Semesterstart in Präsenz - Plötzlich wieder Hörsaal

So 03.04.22 | 17:43 Uhr | Von Marek Walde
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Hörsaal (Quelle: Marek Walde)
Video: rbb|24 | 01.04.2022 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: Marek Walde

Studium in Präsenz: vor Corona normal, jetzt etwas Besonderes. Die Hochschulen starten ins neue Sommersemester. Wie sich das nach vier Digitalsemestern anfühlt, welche Regeln gelten und wie es ist, wieder nach Berlin zu kommen. Von Marek Walde

"Das ist ein schönes Gefühl, wieder richtig ins Leben zu starten", erzählt Elisabeth Kasanzewa strahlend. "Jetzt zu studieren ist einfach aufregend." Gemeinsam mit rund 200 Kommilitonen startet sie in ihr Studium im Fachbereich Medien und Informatik - in Präsenz.

Vor Corona nicht außergewöhnlich, aber nach vier Digitalsemestern etwas Besonderes. An der Berliner Hochschule für Technik (BHT) herrscht freudige Aufregung, auch bei Elisabeth: "Wenn man sich in Gruppen trifft, dann spürt man schon die Aufregung, weil das so ungewohnt war, aber es fühlt sich irgendwie angenehm an."

Auch bei Neu-Kommillitone Markus Haupflisch ist die Freude groß: "Ich finde das viel besser, die Mitstudenten persönlich kennenzulernen und mit denen zu lernen. Ich finde es beim Präsenzstudium auch leichter zu lernen, man sitzt eben im Hörsaal und hört dem Professor zu und assoziiert nicht nur irgendwelche kleinen Bilder und Kästchen mit den Leuten, die man in irgendwelchen Onlineräumen sieht."

Mehr Hoffnung als Sorgen

Die Hoffnung, dass das ganze Semester in Präsenz stattfindet, haben Markus und Elisabeth beide. Große Sorgen, dass das gerade neu begonnene Studium bald in die Distanz verlagert werden könnte, hat sie aber nicht: "Wenn es kommt, dann kommt es, aber fürs erste möchte ich gar nicht daran denken, um ehrlich zu sein."

Um zehn Uhr startet die Einführungsveranstaltung, eine halbe Stunde vorher ist sie schon da und kennt noch niemanden: "Es ist etwas ganz Neues. Ich habe vorher noch nicht studiert, starte jetzt und kann jetzt wirklich neue Leute kennenlernen." Nach dem ersten Treffen geht es in den Hörsaal, in dem wegen Corona nur jeder zweite Platz belegt ist.

Wenn man sich in Gruppen trifft, dann spürt man schon die Aufregung, weil das so ungewohnt war, aber es fühlt sich irgendwie angenehm an.

Elisabeth Kasanzewa, Studentin an der Berliner Hochschule für Technik (BHT)

Maskenpflicht in den Innenräumen

Das Semester soll fast ausschließlich in Präsenz stattfinden. Um nicht in wenigen Wochen wieder ins Online-Studium wechseln zu müssen, gibt es aber weiterhin Corona-Maßnahmen. Die Maskenpflicht gehört im Supermarkt zwar der Vergangenheit an, in den meisten Universitäten und Hochschulen bleibt sie aber bestehen. Die BHT verhängt in allen Innenräumen eine Maskenpflicht, diese gilt auch an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). "Wir wollen nicht, dass Studierende hier anfangen und dann mitten im Semester in eine Infektion gehen und dann ihre Prüfungen nicht ableisten können, das wäre das Schlimmste", so BHT-Präsident Werner Ullmann.

Auch an der Freien Universität (FU) und der Technischen Universität (TU) gilt die Maskenpflicht in allen Innenräumen. "Wenn Sie den normalen Lehrbetrieb kennen und Studierende sehen, dann werden sie merken, man kann nicht immer mit einem Abstandshalter rumlaufen, selbst, wenn man es in der Veranstaltung so direkt halten kann. Man muss ja rein gehen und raus gehen und deswegen ist grundsätzlich die Regel, wir tragen eine Maske, glaube ich, für alle gut", so die neue TU-Präsidentin Geraldine Rausch.

Andere Regelungen in der HU und UdK

An der Humboldt-Universität (HU) gilt die Maskenpflicht nur dann, wenn Abstand nicht eingehalten werden kann. Die Maske darf somit beispielsweise in Seminaren abgenommen werden, wenn ausreichend Abstand gehalten werden kann. Die Universität der Künste (UdK) setzt noch stärker auf Eigenverantwortung und hat keine Maskenpflicht mehr.

Bereits im letzten Semester haben einzelne Veranstaltungen in Präsenz stattgefunden. Die damals bestehende 3G-Pflicht besteht jetzt nicht mehr. Stattdessen sprechen Hochschulen und Universitäten eine 3G-Empfehlung aus. Vielfach sind Testzentren auf den Geländen weiterhin vorhanden.

Geraldine Rausch (Quelle: Marek Walde)
Man kann nicht immer mit einem Abstandshalter rumlaufen, meint TU-Präsidentin Geraldine Rausch | Bild: Marek Walde

Digitale Lernplattformen bleiben bestehen

Als Ergänzung zum Präsenzbetrieb sollen Elemente aus den vergangenen Semestern übernommen werden. Einzelne Veranstaltungen werden in Hybrid, also digital und vor Ort, stattfinden. Außerdem gibt es an den meisten Hochschulen und Universitäten weiterhin Aufzeichnungen von Veranstaltungen, die auf digitalen Lernplattformen nachträglich abrufbar sein werden.

Sollten Studierende in Quarantäne müssen, können diese immerhin teilweise weiter am Studium teilnehmen. "Im Laufe der Zeit sind ganz unterschiedliche Formate entstanden, die wir unterstützend zu den Präsenzveranstaltungen anbieten", erklärt HTW-Präsident Ullmann. "Wir sind eine Präsenzhochschule, wir wollen die Begegnung. Aber von all dem Entstandenen soll weiter Gebrauch gemacht werden und das ist eine gute Ergänzung."

Im Laufe der Zeit sind ganz unterschiedliche Formate entstanden, die wir unterstützend zu den Präsenzveranstaltungen anbieten.

Werner Ullmann, Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW)

Zwei Jahre Uni aus dem Kinderzimmer

Die Veranstaltungen an den Hochschulen beginnen immer rund zwei Wochen vor denen der Universitäten. Noch etwas Vorbereitungszeit, um sich auf den Präsenzbetrieb einzustellen, bleibt also. Viele Studierende haben ihre Universität in den letzten vier Semestern kaum oder gar nicht von innen gesehen. Mit der Folge, dass einige Studierende zurück zu ihren Eltern gezogen sind und das ehemalige Kinderzimmer zum Hörsaal wurde.

Björn Klüver studiert seit Ende 2019 Geschichts- und Sozialwissenschaften an der HU. Nur ein Semester hat er in Präsenz studiert. Als die Pandemie startete, war er zu Besuch bei seinen Eltern in Ostfriesland - und ist es bis jetzt geblieben. Seine Kurse fanden zu 100 Prozent digital statt. Nur wochenweise war er in den letzten beiden Jahren in Berlin zu Besuch.

Nach Ostern startet sein Studium wieder in Präsenz und Björn ist wieder zurück in der Stadt, in der er eigentlich schon seit einer ganzen Zeit leben wollte: "Es ist praktisch ein zweiter Auszug von zu Hause. Jetzt bin ich gefühlt wieder komplett neu in der Stadt."

Björn Klüver studiert seit Ende 2019 Geschichts- und Sozialwissenschaften an der HU. (Quelle: privat)
Bild: privat

"Es fühlt sich wirklich komisch an"

Lange war ungewiss, wann die Präsenz wieder starten würde. Mit der Unterstützung seiner Eltern hat er daher entschieden, seine Einzimmerwohnung in Lichterfelde zu behalten. "Es ist schon ein bisschen surreal", beschreibt er die Situation, als er zum ersten Mal wieder seine Wohnung betritt. "Eigentlich ist das hier mein Zuhause, so wirklich häufig war ich aber eben doch nicht hier. Es ist so eine Mischung aus neu, aber trotzdem vertraut."

Einer seiner ersten Wege in Berlin führt ihn ins Hauptgebäude der HU. Im ersten Semester hatte er hier eine Vorlesung, doch eine richtige Verbindung zu Gebäude und Universität ist noch nicht entstanden: "Es fühlt sich wirklich komisch an, es fühlt sich noch irgendwie alles wie neu an, obwohl ich jetzt bald schon praktisch fertig bin."

Nach dem Bachelor möchte er den Master in Geschichte machen. Vielleicht wird sein Studium dann etwas normaler ablaufen, als es in den vergangenen zwei Jahren der Fall war.

Sendung: rbb24 Abendschau, 01.04.2022, 19:30 Uhr

Korrekturhinweis: In einer früheren Version des Textes wurde Werner Ullmann als Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) vorgestellt. Tatsächlich ist er Präsident der Berliner Hochschule für Technik (BHT). Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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Beitrag von Marek Walde

10 Kommentare

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  1. 10.

    Warum sollten „wir“ an Sie denken? Das macht die Hochschule ohne die Kultusminister ganz ohne uns. Die Kumis haben, da wo Sie sich Ihren Bildungsweg ausgesucht haben, keine „Befehlsgewalt“. Also nochmal, warum fordern Sie uns hier auf, wenn für Sie die Studentenvertretung zuständig ist?

  2. 9.

    Ich lese ständig die Unis würden in Präsenz gehen... Kann ich nicht bestätigen! Mein zweites Semester an der HWR Berlin läuft erneut online ab. Vermutlich preiswerter für die Uni. An uns Studenten denkt hier niemand!

  3. 8.

    Wer legt denn eigentlich immer das Ziel für die Eigenverantwortung fest ?

  4. 7.

    "ihre Prüfungen nicht ableisten können, das wäre das Schlimmste"

    Was für eine abenteuerliche Begründung, um trotz abgeschafftem Bundesgesetz weiterhin Maskenzwang zu verordnen.
    Auch der Herr Präsident sollte eigentlich wissen, dass es einen zweiten Prüfungstermin vor Beginn des neuen Semesters gibt und im Falle einer offiziellen Krankschreibung wird der erste Prüfungstermin am Ende des alten Semesters nicht einmal als Fehlversuch gewertet.

    "Man muss ja rein gehen und raus gehen und deswegen ist grundsätzlich die Regel, wir tragen eine Maske, glaube ich, für alle gut"

    Die Präsidentin einer Technischen Universität "glaubt" also. Ich dachte eigentlich, der Glaube wäre Theologiestudenten vorbehalten. Sollte man nicht von einer TU erwarten, dass dort faktenorientier und evidenzbasiert gearbeitet wird? Es gehen auch üblicherweise nicht 10.000 Studies auf einmal durch die sechs verschiedenen Eingänge ins Gebäude.
    Was gut ist, kann jeder für sich selbst entscheiden.

  5. 6.

    Beruhigen Sie sich bitte wieder! Es handelt sich nicht um Kleinkinder sondern i.d.R um Volljährige, auf deren Eigenverantwortung ich hoffe und die freiwillig die Maske tragen. Ansonsten wird es ein fröhliches Spreaderevent und die Studierenden können von zu Hause aus dem Lehrstoff folgen

  6. 5.

    " mitten im Semester in eine Infektion gehen und dann ihre Prüfungen nicht ableisten können, das wäre das Schlimmste",

    die müssen ihre Studenten ja wirklich für strunzdumm halten. Wie war das denn in den letzten 3 Semestern? da wurde auch mittendrin die Präsenzleere einfach unterbrochen, trotz Maskenpflicht.

    wir reden hier von eigenverantwortlichen jungen Leuten, alle über 18. diese dürfen wählen und autofahren. also dürfen sie auch selber entscheiden, ob sie sich maskieren wollen oder nicht.

    denn eine rechtliche Verpflichtung dafür gibt es nicht, da die generelle Maskenpflicht in Innenräumen abgeschaffte ist und eine Hochschule ist auch kein Bus oder Krankenhaus.

    der Verweis auf das Hausrecht wäre missbräuchlich, denn sie müssen ja wohl Studiengebühr oder Semesterbeitrag zahlen, werden dann aber ausgeschlossen und können ihr Studium eben NICHT beenden, wenn sie sich nicht der kollektiven, illiberalen Maskerade unterwerfen

  7. 4.

    Ich hoffe so inständig, dass Veranstaltungen wie Vorlesungen auch in Zukunft weiter digital angeboten werden und kleinere Lehrveranstaltungen wie Tutorien, Seminare etc. in Präsenz! Das würde vielen helfen; ich muss nicht für eine Frontalveranstaltung physisch anwesend sein!

  8. 3.

    " glaube ich, "

    Glauben gehört in die Kirche, nicht in die Uni.
    Evidenzbasierte Forschung sieht anders aus.

  9. 2.

    Warum waren die Hörsäle leer und die Klassenzimmer mit 30+ übervoll, liebe Kultusminister?
    Gibt es einen Vergleich von der Anzahl coronabedingter Toter Lehrpersonal und Vorlesungspersonal der Hochschulen?

  10. 1.

    Warum nun wieder die leidige Maskenpflicht? Die Maskenpflicht in Innenräumen ist abgeschafft worden. Das ist eine Bundesgesetzgebung! Es wäre schön, wenn sich öffentliche Körperschaften und Hochschulen, die ihre Forschungsgelder auch aus dem Steuersäckel bekommen, sich daran halten und hier keine wilkürliche Rechtsbeugung vornehmen.

    Die Jungen Menschen müssen die Möglichkeit haben, ein normales Leben zu führen und ihr Studium ohne Maske zu beenden. Es ist nicht einzusehen, dass im Club ohne Maske getanzt wird, aber hier, bei Pflichtveranstaltungen werden die Leute entgegen der Bundesgesetzgebung genötigt, eine Maske zu tragen.

    Wie lange soll das eigentlich jetzt noch so weitergehen mit den Masken? Irgendwann reicht es auch mal.

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