Schlechte Kommunikation und Gerüchte - Wieso viele Frauen unnötig vor der Corona-Impfung verunsichert werden

Sa 26.02.22 | 08:02 Uhr | Von Haluka Maier-Borst
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Symbolbild: Eine schwangere Frau hält eine Impfdose vor ihrem Babybauch. (Quelle: imago images/K. Schmitt)
Bild: imago images/K. Schmitt

Moderna-Arm, Astrazeneca-Fieber – viel ist über Impfreaktionen gesprochen worden. Doch welchen Effekt die Impfung auf den weiblichen Zyklus hat, wurde lange ebenso schlecht kommuniziert wie die Studienlage zur Sicherheit des Impfstoffs für Schwangere. Von Haluka Maier-Borst

Jung, schwanger, ungeimpft – und dann auf der Covid-Intensivstation. Immer wieder musste man über diese Fälle lesen [zeit.de/Bezahlinhalt] oder Berichte sehen [youtube.com]. Und auch wenn Omikron milder zu verlaufen scheint, macht die niedrige Impfquote unter Schwangeren Expertinnen und Experten Sorgen.

Sie sehen vor allem zwei Gründe für die Zweifel bei jungen Frauen gegenüber dem Pieks. Zum einen sei vor allem zum Anfang der Impfkampagnen die Datenlage unklar gewesen. Zum anderen habe man über die seltenen Komplikationen extrem schlecht kommuniziert, sagt die britische Immunologin Victoria Male vom Imperial College in London. "Monate später höre ich immer noch, dass die Impfstoffe der weiblichen Fruchtbarkeit schaden würden, obwohl wir genau wissen, dass das nicht so ist."

Wie aus einer Vorsichtsmaßnahme ein Gerücht wurde

Zurückführen lässt sich wohl ein großer Teil der Verunsicherung auf eine reine Vorsichtsmaßnahme rund um die Impfstoffe. Wie auch bei anderen Medikamenten wurden anfänglich Schwangere aus den Zulassungsstudien ausgeschlossen. Und das führte zu der sich hartnäckig haltenden, falschen Behauptung, dass die Impfungen unfruchtbar machen oder Schwangeren schaden könnten. Aber schon die Zulassungsstudien zeigten, dass dem nicht so ist.

In der Gruppe von geimpften Probandinnen und Probanden und in der Kontrollgruppe, die lediglich ein Placebo bekommen hatten, traten bei den Frauen etwa gleich häufig ungeplante Schwangerschaften auf [nature.com]. Seitdem haben zahlreiche Studien mit speziellem Fokus auf Schwangere bestätigt, dass die Impfstoffe sicher für Schwangere sind.

Eine davon zum Beispiel erschien im Juni 2021 im renommierten "New England Journal of Medicine" [nejm.com]. Sie zeigte, dass bei mehreren tausend geimpften Schwangeren es nicht häufiger zu Komplikationen kam als es auch sonst der Fall gewesen wäre. Und doch führte der anfängliche Mangel an Daten unter anderem dazu, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) des Robert-Koch-Instituts noch bis Anfang September wartete, um Impfungen für Schwangere zu empfehlen.

Impfung kann sogar Ungeborenes schützen

Rückblickend könne man laut Forscherin Victoria Male zwei Sachen aus den Fehlern lernen. Zum einen sei es wichtig, bei einem gesellschaftlich-medizinischen Notfall wie der Pandemie von Anfang an auch Schwangere bewusst in die Studien aufzunehmen. "Wir haben dafür etablierte, ethische Richtlinien, die wir bei Ebola-Medikamenten zum Beispiel genutzt haben", sagt sie.

Zum anderen sei es wichtig, dass man eben bei der Impfkampagne sich gut überlege, wie man die Risiken kommuniziert und abwägt. "Dass man in Großbritannien anfangs von offizieller Seite einfach gesagt hat, wenn du schwanger bist, dann lass dich nicht impfen – das schadet uns bis heute", sagt Male. Und das obwohl wissenschaftlich untermauert ist, dass Schwangere durch eine Covid-19-Infektion ein erhöhtes Risiko tragen [thelancet.com] und inzwischen Studien sogar darauf hindeuten, dass geimpfte Schwangere ihr ungeborenes Kind gleich mitschützen, weil sie Antikörper über die Nabelschnur weitergeben [medrxiv.org].

Wie der weibliche Zyklus beeinflusst wird

Aktuell wiederholt sich aber in gewisser Weise das Daten- und Kommunikationsproblem ein weiteres Mal – nämlich wenn es um die Auswirkungen der Impfung auf den weiblichen Zyklus geht. So gibt es immer wieder Berichte darüber [riffreporter.de], dass bei Frauen kurz nach der Impfung die Periode aussetzt. Die tatsächliche Datenlage dazu ist aber zwischen den Ländern höchst unterschiedlich.

Während in Großbritannien über 36.000 geimpfte Frauen über Beschwerden bei der Menstruation klagten [bmj.com], nachdem etwa 48 Millionen Menschen vollständig geimpft waren, sind es in Deutschland deutlich weniger. Das deutsche Paul-Ehrlich-Institut wies im Sommer in einer Sonderauswertung nur 135 solcher Zwischenfälle aus bei etwa 31 Millionen vollständig geimpften Menschen [pei.de].

EMA will Einfluss der Impfung auf Menstruation prüfen

Die Immunologin Male sieht in den weit auseinander klaffenden Zahlen einen Beweis dafür, dass Überinterpretation und Untererfassung aktuell das Bild verzerren. Überinterpretation mitunter, weil auch Unregelmäßigkeiten in der Peiode erfasst würden, die es auch ohne die Impfung gegeben hätte. Und teilweise massive Untererfassung, weil nicht spezifisch genug bei Frauen nach dieser Art von Nebenwirkungen gefragt werde. Das könnte die deutlich niedrigeren Zahlen speziell in Deutschland erklären. Und auch wenn die Zyklusstörungen nach zwei Monaten wieder aufhören, würde dies nach Males Ansicht weiter zur Verunsicherung beitragen.

Immerhin: Der europäische Ausschuss für Risikobewertung, ein Tell der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA), hat erst am 11. Februar verkündet, dass man sich dieses Problems annehmen wolle [ema.europa.eu]. Man wolle sich genauer anschauen, wie oft es im Zusammenhang mit den Impfungen zu Menstruationsbeschwerden komme. Dafür sollten alle erhältlichen Studiendaten und Meldungen aus nationalen Registern eingesammelt werden. Auch das deutsche Paul-Ehrlich-Institut wird an diesen Nachforschungen beteiligt sein, wie es auf Anfrage von rbb|24 erklärte.

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Beitrag von Haluka Maier-Borst

22 Kommentare

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  1. 22.

    Interessant, was sofort wieder hineininterpretiert wird."
    Es ist schon interessant zu sehen, wie eine bestimmte Klientel das Gewicht ihrer Aussagen aufhübschen will, indem sie "interessant" gebraucht.
    Dabei ist eigentlich offensichtlich, das nur für den eh eingeweihten Kreis die Vokabel interessant interessant ist.

  2. 21.

    „Interessant, was sofort wieder hineininterpretiert wird“

    Wie sonst soll man es denn deuten, wenn Sie sowas schreiben? Welchen SERIÖSEN Quellen entnehmen Sie bitte ihre „Informationen“ bezüglich Ihrer Behauptungen wegen der angeblichen Ausschabungen? Da bin ich ja wirklich mal gespannt!

  3. 20.

    Der Bericht zeigt auf, dass Datenlagen eine Aussagekraft von 0 Prozent haben. Jeder einzelne zählt für sich, und keine Durchschnittswerte.

  4. 19.

    Mich würde interessieren, ob dies auch dem Arzt mitgeteilt wurde und dieser das registriert hat, also als mögliche Impffolge in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung wirklich aufgenommen/erfasst hat?

    Ich vermute derartiges wird zu selten erfasst.

    Die Erfassung ist ja schon in verschiedenen europäischen Ländern extrem unterschiedlich, was m.E. ebenso ein Hinweis auf nicht gute Erfassung ist.

  5. 18.

    @Dorle
    >P.S. Die Mehrheit der Medikamententest werden mit männlichen Teilnehmern durchgeführt.
    >Und ja, hätte man nach einer Impfung bei denen Erektionsstörungen festgestellt , stünde
    >dies selbstverständlich in einem kausalen Zusammenhang!

    Wer sagt denn, dass wir Männer nach dem Pieks KEINE Erektionsstörungen hatten? Vielleicht liegt es auch daran, dass wir Männer nicht wegen jedem Zipperlein zum Arzt gehen ... :-)

  6. 17.

    Herrlich, eine gratis Hormonersatztherapie. Mildert die Impfung auch Falten und steigt die Libido? Ein Teufelszeug, her damit!

  7. 16.

    Interessant, was sofort wieder hineininterpretiert wird.....Schön, dass Sie mich nicht gleich als Querdenker denunziert haben! Und btw, bei etliche Frauen mussten aufgrund dessen Ausschabungen durchgeführt werden. Aber das ist natürlich Pillepalle.....

    P.S. Die Mehrheit der Medikamententest werden mit männlichen Teilnehmern durchgeführt. Und ja, hätte man nach einer Impfung bei denen Erektionsstörungen festgestellt , stünde dies selbstverständlich in einem kausalen Zusammenhang!

  8. 15.

    Sie vergleichen Regelblutung nach der Menopause allen ernstes mit einer Herzmuskelentzündung? Und fordern eine Einstellung der Impfung deswegen? O_o

  9. 13.

    Und wieder einmal danke ich einem Mann, der sich eines gynäkologischen Themas annimmt und mir die Welt erklärt.

  10. 12.

    Also wenn man aus dem bekannten Kreis zwei Frauen ü 60 hat die auf einmal ihrer Tage bekommen dann fragt man sich schon was macht der Impfstoff noch außer vor hoffentlich einem schweren Verlauf zu schützen. Weil alles andere ist ja schon Widerlegt worden (Langzeitwirkung Übertragungschutz ).

  11. 11.

    Da gebe ich Ihnen Recht. Und wären noch Erektionsstörungen gemeldet worden, wäre sofort alles gestoppt worden...

  12. 10.

    Es geht doch wohl um die Gefährdung von Schwangeren und  Ungeborenen bei Impfung und die gefürchtete "Sterilität" von Frauen. Dass der weibliche Zyklus von vielen Faktoren abhängt, ist ja nun hinlänglich bekannt und eine Impfung ist auch eine Mikroinfektion. Aber zu den beeinflussenden Faktoren gehören auch leider psychische. Es gibt nicht nur den Placebo sondern auch einen Noncebo Effekt. Selbst übermäßiger Sport beeinflußt den Zyklus.
    Eine Zyklusschwankung oder stärkere Monatsblutung mit einer Herzmuskelentzündung zu vergleichen empfinde ich selbst als Frau für unpassend. Wichtig ist doch, dass Frauen mit Impfung weiter gesunde Kinder bekommen können.

  13. 8.

    Wie aus Gerüchten auch Wirklichkeit werden kann:

    Impffolgen: Krankenkasse BKK schreibt Brief an Paul-Ehrlich-Institut
    Die Krankenkasse BKK hat Millionen Versicherten-Daten ausgewertet. Die angegebenen Fallzahlen des Paul-Ehrlich-Instituts zu Impffolgen sind demnach zu niedrig.
    https://www.berliner-zeitung.de/news/impffolgen-krankenkasse-bkk-schreibt-brief-an-paul-ehrlich-institut-li.213676

    Kann es wirklich sein, dass man beim PEI / RKI keine Ahnung von den Abrechnungsdaten der Kliniken und niedergelassenen Ärzte hat? Tatsächlich hat sich das RKI bezüglich der InEK-Daten damit herausgeredet, die hohe Anzahl an Hospitalisierungen wegen Impfnebenwirkungen sei der Behörde „nicht bekannt“. Die sind aber sehr leicht im InEK-Datenbrowser zu finden - siehe Diagnoseschlüssel U12.9 „Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von Covid-19-Impfstoffen" ...

  14. 7.

    Ich bin 50 und seit 2017 (getestet) in der Menopause, also seit 4 Jahren kein Zyklus mehr. Dreimal mit Moderna geimpft, sehr gut vertragen. Nach jeder Impfung wurde nach je 2-3 Tagen ein Zyklus ausgelöst, länger und stärker als früher, aber beschwerdefrei. Alle, wirklich ALLE Wechseljahresbeschwerden sind seit Juli 2021 (erste Impfung) wie weggezaubert. Ich fühle mich verjüngt, bin absolut erfreut und will auf jeden Fall eine vierte Moderna-Impfung haben!

  15. 6.

    Ich, 53, Menopause seit 3 Jahren, habe 48 Stunden nach der Boosterimpfung eine tagelange Regelblutung gehabt. Ein Gespräch mit der Gyn ergab, dass das kein Einzelfall ist und bereits dem RKI respektive dem Paul Ehrlich Institut gemeldet worden ist, eine Antwort steht bis heute aus. Wäre dies Männern passiert, würde es garantiert eine anders lautene Impfempfehlung geben oder hätte die Einstellung dessen veranlasst ( siehe Herzmuskelentzündung bei männlichen, jungen Erwachsenen)

  16. 5.

    Ja man sollte es schon ernst nehmen, aber auch eine starke Krankheit hat Einfluss auf den Zyklus. Ich verstehe das man verunsichert ist. Die Frage wäre für mich, ob danach wieder alles ok war. Dann hat es halt keine langfristigen Auswirkungen. Ärzte reagieren auf zyklusschwankungen erst wenn es 2-3 Monate nacheinander, weil man erst einmal sehen muss wie die Auswirkungen sind. Das ist auch im normalen Alltag so.
    Hatte ich auch schon, aber weil der Zyklus halt anfällig ist. Deshalb es tut mir leid, dass so viele Frauen danach Probleme hatten.

  17. 4.

    Danke, Teachermom und Emka!

  18. 3.

    Das wäre mal ein origineller Grund einer Impfablehnung. Wenn auch kein besonders kluger.

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