Berlin-Lichtenberg - Zwölf Tote und 44 Infizierte nach Corona-Ausbruch in Pflegeheim

Sa 14.11.20 | 19:24 Uhr
Räumung der Seniorenunterkunft in Berlin-Lichtenberg (Quelle: Morris Pudwell)
Video: rbb|24 | 13.11.2020 | Material: TV News Kontor | Bild: Morris Pudwell

Ein privat betriebenes Pflegeheim in Berlin-Lichtenberg meldet einen Ausbruch des Coronavirus. Insgesamt sind 44 Menschen infiziert, zwölf sind in den vergangenen Wochen am Virus gestorben. Der Heimbetreiber wehrt sich gegen Kritik.

Wegen zahlreicher Corona-Fälle ist ein Pflegeheim in Berlin-Lichtenberg am Freitag teilweise evakuiert worden. Nach Angaben des Bezirksamtes vom Samstag sind in der privaten Einrichtung 27 der aktuell 90 Bewohner positiv auf das Virus getestet worden. Zudem seien 17 Pflegepersonen sowie drei Kontaktpersonen infiziert, die nicht im Pflegeheim lebten oder arbeiteten, wie ein Bezirkssprecher am Samstag rbb|24 sagte.

Am Samstagnachmittag äußerte sich auch der private Heimbetreiber, das Unternehmen Kursana. Den Angaben zufolge sind in der Einrichtung innerhalb von fünf Wochen zwölf infizierte Menschen gestorben. Elf davon seien im Krankenhaus gestorben, wohin sie mit Symptomen überwiesen worden seien, teilte eine Kursana-Sprecherin mit. "Nach unserer Kenntnis hatten alle schwerwiegende Vorerkrankungen oder befanden sich in der Palliativphase." Der "Tagesspiegel" hatte zuvor darüber berichtet.

Heimbetreiber sieht keine Verfehlungen

Am 8. Oktober sei zunächst ein Bewohner bei einem Krankenhausaufenthalt positiv getestet worden, sagte die Sprecherin. Danach seien Tests in einzelnen Wohnbereichen erfolgt. "Zum 3. November lagen erstmals Testergebnisse für das gesamte Haus vor."

Seit dem Auftreten des ersten Falles sei das Heim für Besucher geschlossen worden. Nach Angaben der Sprecherin werden in dem Heim "alle Hygienemaßnahmen nach RKI-Standard umgesetzt", sämtliche Mitarbeiter würden FFP-2 Masken tragen, zudem werde eine regelmäßige Flächendesinfektion durchgeführt. Wohnbereiche mit Covid-19-Fällen seien unverzüglich unter Quarantäne gestellt worden, so die Sprecherin.

"Um die Situation schnell in den Griff zu bekommen, werden ab Mitte nächster Woche bei den Mitarbeitern vor Dienstantritt Corona-Schnelltests durchgeführt, sobald unsere Mitarbeiter wie vorgeschrieben von einem Arzt dafür geschult wurden", teilte eine Kursana-Sprecherin rbb|24 mit.

Zahlreiche Vorwürfe gegen Kursana

Nach rbb-Informationen waren die Zustände in dem Pflegeheim schon länger heikel. Corona-Tests in der Einrichtung vom 29. Oktober zeigen, dass von 127 getesteten Bewohnern 30 positiv waren. rbb|24 haben Zuschriften von Angehörigen erreicht, wonach unter dem Pflegepersonal eine große Fluktuation herrsche, zudem soll Kursana Zeitarbeitskräfte eingesetzt haben. Auf Nachfrage von rbb|24 erklärte die Sprecherin: "Um den Personalschlüssel trotz der positiv getesteten Mitarbeiter zu erfüllen, greifen wir derzeit auch auf ausgebildete Leasingkräfte zurück."

Nach Tagesspiegel-Informationen soll jedoch auch der Pflegeschlüssel in dem Heim nicht eingehalten worden sein, dazu habe sich das Haus zunächst nicht geäußert. Am Samstagabend erklärte eine Sprecherin gegenüber rbb|24 dann: "Der Pflegeschlüssel wird in der aktuellen Lage auch durch den Einsatz ausgebildeter Leasingkräfte eingehalten."

Auf rbb|24-Nachfrage erklärte der Lichtenberger Bezirkssprecher, auch seiner Behörde seien diese Vorwürfe bekannt. Derzeit laufe eine intensive Überprüfung der im Heim getätigten Maßnahmen, sagte er. Es habe bereits eine Begehung des Pflegeheims durch Mitarbeiter des Gesundheitsamtes gegeben. Seit Mitte Oktober seien mündliche und schriftliche Auflagen erteilt worden. Sollte sich herausstellen, dass gegen gesetzlich vorgeschriebene Schutzmaßnahmen verstoßen worden sei, erwäge man rechtliche Schritte, so der Bezirkssprecher weiter.

14 Bewohner aus dem Pflegeheim gebracht

Nach Bezirksangaben wurden am Freitag 14 Bewohner in Kliniken gebracht - zunächst war von 30 Bewohnern die Rede gewesen. Es hätten kurzfristig zusätzliche Pflegekräfte in der Einrichtung in der Gensinger Straße eingesetzt werden können, dadurch hätten mehr Bewohner dort bleiben können.

Die Berliner Feuerwehr und das Rote Kreuz halfen bei der Evakuierung. Die Teilräumung sei vom Amtsarzt angeordnet worden, so das Bezirksamt. Bisher seien 46 Plätze in anderen Einrichtungen gefunden worden. Die Herausnahme der Betroffenen aus der Pflegeeinrichtung sei nicht reibungslos verlaufen, sagte der Bezirkssprecher im Gespräch mit rbb|24. "Der Herausnahme gingen intensive Gespräche zwischen Amtsarzt, Heimleitung und unseren Behördenmitarbeitern voraus", so der Sprecher. Am Samstagabend werde sich der Amtsarzt nochmals vor Ort einen Überblick verschaffen und entscheiden, ob weitere Bewohner das Haus verlassen müssten, kündigte er zudem an.

Die Kursana-Sprecherin teilte derweil mit, man begrüße "ausdrücklich diese abgestimmten Maßnahmen zum Schutz der Bewohner, die die gute Pflege auch beim Ausfall der aktuell 17 positiv getesteten Mitarbeitern und deren K1- Kontaktpersonen gewährleistet."

Sendung: Abendschau, 13.11.2020, 19:30 Uhr

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