Gastronomie und Clubs - 2G oder 3G - das ist hier die Frage

Sa 25.09.21 | 10:32 Uhr | Von Johannes Paetzold
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Symbolbild: Vor einem Restaurant in der Frankfurter Innenstadt ist ein Hinweis mit der Aufschrift «3 G. Geimpft. Genesen. Getestet.» angebracht (Bild: dpa/Arne Dedert)
Bild: dpa/Arne Dedert

Seit einer Woche können Restaurant- und Clubbetreiber selbst entscheiden, ob sie auf einen Corona-Impfnachweis bestehen oder ob ein negativer Test genügt. Aber: Wie entscheiden sie sich? Johannes Paetzold hat sich umgehört.

In Cynthia Barcomis Café in Kreuzberg ist es einfach: Da kommt der Kellner schon, bevor man Platz genommen hat, und fragt nach dem Impfausweis. Drei junge Frauen am Nebentisch haben damit kein Problem. 2G oder 3G ist für Medizinstudentin Helena kein großes Thema, sie hat sich längst impfen lassen: "Ich habe mich schnell daran gewöhnt, am Eingang meine Daten anzugeben."

Für Restaurants, Bars und Clubs gilt in Berlin die 2G-Optionsregel, dass heißt, die Locations dürfen selbst entscheiden, ob bei ihnen auch Getestete (3G) oder nur Geimpfte und Genesene (2G) Gäste sein können.

Einen Tisch weiter sitzt Samira Raza. Mit ihrem Freund und Koch Ben Zviel betreibt die gebürtige Londonerin das Mrs Robinson auf der Pappelallee. Seit ein paar Wochen haben die beiden auch das ehemalige Frida Kahlo um die Ecke übernommen unter neuem Namen: Café Frida.

"Ein Freedom Day wäre zurzeit hier falsch"

Zum Berliner Optionsmodell hat Samira eine klare Haltung: "Wir machen 2G, weil ich finde, die Leute müssen gemeinschaftlich denken. Hier gibt es keinen Raum für Entschuldigungen." Was hält sie als Engländerin vom so genannten Freedom Day - also dem Ende aller Corona-Beschränkungen nach dem Vorbild von Großbritannien. "Zurzeit wäre ein Freedom Day hier falsch. Wer am öffentlichen Leben teilnehmen will, muss Kompromisse eingehen", sagt Samira Reza. Sie unterstütze keine Verschwörungstheoretiker. "Es gibt keine Belege, dass die Impfstoffe nicht sicher sind. Wer das denkt, kann ja einfach zu Hause bleiben." Klare Worte von Samira, in deren alter Heimat der Freedom Day den Inzidenzwert auf über 300 hochgeschraubt hat.

Ben Pommer, Besitzer des Berliner Lokals "Kaschk" (Bild: Johannes PaetzoldBen Pommer, Besitzer des Berliner Lokals "Kaschk".

Das ganze Team war für 2G

Ben Pommer betreibt das Brlo Brewhouse am Gleisdreieck und das Kaschk als Gastro-Pub an der Torstraße. Für das Kaschk hat er eine klare Lösung: "Wir haben uns für 2G entschieden. Schon aus einem einfachen Grund – das ganze Team war dafür, und da werde ich mich nicht entgegenstellen." Für das BRLO Brwhouse ist es schon etwas schwieriger: "Da kommen auch Kinder hin. Gerade samstags und sonntags. Solange es keine Empfehlung der Stiko zur Kinderimpfung gibt, werde ich dort die 3G-Regelung bevorzugen. Wir sind ein Biergarten mit großen, offenen Räumen." Im Brwhouse sind vor kurzem einige Mitarbeiter positiv getestet worden. Eine Woche lang ließ Ben Pommer den Betrieb schließen, das war ein Riesenverlust.

Pommer beschäftigt zwei Mitarbeiter, die aus Gesundheitsgründen und ärztlichem Anraten keine Impfung erhalten dürfen. Auch das ist eine schwierige Situation, und eine Lösung gibt es bisher nicht dafür.

An der Einhaltung der Regeln gibt es für Pommer kein Rütteln, am Eingang des Biergartens werden die Impfnachweise genau kontrolliert. Natürlich habe es auch Besucher gegeben, die aggressiv geworden seien. "Aber die haben bald verstanden, das wir eben nicht der richtige Laden für sie sind."

Pamela Schobess, Betrieberin des Clubs "Gretchen" (Bild: Johannes Paetzold)
Pamela Schobess, Betreiberin des Clubs "Gretchen". | Bild: Johannes Paetzold

Bei 3G dürften die Leute nicht tanzen

Ums Eck ist der Club Gretchen an der Obentrautstrasse. Betreiberin Pamela Schobeß ist gleichzeitig Vorsitzende der Clubkommission. Sie sagt, die Kollegen anderer Clubs reagierten sehr unterschiedlich auf die neue Regelung.

Das Gretchen veranstaltet viele 3G Konzerte, man feiert – noch draußen. Das 2G Modell bereite ihr schon Bauchschmerzen, es spalte die Gesellschaft. Allerdings komme man auch nicht drumherum: "Wir machen jetzt im Oktober ein paar 2G-Veranstaltungen, weil wir es müssen." Im Wesentlichen seien das Konzerte, und da wollten die Leute natürlich tanzen. Das sei aber unter 3G-Bedingungen nicht gestattet. Dann müssten sie als Betreiber darauf achten, dass die Leute sich nicht im Raum bewegten. "Und das geht ja gar nicht. Wenn wir 400 Leute im Laden hätten und darauf achten müssen, dass sie nicht tanzen, dann hätten wir eine Horde von Security Leuten, die die ganze Zeit unsere Gäste stören und darauf hinweisen: Bitte nicht bewegen."

Die Gretchen-Chefin hofft auf Schnüffelhunde

Es ist also eine fast unlösbare Herausforderung, und Pamela Schobeß wäre für jeden Hoffnungsschimmer dankbar.

Seit einiger Zeit wird beispielsweise in Großbritannien ausprobiert, ob Hunde das Coronavirus erschnüffeln können. Die Tests verlaufen vielversprechend, an einen Einsatz vor Clubs oder Restaurants ist aber bisher noch nicht zu denken. Aus Pamela Schobeß' Sicht wäre das eine gute Lösung: “Finde ich super, wenn es denn dann funktioniert. Ich stell mir das so vor, dass der Hund die Schlange vor dem Club durchläuft und anschlägt, wenn jemand positiv ist.”

Der Koch und Gastronom Duc Ngo (Bild: Johannes Paetzold)
Der Koch und Gastronom Duc Ngo. | Bild: Johannes Paetzold

"Ich hätte am liebsten 1G"

Im Madame Ngo in der Kantstraße macht sich Duc Ngo um die Gäste Sorgen, genau wie um sein Personal: "Es kommt der Herbst, die Außenterrassen werden bald geschlossen und dann sitzen wieder alle drinnen." Er wolle die 2G-Regel einführen, sag Ngo, dafür müssten alle Kollegen, die noch nicht geimpft seien, das nachholen. "Es ist einfach fair gegenüber den Kollegen, dass wir im Fall der Fälle einfach auf 100 Prozent wieder drin arbeiten können." Wenn es nach Duc Ngo ginge, wäre auch das Berliner Optionsmodell nur ein Zwischenschritt: "Ich hätte am liebsten die 1G Regelung - alle geimpft."

Nicht überall wird kontrolliert

Mehrere Restaurantbesitzer wollen übrigens weder sprechen beziehungsweise unerkannt bleiben – wie beispielsweise der Betreiber eines großen chinesischen Restaurants mit Hunderten Gästen mittags. Er kontrolliert die Gäste kaum, und er wird auch nicht vom Amt kontrolliert. Er brauche zur Zeit jeden Gast, sagt er. Eine Verunsicherung der Gäste könne er sich nicht erlauben – und damit meint er offenbar die Kontrollen, nicht das Corona-Virus.

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Beitrag von Johannes Paetzold

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