Corona-Krise - Brandenburger Jugendliche bangen um ihre Jugendweihe

So 21.02.21 | 08:28 Uhr | Von Ivo Ziemann
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Jugendfeier des Humanistischen Verbands im Friedrichstadtpalast (Bild: imago images/epd)
Bild: imago images/epd

Viele Jugendliche freuen sich schon lange darauf: In Brandenburg soll es auch in diesem Jahr wieder "Jugendfeiern" geben. Doch wie schon im vergangenen Jahr wird die Corona-Pandemie wohl erneut eine rauschende Party unmöglich machen. Von Ivo Ziemann

Nele ist 13 Jahre alt und Schülerin an einem Potsdamer Gymnasium. Ihre Jugendweihe soll eigentlich am 1. Mai stattfinden, aber noch weiß sie nicht, ob das überhaupt alles so stattfinden kann. Wenn aus Kindern offiziell junge Erwachsene werden - so wie bisher wird das nicht gefeiert werden können.

Für die Achtklässlerin und ihre Mitschüler ist das schlimm. Sie dürfen zurzeit kaum Freunde treffen, es gab keine Schneeballschlacht auf dem Schulhof - und jetzt vielleicht auch keine Jugendweihe? Das wäre eine Katastrophe, findet Nele, "weil das halt eigentlich jede 8. Klasse hat. Und wenn man ausgerechnet der Jahrgang ist, der keine Jugendweihe hat, das wäre schon ziemlich traurig".

Aus Jugendweihe wurde Jugendfeier

Mit der Jugendweihe wird der Übergang von der Kindheit in die Welt der Erwachsenen gefeiert, das Fest geht bis in das 18. Jahrhundert zurück. Zunächst war es eine Feier anlässlich der Schulentlassung. Von Beginn an war die Jugendweihe auch ein Zeichen für die Abkehr von den Kirchen und eine Abgrenzung zur dort üblichen Konfirmation.

Während Jugendweihen in der Zeit des Nationalsozialismus größtenteils verboten waren, wurden sie vom DDR-Regime politisch instrumentalisiert. Auch deshalb wurde der Begriff "Jugendfeier" seit der Wende verwendet, um sich von der Jugendweihe-Tradition der ehemaligen DDR abzusetzen. Die Jugendlichen sollen nicht geweiht werden. Vielmehr soll ihnen der symbolische Schritt ins Erwachsenenleben unvergesslich gemacht werden. Die Corona-Pandemie macht dieser Tradition einmal mehr einen dicken Strich durch die Rechnung.

Kerstin Greunke, Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg (Bild: Die Hoffotografen)
Kerstin Greunke | Bild: Die Hoffotografen

Auf der Suche nach Lösungen

Die Jugendfeiern in Brandenburg finden traditionell von Ende März bis in den Mai statt. Zum jetzigen Zeitpunkt kann natürlich noch niemand sagen, wie sich bis dahin die Corona-Zahlen entwickeln und welche Schutzmaßnahmen dann gelten. Vor allem die Schulen halten sich deshalb mit Aussagen noch sehr bedeckt.

Der "Humanistische Verband Berlin-Brandenburg", einer der größten Anbieter von Jugendfeiern, arbeitet an Konzepten, die auch als Präsenzveranstaltungen ermöglichen sollen. "Es kann natürlich sein, dass die etwa 10.000 Teilnehmer auf einige Gäste verzichten müssen", sagt die Projektleiterin Jugendfeiern Brandenburg des Verbandes, Kerstin Greunke.

Geplant sei, die fast 200 Jugendfeiern zusätzlich für die Großeltern und andere Gäste zuhause live im Internet zu übertragen. "Wenn es dann vielleicht eine Feier in irgendeiner Form geben darf, hat man wenigstens eine Möglichkeit, sich über das Gleiche zu unterhalten. Dann haben alle das Gleiche gesehen", meint Greunke.

Letzter Ausweg: Jugendfeier Online

Einige Veranstalter, auch der Humanistische Verband, erwägen, die Jugendfeier-Zeremonie schlimmstenfalls komplett online abzuhalten. Dann wäre jeder Jugendliche zu Hause allein vor seinem Computer und es gäbe eine Art Show, "die aber keine weniger wertvolle Veranstaltung sein wird", sagt die Sprecherin des Humanistischen Verbands. "Wir planen das sehr hochwertig und sehr individuell. Und wir wollen trotzdem emotional sein. Die Feier soll auf die Teilnehmenden abgestimmt werden. Wir versuchen auch, Prominente davon zu überzeugen, Grußbotschaften zu schicken. Das Ganze soll auch damit einen schöneren Charakter bekommen."

Für die Achtklässler ihrem Potsdamer Gymnasium ist ein solches Szenario derweil nur schwer vorstellbar, sagt Nele: "Man möchte ja auch vorne stehen und von den Lehrern was gesagt bekommen - und sich auch schick machen und sie persönlich sehen. Das wäre schon schade, wenn man das dann online machen müsste".

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Beitrag von Ivo Ziemann

42 Kommentare

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  1. 42.

    In "Alt-Westberlin" um 1978 musste man gar nix. - Nun, Gut, man wurde nicht gefragt weshalb man die Konfirmation nicht mitmacht. Man war eben 1 Jahr lang Außenseiter. Ohne Anzug, ohne Mofa und ohne Amiga. Aber mit Gutem Gewissen und direktem Draht zur obersten Chefin.

  2. 41.

    “Wer aus der Geschichte nichts lernt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen”
    George Santayana (1863-1952)

  3. 40.

    In der DDR war en 10 Jahre normale Schulzeit; wer nicht mithielt verließ die Schule nach der 8. Klasse. Das war aber die minderheit. In meiner Klasse waren auch Mitschüler mit christlicher Erziehung; Katholiken z. B. Nach dem Abi keine Probleme mit Studium. Es war nicht überall gleich. Einsegnung mit 14 war auch mit Geldgeschenken verbunden. Wie Jugendweihe -es wurde fast immer das erste Fahrrad gekauft. ( Diamant-Sportrahmen waren die besten ) :-) )

  4. 39.

    Meine Meinung-Lieber Jugendweihe als Konfirmation oder Firmung.
    Grund-Die Vergehen der Kirche an Kinder und Heranwachsenden.

  5. 38.

    Ich hab jetzt mal quergelesen...

    Erster Gedanke: Hier werden m.E. Sachen zusammengeworfen, die nicht (mehr) zusammengehören. Ob die JW zu DDR-Zeiten als sozialist. Ritual instrumentalisiert wurde, hat doch mit 'n bisschen Goodwill rein gar nichts mit der heutigen JW zu tun. So weit wie ich das sehe – zweiter Gedanke –, geht es um den Abschied von der Kindheit (!) hin zu einem Jugendlichen (!), ausgestattet mit mehr Rechten, aber auch mit mehr Pflichten. Als Ritual zum "Erwachsen"sein haben das einige Kommentatoren wohl irgendwie falsch verstanden.

    Ob's um's pöse Geld ging, geschenkt, bei den einen mehr, bei anderen weniger. Im Osten war die JW allerdings die sicher überwiegend akzeptierte Möglichkeit, den Sprösslingen mit einem ausnahmsweise satten Betrag eine Anschaffung zu ermöglichen, die mit Taschengeld sparen wohl eher nicht drin war.
    Den ideologischen Rucksack in die Ecke geschmissen, hatte ich damals ein gutes Gefühl, ab jetzt nicht mehr als Kind zu gelten.

    D.M.

  6. 37.

    Mir ist es Mettwurst was damals war.
    Das Heute und Jetzt zählt. Dies mit damals zu vergleichen ist genauso Gurt wie der Apfel und Birnen Vergleich es passt einfach nicht.
    Wir haben eine neue Zeit, eine andere Generation und feiern anders als damals.
    Wer daß man nicht begreift und im ewig gestrigen lebt dem ist eh nicht zu helfen.
    Vielleicht würde ein aktueller Bericht darüber wie man heute die Jugendweihe begeht einige hier dazu bringen ihre Sichtweise zu ändern?
    Was war kommt nicht wieder, geben wir dem Neuen einen Platz in unserer Mitte und lassen unseren Kindern freie Hand wenn sie sich für oder gegen die Jugendweihe entschieden.

  7. 36.

    Sie haben mit allem Recht was Sie schreiben. Diesen postkommunistischen Blödsinn braucht niemand, außer den Kindern vielleicht, die reichlich Geld einsacken. Das ist ja verständlich aber die Veranstaltung an sich überflüssig ! Ich habe es selbst mitmachen müssen, da man sonst keine Chance auf eine guten Entwicklung in de DDR Diktatur hatte.

  8. 35.

    Guten Tag, die Jugendweihe IST bereits 2020 in weiten Teilen ausgefallen.
    Nicht erst bangen um 2021.

  9. 34.

    @Maren: Vollkommen falsch! Im Jahr 2014 brach Niedersachsen als erstes Bundesland mit der G8-Reform, weitere westdeutsche Bundesländer folgten und kehrten ebenfalls zum Regelabitur nach dreizehn Jahren zurück.

  10. 33.

    Mein Sohn hätte letztes Jahr am 10. Mai Jugendweihe gehabt. Ist verschoben auf dieses Jahr 10. April. Ich denke mal, das wird wohl nichts. Sehr Schade. Obwohl es sicher auch nicht so werden würde wie damals zu DDR-Zeiten. Es hatte da noch ne ganz andere Wertigkeit. Heutzutage wird es nur irgendwie aufrecht erhalten, damit diese Tradition niemand vergisst. Aber so ne richtige Bedeutung hat es für meinen Sohn gar nicht. Wenn, dann eher für mich selber. Er findet es nicht schlimm, wenn es ausfällt. Ich finde es schon komisch irgendwie.

  11. 32.

    Hier scheinen ja die meisten den Westen nicht zu kennen. Wir "mussten" auch zu was, es war in dem Alter Konfirmation oder Firmung, und ein "Gelöbnis" legte man auch ab. Und es war - jedenfalls in meinen Augen - völlig überflüssiges Brimborium. Immerhin konnte man ohne dieses Geschwurbel auch Abi machen. Ob man studieren konnte, war wieder eine andere Sache... Erwachsen wurde jedenfalls keiner durch westdeutsche Gelöbnisveranstaltungen mit vorheriger 2jähriger Schulung. Geld sammeln war eher nicht das Thema. Führerschein war ja auch noch 4 Jahre min. entfernt. Es war einfach nur lästig. Wer nicht mit seinen Freunde (aus der Schule) dort hockte, weil der blödsinnige Gemeindezuschnitt eine andere Kirche vorschrieb, stierte Löcher in den Altar. Und Wochenends war GottesdienstPFLICHT! Das ist, mit Heftchen zum Abhaken, auch heute noch der Fall in unserer Chor-Kirche. Tolle Zwangsveranstaltung.

    Was ist bei ALLEN Veranstaltungen die Gegenleistung? Außer den pekuniären Entschädigungen nix.

  12. 31.

    Außerhalb von Berlin/Brandenburg geht die Grundschule generell nur 4 Jahre und man wechselt zur 5.Klasse aufs Gymnasium oder spätestens zur 7.Klasse von der Mittelschule/Gesamtschule aufs Gymnasium. Hat nichts mit "Schnelläufer" zu tun.
    Genauso wie in den alten Bundesländern mehrheitlich 12Jahre reichen, bis zum Ablegen des Abiturs.

  13. 30.

    Bei aller Diskussion möchte ich auf einige Sachen hinweisen! Die Jugendweihe in der DDR war eine zutiefst atheistische Veranstaltung. Diese in die Nähe der Konfirmation zu stellen, geht gar nicht. Die Jugendlichen haben ein Gelöbnis abgelegt, u.a. dem Sozialismus treu ergeben zu sein. An meiner Schule wurde ohne Jugendweihe niemand zum Abitur zugelassen! Die Veranstalter waren nach der "Wende" Anfangs die Gleichen, incl. Parteizugehörigkeit zur SED, dann PDS, heute Die LInke.

  14. 29.

    Nicht nur in Hessen. Das sind die sogenannten schnell Läuferklassen, meine 2 Nichten sind auch schon in der 5. Klasse auf das Gymnasium gewechselt.

  15. 28.

    Nach der Ausschaltung der christlichen Kirchen mußte halt der SED-Staat etwas Ähnliches anbieten. Man besann sich auf die "Jugendweihe" von Freigeistern aus der Weimarer Republik, die aber eher mit dem SED-Staat nun keinerlei Berührungspunkte hatten, und "adoptierte" einfach einige Riten. Und so lebt das Konstrukt nun einfach weiter.

  16. 27.

    Ich wunderte mich, dass man in Hessen schon ab Kl.5 das Gymnasium besucht. Arme Leute sind früher insgesamt nur 4 Jahre in die Schule gegangen. Wer hier zur Schule ging tat das in der Regel 10 Jare lang. 8. Klasse war für Dummis.

  17. 24.

    Sie sind ganz schön anmaßend frech. Unsere 3 Kinder hatten alle Jugendweihe noch auf sozialistische Art. Das hat aber keinerlei Schäden hinterlassen. Es ist eben so, dass man sich noch heute im Westen nicht vorstellen kann wie wir innerlich wirklich lebten. Wenn die Geldgeschenke dann für ein Fahrrad zur EOs-heute Gym. ausgegeben wurde ist das doch nicht zu beanstanden. Auch ich kann heute noch das Lied vom kleinen Trompeter singen oder gar die SU-Nationalhymne auf russisch. Abends wurde aber fast überall Hitparade gesehen.

  18. 23.

    Da haben Sie falsch gegoogelt, es stimmt zwar das es jugendweihe seit 1895 gibt, aber überwiegend in der ehemaligen DDR zelebriert wurde. Diesen Staat gibt es nicht und ich bin der Meinung man sollte für diesen Anlass eine andere Bezeichnung finden. Es ist immer was schönes wenn Jugendliche an dieser Schwelle stehen .

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