Derzeitige Regelung rechtswidrig - Berlin muss Präsenzunterricht auch für Schüler aus Klasse 7 und 9 anbieten

Mi 10.03.21 | 18:57 Uhr
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Ein Junge im Homeschooling (Quelle: dpa/Stephan Schulz)
Video: Abendschau | 10.03.2021 | Dorte Störmann / Norbert Siegmund | Bild: dpa/Stephan Schulz

Grundschüler, Abschlussklassen - während in Berlin große Teile der Kinder schon wieder in den Schulen unterrichtet werden, gibt es für die Klassenstufen 7 bis 9 nicht einmal einen Zeitplan. Zwei solcher Fälle hat das Verwaltungsgericht nun für rechtswidrig erklärt.

In Berlin müssen auch zwei Schüler der Jahrgänge 7 und 9 beim Präsenzunterricht berücksichtigt werden. Das hat das Verwaltungsgericht am Mittwoch entschieden.

Die siebten bis neunten Klassen haben bisher keinen Präsenzunterricht im Wechselmodell. Das erklärte das Gericht am Mittwoch für rechtswidrig, weil es nicht mit dem "Gleichheitssatz" vereinbar sei.

Grundschüler und ältere Schüler im Präsenzunterricht

Wie das Gericht erläuterte, wird seit dem 22. Februar Wechselunterricht für die Klassen 1 bis 3 angeboten, seit dem 7. März 2021 auch für die Jahrgangsstufen 4 bis 6. Auch für die Abschluss-Jahrgangsstufen (Klassenstufen 10 sowie 12 und 13) könne ein solcher Präsenzwechselunterricht angeboten werden, nach Einzelfallentscheidung der jeweiligen Schule. Die Klassenstufen 7 bis 9 blieben bisher jedoch komplett im Home-Schooling.

Dagegen setzten sich nun sieben Familien juristisch zur Wehr. Sie forderten Vollbeschulung - sechs der sieben Antragsteller wollten dazu erreichen, dass die Kinder keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen.

"Gleichheits- und deshalb rechtswidrig"

Die 3. Kammer gab den Eilanträgen teilweise statt. Die gewünschte Vollbeschulung konnten die Antragsteller zwar nicht erreichen, und auch beim Mund-Nasen-Schutz scheiterten die Familien. Es sei jedoch "gleichheits- und deshalb rechtswidrig", dass einzelne Jahrgangsstufen jenseits der Primarstufe und der Abschlussklassen zurzeit von der Präsenzbeschulung im Wechselmodell vollständig ausgeschlossen seien, entschied das Gericht.

Bis zu einer Anpassung der Schul-Hygiene-Covid-19-Verordnung müssten vergleichbare Regelungen dieser Verordnung nun auf die Antragsteller bzw. Antragstellerinnen angewendet werden. Wie ein Gerichtssprecher gegenüber dem rbb allerdings betonte, bezieht sich diese Entscheidung nur auf die Antragsteller - nicht auf alle Berliner Kinder in den Klassenstufen 7 bis 9.

Argumente der Senatsverwaltung hinfällig

Die Senatsverwaltung hatte laut dem Gericht argumentiert, Kinder von sechs bis zehn Jahren hätten eine geringere Ansteckungsgefahr. In den mittleren Schulklassen stünden zudem keine Abschlussarbeiten an.

Das aber sei ein Widerspruch, argumentierte nun das Gericht. Denn auch Schulklassen der fünften und sechsten Jahrgangsstufe sowie der elften seien zugelassen. Diese Kinder seien nicht nur älter als zehn Jahre, sondern in diesen Stufen stünden ebenfalls keine Abschlussarbeiten an.

Gegen die Beschlüsse kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.

Sendung: Inforadio, 10.03.2021, 19:40 Uhr

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35 Kommentare

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  1. 35.

    Ich glaube das weder abwägende Überlegungen (Rilke-Gedicht+Sozialverhalten in Gruppe+Differentialrechnung gegen Todesfallzahlen) stattfindet noch dass den Kindern die Funktionsweise einer Pandemie vertraut gemacht wird. Aber gerade hier würde doch Bildungsvermittlung aktuell ansetzen. Man könnte betrachten welche Länder haben es gut bewältigt (z.B. Hongkong oder Singapur, welche frühzeitig Schulen schlossen - Hongkong knapp über 200 Tote, Singapur 29 Tote, Berlin 2900 Tote) und was jeweils anders gemacht wurde. Dafür gibt es ja wissenschaftliche Gründe. Stattdessen werden ständig Tische desinfiziert (was kaum etwas bringt) aber auf Masken sollte noch Ende des Jahres teilweise verzichtet werden. Warum funktionieren denn die Maßnahmen im wenig testenden Japan so gut oder wieder im ganz anders funktkionierenden Südkorea? Überall wo gute PISA-ergebnisse sind gibt es geringe Todeszahlen. Die Lehrer sollten sich doch aufbäumen gegen Unvernunft in der Pandemie hier in Europa.

  2. 34.

    Nach einem Jahr Pandemie hätten Lehrer ihren Schülern den Sinn von Maske und Abstand halten erläutern können. Die Schüler von sehr jung bis ca. 15/16 in der Schule in meiner Nähe scheinen davon nichts gehört zu haben. Jedenfalls wenn man sieht wie sie sich nach dem Unterricht verhalten. Sie können problemlos richtig über die Straße gehen, was ja auch gefährlich ist. Aber Pandemieverhütendes Verhalten - Fehlanzeige. Woran liegt das? Ist Ihren Schüler klar was Überdispersion bzw. Superspreading ist und wie dies einzuschätzen ist? Und weshalb daher bei der Berliner Charite-Studie zu Schulen die Zahl der einzelnen Übertragungen -etwa bei jeder dritten Klasse kam es ja vor- längst nicht die Zahl wirklicher Übertragungen wiedergibt, da ja Superspreadingevents nicht abgebildet wurden aufgrund der geringen Stichprobengröße? Ist ihren Schülern klar was der Unterschied zwischen Linearität und Exponentialität ist, und weshalb es wann dazu kommt? Lehrer sollten Schülern das vermitteln.

  3. 33.

    Ich meine es wird " echt Zeit das !alle! Schüler / Jugendlichen wieder zur Schule gehen !!
    Wenn ich das sehe...allein nur in meinem Umfeld , wie die Jugendlichen so langsam an der Kette drehen,
    sich über Regelungen " belustigt " hinwegsetzen, keinerlei Respekt , Empfinden mehr haben , vollkommen aus dem Gleis geraten sind !

  4. 32.

    Aber es wäre doch Ehlichkeit nötig. Kinder sind am Infektionsgeschehen beteiligt. Warum schafft man nicht die Möglichkeit so zu unterrichten dass dies berücksichtigt wird. Kinder in Kleingruppen von 4 oder 5 Personen, Container wie bei der Flüchtlingskrise als zusätzliche Klassenräume, Studenten u.a. als Covid-19-Lehrer. Wo ein Wille ist wäre ein Weg gewesen. Warum hat die Bundesregierung im Frühjahr keine Tests gekauft und die PCR-Kapazität nicht hochgefahren, was bei langfristiger Planung möglich gewesen wäre? Stattdessen werden Falschmeldungen der Politik verbereitet, Kinder seien nicht am Infektionsgeschehen beteiligt. Mit der Ehrlichkeit das auch Kinder Infektionen verbreiten, hätte man nach Lösungen suchen können. Welchen Vorteil nach soviel Untätigkeit bringt es denn jetzt 2 oder 3 Monate früher Unterricht zu haben, wenn dafür Menschen sterben müssen? Da sind doch gerettete Menschenleben viel kostbarer.

  5. 31.

    Also für eine LehrerIn haben sie eine ziemlich ausbaufähige Rechtschreibung. Irgendwas stimmt da nicht. Abgesehen von der ganzen Argumentationskette.

  6. 30.

    Sie können keine Lehrerin sein - bestenfalls wollen Sie eine sein oder werden? Dann wüssten Sie, dass die Voraussetzungen zum Einhalten der AHA-L-Regeln nicht geschaffen wurden. Auch die Art und Weise, wie Sie über Kinder reden, ist ein Hinweis darauf, wie weit weg Sie von der Wirklichkeit sind. (Viele haben... oder viele haben doch...) Wer "viele" benutzt um die eigene, wie auch immer gewonnene Wahrnehmung, zu verstärken, lässt das Argument eher schwach aussehen... Es gibt hier Kommentare für und gegen die Präsenz; beides ist verständlich. Aber alle eint folgendes: Bildung unter den richtigen Voraussetzungen ist ohne Leistung/Anstrengung nicht zu erreichen. Diese von der BV einzufordern ist das gute Recht.

  7. 29.

    Ich begrüße die Entscheidung. Ich bin Lehrerin und finde dass die Kinder gut in der Schule geschützt sind. Wir Lüften, Desinfizieren und sitzen im weiten Abstand voneinander entfernt. Das schafft man weder in der Ubahn noch im Park. Man lernt durch erleben. Wir haben doch nicht den Frontalunterricht abgeschafft, damit wir nun wieder vor der Kamera sitzen und Schulvideos schauen. Außerdem bockt ständig das Internet, Dank fehlender Glasfasern und viele Kinder haben kein eigenes Zimmer. Die Schulmotivation nimmt extrem ab. Die Kids sind seit vier Monaten eingesperrt!!! Für Kinder ist das eine riesige Zeitspanne. Das hat nichts mit Helicopter Eltern zu tun. Für mich ist ein Verbrechen Kinder einzusperren als seien sie Verbrecher. De Erwachsene dürfen U Bahn fahren und zum Friseur?! Wir müssen aufhören die Kinderrechte mit Füssen zu treten.

  8. 28.

    Das kann sich leider niemand vorstellen, weder Eltern noch Politiker. Ich war auch 25 Jahre Lehrer und weiß daher wie schwierig es ist Schüler dazu zu bewegen sich an Regeln zu halten. Von Kollegen an meinem ehemaligen Gymnasium erfahre ich immer wieder, wie schwer es ist, die Schüler zur Einhaltung der Hygieneregeln zu bewegen. Sie versuchen es durch verstärkte Pausenaufsichten. Aber vor und nach der Schule ist dann gesunder Menschenverstand und Achtsamkeit gefragt und da hapert es ja schon bei einigen Erwachsenen. Bei den Klägern wahrscheinlich auch.

  9. 27.

    Sie vergessen, dass es in Deutschland seit Jahren funktionierende Web-Schulen gibt (kenne die in Bochum). Und dass in Australien die meisten Schüler im outback per Web unterrichtet werden. Dass in der Schweiz Homeschooling immer schon erlaubt war, weil sie ein halbes Jahr bei Schnee nicht vom Berg runter kamen... NUR in Deutschland klemmt es.

    Das ist beim HomeOFFICE nicht anders: alle gehen davon aus, im Homeoffice wird gefaulenzt, deswegen wird es pauschal verboten in vielen Betrieben. Dabei sind im Homeoffice nur die faul, die es im Büro auch sind ;-)

  10. 26.

    die besten "entscheidungen" taugen nichts, wenn die Verantwortlichen vor Ort immer die Sündenböcke sind und die Kohlen aus dem Feuer zu holen haben, weil am grünen Tisch nicht zuende gedacht wurde. Polizist/innen und Feuerwehrleute haben dieselbe Art Arschkarte

  11. 25.

    @S.L. Ernsthaft? Was verachtenderes habe ich ja selten gelesen. Und Sie sind Pädagoge? Von Entwicklungspsychologie wohl noch nie was gehört! Ich kann nur noch den Kopf schütteln. Die Schüler gehören ihrer Meinung nach also allesamt weggesperrt und isoliert mit Maske und sollen so lange in Einsamkeit vor den Laptop verharren, bis es keine Viren gibt? Dieses Urteil geht bei mir runter wie Öl, bitte mehr solcher Entscheide. Manche Menschen verharren in ihrer Corona- Starre bis es kein Zurück mehr gibt. Traurig!

  12. 24.

    Nein, ein Armutszeugnis für die Gerichte! Sie sollten auch an die Gesundheit der Bevölkerung denken.

  13. 23.

    Gefühlt zum 1000sten mal .... es gibt nur ein einziges Grundrecht das nicht eingeschränkt werden darf.
    Die Würde des Menschen ist UNANTASTBAR !
    Alle anderen Grundrechte werden gegeneinander und gegenüber Gesetzen abgewogen. Wäre dem nicht so, müsste z.B. der Autoverkehr eingestellt werden.
    Höchstrichterlich gab es schon im letzten Jahr eine Entscheidung in Sachen Lockerung.....
    https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/rk20200512_1bvr102720.html

  14. 22.

    Ich finde eine solche Entscheidung leider unverantwortlich. Ich habe gestern mit meiner 7. Klasse eine Klassenarbeit geschrieben, dafür dürfen/sollen sie ja zur Schule. Bereits auf dem Weg von der S-Bahn zur Schule habe ich mehrere meiner Schüler getroffen und musste sie daran erinnern sich nicht zur Begrüßung zu umarmen und Küsschen zu geben. Auf dem Schulgelände ging es weiter: Gruppenbildung ohne Abstand. Nachdem ich sie alle einzeln an Tischen mit Abstand zu einander platziert hatte, holte ich kurz aus dem Nebenraum die Arbeiten. Nach diesen nicht mal zwei Minuten meiner Abwesenheit saßen mehrere Schüler einfach direkt neben einem Mitschüler und quatschen, zwei hatten sogar die Maske runtergezogen.

    Und so war es vor dem Lockdown auch, sobald der Lehrer zum Stundenwechsel den Klassenraum verlässt, ziehen viele Schüler die Maske solange runter bis der nächste Kollege dar ist, trotz Ermahnungen/Belehrungen, etc. Vom nicht vorhandenen Abstand auf dem Schulweg mal ganz zu schweigen.
    Wie kann man unter solchen Bedingungen die Schulen öffnen wollen? Der Senat hat auch eine Fürsorgepflicht sowohl als Arbeitgeber gegen über den Beschäftigten als auch gegenüber den Schülern als besonders schutzbedürftige Bürger. Solange keine Impfungen oder die versprochenen Schnelltest vorhanden sind, ist das unverantwortlich. (Bisher gab es insgesamt einen Test bei uns, obwohl die 10. Klassen bereits seit Januar im Wechselunterricht sind.)

  15. 21.

    Ein grundsätzlich gutes Urteil, auch ein gutes Homescooling kann Präsenzunterricht nicht ersetzen. Auf der anderen Seite droht ein Organisationschaos. Zudem wird noch weniger vermittelt. Ich sehe es bei meiner Tochter. Die Klasse im Wechselmodell (halbiert, jede Hälfte täglich 3 Stunden). Die Lehrkräfte müssen unter dem Strich doppelt unterrichten und da bleibt weniger Zeit zusätzliche Aufgaben für zu Hause zu erstellen. Unter dem Strich hat meine Tochter jetzt weniger Schule als im reinen Homescooling. Deshalb sollten die Schulen mit Hygienekonzept wieder vollständig öffnen.

  16. 20.

    Der Nachweis, dass die Schulen die „Treiber“ seien, ist nach wie vor nicht erbracht. Es gibt weder Studie dazu, noch den Willen, solche in Auftrag zu geben. Man darf es - 3 Monate nach der Beschneidung des Grundrechts auf Bildung - mittlerweile Willkür nennen, Kinder und Jugendliche flächendeckend zu Hause einzusperren.
    Ein Versagen der deutschen Politik und Verwaltung auf ganzer Linie zeigt sich hier.

  17. 19.

    Vom Recht auf Gesundheit und Schutz haben Sie auch noch nichts gehört?

  18. 18.

    Die Corona-Maßnahmen werden wohl erst alle wieder zurückgenommen, wenn Gerichte sie allesamt gekippt haben. Ein Armutszeugnis für die Politik.

  19. 17.

    Alle Eltern, die nach Betreuung schreien, sollen selbst einmal wöchentlich Notbetreuung in der Schule machen. Dürfte ihnen doch nichts ausmachen für kranke Lehrer dazu Vertretung zu schieben und von Kindern gesteckt bekommen, dass wieder ein Kind der Klasse in Quarantäne ist. Das Ansteckungskarusell beginnt wieder zu beschleunigen und wird gedeckelt ud vertuscht.

  20. 16.

    So rein praktisch gesehen würde mich ja jetzt mal interessieren, wie nun der Unterricht nur für die Antragsteller organisiert wird. Pro Kind wie viele Lehrer/Fachlehrer werden jetzt eingesetzt? Diese können dann die restlichen Schüler zu Hause nicht mehr betreuen. Oder wie intensiv sieht da der "Unterricht " aus? Wie viele soziale Kontakte können die Antragsteller dann endlich wieder haben, wenn sie allein, ohne Mitschüler, im Klassenraum sitzen? Ist bestimmt für Kinder der 7. und 9. Klasse super. Und auch gar nicht peinlich. Aber sie können stolz sein.

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