Einkaufszentren in der Corona-Krise - Ladenschluss für Shoppingcenter?

Do 19.08.21 | 06:09 Uhr | Von Ute Barthel
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Blick ins Luxuskaufhaus Quartier 206 in der Friedrichstraße. (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Audio: Inforadio | 19.08.2021 | Tatiana Brasching | Bild: dpa/Jörg Carstensen

Schon vor der Pandemie hatten Shoppingmalls mit der Online-Konkurrenz zu kämpfen. Jetzt wirkt es in manchen Zentren wie in einer Geisterstadt: wenige Kunden, immer mehr Geschäfte schließen. Ist es das Ende einer Ära? Von Ute Barthel

"Sehr geehrte Kunden, ab Montag, den 12.7.2021 ist unser Store in der Mall of Berlin vorerst auf unbestimmte Zeit geschlossen." Diese Notiz klebt an der Schaufensterscheibe eines Uhrengeschäfts im Obergeschoss der Mall of Berlin, einem der größten Shoppingcenter der Stadt. Nur wenige Menschen schlendern vorbei. Eine Etage höher wirkt die Passage noch verlassener, mit bunten Plakaten wird der Leerstand kaschiert. Beim Rundgang durch die Mall zählen wir rund 40 leerstehende Läden, von ungefähr 260. Die Zahl will der Eigentümer auf Anfrage nicht öffentlich kommentieren.

In anderen Shoppingcentern sieht es ähnlich aus. Zum Beispiel im Boulevard Berlin in Steglitz. "Man sieht wenig Menschen. Es ist alles leer", schildert eine Kundin ihre Eindrücke. "Das ist schon erschreckend. Die Geschäfte haben so zu kämpfen. Es ist eine Katastrophe." Beim Rundgang zählen wir etwa 20 leere Geschäfte von insgesamt 110. Das Centermanagement äußert sich nicht dazu. Aktuelle Zahlen zur Kundenfrequenz und zu Leerständen wollen die meisten Centerbetreiber nicht veröffentlichen.

City-Malls trifft Corona besonders hart

Nach Einschätzung von Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, hat die Pandemie vor allem die Center hart getroffen, die auf Touristen angewiesen sind. An manchen Standorten seien 40 Prozent der Besucher Touristen. "Und die sind nicht da. Diese Standorte haben es nach wie vor besonders schwer", sagt Busch-Petersen.

Auch dem Alexa fehlen die Kunden, die sonst mit Reisebussen nach Berlin kamen. Zwar ist es jetzt schon wieder etwas belebter in dem riesigen Shoppingcenter, aber "wir liegen momentan noch mehr als 20 Prozent unter dem Niveau von 2019", berichtet der Centermanager Oliver Hanna. Drei Mieter hätten wegen der Pandemie aufgegeben. Doch das Centermanagement konnte die meisten Flächen neu vermieten.

Busch-Petersen: Noch nicht absehbar, wer die Pandemie übersteht

"Wir haben uns angewöhnt, uns schon über Kleinigkeiten zu freuen", sagt Nils Busch-Petersen vom Handelsverband. "Insgesamt befinden wir uns unverändert in einer ganz dramatischen Situation." Die Frequenz von Besuchern sei völlig unzureichend, um dauerhaft zu überstehen. "Und wer wirklich die Pandemie übersteht, das sehen wir frühestens in anderthalb Jahren, wenn sie vorbei ist", so Busch-Petersen.

Das spürt auch das Berliner Familienunternehmen Aktivschuh. Geschäftsführer Marc Leinweber berichtet, dass die Firma in den Shoppingmalls 50 bis 70 Prozent weniger Umsatz macht im Vergleich zum Vorjahr. Vier Filialen mussten geschlossen werden. "Das lag daran, dass wir keine wirtschaftlichen Perspektiven mit der Vermieterseite finden konnten", sagt Leinweber. Die Mietkonditionen hätten nicht mehr zu den Umsatzpotentialen gepasst. "Wir haben versucht, uns mit den Vermietern zu einigen. Da wo es nicht möglich war, haben wir die Reißleine gezogen."

Die betroffenen Mitarbeiter verloren ihren Job. Über die Zahl will er sich nicht äußern. Momentan sind keine neue Filialschließungen geplant, aber langfristig konzentriert sich das Unternehmen auf den Onlinehandel. Denn nach Ansicht von Leinweber gebe es in Berlin zu viele Shoppingcenter: "Ich würde meinen, 30 bis 50 Prozent haben keine Berechtigung am Markt, weil die Nachfrage nicht da ist."

"Corona war der Brandbeschleuniger"

Dieses Problem war auch schon vor Corona bekannt. Der Onlinehandel macht den Centern zunehmend die Kunden abspenstig. Die Ära der großen Einkaufstempel geht zu Ende, nicht nur in Berlin, sondern in ganz Deutschland, meint Frank Rehme vom Kompetenzzentrum Handel. "Corona war der Brandbeschleuniger, der eigentlich aufgezeigt hat, dass solche Formate ihren Zenit schon überschritten haben." Wer überleben will, müsse sich neu erfinden, so der Handelsexperte. "Die Leute wollen Abwechslung haben, wollen mehr Inspiration und vor allen Dingen auch ein Erlebnis."

Am Potsdamer Platz versucht der Eigentümer der Arkaden eine Wiederbelebung des Shoppingcenters, das seit zwei Jahren umgebaut wird. Einer der Hauptmieter wird Mercato metropolitano mit einem großen Streetfood-Markt. "Das Konzept stammt aus London, wo Mercato bereits Standorte hat", erzählt Karl Wambach von Brookfield Properties. "Mercato fokussiert sich sehr stark auf lokale Produkte und macht sich auch dafür stark, die Gesundheit und die Gemeinschaft zu fördern. In London laden sie zum Beispiel Schulklassen ein, die dann vor Ort gesund kochen." Außerdem werde ein großer Spielzeugkonzern auf 4.000 Quadratmetern eine Entertainment-Welt schaffen, um Familien ins Center zu locken. Ob das Rezept funktioniert, wird sich zeigen. 2022 sollen die Potsdamer Arkaden wieder eröffnen.

Weniger Leerstand in Kiez-Centern

Die kleineren Kiez-Center kommen bislang offenbar besser durch die Corona-Krise. Denn dort kaufen mehr Anwohner ein, weil sie alles, was sie brauchen, unter einem Dach finden. Zum Beispiel den Supermarkt, die Drogerie oder die Apotheke. Im Ring-Center II am S-Bahnhof Frankfurter Allee gibt es deshalb kaum Leerstand. Bianka Schäfer, die Centermanagerin, berichtet, dass das Ring-Center selbst im Lockdown vergleichsweise gut besucht war. "Über 70 Prozent der Geschäfte bei uns sind wirklich sehr nahversorgungsrelevant. Also die Menschen konnten auch während der Pandemie zu uns ins Center kommen und konnten ihre Besorgungen und Einkäufe erledigen. Und dadurch hatten wir eben auch während dieser Zeit eine relativ hohe Grundfrequenz", sagt Managerin Schäfer. Geholfen habe auch, dass das Centermanagement den Händlern mit Mieterlassen von 50 Prozent sehr weit entgegengekommen ist. Aktuell kämen schon wieder fast so viele Menschen wie vor der Pandemie, sagt Schäfer.

Wahrscheinlich haben diese kleineren Center deshalb bessere Chancen, die Pandemie zu überstehen, weil sie von den Bewohnern im Kiez angenommen werden. Aber wie viele von den 70 Shoppingmalls wird es in Berlin noch in ein paar Jahren geben? Nils Busch-Petersen glaubt, dass es vielleicht zehn weniger sein werden: "Ich sehe immer noch Perspektiven, aber nicht an jedem Standort und in jedem einzelnen Fall. Diese großen Tanker haben natürlich ihre Schwierigkeiten, aber sie haben auch Potenzial durch die Vielfalt der Sortimente. Totgesagte leben länger. Nein, es ist auf gar keinen Fall in Berlin vorbei."

Sendung: Inforadio, 19.08.2021, 9.23 Uhr

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Beitrag von Ute Barthel

124 Kommentare

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  1. 124.

    Einmal alle paar Wochen fünfhundert Euro abheben und davon einkaufen, was man will, ohne dass es irgendwer herausfindet - besser geht es nicht!
    Mit Onlineeinkäufen natürlich nicht zu machen... :-) Insofern für mich eine leichte Entscheidung!

  2. 123.

    Ich bin immer wieder gerne in den Mall's zum shoppen, aber auch in z. B. in Steglitz. Letztens hab ich eine Sitzmöglichkeit gesucht, ohne Kaffee Eis oder irgendwas zu essen bezahlen zu müssen. Gibt's nicht auf der Schlossstrasse. Die vorhandenen sind mit Schiss von Tauben und sonstigem Dreck verunreinigt.
    Ist echt traurig.

  3. 122.

    Oder mit 50Euro fünf Artikel kaufen. Mit EC-KARTE bezahlen war so gewollt, raten Sie mal von wem?!?

  4. 121.

    Nein, natürlich will ich das nicht behaupten. Ich bin aber bei den ganzen Kommentaren entsetzt, was hier für Gründe aufgeführt werden um online zu kaufen. Letztendlich dient es nur der eigenen Bequemlichkeit. Das dabei Arbeitsplätze auf der Strecke bleiben und die Städte veröden interessiert keinen. Ich frage mich immer was das für Leute sind.

  5. 120.

    Sie wollen also behaupten, dass das Herausziehen der EC-Karte aus der Hosentasche länger dauert, als das händische Abzählen von Geldbeträgen in unzähligen Cent-Stücken? Sehr seltsam. Den Einzelhandel wird das sicherlich nicht voran bringen. Da klicke ich mich doch online viel schneller durch und spare mir den Weg in den Einkaufstempel. Während andere noch die Groschen an der Kasse zählen :-)

  6. 119.

    Klar, alle für Niedriglöhne ab in die Packstation oder den Lieferwagen.

  7. 118.

    Also ich zahle fast immer bar. Da muss auch keiner warten. Habe das Geld selbst bei vielen Artikeln passend in der Hand. Kann noch Kopfrechnen. Schlimmer sind, sorry meist Männer, die nachdem schon alle Artikel durch sind ihre EC- Karte aus der Gesässtasche ziehen. Da warte ich lieber gerne mal auf den/die Senior/in die ihr/sein Geld zusammensuchen.

  8. 117.

    Bin mal gespannt, was aus diesem leerstehenden Nobel-Einkaufzentrum in der Friedrichstraße wird, das oben im Foto abgebildet ist. Es soll doch jetzt irgendwann zwangsversteigert werden. Mit dem ursprünglichen Konzept der hochpreisigen Läden wird man da wohl auf keinen grünen Ast mehr kommen. Wenn man durch die Katakomben läuft, kommt Endzeitstimmung auf. Das einzige, was noch floriert, sind im Haus nebenan der Penny-Markt und Rewe. Der Rest sieht ganz düster aus. Lieber abreißen und Wohnungen bauen. Die werden wenigstens gebraucht.

  9. 116.

    Nicht so negativ sehen ;-)
    RRG will nur das Autos nicht mehr auf Straßen Parken, sie auf Fahrradgeschwindigkeit beschränken, damit auch Fahrradfahrer mal während der Fahrt und nicht nur an der roten Ampel sich rechts vorbeidrängeln können, falls sie denn nicht sowiesolieber die Fußgänger auf ihren Gehwegen und Fußgängerzonen umfahren ...
    RRG sind zwar gegen SUVs, bauen aber gerade die Fahrspuhren fleißig um damit SUV Fahrer genügen Raum für den rechts-links Lenkausschlag zur Verfügung steht wie z.B letztens Masurenallee... was man nicht alles tut, um sich einer öffentlichkeitswirksamen Treibjagd durch Minderheiten mit überhasteter Umsetzung anstatt üblicher Planungsverfahren zu entkommen mit der zusätzlichen Hoffnung, dadurch wieder genügend Stimmen dieses Jahr zu erhalten... da macht man mal aus einer Großstadt von 4 Millionen 1.000 kleide Dörfchen je 4.000 Menschen und schon hat man seine Kiez Idylle die man noch nicht mal zu DDR Zeiten kannte...

  10. 115.

    Internet gehört inzwischen zum Standard der meisten Haushalte, selbst bei älteren Menschen. Die Anschlüsse kosten nicht mehr die Welt. Alternativ kann man auch per Handy ins Netz. Es jammert ja auch keiner mehr den Telefonzellen hinterher. Wer ganz geizig ist, geht in einem öffentlichen Wifi online. Gibt's an vielen Orten in Berlin. Wenn jemand heutzutage mit Internet nicht klar kommt, wird der auch im Laden beim Einkaufen haben. Spätestens an der Kasse, wenn dann so "neumodischer" Kram wie Kartenzahlung kommt. Oder soll man etwa mit seinem Sparstrumpf vorbei kommen und 29,99 Euro in abgezählten 5-Cent-Stücken bezahlen? Der Kassierer und die lange Schlange dahinter werden sich bedanken. Dann lieber per Internet.

  11. 114.

    Oder es ( Internet), nicht bedienen können, Was ist online? Habe noch nie online bestellt. Komme gerade mit dem Schreiben klar.

  12. 113.

    Also wenn die Chinesen wieder Busweise durch Berlin pilgern empfehle ich mal z.B einen Aufenthalt gegenüber der chinesischen Botschaft wo massenweise Deutsche Produkte made in China gekauft werden... ;-)

  13. 112.

    Das wundert mich nicht. Die Läden müssen schließen, weil den Unternehmen teilweise überteuerte Mietverträge angeboten werden. Nur noch teure Marken können sich diese Mieten leisten. Dementsprechend kommen nur noch die Kunden, die sich das leisten können. Vielleicht reicht das ja aus, um die Umsätze zu erbringen. Aber dass es dann immer weniger Menschen in die Shopping Center zieht, wundert mich nicht.

  14. 111.

    Irgendwann wird es aber doch einfacher, am nächsten Tag noch einmal dort vorbeizugehen - dann hat der kleine Buchhändler nämlich das Buch auch da, weil er es für mich bestellt hat...
    Schöne Sache doch eigentlich, oder? :-)

  15. 110.

    Meine Meinung - Herr Bezos ist durch sein Amazon wirklich schon reich genug.
    Und selbst wenn ich nun partout online bestellen wollte, fänden sich so viele andere Händler in Deutschland, die oft sogar noch billiger anbieten (und jedenfalls nicht teurer).
    Hat gerade erst wieder ein Test gezeigt...

  16. 109.

    Danke, ich will im Laden keine "Inspiration" und kein "Erlebnis". Wer kommt bloß auf sowas?
    Ich will einfach nur in angenehmer Umgebung meine Sachen einkaufen - und das kann ich zum Beispiel sehr schön im genannten Boulevard Berlin.
    Das Zentrum hat allerdings seine Bereiche, wo man echt wissen muss, dass man dort auch noch hinkann und dass dort Geschäfte sind - dort steht natürlich einiges leer.
    Das hat aber erstmal nichts mit Corona zu tun, sondern mit der ganzen Anlage dieses Einkaufszentrums.
    Auf der "Hauptstrecke" im Erdgeschoss zwischen Karstadt und Saturn ist es jedenfalls äußerst angenehm...

  17. 106.

    Ich gehe in CB ins Blechen carre und möchte mir Kleidung kaufen. Leider eine Fehlentscheidung. Wer nur Kindergrößen vertreibt nimmt sich einen großen Teil der Kundschaft selbst weg. Das ist aber in CB in allen relevanten Fachgeschäften so. Also decke ich meinen Bedarf auf Reisen oder im Internet ab. Also ist es doch so, wer sich nicht zu verkaufen weis ( Werbung ), Bedarfsgerechte Verkaufsartikel usw. geht dann auch mal eben ins minus. Die Folge ist dann halt die Aufgabe des Geschäfts. Der Niedergang der Shoppingmalls ist aber seit längerer Zeit auch schon in den Vereinigten Staaten zu beobachten. Alles hat seine Zeit und in Zeiten von Amazon und Co kann dann der kleine Einzelhandel in den großen Malls nicht mehr mithalten weil da noch zu viele Dritthände ihre Geldbörse füllen müssen z.B. durch Pachteinnahmen in unverhältnismäßigem Rahmen oder Parkentgelten für die mit dem Auto anreisenden Kunden. Corona hat das Problem nur noch verschärft.

  18. 105.

    Nun sehen die großen Shopping-Center mal wie das ist, wenn man um seine Existenz kämpfen muss. Viele Einzelhändler haben diese Erfahrung schon hinter sich und für viele ist sie nicht positiv ausgefallen. Sind wir doch mal ehrlich, einkaufen in einem kleinen, kundenfreundlichen Laden macht mehr Spaß als in einem großen und unpersönlichen Shopping-Center.

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