Vor allem bei Jugendlichen - Keuchhusten-Fälle nehmen in Berlin und Brandenburg stark zu

Fr 29.11.24 | 17:46 Uhr
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Symbolbild: Ein jünges Mädchen leidet an Husten. (Quelle: IMAGO/xgovorkovbyx)
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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 29.11.2024 | Tim Jaeger | Bild: IMAGO/xgovorkovbyx

Deutschlandweit, aber auch in Berlin und Brandenburg ist die Zahl der nachgewiesenen Keuchhusten-Fälle in diesem Jahr deutlich gestiegen - besonders Teenager seien betroffen. Experten sehen unterschiedliche Gründe für den Anstieg.

  • mehr Keuchhusten-Fälle in Brandenburg - auch ein Anstieg in Berlin
  • weltweit Anstieg der Keuchhusten-Fälle zu beobachten
  • Infektion kann gefährlich sein für Babys und Menschen mit Vorerkrankungen
  • Impfungen schützen vor schwerem Verlauf, Erwachsene sollten diese auffrischen

In Brandenburg gab es im Meldejahr 2024 einen deutlichen Anstieg der übermittelten Fälle von Keuchhusten (medizinisch: Bordetella pertussis). Dies geht aus Daten der Abteilung Gesundheit im Brandenburger Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) hervor.

Demnach wurden bisher in diesem Jahr 1.207 Erkrankungen gemeldet. Wie das Gesundheitsministerium in Potsdam mitteilt, ist das der Höchstwert, seit 2013 die bundesweite Meldepflicht eingeführt wurde. 2023 wurden in Brandenburg 293 Fälle gemeldet, 2019 - vor der Corona-Pandemie - waren es 366 Fälle.

Keuchhusten-Zahlen liegen auch in Berlin über Durchschnittswert

Für den starken Anstieg nennt das Ministerium mehrere Faktoren: So gebe es bei den Fallzahlen zyklische Schwankungen, so dass es alle vier bis sechs Jahre zu natürlichen Erhöhungen kommen könne. Außerdem können die vergleichsweise niedrigen Zahlen während der Corona-Pandemie dazu führen, dass jetzt mehr Menschen für den Erreger empfänglich seien. Ein weiterer Grund kann sein, dass Auffrischungsimpfungen ausgeblieben sind. Außerdem wird vermehrt auf Keuchhusten getestet.

Auch in Berlin kam es ebenfalls zu einem Anstieg der Keuchhusten-Fälle. So meldete das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), dass es bis zur 47. Kalenderwoche (Vorwoche) in diesem Jahr 819 Fälle gab. gestiegen und lag dabei über dem Median der Jahre 2015 bis 2019 (581 Fälle).

RKI: Deutschlandweit mehr Keuchhusten-Fälle als üblich

Insgesamt sind weltweit, aber auch in Deutschland, mehr Menschen als gewöhnlich an Keuchhusten erkrankt.

Rund 22.500 laborbestätigte Fälle mit Angaben von Symptomen sind bislang an das Robert Koch-Institut (RKI) gemeldet worden (Stand 21. November) [rki.de]. So hoch waren die Zahlen in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland noch nie. Im Jahr 2023 wurden laut RKI deutschlandweit nur rund 3.430 Fälle registriert.

Die meisten gab es in den vergangenen Jahren zuletzt 2017 mit rund 16.829 gemeldeten Fällen. "Es gibt natürliche Schwankungen und es kommt alle paar Jahre zu einer stärkeren Saison", bestätigt auch der Direktor der Infektiologie der Berliner Charité Leif Erik Sander der Deutschen Presse-Agentur. "Dieses Jahr liegt aber deutlich außerhalb der normalen Schwankungen."

Vor allem Teenager von Keuchhusten betroffen - Lockdowns möglicher Grund

Die Situation sei nicht mit einer Pandemie vergleichbar, aber die Belastung durch Atemwegsinfekte wie Keuchhusten in den Kinderarztpraxen und Kinderkliniken sei hoch.

In den Kinderpraxen habe sich das auf jeden Fall bemerkt gemacht, sagte Tanja Brunnert, Sprecherin des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Vor allem ältere Kinder im Teenageralter seien dieses Jahr betroffen.

Das zeigen auch die Daten des RKI: Die meisten Fälle wurden dieses Jahr bei Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 16 Jahren gemeldet. "Viele hatten anhaltend quälenden Husten", sagte die Kinderärztin. Eine mögliche Erklärung für die hohen Zahlen sind laut Sander sogenannte Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie.

Keuchhusten besonders für Babys und Menschen mit Vorerkrankung gefährlich

In der Regel mache der Erreger nicht schwer krank, erklärte Infektiologe Sander. Deswegen sollte man die Krankheit aber nicht auf die leichte Schulter nehmen. "Es ist eine unterschätzte Erkrankung."

  • Fast immer beginne sie mit normalen Erkältungssymptomen wie Schnupfen und leichtem Husten.
  • Wenn die akute Infektion abklinge, könne ein hartnäckiger Reizhusten einsetzen, der vier bis sechs Wochen andauern könne.
  • Insbesondere für Säuglinge könne das gefährlich werden und zu schweren Hustenanfällen, Krämpfen der Stimmlippen, Atemaussetzern und Erbrechen führen.
  • Ein hoher Anteil aller Krankenhausbehandlungen und fast alle Todesfälle betreffen laut RKI junge, ungeimpfte Säuglinge unter sechs Monaten.
  • Todesfälle durch Keuchhusten kommen in Deutschland aber sehr selten vor.
  • 2024 sind nach Informationen des RKI bislang vier Menschen an Keuchhusten gestorben, wie eine Sprecherin mitteilte.
  • Die Verstorbenen zählten wie in den Vorjahren zu den Säuglingen und älteren Kindern sowie Erwachsenen mit schweren Vorerkrankungen.
  • In den vergangenen Jahren seien dem RKI pro Jahr zwischen null und sechs Todesfälle im Zusammenhang mit einer Keuchhustenerkrankung übermittelt worden. Laut RKI treten rund 60 Prozent der Fälle bei Erwachsenen auf.

"Wir raten sehr dringend, eine Impfung wahrzunehmen", so Sprecherin Brunnert [impfen-info.de].

  • Für Neugeborene werden in Deutschland drei Impfungen im Alter von zwei, vier und elf Monaten empfohlen.
  • Die Impfung schütze sehr gut vor komplizierten Verläufen, eine Infektion könne man aber nicht immer verhindern.
  • Der Impfschutz sollte im Alter von 5 bis 6 Jahren und im Alter von 9 und 17 aufgefrischt werden.
  • Bei jüngeren Kindern ist die Impfquote hoch und lag bei Schulanfängern im Jahr 2018 bei etwa 93 Prozent.
  • Auch für Erwachsene wird eine Auffrischungsimpfung gegen Keuchhusten empfohlen. Haus- und Fachärzte können hierzu beraten.
  • Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Impfung insbesondere auch für Schwangere, die so auch ihr Neugeborenes schützen können.
  • Bisher nähmen Schwangere dies aber noch noch nicht häufig an.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 29.11.2024, 19:30 Uhr

22 Kommentare

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  1. 20.

    Im Zeitalter der Desinformation nimmt auch die Zahl der Impfskeptiker/-verweigerer zu, das könnte einer von mehreren Gründen sein, ebenso der sogenannte Corona-Nachholeffekt. In den USA wird übrigens ein absoluter Impskeptiker (um nicht "Spinner" zu sagen) der neue Gesundheitsminister werden...

  2. 19.

    Ich kann nicht beurteilen, ob es in der DDR generell eine höhere Impfquote gab als in der BRD. Grundsätzlich haben autoritäre Regime und Diktaturen aber immer mehr Möglichkeiten Regelungen konsequent bis rigide durchzusetzen als Demokratien, in denen es bürgerliche Freiheiten gibt, die man einklagen kann. In der BRD und im heutigen Deutschland ist nicht alles besser als früher in der DDR und trotzdem nerven mich nostalgische Kommentare wie Ihrer sehr. Es gibt gefühlt täglich neue autoritäre Regime auf der Welt (schauen Sie nach Georgien, da lässt es sich vielleicht auch bald schön in einem solchen System leben) und anders als Zuwanderer nach Deutschland aus den einschlägigen Ländern hätten Sie keinerlei Einreiseschwierigkeiten in sämtliche dieser Länder zu fürchten. Sie haben die Wahl ... ich bleibe definitiv lieber hier

  3. 18.

    Immer mehr Krankheiten kehren zurück,die eigentlich schon ausgestorben waren.
    Wie kann das sein?

  4. 17.

    Ich weiß nicht, was Sie mit Ihrem Kommentar erreichen wollen, aber er beinhaltet unsachliche und unzusammenhängende und unbegreifliche und unbegründete Aussagen.

    Vielleicht etwas emotionsloser und mit wissenschaftlich begründeten Fakten und Quellen, die irgendwas aus Ihrer Aussage irgendwie bestätigen könnten.

  5. 15.

    Ihre Kritik an dem DDR-Verehrer ist natürlich berechtigt. Selbstverständlich gab es in der DDR Keuchhusten, zumal der anfangs verfügbare Impfstoff (überall auf der Welt) schlechter und Nebenwirkung-reicher war. Nur ist Ihre Behauptung, in der DDR hätte es diese Erkrankung und die Tuberkulose offiziell gar nicht gegeben schlichtweg falsch. Wieder ein schönes Beispiel, wie mit fehlendem Fachwissen vorgebliche Tatsachenbehauptungen verbreitet werden.
    (Ich bin/war übrigens Arzt)

  6. 14.

    Ich hatte schon einmal Keuchhusten, im Erwachsenenalter, hab es versucht hier schon mehrmals zu kommunizieren, allerdings wurde der harmlose Kommentar nicht freigegeben. Nur aus Sicht eines Betroffenen kann ich dazu sagen, es geht um Erstickungsanfälle, meist in der Nacht, Momente, in denen man meint, man hätte keine Möglichkeit einzuatmen, es blockiert irgendwas die Luftzufuhr und das ist tatsächlich unwahrscheinlich unangenehm. Auffrischen würde ich die Impfung immer, besonders dann, wenn man tatsächlich im medizinischen Einrichtungen arbeitet.
    Und ja, auch ich dachte, wer geimpft wurde, hat irgendwie noch einen Impfschutz, aber anscheinend habe ich mich geirrt, denn die STIKO empfiehlt diese Auffrischung tatsächlich und nun weiß ich es besser. Aus Schaden wird man klug.

  7. 12.

    Ja das ist nicht in Ordnung. Natürlich sollte ein Hausarzt Keuchhusten feststellen können. Und natürlich sollte ein Facharzt Verdacht auf und Diagnose unterscheiden können. Da hilft dem Patienten nur, dass er sich kompetente Ärzte sucht.
    Aber daher kommt ja die Infektion nicht.

  8. 11.

    Meine Mutter, DDR-Bürgerin, hatte im Alter von 10 Jahren, zu DDR-Zeiten, Keuchhusten, den es in der DDR offiziell gar nicht gab. Mein Vater (ebenfalls DDR-Bürger) hatte mit 15 Tuberkulose. Gab es in der DDR natürlich ebenfalls nicht. Deswegen waren die beiden aber nicht weniger krank.

    Die Luftverschmutzung aus dem Westen hat übrigens auch genau an der Grenze haltgemacht.

  9. 10.

    Blöd nur, wenn HA Verdacht auf Asthma auf ÜW schreibt und an Lungenarzt weiterreicht. Und wenn der dann den Verdacht gleich als Diagnose Asthma einträgt.
    Und erst im Nachhinein Keuchhusten bestätigt.

    Wenn Ärzte sich nen schlanken Fuß machen.

  10. 9.

    Ja wo kommt der Keuchhusten her?
    - die DDR existiert seit 34 Jahren nicht mehr...vielleicht in einigen Köpfen noch. Damit kann es nicht zu tun haben.
    - die Zahlen: etwas mehr als 800 Fälle bei 3,4 Millionen Einwohnern in Berlin . Etwas mehr als 1200 Fälle bei 2,5 Millionen Einwohner in Brandenburg . Das bedeutet in Berlin 1 Fall auf rund 4250 Personen, in Brandenburg 1 Fall auf rund 2083 Personen. Also etwas mehr als das Doppelte. Bei gleichen Impfangeboten!
    - vermutlich gibt es unter den Erziehungsberechtigten mehr Impfgegner....was durch Wahlergebnisse zu vermuten ist....
    Oder die Eigenverantwortung in diesem Fall für die Gesundheit der eigenen Kinder wird nicht ausreichend wahrgenommen. Beides zum Schaden der Kinder.
    Hoffen wir, dass junge Erwachsene die Impfung noch nachholen. Dazu braucht es aber noch wesentlich mehr Aufklärung.

  11. 8.

    1/Björn Ein Grund wird sein, dass es zahlreiche Eltern gibt, die in der Impferei ein Hexenwerk sehen und nahezu alle Impfungen ablehnen. Dann aber wegen jedem Wehwehchen mit dem kleinen Liebling zu Arzt rennen.

  12. 7.

    Nein hier gehts um Teenager. Und wenn sie sich an ihre Schulzeit noch zurück erinnern, wüssten sie, dass auch zur Grundimmunisierung gegen Keuchhusten 3 Impfungen gehören. Also die 2 benötigten Auffrischungen nach der Säuglingsimpfung müssen bereits im Schulalter erfolgen.
    Und genau hier liegt auch der Hund begraben!! In der Zahl 3!!

  13. 4.

    Ihnen ist bewusst, dass weder Impfung noch Infektion lebenslang schützen?
    Es wird eine Auffrischung im Erwachsenenalter empfohlen.

  14. 3.

    Keine Ahnung wie es aktuell ist, aber zwischenzeitlich wurde bei den Hausärzten nicht die 3er Auffrischungsimpfung (Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten) sondern nur die 2er Impfung(Tetanus Diphtherie) empfohlen und verteilt. Vielleicht auch daher?

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