Kampagne gegen Corona-Impfungen - Wenn Flugblätter Angst verbreiten

Di 12.01.21 | 17:01 Uhr
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Symbolbild - Ein Flyer von Impfgegner*innen liegt auf einem Briefkasten. (Bild: imago images/Thomas Vonier)
Bild: www.imago-images.de

Seit einiger Zeit landen in vielen Briefkästen Flyer, die vor einer Corona-Impfung und deren Folgen warnen. Dabei werden auch Behauptungen aufgestellt, die einer genaueren Prüfung kaum standhalten. Auf den ersten Blick ist das aber für viele Empfänger nicht zu erkennen.

Die Frage, ob man sich gegen Corona impfen lässt, ist derzeit allgegenwärtig. Im Internet finden sich dazu zahlreiche wissenschaftliche Beiträge, die Informationen bieten und Aufschluss geben sollen.

Seit einigen Monaten geht auch eine gegenläufige Kampagne durch alle Bundesländer – und zwar ganz analog: Es werden Flyer verteilt, in denen behauptet wird, die Impfung könne krank machen, und die Bundesregierung schüre eine "medizinisch unbegründete Panik" vor Corona. Das Recherchezentrum "Correctiv" hat sich mit dem Thema beschäftigt – und knapp 200 verschiedene Flugblätter gezählt, auch in Berlin und Brandenburg landen sie in vielen Briefkästen.

"Freiheitsboten" betreiben die Kampagne mit

Einer der Akteure dieser Kampagne ist eine Gruppe, die sich "Freiheitsboten" nennt. Sie geht auf eine Idee des hessischen HNO-Arztes Bodo Schiffmann zurück. Er produzierte Youtube-Videos, die hunderttausendfach geklickt wurden, so wurde er bundesweit bekannt als "Corona-Skeptiker".

Die "Freiheitsboten" seien Teil einer bundesweiten Desinformationskampagne zum Thema Corona, an der sich auch andere Gruppen beteiligten, sagt Uschi Jonas von "Correctiv" dem rbb. "Was auf diesen Flyern verbreitet wird ist irreführend und oft unbelegt, die Pandemie wird darauf oft einseitig dargestellt und es beinhaltet oft Meinung und wenig Fakten." Da würden Dinge verbreitet wie "Pandemie ist Fake" oder "Masken sind gesundheitsschädlich", sagt Jonas.

"Oft sind es dieselben Personen, die dort auftauchen, die schon seit Monaten Gerüchte und Falschinformationen über die Pandemie verbreiten", so Jonas weiter. "Und wenn man sich diese Personen anschaut, sieht man auch, dass dahinter vielleicht gar keine Ärzte stecken, die sich mit diesem Thema auskennen."

Fachleute widersprechen

Der November-Flyer der "Freiheitsboten" thematisierte die Schutzimpfung und die neuen Impfstoffe. Der Text warnte vor der Impfung, vor offenen Langzeit-Risiken und kaum absehbaren Schäden wie zum Beispiel Unfruchtbarkeit. Die "Panik wegen Corona" sei unbegründet, ungewöhnlich viele Sterbefälle habe es nicht gegeben.

Fachleute halten dagegen: Die Behauptung, der Impfstoff mache unfruchtbar, stimme nicht. Und Nebenwirkungen träten in der Regel innerhalb der ersten vier bis sechs Wochen auf. "Es ist natürlich richtig, dass man Langzeitwirkungen nicht kennt", sagt Jens Sobotta von der Ärztekammer Brandenburg. "Aber man hat die Vergleiche zu anderen Impfstoffen, die wir im Zusammenhang mit der Grippe kennen. Und das kann man ganz gut ins Verhältnis setzen." Die Hersteller dieser Grippe-Impfstoffe wüssten natürlich auch, was sie täten, sagt Sobotta: "Nicht umsonst bekommt ein solcher Impfstoff in Europa erst nach längerer Prozedur die Zulassung durch die EMA." (European Medicines Agency)

Auch die Einschätzung der Sterbefälle habe sich als falsch erwiesen, sagt Sobotta: "Das ist aus heutiger Sicht voll und ganz widerlegt. Wir haben in der zweiten Dezemberhälfte 2020 eine coronabedingte Übersterblichkeit von bis zu 25 Prozent beobachten können."

Nicht netz-affine Menschen können schlecht nachrecherchieren

Nach dem Faktencheck von "Correctiv" ist Freiheitsboten ein Netzwerk, das sich auf den Messenger-Dienst Telegram stützt und einige hundert aktive regionale Gruppen hat, die die Flyer-Kampagne durch große Teile Deutschlands tragen. Von wem die Druckkosten finanziert werden, ist offen.

Mit Flyer-Aktionen erreichen Freiheitsboten und andere Gruppen auch die Menschen, die nicht oder nur wenig im Netz unterwegs sind, sagt Uschi Jonas. Das sei eine Gefahr, denn bei einem bloßen Flyer habe man nicht die Möglichkeit, die Informationen gegenzuchecken. Das sei im Internet viel eher möglich. "Oft hilft es, bestimmte Begriffe und Themen einzugeben ins Netz, vielleicht sogar in Kombination mit dem Wort 'Faktencheck' zu suchen", sagt Jonas. "Oder man kann auch schauen, ob man in seriösen Medien Artikel findet, die sich auf dieses Thema beziehen. Wenn das nirgends dort erscheint, ist es oft ein Hinweis auf eine Falschbehauptung."

Auch der erste Eindruck könne schon eine Menge aussagen, sagt die "Correctiv"-Rechercheurin: "Man kann immer schauen: Kommt einem die Sprache in diesem Flyer sehr emotional vor und ein bisschen hetzerisch vielleicht, dann kann man schon mal ein bisschen hellhörig werden."

Bezüge zu Attila Hildmann und Ken Jebsen

Einige Ortsgruppen der Freiheitsboten weisen nach "Correctiv"-Recherchen eine Nähe zur "Querdenken"-Szene auf, teilen Videos von Attila Hildmann und Ken Jebsen. Auf ihrer Website "freiheitsboten.org" wirbt die Gruppe für einen "differenzierten Blick auf die Krise". Die politische Botschaft ist dann eindeutig: Gewarnt wird vor einer "Expertokratie", die Alte wegsperrt, die Jungen die Bildungschancen raubt und die übrigen in den Lockdown schickt.

Von "Correctiv" befragte Sicherheitsbehörden warnten vor der Verbreitung von Falschinformationen, auch durch solche Flyer-Aktionen. Strafrechtlich relevant sind die Flyer aber bisher in keinem Bundesland geworden.

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13 Kommentare

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  1. 13.

    Diesen "Ärzte für Aufklärung"-Zettel hatten wir schon zwei Mal drin, die Rückseite ist sehr lustig. Da steht dann die Unterscheidung von einer "echten" zu einer "Fake-Pandemie" drin, mit so geistreichen Aussagen wie: "Echte Pandemie: VEersorgung bricht zusammen, Menschen hamstern Lebensmittel und Fake-Pandemie: MEnschen hamstern Klopapier" Karl Lauterbach hatte schon mal angemerkt, dass geprüft werden sollte (evtl. wird es das jetzt auch), ob man den in ÄfA organisierten Ärzten die Zulassungen entziehen kann. Weil es eben so ein GEschwurbel ist. Die Zettel hatten wir im Spätsommer das erste Mal drin und dann zwei, drei Monate später noch einmal. Das Schlimme ist, dass dadurch die Berufsgruppe der Ärzte in den Dreck gezogen wird. Ärzte sind sehr angesehene Menschen, denen man glaubt und vertraut. Schlimm, wenn dann einige auskanten und genau DENEN dann Verunsicherte Gehör schenken und sich Angst machen lassen.

  2. 12.

    So einen ähnlichen Zettel hatte ich im Dezember im Briefkasten. Er hat mich doch sehr amüsiert. Die Personen dahinter wollen nur Angst und Schrecken verbreiten in der Bevölkerung. Hätte die Regierung/Wissenschaftler nichts unternommen, hätten genau diese Personen die Tatsachen auch verdreht und wären pro Corona. Im Endeffekt möchten sich diese Personen damit selber bereichern und wahrscheinlich eine eigene Partei gründen, natürlich auf Kosten anderer, aber das wissen bestimmt die Querdenker, denken schließlich quer.

    Zur Impfung, Impfstoff und Nebenwirkung gibt es ein sehr gute Erkläung von einem richtigen studierten Wissenschaftler:
    https://youtu.be/ZZSC9z7yeW4

    Auch wenn einige Fachbegriffe vorkommen, ist vieles doch sehr verständlich und ermutigt mich persönlich zur Impfung.

  3. 11.

    Ich denke, ich werde mich gegen Corona impfen lassen, allerdings mit einem ganz miesen Gefühl im Bauch. Der Grund sind die Narkolepsiefälle nach der Impfung gegen Schweinegrippe, die auch noch Jahre nach der Impfung aufgetreten sind. Damals handelte es sich auch ähnlich wie heute um einen neuen Impfstoff. Zugegeben auf einer anderen Basis, aber wer kennt jetzt schon die Langzeitnebenwirkungen der Biontec/Moderna Impfstoffen? Standard und Jährliche Grppeimpfungen bekomme ich regelmäßig. Wie gesagt: ich werde mich wohl auch gegen Corona impfen lassen, als pensionierter HA.,aber........

  4. 10.

    Neben den Zettel, die Angst verbreiten (wobei ich bisher von den "tausenden" sich im Umlauf befindlichen) hatte ich bisher keinen im Briefkasten.
    Aber, auch der RBB verbreitet Angst und Schrecken:
    https://www.rbb24.de/panorama/thema/corona/beitraege/2021/01/uebersterblichkeit-alter-berlin-brandenburg-grippe.html
    Mag ja sein, dass das valide Zahlen sind, aber zu welchen Zweck werden sie veröffentlicht?
    Um die Unfähigkeit der Politik zu unterstreichen, langsam bis gar nichts außer Durchhalteparolen zu senden, machen?

  5. 9.

    So ist es. Angsterzeugen gehört mit zum Plan , von beiden Seiten, nur sitzen hier die MSM am längeren Hebel.Natürlich sind Zweifel an der Impfung zulässig und auch faktisch belegbar ! Schließlich ist dies der erste zugelassene RNA Impfstoff
    für Menschen , ohne die Langzeitfolgen zu kennen.Die Schweinegrippeimpfung zeigte nachweislich vor allem in Schweden
    was für Folgen dies haben kann.

  6. 8.

    Ich habe solche Zettel noch nicht gesehen. Würde mich mich auch nicht beeinflussen. Bedenklich finde ich, wenn ärztliches oder Pflegepersonal sich nicht Impfen lassen wollen.
    Vielleicht sollte man die Gründe analysieren.

  7. 7.

    Dummheit lässt sich leider nicht verbieten. Selbst, wenn das möglich wäre, würden dann einige Krakeeler noch auf ihrem Recht auf Dummheit bestehen. Leider sind solche Flyer mehr als dumm, nämlich gefährlich für die Menschen, die dadurch verunsichert und vielleicht von der Impfung abgehalten werden. Ich freue mich, dass ich bald die Möglichkeit zur Impfung habe.

  8. 6.

    Ich bin voll Ihrer Meinung. Vielleicht sollte man Querdenker als QuerTREIBER benennen.

  9. 5.

    Wer einigermaßen klar denken kann, dem werden solche Flugblätter nichts anhaben können.
    Viel schlimmer finde ich die Aussagen von Merkel und Söder heute.
    Das haut einen wech.

  10. 4.

    Diese Leute zünden in ihrem Wahn auch Häuser an. Aber gegen Dummheit ist halt kein Gras gewachsen.

  11. 3.

    Solche Personen haben schon viel Schaden angerichtet, wann werden diese endlich in die Schranken gewiesen?

  12. 2.

    Nicht schoen..aber Angst verbreiten als Mittel zum Zweck auch andere..

  13. 1.

    Masken sind gesundheitsschädlich? Corona ist vielleicht gar nicht so schlimm, Impfen hingegen schon? Ich kann nur dazu anregen, solcherlei Propaganda in blauen Tonnen zu sammeln. Vielleicht wird ja im nächsten Versuch was gescheites daraus, der Kreislaufwirtschaft sei Dank.

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