Warnung vor personellen Engpässen - In Brandenburg wächst Kritik an Impfpflicht im Gesundheitswesen
Ab Mitte März soll bundesweit im medizinisch-pflegerischen Bereich eine Impfpflicht gelten. In Brandenburg mehren sich Befürchtungen, es könne zu personellen Engpässen kommen. Die Landesregierung räumt ein, dass es offene Fragen gibt. Von Oliver Soos
Die Gesundheitsämter könnten bald völlig überfordert sein und die kritische Infrastruktur gefährdet sein - wenn ab Mitte März die Impfpflicht in Medizin und Pflege eingeführt wird. Diese Sorge wird an einigen Stellen in Brandenburg geäußert.
Kritik kommt beispielsweise aus dem Landratsamt Märkisch-Oderland. Der Erste Beigeordnete und Zuständige für das Gesundheitsamt, Friedemann Hanke (CDU) fürchtet, dass die so genannte einrichtungsbezogene Impfpflicht dazu führen könnte, dass im Rettungsdienst ungeimpfte, aber getestete Sanitäter ein Beschäftigungsverbot bekommen. Das könne man sich nicht leisten, so Hanke: "Im Rettungsdienst haben wir Hilfsfristen einzuhalten. Da komme ich mit einem Berufs- oder Beschäftigungsverbot an die Grenzen."
Hanke findet, dass diese Corona-Maßnahme und auch einige andere grundsätzlich in Frage gestellt werden sollten. Denn der Landkreis Märkisch-Oderland habe zwar aktuell eine Inzidenz von knapp 1.400, doch in den Krankenhäusern sei die Situation entspannt, so Hanke.
"Das ist einfach an der Realität vorbei"
Auch der Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder), René Wilke (Linke), ist gegen eine Impfpflicht im Gesundheitswesen. Sie würde die Gesundheitsämter überfordern: "Die Gesundheitsämter müssen sich um die Umsetzung kümmern, um die Bescheide und um die juristischen Auseinandersetzungen, die Beschäftigungsverbote mit sich bringen können. Außerdem müssen sie die Arbeitsfähigkeit der einzelnen Einrichtungen einschätzen. Ich verstehe nicht, was sich die Gesetzgeber dabei gedacht haben - ob die meinen, wir hätten hier noch freie Kapazitäten. Das ist einfach an der Realität vorbei", sagt Wilke.
Im Moment hätten viele Gesundheitsämter bereits große Probleme, bei der Corona-Kontaktverfolgung und bei den Quarantäne-Anordnungen hinterherzukommen, so der Linken-Politiker.
Auch die Landesregierung sieht viele offene Fragen
Die Brandenburger Landesregierung teilt einige dieser Bedenken. "Es gibt in der Tat noch sehr viele offene Fragen zur Umsetzung der Impfpflicht", hieß es aus dem Gesundheitsministerium in Potsdam auf rbb-Anfrage. Die Landesregierung fordert das Bundesgesundheitsministerium auf, sich mit den Ländern abzustimmen, so dass die Impfpflicht bundesweit einheitlich umgesetzt werde. Andernfalls könne es zur Benachteiligung einzelner Regionen kommen. Außerdem müsse der Personenkreis, der zwingend einer Impfpflicht unterliegen soll, enger definiert werden. Unklar sei, inwieweit z.B. Jugendhilfeeinrichtungen betroffen wären.
Auch das Brandenburger Gesundheitsministerium geht davon aus, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht eine Belastung für die Gesundheitsämter darstellen wird. Die deutliche Mehrheit der Beschäftigten im Gesundheitswesen sei zwar geimpft, allerdings gäbe es regionale Unterschiede - und die Omikron-Variante sorge aktuell verstärkt für Personalausfälle.
Sendung: Brandenburg aktuell, 26. Januar 2022, 19:30 Uhr