Interview | Die ungeimpfte Heilerziehungspflegerin - "Mein Gefühl sagt mir: nein!"

Do 30.12.21 | 06:54 Uhr
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Symbolbild: Eine Frau steht mit verschränkten Armen an einem Fenster. (Quelle: dpa/Fabian Sommer)
Audio: Inforadio | 30.12.2021 | Sylvia Tiegs | Bild: dpa-Symbolbild/Fabian Sommer

Marie ist Heilerziehungspflegerin, sie unterstützt Menschen mit geistiger Beeinträchtigung im Alltag. Gegen Corona will sie sich nicht impfen lassen. Da ab März eine Impfpflicht für Pflegekräfte gilt, überlegt sie, sich einen anderen Job zu suchen.

Marie*, in Ihrem Beruf arbeiten Sie eng mit Menschen mit geistiger Beeinträchtigung zusammen. Warum wollen Sie sich trotzdem nicht gegen Covid-19 impfen lassen?

Das ist mein Körper. Das Einzige, was ich habe, worüber ich bestimmen kann - denke ich zumindest - ist mein Körper. Und das ist mir auch verdammt wichtig. Das ist eigentlich der Grund, warum ich es nicht mache, oder bis jetzt noch nicht gemacht habe. Ursprünglich hatte es auch was damit zu tun, weil ich diesen Impfstoffen, die neu waren... na ja, was heißt "nicht vertraut habe"? Ich bin ja auch keine Chemikerin. Aber mein Gefühl sagt mir irgendwie: Nein!

Sie unterstützen Ihre Klienten bei vielen Alltagstätigkeiten, zum Beispiel beim Kochen. Ganz ohne körperliche Nähe funktioniert das nicht. Haben Sie keine Angst, sie mit dem Coronavirus anzustecken?

Nein. Die Corona-Situation besteht ja jetzt bald seit zwei Jahren. Und es gibt bei uns keinen Klienten, der sich angesteckt hat. Die meisten sind auch geimpft. Also ich kenne privat schon Leute – unter anderem meine Eltern – die sich infiziert haben. Aber ich kenne niemanden, der einen schweren Verlauf hatte. Das kommt vielleicht auch noch dazu, dass ich jetzt nicht so nah jemanden kenne, der ins Krankenhaus musste oder bei dem es ganz dramatisch war.

Wurden Sie schon einmal mit Vorwürfen konfrontiert, aus ihrem persönlichen Umfeld oder von Angehörigen, weil Sie sich nicht impfen lassen?

Kaum. Ich habe eine sehr tolerante Familie. Die sind alle geimpft, aber meine Eltern haben weiterhin mich und auch mein Kind gesehen, obwohl ich nicht geimpft bin. Alle sagen halt: Das ist das Leben, und man kann nicht alles absichern. Bis auf eine einzige Freundin, die viel mit mir darüber redet. Besser gesagt: Sie führt einen Monolog, weil ich nicht wirklich in den Dialog gehe. Ich versuche immer zu sagen: Es ist ja die eigene Entscheidung.

Gibt es weitere Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen bei Ihrer Arbeit, die nicht geimpft sind - und wenn ja, wie sieht das Ihr Arbeitgeber?

Zwei weitere Mitarbeiterinnen sind auch nicht geimpft gegen Covid-19. Wir sind mit unserem Bereichsleiter in den Dialog gegangen und haben nach Lösungen gesucht. Wir haben vereinbart, dass wir uns täglich testen lassen, das passiert auf Vertrauensbasis. Wir sammeln die Nachweise und legen sie ihm einmal pro Woche vor. Das funktioniert gut.

Wie stehen Sie der Impfpflicht gegenüber, die ab März kommenden Jahres für Menschen in Pflegeberufen gelten wird?

Ich frage mich, wie man Leute verpflichten kann, sich jedes halbe Jahr impfen zu lassen. Sich etwas in den eigenen Körper spritzen zu lassen. Ich finde das schon sehr übergriffig, vom Gefühl.

Haben Sie schon mal überlegt, aus dem Beruf auszusteigen auf Grund der Impfpflicht?

Tatsächlich ist es eine Überlegung, sich anders zu orientieren oder zumindest zu gucken, was noch in Frage kommen könnte. Vielleicht eine Arbeit auf dem Amt, wo man nicht körpernah mit den Klienten arbeiten muss.

Halten Sie es für möglich, dass Sie sich zu einem späteren Zeitpunkt doch noch impfen lassen?

Ich habe kein totales Misstrauen, dass ich denke: Die ist ganz schlimm, die Impfung. Sondern es ist tatsächlich dieses Recht, was ich für mich gerne hätte, selbst zu entscheiden. Jeder entscheidet doch im Leben für sich, was er denkt, was er machen möchte. Man hat nur dieses eine Leben. Für mich ist die Entscheidung, sich impfen zu lassen, einfach nicht da. Noch nicht da.

Vielen Dank für das Gespräch!

*Name von der Redaktion geändert


Das Interview führten Sylvia Tiegs und Anja Herr

Sendung: rbb24, 30.12.2021, 21:45 Uhr

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234 Kommentare

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  1. 234.

    "Spätestens mit der Delta Variante weiß man, dass eine Impfung kaum Auswirkungen auf die Übertragung hat und mit Omnikron noch weniger."

    Klassische Fehlinterpretation. Verkürzte infektiöse Zeit heißt auch, dass man weniger Menschen anstecken kann, selbst wenn die Viruslast in der hochinfektiösen Phase vergleichbar ist.
    Krankhausaufenthalte sowie Long Covid ist seit Delta auch verstärkt bei unvorbelasteten jüngeren Menschen festzustellen (mit Omikron könnte es besser aussehen). Dieses Risiko lässt sich mit der Impfung auch senken (beide Risiken).
    Auch jetzt liegen weit mehr Ungeimpfte als Geimpfte auf den Intensivstationen insbesondere wenn man Impfquote dagegen stellt.
    Jetzt schon sind die Intensivstationen überlastet und lebenserhaltende Eingriffe bei anderen körperlichen Schäden werden verschoben. Mein Verwandter wartet auf Austausch seines defekten Herzschrittmachers. Wäre im Normalbetrieb schon längst gelaufen. Jetzt sitzen wir da und hoffen dass er es bis zum Termin schafft.

  2. 233.

    Sie können wie ein Ungeimpfter krank werden und Ihre Krankheit dann weitergeben. Außerdem haben Sie dafür mehr Möglichkeiten, da Sie nicht getestet sind und alles besuchen können, was für Ungeimpfte verboten ist. Schalten Sie Ihr Gehirn bereits ein.

  3. 232.

    Warum ist dieser Irrglaube immer noch so sehr unter den Geimpften vertreten, dass eine Impfung im signifikanten Maße auch dem Fremdenschutz und nicht nur dem Eigenschutz dient. Spätestens mit der Delta Variante weiß man, dass eine Impfung kaum Auswirkungen auf die Übertragung hat und mit Omnikron noch weniger.

    Somit gefährdet Marie wenn überhaupt, dann sich selbst mit der Ablehnung einer Impfung - warum fällt es den Geimpften so schwer ihr das zuzugestehen.

    Ich werde mich auch nicht Impfen lassen, denn in meiner Altersgruppe (20-30) sind innerhalb der gesamten Pandemie ca. 200 Menschen mit Corona verstorben. Ein verschwindend kleine Menge die ich in Kauf nehme, genau so wie ich mich nicht gegen die Grippe geimpft habe obwohl auch diesem Virus jährlich mehrere tausend Menschen in Deutschland zum Opfer fallen.
    Auch trägt meine Altersgruppe in ihrere geringen Anzahl nicht zur Überlastung der Intensivstationen bei. Leider nur 1000 Zeichen zulässig.

  4. 231.

    Selbst in Kinder können an Long Covid erkranken. Egall, ob Marie diese Erfahrung nun macht oder nicht. Richtig schlimm finde ich es, dass sie praktisch täglich in ihrer Tätigkeit, Menschen in Abhängigkeit von ihr, infizieren kann. Menschen, die nicht bewusst entscheiden "können", was mit ihrem Körper passiert. Das ist unfair und unverantwortlich.

  5. 230.

    Besonders dumm finde ich den Satz, ihr Körper sei das einzige, worüber sie entscheiden könne. Heist ja wohl, an Entscheidungen der Gesellschaft wie Wahlen, beteiligt sie sich nicht? Und wer entscheidet über ihren Beruf, ihren Wohnort, ihren Bekanntenkreis ? Sehr schlecht finde ich die Arbeit der Journalistin. Bei soviel Stuss nicht nachzufragen, das läßt schon fast den Verdacht einer Inszenierung aufkommen.

  6. 229.

    Ist das das Ergebnis der Berliner Bildungspolitik. " ich weiß nicht, ich habe so ein Gefühl "?
    Dieses Gefühl, von dem sich die Unwissende leiten lässt, hat nicht mit Mitgefühl oder Verantwortung für andere zu tun.
    Warum lernt sie nichts, warum informiert sie sich nicht? Egoisten wie sie sorgen dafür, dass uns Einschränkungen noch viel länger erhalten bleiben.

  7. 228.

    Mein Gefühl hatte mir auch "irgendwie" (spricht ja schon Bände ....) Nein gesagt. Aber nach reiflicher Überlegung kam ich zu dem Schluss, dass es gar keine Alternative zur Imfpung gibt, wenn man aus der pandemischen Lage raus will und sich solidarisch mit der Gesellschaft verbunden und sich seinen Mitmenschen verpflichtet sieht. So einfach ist das. Aber man kann natürlich auch darauf warten, dass ultimative Aha-Erlebnis im nächsten Umfeld zu erleben. Ich denke, wenn man so sehr mit sich selbst beschäftigt ist, ist ein sozialer Beruf nicht das richtige, weil bei der Impfängstlichen "irgendwie" grundlegende innere Werte dafür zu fehlen scheinen.

  8. 227.

    Sehe ich exakt genauso, sich richtig informieren und danach entscheiden und nicht nach dem Gefühl. Diese Pandemie geht uns alle an und sich darauf zu berufen, dass es mein Körper ist, hilft keinem weiter.

  9. 226.

    Zitat aus einem ntv-Bericht, Prof. Drosten: "Wir haben zu viele ungeimpfte Leute in Deutschland, gerade auch über 60. Und die sind natürlich richtig in Gefahr", sagte Drosten. "Das wird in Konsequenz auch verhindern, dass wir in Deutschland in die endemische Phase eintreten können, und das wird uns einen extremen gesellschaftlichen, auch wirtschaftlichen Nachteil bringen gegenüber anderen Ländern, wenn wir das nicht hinbekommen." Für Geimpfte könne die Pandemie im kommenden Jahr vorbei sein. Falls die Impflücke aber nicht geschlossen werden könne, müssten diese wahrscheinlich weiter Rücksicht nehmen auf die Ungeimpften. Einige Maßnahmen seien dann weiter nötig.

    Quelle: https://www.n-tv.de/panorama/Drosten-Jeder-wird-Update-Impfstoff-brauchen-article23029852.html

    Also, besten Dank, liebe Impfverweigerer und Leerdenker, für eure Unbelehrbarkeit und Überheblichkeit!

  10. 225.

    "...es geht um das Risiko sich als Ungeimpfter anzustecken und andere ggf. ihre Betreuten zu infizieren."
    Sie können es hier und anderswo noch so oft wiederholen und es als wissenschaftlich fundiert hinstellen - es wird nicht richtiger!
    Der Satz würde korrekt lauten:
    "Es geht um das Risiko sich als Ungeimpfter UND GEIMPFTER anzustecken und andere ggf. ihre Betreuten zu infizieren."
    Warum ignorieren Sie fortwährend diese einfache Tatsache?
    Dass die Ansteckungsrate geimpft eventuell geringer ist, ist allein noch kein Argument.
    Mit Ihrem Credo für's Impfen bewirken Sie eher das Gegenteil der wohl beabsichtigten Aufklärung: dass Geimpfte sich weiterhin für unverwundbar halten.

  11. 224.

    Was stimmt mit euch nicht? Wie kann man sich, egal in welchem Beruf, nicht impfen lassen? Das ist denen gegenüber nicht fair, welche sich impfen lassen, um aus der Scheiße endlich raus zu kommen. Es wird Zeit, dass alle Arbeitgeber niemanden mehr einstellen, die nicht geimpft sind. Zum Schutz der eigenen Gesundheit und aller anderen. Ich würde jedenfalls keinen Ungeimpften einstellen. Wahrscheinlich habt ihr genug Kohle.

  12. 223.

    Um mit Loriot zu sprechen: Vielleicht stimmt da was mit deinem Gefühl nicht.

  13. 222.

    Mein Gefühl sagt mir: Ganz schön doof.

  14. 221.

    Was ist das jetzt für eine Binsenweisheit : „Eine ungeimpfte Gesunde“. Jeder der Gesund ist steckt niemanden an, klar. Es geht aber aufgrund des öffentlichen Publikumsverkehrs und GERADE bei den Privatkontakten um das Risiko sich als Ungeimpfter anzustecken und andere ggf. ihre Betreuten zu infizieren. Und für diese Behinderten dürfte nun Corona kein Spaziergang werden.
    Und ja solange hier weiter die wissenschaftlichen Empfehlungen ignoriert werden und Omikron nicht gerade die endemische Endvariante wird, geht der ganze Zauber wohl nächsten Winter so unvermindert weiter.

  15. 220.

    Das wird in meinen Augen getan, wenn man über solche Entscheidung urteilt. Die Gesundheit der Pfleger sollte nicht egal sein.Sie trifft die für sich schwere Entscheidung, ihrem Beruf und vermutlich ihrer Leidenschaft den Rücken zu kehren, mit ungewissem Blick in die Zukuft. Ich denke nicht, dass ihr die Entscheidung leicht fällt und sie trifft sie verantwortungsvoll und setzt sich nicht über die Regeln hinweg.
    Aktuell testet sie sich täglich und ist verantwortungsvoll,wir lesen nichts Gegenteiliges. Die zu Pflegenden sollten geimpft und geschützt sein oder sie sollte nur dort eingesetzt werden. Aber wenn nun eine Pflicht kommt, muss man ihr zugestehen sich gegen den Job und für eine körperliche Unversehrheit zu entscheiden, finde ich. Die hatte Ihr Bruder schließlich auch, die Wahl ohne Vorurteile,oder?

    Sie hat nicht mehr Verantwortung für die Alten und Kranken der Gesellschaft, als jeder von uns und es tut mir leid,dass wir noch mehr (teils genesene) Pflegekräfte verlieren!

  16. 219.

    Plumpe Polemik!
    Wie Sie wissen, verhindern Impfungen den Tod.
    Somit sind Geimpfte relativ gut geschützt.
    Eine gesunde Ungeimpte kann niemanden in Gefahr bringen.
    Mich entsetzt eher, dass manche es als Alternative sehen, Behinderte wegen Corona-Risiken über Jahre wegzusperren.
    Diese Menschen erfreuen sich an Kontakten mit Mitmenschen.

  17. 218.

    Wenn Marie ihren zugegeben sehr schweren,körperlich wie Physisch schweren Job so lieben würde und Gefühle für die Pflegebedürftigen hätte,würde sie sich impfen
    Die sollte sich besser einen anderen Job suchen, wo sie aber mit anderen Kollegen nicht in Kontakt kommt
    Diese Zweiklassengesellschaft die wir mittlerweile haben sind gerade Solche wie Marie schuld

  18. 217.

    Die von Ihnen geposteten Beiträge beziehen sich auf einen Vergleich der saisonale Grippe (endemisch) mit der SARS2 (pandemisch) und ich sprach von Grippe-Pandemie, was etwas anderes ist, als die saisonale Grippe! Auch die Vogelgrippe ist etwas anderes als die saisonale Grippe, einfach nochmal in Ruhe lesen, bitte, ich denke Sie haben mich missverstanden!

  19. 216.

    Wie immer der Vergleich zwischen Äpfel und Birnen. Zur Erinnerung, alle zugelassenen Impfstoffe, einschließlich mRNA-Impfstoffe wurden gegen den Wildtyp entwickelt. Und nur dort konnte sie die Studie 3 Wirksamkeit über ein halbes Jahr zeigen. Gegen Apha gab es schon die ersten Einbußen. Bei Delta, und darauf beziehen sich aktuelle Studien, ist eine unsymptomatischer Verlauf nur noch nach Boosterimpfung wahrscheinlich, aber natürlich nicht mehr mit 95% Wirksamkeit. Bei Omikron werden die Zahlen natürlich noch schlechter. Klar werden hier die Impfdurchbrüche maximal sein und entsprechend damit die Infektiösität Geimpfter.
    Aber sie verkennen völlig, dass die Stärke der mRNA-Impfstoffe in der Anpassungsfähig liegt.
    Das heißt mit dem Omikron-Upgrade von Biontech und Moderna werden die Karten für Omikron neu gemischt. Moderne und Biontech arbeiten zudem an einem mRNA-Impfstoff mit zwei mRNA-Strängen dem Impfstoff 2.0.
    Also immer schön bei den Fakten und der Wahrheit bleiben.

  20. 215.

    Warum räumt die Redaktion diesem gefühlsschwangeren Interview so viel Raum ein?Journalistische Verantwortung bedeutet auch, die richtigen Fragen zu stellen: Warum hat sie keine/r gefragt, weshalb sie sich nicht ihres Verstandes bemüht und sich die ihr fehlenden Informationen, die jedem frei zugänglich sind, nicht längst geholt hat, statt sich nur auf ihre Gefühle zu verlassen. So ein banales Interview ist die Mühe nicht wert!

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