Senat verschärft Bund-Länder-Beschlüsse - Berlin verlängert seinen Lockdown bis 24. April

Di 23.03.21 | 19:16 Uhr
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«Noch dreimal Lockdown, dann ist Weihnachten» steht im Schaufenster eines Modegeschäfts in Berlin-Kreuzberg auf einem Schild. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Video: Abendschau | 23.03.2021 | Tobias Schmutzler | Bild: dpa/Christoph Soeder

Dieser Schritt wird für Diskussionen sorgen: Der Lockdown wird in Berlin noch länger dauern, als von Bund und Ländern am Montag vereinbart. Zur Begründung gab der Regierende Bürgermeister Müller "formale Gründe" an.

Diese Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hat der Berliner Senat am Dienstag beschlossen:

- Lockdown wird bis 24. April verlängert

- Unternehmen müssen Mitarbeitern, die nicht im Home-Office arbeiten, regelmäßig Tests anbieten

- von Gründonnerstag bis Ostermontag soll das öffentliche Leben weitgehend ruhen - nur Lebensmittelgeschäfte dürfen am Karsamstag öffnen

- Senat will auch Testmöglichkeiten für Kita-Kinder

Der Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird in Berlin bis zum 24. April verlängert - und damit um knapp eine Woche mehr als von Bund und Ländern vereinbart. Das habe "formale Gründe", um weniger Termindruck zu haben, begründete der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) diesen Schritt am Dienstag nach einer Senatssitzung. "Wir wollen uns dem anschließen, was auf Bundesebene beschlossen wurde, haben aber erstmal pauschal den größtmöglichen Zeitrahmen ausgeschöpft für Maßnahmen", so Müller.

Die Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten nach rund zwölf Stunden Beratung am frühen Morgen eine Verlängerung des bisher bis zum 28. März befristeten Lockdowns bis zum 18. April beschlossen.

Grund sind steigende Corona-Infektionszahlen und die stärker ansteckende und gefährlichere "britische" Virus-Variante. "Es sind schwerste Erkrankungen, und man muss im Blick haben, dass man auf eine solche Mutante reagieren muss", sagte Müller.

Der Senat hat sich zudem darauf verständigt, eine Testangebotspflicht in Betrieben in die Infektionsschutzverordnung mit aufzunehmen. Die Tests sollen Unternehmen den Beschäftigten anbieten, die nicht im Home-Office arbeiten können. Die Infektionen entstünden vor allem im scheinbar sicheren privaten und beruflichen Bereich, erläuterte Müller.

Er fügte hinzu, dass in den Betrieben noch zu wenige Mitarbeiter vom Home-Office aus arbeiten würden. Deshalb müsse mehr getestet werden. Mitarbeiter seien zu den Tests nicht verpflichtet, aber auf Arbeitgeberseite solle es eine Angebotspflicht geben.

Bund und Länder hatten bei ihren Beratungen vereinbart, hier zunächst noch auf eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft zu setzen. Der Bund behält sich aber verbindliche Regeln vor, sollte das aus seiner Sicht nicht fruchten.

In Schulen sollen die Testmöglichkeiten nach den Osterferien ausgeweitet werden.

Auch Kita-Kinder sollen künftig mit Selbsttests getestet werden. Ziel sei es, dass Eltern diese Tests zuhause ausführen, sagte Müller.

Müller warb dafür, dass sich Bürgerinnen und Bürger mehr testen lassen. Es gebe auch für das Lehrpersonal noch weitaus mehr Test-Kapazitäten, sagte er. Bisher ließen sich nur rund 50 Prozent der Lehrkräfte regelmäßig testen. Für alle Berliner ist ein Test pro Woche gratis.

Müller verteidigte die erweiterte Ruhezeit über die Osterfeiertage, die Bund und Länder beschlossen hatten: "Wir brauchen diese fünf Tage, um die Infektionsketten zu durchbrechen." Das verschaffe den Intensivstationen Zeit, führte Müller als Beispiel an.

Bund und Länder hatten sich darauf geeinigt, Gründonnerstag (1. April) und Karsamstag (3. April) einmalig als Ruhetag zu definieren. Nur am Karsamstag soll der Lebensmittelhandel öffnen dürfen. Auf Bundesebene werde gerade der Rechtsrahmen dafür geprüft, sagte Müller im rbb: "Ist es ein Feiertag mit den entsprechenden Konsequenzen oder ein Ruhetag?" Entsprechend würden das alle Bundesländer übernehmen.

"Wir dürfen uns da nichts vormachen: Wir werden nach Ostern noch nicht hundertprozentig über den Berg sein", sagte Müller. Aber das bundesweite Runterfahren des öffentlichen Lebens könne die Infektionsdynamik bremsen. "Das verschafft uns Zeit"

Nicht betroffen von den Oster-"Ruhetagen" sind die Berliner Impfzentren. Dort soll der Betrieb vom 1. bis 5. April zu den üblichen Zeiten ohne Einschränkungen weiterlaufen.

Mit Ausnahme der Oster-"Ruhetage" sollen Lockerungen wie die Öffnung des Einzelhandels in Berlin so lange beibehalten werden, bis der 7-Tage-Inzidenzwert drei Tage hintereinander über der 100er Marke liegt. In Berlin überschritt die 7-Tage-Inzidenz am Dienstag den Wert von 100, sie liegt jetzt bei 102,3.

Die Modellprojekte in Kultur und Sport, mit denen der Senat testen will, wie Veranstaltungen mit Zuschauern wieder möglich gemacht werden könnten, sollen weiter stattfinden - mit Ausnahme der fünf Tage an und um Ostern.

Das bedeutet, dass das am Ostersonntag geplante Derby zwischen FC Union und Hertha BSC nun doch ohne Fans im Stadion stattfinden wird. Das für Mittwoch angesetzte Spiel der BR Volleys darf demnach aber mit Zuschauern stattfinden.

Über Ostern geplante Aufführungen mit Publikum an der Staatsoper, der Deutschen Oper und der Berliner Volksbühne werden auf die Zeit nach Ostern verschoben.

Öffnungsschritte seit Ende Februar

Schon seit Anfang November sind in Berlin unter anderem Kinos und Theater grundsätzlich geschlossen. Am 16. Dezember begann dann ein bundesweiter Lockdown mit der Schließung von Schulen und großen Teilen des Einzelhandels mit Ausnahme etwa von Supermärkten, Drogerien oder Apotheken.

Erste Öffnungsschritte gab es in der zweiten Februarhälfte, als die ersten drei Grundschulklassen mit dem Wechselunterricht begannen, später auch ältere Kinder der Klassenstufen 4 bis 6 sowie 10 bis 13. Ab 1. März dürften Friseure wieder arbeiten. Kurz darauf beschloss der Senat, dass zum Beispiel Gartencenter und Blumenläden wieder öffnen können und Einkaufen in Geschäften zu vereinbarten Terminen möglich ist. Erste Museen empfangen seit einiger Zeit wieder Besucher.

Müller: Verträge für Luca-App unterzeichnet

Für die von ihm geforderte Luca-App habe Berlin nun die Verträge unterzeichnet, sagte der Regierende Bürgermeister auf Nachfrage. Die App soll im Infektionsfall Kontaktdaten an die Gesundheitsämter übermitteln, um damit die Kontaktnachverfolgung zu erleichtern. Die Nutzung der App kostet für ein Jahr rund eine Million Euro, bestätigte Müller.

Wirtschaft kritisiert Senatsbeschlüsse: Ausdruck großer Hilflosigkeit

Kritik an den Senatsbeschlüssen kommt aus der Wirtschaft und von der oppositionellen FDP. "Intelligente Lösungen, die etwas mehr Freiheit zulassen würden - Fehlanzeige", bemängelte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja. "Die rot-rot- grüne Regierung hat scheinbar jede Anstrengung aufgegeben, der Pandemie anders als mit einem Dauer-Lockdown zu begegnen."

Der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, Christian Amsinck, äußert sich ähnlich: "Verbieten, bremsen, schließen - viel mehr fällt der Politik offenbar nicht ein."

Und der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen sagte im rbb, man fasse sich nur noch an die Stirn. Bei den sogenannten Ruhetagen Gründonnerstag und Karsamstag handele es sich um einen erfundenen, unbestimmten Rechtsbegriff. Das sei Ausdruck einer "großen Hilflosigkeit", aber habe nichts mit gründlich vorbereiteter Politik zu tun. Wenn alle Geschäfte außer dem Lebensmitteleinzelhandel an diesen Tagen schließen müssen, sei das für sie eine spürbare Verschärfung, so Busch-Petersen.


Korrektur: In einer früheren Version dieses Textes hatte rbb|24 berichtet, dass das Fußballspiel von Union gegen Hertha ganz abgesagt werden sollte. Das war falsch. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Sendung: Inforadio, 23.03.2021, 14 Uhr

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  1. 138.

    "Wir dürfen uns da nichts vormachen: Wir werden nach Ostern noch nicht hundertprozentig über den Berg sein", sagte Müller.

    Jo, klar und logisch. Denn 1. bringt der eine geschlossene Tag absolut nichts und 2. werden sich die Zahlen der Tage frühestens um den 10.04. bemerkbar machen.
    Was also soll der Schrott?
    Herr Müller, Sie können nicht verschleiern, dass die Politik versagt hat und keine Ahnung oder Planung hat!
    Ja, auch die Bürger machen Fehler. Aber die Politik hat die Verantwortung für das Impfdebakel zu übernehmen und einfach mal dazu zu stehen, dass sie 100 Versprechen machen und nicht eines davon halten

  2. 137.

    ich weiß schon gar nicht mehr wo man hier seiner ganzen Wut und dem Frust Luft machen soll, wenn diese Impfung so entscheidend ist, warum wird dann nicht diese 5 Ruhetage durchgeimpft?
    Das Virus kennt keine Pause aber Impfungen finden nicht statt, das verstehe Einer. Die Fallzahl hier in Deutschland mag runtergehen, aber
    nach Ostern arbeiten wir dann die positiven Rückkehrer aus den Urlaubsländern ab, die vielleicht bei dem Rückflug negative sind, aber Tage danach positiv sind. Super, dann bis zum nächsten Lockdown.

  3. 136.

    Gerade einen Ausschnitt einer Erklärung des Regierenden gesehen. Bescheuerter als seine Aussage geht es nicht. Er sagte sinngemäß: Ob der Optiker Gründonnerstag offen ist man sich fragt ob der Optiker Karfreitag auch geöffnet ist. Nö. Ich sage: Gründonnerstag ist ein normaler Arbeitstag und Karfreitag ein Feiertag.

  4. 135.

    Gründonnerstag kein einkaufen ??? . Na dann mal Samstag Alle zu Edeka und Co. Sollten denn nicht die Herden von Menschen entzerrt werden ? ( zusätzliche Busse und Bahnen )
    Ich gehe Samstag arbeiten.

  5. 134.

    Gründonnerstag kein einkaufen ??? . Na dann mal Samstag Alle zu Edeka und Co. Sollten denn nicht die Herden von Menschen entzerrt werden ? ( zusätzliche Busse und Bahnen )
    Ich gehe Samstag arbeiten.

  6. 133.

    Ich übersetze "Wir brauchen diese fünf Tage, um die Infektionsketten zu durchbrechen." mal für alle, die es noch nicht begriffen haben:

    "Wir brauchen diese fünf Tage, um Demonstrationen gegen die Corona-Zwangsmaßnahmen zu verhindern"

  7. 131.

    @Oliver, offensichtlich haben Sie kein schlechtes Gewissen.
    Aber sich hier über die Maßnahmen der Regierung auslassen und selbst mit seinem Handeln die Pandemie verschärfen, dabei noch Menschen wie Karina vorwerfen, sie hätte kein soziales Leben, nur weil sie nicht egoistisch denken und handeln ist schon sehr unverschämt.

  8. 130.

    DAS würde mich auch brennend interessieren, genauso wie die Info darüber, ob nun am Gründonnerstag gearbeitet werden muss oder, ob die Dienstkräfte des Landes Berlin wieder einmal immun gegen Corona am Gründonnerstag sind?! Schon traurig und im Endeffekt peinlich, dass bei der willkürlichen und unlogischen Suppe, die hier gekocht wird, eine andere Suppe für Berlins Dienstkräfte serviert wird.

  9. 129.

    ...es sollen also Ruhetage sein, entsprechend der Wertung gleich wie ein Feiertag. Super! Da ja bekanntlich Freitag und der Montag auch ein Feiertag ist und am Donnerstag weder Müll und Recycling Tonnen abgeholt werden....wird also über 5 Tage zusätzlich kein Müll abgeholt...die Ratten werden sich freuen, Schädlingsbekämpfer werden Ihren Aufträgen nicht mehr folgen können. Und hoffentlich wird auch der ein oder anderer Politiker sehen, was für Müll dann rumliegt. Das kommt dabei raus, wenn sich die K Runde, nennst Ihren Hofberatern abschottet und keinen andere Meinung und Strategie zulässt. Was sagte Herr Müller gerade im Radio, man verlängert bis zum 24.3, um sich neu aufzustellen. Hat dafür nicht zuvor 12 Monate gereicht? Und ganz nebenbei, schon wieder wird ein christliches Fest "verboten" zu feiern.Mal sehen, was sich die K-Runde für Pfingsten einfallen lässt....

  10. 128.

    "Das bedeutet, dass das am Ostersonntag geplante Derby zwischen FC Union und Hertha BSC nun doch ohne Fans im Stadion stattfinden wird.
    Das für Mittwoch angesetzte Spiel der BR Volleys darf demnach aber mit Zuschauern stattfinden."

    Also, Achtung!
    Am Mittwoch sind die Viren nicht in der Max-Schmelling-Halle.
    Sie verstecken sich schon mal für Ostersonntag im Garten, Park und im Fußballstadion!
    Der Schwachsinn wird immer größer!

  11. 127.

    Das RKI bereits festgestellt, dass Auslandsreisen keine Pandemietreiber sind.

  12. 126.

    Warum verlängert Herr Müller nicht den Lockdown geich bis Pfingsten ??? Das macht es der Verwaltung viel einfacher. Alle Beamte bekommen jeden Tag ein schönes Gehalt und haben nicht so viel Stress mit dem Lockdown. Und die Leute sind es ja gewöhnt , dass alles zugesperrt wird. *Sarkasmus* Herr Müller hat echt keine Ahnung vom Leben im Lockdown. Vielleicht sollten die betroffenen zig Tausend Unternehmen mal alle fälligen Rechnung hinschicken. Er bezahlt sie sicher gerne.

  13. 125.

    Was machen Sie denn eigentlich in den vollen Parks und Ausflugszielen, als Vernunft in Person?

  14. 124.

    Kurze Interessenfrage, lieber RBB

    Wie sieht es mit Apotheken und deren Lieferdiensten aus? Sind die geöffnet oder müssen sie schließen?
    Ich meine nicht den Notdienst, sondern die normalen Öffnungszeiten

  15. 123.

    Wie kommen Sie denn auf dieses schmale Brett? Das RKI hat doch selber festgestellt, dass Auslandsreisen keine Pandemietreiber sind und da die Inzidenz auf Mallorca niedriger sind und die Regeln strenger, ist dort wohl die Gefahr sich dort zu infizieren geringer, als wenn man hier im vollen Berlin bleibt. Wenn jemand zu Ostern zu Besuch bei bei der Familie in zB Bayern oder Sachsen war wird er doch auch nicht getestet, obwohl die Inzidenz höher als auf Mallorca ist.

  16. 122.

    Ach du dickes Ei, auch das noch.
    Will mir gar nicht ausdenken was am 31.3. und Karsamstag sich in den Supermärkten abspielt. Das wird das pure Chaos und Gedränge. Corona reibt sich heute schon die Hände.

  17. 119.

    Nach einem Jahr Corona noch immer nicht verstanden, was exponentiales Wachstum ist? Denn das passiert gerade wieder. Da gibt es kein “mit dem Virus leben”. Da ersticken tausende Menschen erbärmlich, weil es kleine freien Betten auf der Intensivstation mehr geben wird wenn nichts gemacht wird.

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