rbb|24-Datenanalyse zu Berliner Parks - Wie grün ist Ihr Kiez?

Sa 03.04.21 | 08:22 Uhr | Von Jenny Gebske, Manuel Reich und Haluka Maier-Borst
Grafik: BerlinerInnen sitzen im Park am Boxhagener Platz in Berlin Friedrichshain. (Quelle: dpa/Xamax)
Video: rbb|24 | 15.05.2020 | Bild: dpa/Xamax

Noch immer gilt: Spaziergang statt Kneipe - und bei schönem Wetter und an freien Tagen wie Ostern treibt es die Menschen nach draußen. Dafür gibt es viel Parkfläche in Berlin, doch die ist ungleich verteilt. Von Jenny Gebske, Manuel Reich und Haluka Maier-Borst

Hinweis: Dieser Text und die interaktiven Grafiken haben wir erstmals am 15.05.2020 veröffentlicht. Wir präsentieren sie nun wieder, weil die Abstandsfrage nach mehr als einem Jahr mit Corona leider immer noch aktuell ist - aber auch, weil sich jetzt mehr und mehr der Frühling bemerkbar macht - und es unabhängig von Corona mehr Spaß macht, draußen zu sein.

Autos? Keine. Häuser? Nur in weiter Ferne. Stattdessen? Sehr, sehr viel Grün. Das Tempelhofer Feld ist ein beliebtes Ausflugsziel für viele Berliner und Berlinerinnen. Das gilt in normalen Zeiten - und insbesondere auch in Jahr Zwei der Pandemie.

Doch so unendlich weit das ehemalige Flughafengelände auch zu sein scheint, natürlich hat auch diese Grünfläche ihre Grenzen: Würden sich die fast vier Millionen Menschen Berlins auf das Feld zwängen, könnte man den auch draußen angestrebten Abstand von anderthalb bis zwei Metern für jeden vergessen.

Ganz Berlin auf dem Tempelhofer Feld

Auch wenn es natürlich unrealistisch ist, dass sich die gesamte Bevölkerung Berlins gleichzeitig auf das Tempelhofer Feld begibt, bleibt die Frage: Ab wie vielen Menschen kann es auf einer bestimmten Fläche eigentlich eng werden? Um das auszuprobieren, schauen wir uns an, wie viele Menschen auf 100 Quadratmeter passen, bis sie sich zu nahekommen.

Probieren Sie es mit dem Schieberegler selbst aus – in der realen Welt ist natürlich zu bedenken, dass die Menschen sich bewegen und wohl schon früher in die Quere kommen. Gleichzeitig sei aber auch darauf hingewiesen, dass Expertinnen und Experten ein Treffen draußen um ein Vielfaches sicherer schätzen als drinnen.

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Ab wann wird's eng?

Es zeigt sich: Ab circa 20 Menschen auf 100 Quadratmetern wird es zu eng, um noch den Mindestabstand einzuhalten. Doch jenseits von Corona gilt sogar ein anderer, noch niedrigerer Richtwert für Grünflächen je Einwohner, erklärt Stefan Heiland, geschäftsführender Direktor des Instituts für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung der TU Berlin. Die Stadt Berlin habe sich selbst dem Ziel von sechs Quadratmetern wohnnaher Grünfläche je Einwohner verschrieben [berlin.de]. Das entspricht ungefähr 16 Menschen auf 100 Quadratmetern.

Nimmt man ganz Berlin in den Blick, zeigt sich: Verteilt man alle Menschen der Stadt auf alle vorhandenen Parkflächen, gäbe es kein Platzproblem - weder für die 20 noch die 16 Personen pro 100 Quadratmeter.

Auch im innerdeutschen Vergleich der Großstädte schneidet Berlin nicht schlecht ab. Während sich in München vier Personen 100 Quadratmeter Grünfläche teilen müssen, sind es in Berlin nur anderthalb. Nur in Köln gibt es noch weniger Einwohner, mit denen man sich das Grün teilen muss.

So grün ist Berlin

berlinerparks
| Bild: rbb|24

Das Grün ist ungleich verteilt

Aber es gibt einen Haken. "Gesamtstädtisch betrachtet, hat Berlin zwar viel Grün, auch mehr als manch andere Stadt", erklärt Heiland. Das grüne Glück in der Stadt sei aber nicht gleichmäßig verteilt. "Was hilft es jemandem im dicht bebauten Teil von Mitte, dass es in Grunewald sehr viel Wald gibt?", fragt Heiland.

rbb|24 ist deswegen der Frage nachgegangen, wo die Berlinerinnen und Berliner wie viel Grün vor der eigenen Haustür haben und mit wie vielen anderen sie sich dieses teilen müssen. Dafür haben wir uns die kleinstmögliche Flächeneinheit Berlins, die sogenannten "lebensweltlich orientierten Räume" (LOR) angeschaut. Diese entsprechen mehr oder weniger dem, was die Berlinerinnen und Berliner üblicherweise ihren Kiez nennen.

Menschen sitzen am 10.05.2020 in einem Neuköllner Park (Bild: imago images/Bildgehege)
| Bild: imago images/Bildgehege

Charlottenburg-Wilmersdorf schneidet schlecht ab

Ausgewertet wurde, wie viel Parkfläche in jedem Kiez, aber auch in der direkten Umgebung zu finden ist. Das heißt der Park, der in einem Abstand von 500 Metern zur Kiezgrenze liegt, zählt zum Grün vor der eigenen Haustür dazu. Sport- und Spielplätze wurden wiederum herausgerechnet. Die genaue Methodik ist weiter unten erklärt.

Die Auswertung zeigt: Zu den besseren Kiezen gehören jene in Außenbezirken wie Treptow-Köpenick und Spandau. Am schlechtesten schneiden dagegen Kieze in Charlottenburg-Wilmersdorf ab. Drei der fünf Kieze mit dem schlechtesten Grünflächen-Verhältnis liegen hier. Es geht um den Bereich rundum Hindemithplatz, Karl-August-Platz und die Schaperstraße. Auch in Pankow und in Neukölln gibt es jeweils einen Kiez, in dem auf 100 Quadratmeter Grün mehr als 20 Menschen kommen. Doch wie sieht es in Ihrem Kiez aus?

Wie grün ist Ihr Kiez?

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Wer keinen Garten hat, ist auf den Park angewiesen

Auskunft darüber, wie stark die einzelnen Parks in den Kiezen tatsächlich ausgelastet sind, können diese Zahlen aber nicht liefern. Zum einen weil ein Park in das Einzugsgebiet mehrerer Kieze fallen kann. Zum anderen weil große Parks wie der Tiergarten sicherlich auch von weiter entfernt Lebenden besucht werden.

Doch für Heiland gilt grundsätzlich: "Grün im Wohnumfeld oder der täglichen Umgebung wirkt sich positiv auf körperliche Gesundheit und seelisches Wohlbefinden aus." So sei beispielsweise bei Patienten im Krankenhaus festgestellt worden, dass diese schneller wieder gesund werden, wenn sie aus dem Fenster auf Grün blicken können.

Aber es gäbe noch einen anderen Effekt, betont Heiland. Speziell Menschen mit geringerem Einkommen würden mehr von öffentlichen Grünflächen profitieren, weil sie sonst kaum Alternativen hätten, ins Grüne zu kommen. "Wenn Sie in Steglitz wohnen, haben Sie vielleicht Ihren eigenen Garten", erklärt der Wissenschaftler. Sozial benachteiligte Bürgerinnen und Bürger hätten diese Möglichkeiten privaten Grüns aber oft nicht. Und darum seien Parks, kleinere öffentliche Grünflächen und Wälder für diese Menschen besonders wichtig.

Datenquellen

Sendung: Abendschau, 19.30 Uhr

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Beitrag von Jenny Gebske, Manuel Reich und Haluka Maier-Borst

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