Brandenburger Gastronomen-Familie klagte - Bundesgerichtshof weist Entschädigungsklage wegen Corona-Schließungen ab

Do 17.03.22 | 10:55 Uhr
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Tische und Klapptsühle eines Cafes stehen zusammenklappt in einer Ecke (Bild: dpa/Jens Kalaene)
Bild: dpa/Jens Kalaene

Eine Gastronomen-Familie aus Brandenburg hatte hohe Einbußen, weil sie in der Pandemie wochenlang schließen musste. Vor Gericht wollte sie erreichen, dass das Land dafür aufkommt. Das Urteil des Bundesgerichtshofs ist wegweisend.

Betroffene der Corona-Lockdowns haben nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs keinen Anspruch auf staatliche Entschädigung für ihre Einnahmeausfälle. Die Karlsruher Richterinnen und Richter wiesen am Donnerstag in einem Pilotverfahren die Klage eines Gastronomen und Hoteliers aus Teltow-Fläming gegen das Land Brandenburg ab, der im Frühjahr 2020 weitgehend schließen musste. (Az. III ZR 79/21)

Hilfeleistungen für von der Pandemie schwer getroffene Wirtschaftsbereiche seien keine Aufgabe der Staatshaftung, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann bei der Urteilsverkündung. Aus dem Sozialstaatsprinzip folge nur eine Pflicht zu innerstaatlichem Ausgleich. Die nähere Ausgestaltung bleibe dem Gesetzgeber überlassen. In der Pandemie sei der Staat dieser Verpflichtung durch die Auflage von Hilfsprogrammen nachgekommen.

Damit ist das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen. Möglich wäre nur noch eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht. Die Entscheidung hat grundsätzlichen Charakter. Die Land- und Oberlandesgerichte orientieren sich in aller Regel daran. Dort sind nach Herrmanns Worten bundesweit viele ähnliche Verfahren anhängig.

Schloss Diedersdorf von Lockdown stark betroffen

Um die Ausbreitung des Virus zu stoppen, hatten Bund und Länder in der ersten Pandemie-Welle im März 2020 das öffentliche Leben heruntergefahren. Auch die Gastronomie musste wochenlang schließen. Essen und Getränke konnten nur zum Mitnehmen verkauft werden. Hotels durften keine Touristen mehr aufnehmen. Das traf auch das Schloss Diedersdorf, einen familiengeführten Betrieb mit Hotel, mehreren Restaurants und großem Biergarten südlich von Berlin. Eigentümer Thomas Worm und seine Tochter Salina beziffern ihre Einbußen mit 5.438 Euro am Tag - durch entgangenen Gewinn und laufende Kosten.

Die Familie bekam zwar 60.000 Euro Soforthilfe. Aber diese Summe deckt gerade einmal elf Tage ab, wie ihr Anwalt in der BGH-Verhandlung des Falls am 3. März vorrechnete. Die Worms wollten erreichen, dass das Land Brandenburg ihnen eine Entschädigung von mindestens 27.000 Euro zahlen muss. Die genaue Schadenshöhe wäre nachträglich bestimmt worden. Die Klage hatte am Potsdamer Landgericht und am Oberlandesgericht Brandenburg keinen Erfolg. Nun wies der BGH auch die Revision zurück.

Sendung: Brandenburg aktuell, 17.03.2022, 19:30 Uhr

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24 Kommentare

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  1. 24.

    . . . habe mich vertan: Die von den Klägern angegebenen 5438€ Verlust pro Tag ergeben sich aus geschätztem Gewinn (nicht aus Umsatz) plus laufender Kosten.

  2. 23.

    Soll das unversteuerte Trinkgeld auch noch vom Steuerzahler ersetzt werden?

  3. 22.

    Sorry, aber was denkt sich diese Gastronomen-Familie eigentlich? Dass der Staat ihnen noch mindestens den geschätzten Umsatz plus laufende Kosten für fünf Tage Lockdown (5,4k/Tag x 5 = 27k)auf Heller und Pfennig schuldet?

  4. 21.

    Von einer Diktatur zu sprechen bedeutet, dass Sie entweder bewusst Unsinn reden oder keine Ahnung haben was Diktatur bedeutet. Eine Diktatur kann kaum nach freien und geheimen Wahlen bestehen. Traurig wie Sie mit Begriffen umgehen...

  5. 20.

    Der Staat hat wie in einer Diktatur in die Unternehmensfreiheit eingegriffen und weigert sich nun für den angerichteten Schaden aufzukommen. Unterstellt man am Beispiel Diedersdorf den ausgefallenen Gewinn , ist das in der Kneipe an der Ecke eben das Gehalt des Betreibers und vielleicht sogar seine Rente.

  6. 18.

    Das ich das noch erlebe dass Sie mal was zustimmen und auch noch in einen netten Ton hätte ich nie im Traum gedacht.
    Warum kann es nicht immer so sein?!
    Würde mich freuen wenn es eine Fortsetzung geben würde, es reicht ja schon wenn Krieg ist müssen wir uns ja nicht gegenseitig anmachen.
    Lieber rbb24 bitte durchlassen

  7. 17.

    Ich bin weder neidisch noch missgünstig.
    Gerade bei dieser Familie kann ich sagen dass die richtig Geld gemacht haben und immer noch machen.
    Würden Sie als Steuerzahler mit einer Scheibe Speck nach ein Schwein schmeißen?
    Ich hoffeSie verstehen was ich meine.

  8. 16.

    Diese Rumgemosere am Rechtsstaat und unsere achso dummen Politik nervt. Wir sollten dankbar sein, dass sich unsere Gerichte überhaupt mit Anfragen beschäftigen, wo ein Unternehmen meint, der Staat müsse sich finanziell am betrieblichen Verlusten beteiligen, die er nicht zu verantworten hat (Corona ist ja keine Initiative der Bundesregierung). Fragen Sie Mal Menschen aus Autokrantischen Staaten, ob man dort auch so offen über Regierung und Gerichte meckern sollte

  9. 15.

    Dass jemand kein Anrecht auf hohen Gewinn in dieser Zeit hat,damit kann ich leben,aber dass Unternehmen aufgrund staatlicher Vorgaben auf ihren Kosten sitzen bleiben sollen,ist nicht vertretbar.
    Wie es in dem Fall genau aussieht,erfährt man in dem Artikel leider nicht.

    Wer behauptet,man soll auf seine Rücklagen zugreifen,hat jedenfalls nie ein Unternehmen geführt.

  10. 14.

    Sehr weise Worte. Wohlgemerkt, wenn ich so ein Betrieb ins Leben rufe und führen will, schaffe ich mir auch Rücklagen für den Notfall. In diesem besonderen Fall gab es vom Staat 60.000 Euro an Soforthilfe. Niemand hat voraussehen können dass es diese Pandemie je geben wird. So bedauerlich es auch ist, aber irgendwie muß man da durch. Wer’s nicht schafft schließt den Laden. Auch hier bei mir im Kiez hat ein gutgehendes Restaurant seine Pforten dicht gemacht. Sehr zum Leidwesen der Stammkundschaft.

  11. 13.

    Auch Ihnen die betriebswirtschaftliche Regel Nr. 1 nahegelegt:
    Umsatz ist NICHT gleich Gewinn!
    Die Missachtung dieser Binsenweisheit hat schon manchen in die Insolvenz geführt.

  12. 12.

    Bei ca. 5.500 € Umsatz vor Corona AM TAG haben die keine Rücklagen geschaffen? Der Staat ist doch nicht dafür da, Reiche, noch reicher zu machen, sondern Leuten zu HELFEN, die welche brauchen!

  13. 11.

    Toska, dieses Urteil gilt aber für alle anderen Unternehmen auch

  14. 10.

    wie kann man erwarten dass Unternehmen in der Pandemie sich an Regeln halten wenn man nicht gleichzeitig für Entschädigung sorgt? Niemand kann betriebswirtschaftlichen Selbstmord erwarten; dieses Urteil wird doch die Vorlage sein sich nicht mehr an Pandemieregeln zu halten

  15. 9.

    In diesem besonderen Fall stimme ich Ihnen sogar voll zu.

  16. 8.

    Weil man in der Gastronomie auch so SATTE GEWINNE einfährt....
    Sie gehören wohl auch zu denen die glauben das Geld wird über den Kopierer gezogen!!!

  17. 7.

    Und wieder einmal lernen wir ... Gesetze gelten nicht für Corona.
    https://dejure.org/gesetze/IfSG/65.html
    Wird ein Laden wegen einem Infektionsfall dicht gemacht muss der Staat Entschädigung zahlen.
    Wird er allgemein geschlossen weil es sein könnte das.... ist eine Entschädigung nicht vorgesehen.
    Und die klugen Sprüche in Sachen Rücklagen.... wie viele von denen hätten wohl von heute auf morgen ohne Einnahmen lange Zeit finanziell überlebt ?

  18. 6.

    Klingt neidvoll und missgünstig, zumal Sie die Leistungen dahinter nicht sehen... und das Risiko... das nun greift. Richtig ist, dass der Staat keine Profite ersetzen kann, darf und muss. Das selbstgewählte Risiko hat immer zwei Seiten und beide Seiten durchlebt man im Leben...

  19. 5.

    Haben sie auch Einsicht in die Buchführungen anderer Betriebe? Oder haben sie nur die Finanzbuchhaltung von Schloss Diedersdorf eingesehen?

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