. 20.

    Wenn man so weitreichende Einschränkungen plant, dann muss jeder damit rechnen, dass betrogen wird. Die Bundesdruckerei, oder die Krankenkassen könnten da bestimmt Abhilfe schaffen. Ein Impfpass mit einem Chip wie die Gesundheitskarte, da kann man dann auch gleich die Organspende mit eintragen, wenn gewünscht. Leider geht dass nicht, denn wir sind mit der Digitalisierung noch hinterm Mond. Wer zum impfen war der hat erlebt dass alles mit Papierkram von statten geht.

  11. 19.

    Ich frage mich schon seit Wochen, warum man den Umweg über die Apotheken eingerichtet hat, um an das digitale Impfzertifikat zu kommen ?!? Warum wird das nicht gleich in der Impfstelle (Arztpraxis, Impfzentrum, ...)erstellt? Dann gäbe es die Diskussion um gefälschte Impfausweise nicht, weil der impfende Arzt weiß, wem er gerade die Spritze verabreicht hat und nur der bekommt, neben dem Aufkleber und Unterschrift im gelben Ausweis, eben das digitale Zertifikat. Punkt

  12. 18.

    Aha, also alle Ungeimpften sind automatisch infiziert und Straftäter? Sie haben eine merkwürdige Argumentationskette.

    in Deutschland gilt die Unschuldsvermutung. Also hören Sie doch bitte auf alle pauschal zu verunglimpfen

  13. 17.

    Liebe Mitmenschen, es geht doch auch ohne Beleidigungen? Mit Druck und Beleidigungen werden die Zweifler auch nicht zum Umdenken bewegt. Und wenn ich es richtig verstehe hat die neue Omikron-Variante das Potenzial den Impfschutz einschließlich Booster vollständig zu umgehen! Ich besitze übrings kein Smartphone und somit auch keinen digitalen Impfnachweis. Ich werde mir auch weiterhin kein Smartphone anschaffen. Viele Läden akzeptieren selbst den ausgedruckten QR-Code nicht mehr! Da werden ziemlich viele Menschen ausgeschlossen, obwohl diese sogar geimpft sind... Also so ein bisschen kann ich die Querdenker sogar verstehen, die Maßnahmen nebst digitaler Überwachung sind schon bedenklich!

  14. 16.

    Eine Ordnungswidrigkeit?? In welcher Zeit leben Sie?? Das ist eine Fälschung, jegliche Art von Fälschung sind Strafbar!
    In diesem Fall noch schlimmer denn, es wird mit Menschen Leben gespielt.

  15. 15.

    Haben Sie sich den Artikel durchgelesen?

    Auch ein Landgericht kann irren. Im Endeffekt geht die Rechtssprechung davon aus, dass das Fälschen eines Arztstempels und Unterschrift an sich schon strafbar ist. Dazu muss nicht einmal ein Name eingetragen sein, sozusagen die Fälschung noch gar nicht vollständig.

    Die Ampel (Spahn hat das ja wieder total verpennt) hat das im übrigen absolut deutlich im Infektionsschutzgesetz klargestellt.
    Schauen Sie mal unter Paragraf 75a "weitere Strafvorschriften" nach....§76 regelt dann die Einziehung des corpus delicti...

    Absolut klar handelt es sich um die Nutzung eines gefälschten Impfausweises um eine STRAFTAT!

  16. 14.

    Was sagt uns das über Ungeimpfte?

    Meine Frau als Kita Leiterin hat auch schon Angst, dass die Maskenverweigerer ausrasten. Ab nächster Woche gilt für Eltern die ihre Kinder bringen in Sachsen wohl 3G. Super, dass man sich jetzt überall gegen Gewalttätige Corona Leugner rüsten muss (Security) oder als anständiger Bürger überall in Angst lebt vor diesem ****......aber klar die Geimpften, die die sich an alles halten sind die Spalter^^genau mein Humor...

  17. 13.

    Ungeimpfte haben ja eine ziemlich dünne Haut....und für irgendwas verantwortlich gemacht werden (wie zb die übervollen Krankenhäuser) wollen die Ungeimpften ja auch nicht. Da sollen dann die Geimpften Schuld sein....

    Darf man wenigstens die Ungeimpften die sich gefälschte Impfausweise kaufen oder selbst fälschen als das bezeichnen was sie sind? kriminelles Pack...

  18. 12.

    Sie bringen es gut auf den Punkt. Im Geschäft wo ich gerne einkaufe, gibt es auch warme Küche. Möchte man drinnen Essen am Stehtisch, muß man alles korrekt vorzeigen. Auch den Personalausweis zum Vergleich. So finde ich es richtig.

  19. 11.

    @rbb24: Meiner Meinung nach hätte es ausgereicht zu schreiben, dass die Apothekerin sich zu Fälschungsmerkmalen nicht äußern will. Bereits mit Ihren wagen Hinweisen auf Stempel, Chargennummern, und Impfdatum haben Sie m.E. potentiellen Fälschern Hinweise gegeben, worauf sie besser achten müssen, bei gleichzeitig geringem Informationsgehalt für allgemein interessierte Leser. Bitte vor einer Veröffentlichung genau überlegen, ob solche Hinweise das Sensatiönchen wert sind.
    @Apotheke: In so einer gefährdungslage (die Impfgegner werden bekanntlich mit dünner werdender Luft langsam aggressiver) müsste der Staat eigentlich aus den Coronatöpfen die Kosten für Security ersetzen.

  20. 10.

    meines Wissens eine Ordnungswidrigkeit und die war bis vor kurzem noch nicht mal strafbar.

    "Das Vorzeigen eines

    gefälschten Impfausweises in einer Apotheke zur Erlangung eines digitalen Impfzertifikats sei

    nach der derzeitigen Rechtslage kein strafbares Handeln."


    https://landgericht-osnabrueck.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/landgericht-osnabruck-bestatigt-entscheidung-zur-beschlagnahme-eines-mutmasslich-gefalschten-impfausweises-205424.html

    das war im Oktober. scheint also ein überschaubares und regional begrenztes Problem zu sein.
    bisher hatte man damit kein Problem?? auf einmal hat man es eilig.

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