Prüfungen laufen seit Januar - Rückzahlung von Corona-Hilfen löst in Brandenburg Irritationen aus

Mi 23.02.22 | 06:12 Uhr | Von Anja Dobrodinsky
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ILB in Potsdam (Bild: imago images/Sascha Steinach)
Audio: Inforadio | 23.02.2022 | Anja Dobrodinsky | Bild: imago images/Sascha Steinach

Seit Januar werden Unternehmen, Selbständige und Freiberufler in Brandenburg überprüft, die Coronahilfen erhalten haben. Unter vielen Betroffenen herrscht Unsicherheit darüber, was genau sie warum und bis wann zurückzahlen müssen. Von Anja Dobrodinsky

Etwa 1,5 Milliarden Euro hat die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) inzwischen an Coronahilfen ausgezahlt. Rund 100.000 Unternehmen und Selbstständige bekamen das Geld. Das allererste Hilfsprogramm war die Soforthilfe im Frühling 2020. Sie hatte ein Volumen von etwa 560 Millionen Euro.

Im Januar, knapp zwei Jahre nach Auszahlung, hatte die ILB die rund 60.000 Empfänger gebeten zu prüfen, ob die Mittel zurecht geflossen sind. Seitdem haben rund 9.000 Unternehmen Geld zurückgezahlt. Insgesamt sind es seit dem Beginn der Pandemie schon knapp 16.000.

"Schlechte Kommunikation"

Die Briefe mit der Prüf-Aufforderung sorgten allerdings für Verwirrung, kritisiert Ralph Bührig. Er leitet die Geschäfte der Handwerkskammer Potsdam. Tatsächlich gab es nämlich im Frühling 2020 unterschiedliche Fördertöpfe mit unterschiedlichen Rückzahlungsbedingungen. Für wen gilt nun was, fragen sich viele Unternehmer. Und auch die Politik: Auf Antrag der Linken-Fraktion debattiert der Brandenburger Landtag am Mittwoch über Rückzahlungsfristen.

Kerstin Jöntgen aus dem ILB-Vorstand räumt ein, dass die Berechnungen von Rückzahlungen nicht immer einfach nachzuvollziehen sind. Deswegen hat die Förderbank eine Hotline eingerichtet (0331- 2318 2298, Mo.-Fr. 9.00 - 16.00 Uhr). Wer sich unsicher ist oder befürchtet, zu viel Geld bekommen zu haben, soll sich bis Mitte März bei der Hotline melden.

Die ILB hatte diese Frist erst auf Mitte Februar angesetzt. Nach Kritik und Gesprächen mit der Wirtschaft wurde sie jedoch verlängert. Inzwischen hat die Bank ein weiteres erklärendes Schreiben an einen Teil der betroffenen Unternehmen geschickt. Ralph Bührig von der Handwerkskammer Potsdam kritisiert gleichwohl die Kommunikation von damals und auch von heute.

Unternehmer können in Raten zahlen

Firmen, die durch die Pandemie weiterhin in Schwierigkeiten sind und denen es schwerfällt, das Geld zurückzuzahlen, bietet Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) individuelle Vereinbarungen über die Hotline an.

Bis zu drei Jahre haben die Unternehmer dann im Zweifel Zeit, alles zurückzuzahlen. Rechnet man ab Mitte 2020, als die Hilfen beantragt wurden, bleibt nun im längsten Fall also noch Zeit bis Mitte 2023. Ralph Bührig von der Handwerkskammer Potsdam fordert allerdings eine generelle Ratenzahlungsoption für alle.

Am Ende müssen alle Hilfszahlungen geprüft werden

Die Diskussion um die Rückzahlung der Coronahilfen beschränkt sich derzeit auf die Soforthilfe. Um alle anderen Fördergelder wie die Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfen gibt es keinen Streit. Sie müssen nämlich erst nach Ende aller Fördermaßnahmen geprüft und wenn nötig zurückgezahlt werden.

Anders als die Soforthilfe durften die anderen Hilfen nur in Zusammenarbeit mit einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer beantragt werden. Vermutlich sind deshalb die Fehler- und damit auch die Rückzahlungsquoten geringer.

Bis wann zu viel gezahlte Überbrückungshilfen zurückgezahlt werden müssen, ist noch unklar. Die Wirtschaftsminister der Länder vereinbarten mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), dass das nicht passieren soll, solange noch neue Coronahilfen beantragt werden können.

Keine Diskussionen in Berlin

Auch in Berlin gab es zu Beginn der Pandemie eine Soforthilfe, ausgezahlt durch die Investitionsbank Berlin (IBB). Sie hatte ein Volumen von rund 1,8 Milliarden Euro. Insgesamt reichte die IBB knapp sechs Milliarden Euro an Coronahilfen an fast 400.000 Unternehmen und Selbstständige aus.

Auch die IBB verschickte an die Soforthilfe-Empfänger die Bitte um Selbstprüfung, allerdings schon vor einem Jahr. Knapp 280 Millionen Euro wurden inzwischen zurückgezahlt, rechnet IBB-Sprecher Jens Holtkamp vor.

Auch die IBB bietet Unternehmern in Not an, die Beträge in Raten zu zahlen. Klar sei aber auch, so Holtkamp, das weder Bund noch Berlin auf Geld verzichten werden. Mehr als 100 IBB-Mitarbeiter prüfen, ob die Coronahilfen zu Recht ausgezahlt wurden. Jens Holtkamp schätzt, dass die Bank noch zwei bis drei Jahre damit beschäftigt sein wird.

Sendung: Inforadio, 23.02.2022, 9:35 Uhr

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Beitrag von Anja Dobrodinsky

17 Kommentare

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  1. 17.

    in der ´März-20 Soforthilfe ging es im Antragsformular (w2003191400 - 19.03.2020) unter Punkt ´7´ um
    die "Höhe des entstandenen Schadens" für 3 Monate , d.h., der entfallene Umsatz für 3 Monate. Daufhin wurde eine durch die ILB festgelgte Summe überwiesen.
    Super, eine Erleichterung, so kann man es schaffen.
    14 Tage später wurden die Kosten abgefragt, vom Schaden keine Rede mehr.
    Wir sind wirklich davon ausgegangen, auch d.d. ILB freigegeben Beispielanträge und faq´s bestärkt, das wirlich vom SCHADEN ausgegengen wird, und das Geld für die Erhaltung unserer Arbeitsfähigkeit für ´Danach´ (Gehäter+) genutzt werden kann.
    So wird man vor dem Kopf gestoßen, und müssen jetzt KURZFRISTIG zurückzahlen, egal wie.
    vielen Dank nach Potsdam in die Heinrich-Mann-Allee 107 und Babelsberger Straße 21
    G. Roeder

  2. 16.

    So ein Mist kann nur jemand von sich geben der noch die Selbständig war.

  3. 15.

    Mich stört daran, daß nur die 3 Monate nach Antragstellung berücksichtigt werden und nicht der gesamte Zeitraum. Eine Kosmetikerin z. B. darf seit ca. 21 Monaten nur sehr eingeschränkt arbeiten.

  4. 14.

    Sie haben etwas missverstanden, denn wer den Anspruch hat, der muss nichts zurückzahlen. Wer wirklich in Not ist, der kann das doch anhand des Verwendungszwecks belegen. Es geht ja nur um jene, die nicht in wirtschaftlichen Nöten waren und trotzdem kassierten. Was stört Sie daran? Ich gehe davon aus, dass es sehr wenige gibt, die etwas zurückzahlen müssen, viele bekamen die Unterstützung zurecht.

  5. 13.

    Wie gewählt, so geliefert.
    Credo:
    Pech gehabt liebe Kleinunternehmer und Ich-AGs.
    Ihr müsst halt nur mit Verzögerung den "Gürtel etwas enger schnallen".
    Und dabei auch die ausufernden Energie-Preise (Bsp. Nord Stream 2) nicht vergessen.
    Aber euch bleibt ja im schlimmsten Fall noch die Privatinsolvenz, die Weiterbildungen oder die Sozialhilfe.
    Merke:
    Nicht auf Fleiß per se, auf das Know-How kommt es an.
    Man kann 24/7 in der Mine arbeiten (Bsp. Afrika)und arm bleiben.
    Oder man kann z.B. als Privatier Andere für sich arbeiten lassen. ; )

  6. 12.

    Für Sie vielleicht kaum vorstellbar, aber auch ein Unternehmer\Soloselbständiger muß sich im Voraus versichern um Krankengeld zu erhalten. Dazu kommen dann noch Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und, und, und. Und man kann sich gegen Umsatzausfall versichern, die Versicherung zahlt aber leider bei einer Pandemie nicht. Daß Krankengeld (natürlich nicht zurück gezahlt werden muß) und Steuergelder nichts miteinander zu tun haben ist mir sehr wohl bewußt. Dafür aber umso mehr ein vom Land bzw. Bund verordnetes Tätigkeitsverbot und daraus resultierende, erhebliche Umsatzeinbußen über fast 2 Jahre. Und dafür soll dann der Soloselbständige aufkommen? Dankeschön

  7. 11.

    Die von Ihnen beschriebenen Leistungen zählen eigentlich zu den typischen Versicherungsleistungen aus der GSV, Dafür wurden Beiträge errichtet.
    Und im Versicherungsfall springt halt die Versicherung ein.

  8. 10.

    Ob der Arbeitnehmer, der erkrankt, etwas zurückzahlen muss? Es kommt noch besser, der zahlt im Voraus und jeder Empfänger von Leistungen muss akribisch nachweisen, welchen Anspruch er hat und macht sich komplett nackig. Das Sie unser Krankengeld, welches der Arbeitende selbst finanziert, in einen Zusammenhang mit Zuschüssen aus Steuergeldern vergleichen, zeugt von Unkenntnis jedweder Zusammenhänge. Wenn ein Arbeitnehmer gesund ist, bekommt er kein Krankengeld und zahlt wieder ein. Wenn ein Betrieb nicht liquide ist, hat er auch keinen Anspruch auf diese Hilfen.

  9. 9.

    Die Bedingungen waren vorher nicht genau definiert. Aber die Hilfen waren für Betriebe gedacht, die tatsächlich anhand der Einnahmen nachweisen konnten, dass die Betriebskosten nicht mehr gedeckt waren. Das wird jetzt überprüft und wenn Sie sich dessen bewusst waren und Anspruch hatten und haben, dann müssen Sie doch auch nichts zurückzahlen. Eine nachträgliche Liquiditätsprüfung.

  10. 8.

    "Was muss es für ein schlechter Unternehmer sein, der nicht mal ein halbes Jahr selbst überbrücken kann."

    Erstens, es geht mittlerweile um knapp zwei Jahre, nicht um ein halbes.

    Zweitens, Sie haben die naive Vorstellung, dass "gute" Unternehmer doch einfach mal so mehrere Monate ohne jegliches Geschäft überstehen sollten? Ansonsten haben Sie es nicht anders verdient, als pleite zu gehen, oder?

    Denken Sie bei dem Wort "Unternehmer" eigentlich immer gleich an VW oder Siemens? Oder gar die Lufthansa?
    Aha!

    Denken Sie doch stattdessen mal an die Inhaberin eines Friseursalons.
    Meinen Sie wirklich, diese hat einfach mal so mehrere Zehntausend Euro auf der hohen Kante, um Ihre zwei Mitarbeiterinnen ein halbes Jahr lang zu bezahlen, wenn keine Kunden kommen dürfen?
    Noch dazu, wo nicht klar ist/war, wann das Geschäft wieder losgehen wird?

    Ob Sie's gern hören oder nicht - Ihr Beitrag sorgt für Unfrieden.

  11. 7.

    Wenn Sie wegen Krankheit, Kurzarbeit oder Quarantäne nicht arbeiten dürfen, erhalten Sie entsprechende Zahlungen. Zahlen Sie die dann auch zurück?

  12. 6.

    Sie haben in Ihrer eingeengten Sicht auch immer etwas an Formulierungen herumzumäkeln, oder?
    Unternehmerisch war und ist es sinnvoll, staatliche Hilfen nicht gleich mit vollen Händen auszuschütten, sondern sorgsam zu verwenden und im Zweifel erst mal, vielleicht teilweise, zur Seite zu legen.
    Und ich denke, dass das von "Neugieriger" auch so gemeint war.

    Waren Sie vor knapp zwei Jahren mal in das Zuteilungsverfahren der Hilfen auf Unternehmerseite involviert?
    Wahrscheinlich nicht.

    Wussten Sie im April 2020 bereits genau, wie lange die Krise dauern wird?
    Wenn ja, Respekt!

    Kennen Sie das Gefühl, wenn einem als Unternehmer große, ungeahnte Schwierigkeiten drohen und man auf Platz 753.147 in der Zuteilungswarteschlage steht?
    Seien Sie froh, wenn Sie diese Erfahrung nicht machen mussten.

    Lassen Sie Ihr unterschwelliges Unternehmer-Bashing sein.
    Ohne Unternehmen, Selbständige und Freiberufler geht gar nichts.
    (Weiß eigentlich jeder.)

  13. 5.

    Das heißt nur, vielen Soloselbständigen und Unternehmen war vorher klar, daß ihnen nichts geschenkt wird und sie haben sich irgendwie über Wasser gehalten. Aber spätestens mit der geforderten Rückzahlung der Soforthilfe wird die nächste Pleitewelle beginnen, zumal viele Unternehmen, z. B. Gastronomie, körpernahe Dienstleistungen u.s.w. immernoch mit Umsatzeinbußen zu kämpfen haben. Und das alles hat nichts mit unternehmerischem Risiko sondern mit Tätigkeitsverbot und teilweise nicht nachvollziehbaren Verordnungen zu tun.

  14. 4.

    Was muss es für ein schlechter Unternehmer sein, der nicht mal ein halbes Jahr selbst überbrücken kann. Es kann doch immer mal etwas unvorhersehbares passieren.
    Gewinne werden eingefahren, aber wenn’s schlecht läuft, nach dem Staat rufen. Erbärmlich.
    Es ist gut und richtig, dass nun die Hilfen zurückkommen und die Firmen endlich wieder auf eigenen Beinen stehen.

  15. 3.

    Zu Glück waren einige Unternehmen so klug und haben das Geld zunächst mal nicht ausgegeben."
    Bedeutet das, die klugen Unternehmen haben das Geld das sie angenommen haben gar nicht gebraucht?

  16. 2.

    Ein unglaublicher Vorgang der hier passiert. Bewusste Täuschung durch Irreführung oder Vorspielung falscher Tatsachen, die hier viele kleine Unternehmen in die Scheiße reitet. Tatbestandsmerkmale des § 263 sind hier zweifelsfrei erfüllt! Stell dir vor du musst monatelang deinen Laden schließen, bist unverschuldet in finanzieller Notlage und nimmst die Hilfe an und NACHTRÄGLICH werden die Bedingungen geändert. Erbärmlich solch ein Handeln!

  17. 1.

    Kommunikation war noch nie die Stärke unserer Politiker, es sei denn, es ging um sie selbst und ihre Pfründe oder um ihre Wiederwahl. Zu Glück waren einige Unternehmen so klug und haben das Geld zunächst mal nicht ausgegeben.

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