Fünfkämpferin Annika Schleu - Das große Ziel Tokio fest im Blick

Sa 24.04.21 | 16:13 Uhr
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Annika Schleu (Moderner Fünfkampf) zielt beim Laserrun (Quelle: imago images/Camera4)
Bild: imago | Tilo Wiedensohler

Die Berlinerin Annika Schleu will zu den Olympischen Spielen. Bis kurz vor der Abreise zum Trainingslager läuft alles nach Plan. Doch dann infiziert sie sich mit Corona. Schleu kämpft sich zurück - und will nun in Tokio angreifen. Von Martin Bromber

Mittlerweile trainiert sie wieder. Annika Schleu, die beste deutsche Fünfkämpferin, zieht ihre Bahnen im Becken des Olympiastützpunkts Berlin. Olympia ist nach wie vor ihr großes Ziel. Dort will sie angreifen, möglichst ganz oben. Dieses Ziel hatte sie auch beim letzten Treffen im Mai 2020 fest im Blick. Gemeinsam mit ihrem Freund Christian Zillekens, ebenfalls Fünfkämpfer, wollte die Berlinerin nach Tokio fahren.

Qualifiziert war Annika Schleu damals bereits, über die Europameisterschaft 2019. Weitere Weltcup-Platzierungen, um die vorgegebene Norm zu erfüllen, waren lediglich Formsache: die Leistung stimmte, Training war mit Abstand und Sondergenehmigung trotz Pandemie möglich.

Panik nach Corona-Infektion

Doch dann kam alles ganz anders: Am 9. März bereitete sich Annika Schleu auf die Abreise ins Trainingslager nach Polen vor. Um 21:15 klingelte ihr Handy. Bernd Wolfarth von der sportmedizinischen Abteilung der Charité, die unter anderem für die ständigen Corona-Tests der Athletinnen und Athleten zuständig ist, meldete sich. Annika Schleu hatte sofort ein komisches Gefühl, wie sie heute sagt: "Das kann irgendwie nichts Gutes bedeuten. Um diese Uhrzeit wird man nicht vom Arzt angerufen".

Der Arzt bestätigte das ungute Gefühl. Ihr Corona-Test war "grenzwertig", hatte einen schwachen Ausschlag. Sie musste nochmal in die Chartité. Es musste ein zweites Mal getestet werden. Anschließend herrschte Klarheit: Schleu hatte sich mit dem Coronavirus infiziert.

"Ein ganz blödes Gefühl für einen Athlethen"

Im Nachhinein spricht sie von einem "glücklichen Zustand", dass die Infektion so früh festgestellt wurde und sie niemand anderen angesteckt hat. Doch damals war der Schock groß, vor allem, da sie keine Ahnung hatte, wo sie sich angesteckt hatte. Das großes Ziel, die Olymischen Spiele standen auf der Kippe. Annika Schleu hatte Angst, dass sie die kommenden Weltcups auf dem Sofa verbringend hoffen muss, nicht doch noch von einer Teamkollegin überholt zu werden. Das sei "ein ganz blödes Gefühl für einen Athleten, weil es sich fast ein bisschen unsportlich anfühlt", sagt sie heute rückblickend.

Der Kampfeswille kehrt zurück

Doch Annika Schleu gab nicht auf. Sie kämpfte sich zurück. Heute analysiert sie: "Ich hab's mir hart vorgestellt, aber ich hab's mir ganz anders hart vorgestellt, als es letzendlich war." Ursprünglich sei sie der Auffassung gewesen, sie müsse einfach nur härter trainieren, um den Köper wieder auf das Leistungsniveau zu bekommen, auf dem er ursprünglich war.

Doch als sie nach überstandener Quarantäne mit dem Fahrrad zum Brötchenholen fuhr, musste sie feststellen, dass es auf eine ganz andere Art und Weise hart werden würde und sie ihren "Körper ganz langsam bewegen muss". Herzfrequenz und Atmung ließen sich nur bei sehr geringer Belastung in dem von ihren Ärzten für unbedenklich befundenen Bereich halten. "Das war eine ziemlich harte Phase", beschreibt Schleu die Zeit damals. Nach dem Lauftraining seien des öfteren auch Tränen geflossen und zwar "nicht weil es so hart, sondern weil es deprimierend war", sagt sie. Besonders bitter: Außerhalb des Sports hatte sich ihr Körper "ganz normal" angefühlt.

"Return to Sport"-Untersuchung

Nach einem negativen Corona-Test absolvierte sie 15 Tage nach der Infektion die sogenannte "Return to Sport"-Untersuchung an der Berliner Charité. Annika Schleu bestand alle Tests und bekam das "Go" der Ärzte. Es folgten erste Lichtblicke im Training. Kurze, intensive Belastungen klappten immer besser. Auch ihre Familie und ihre Trainer sprachen ihr Mut zu. Medizinisch auf der sicheren Seite, machte sie sich trotzdem Gedanken. Es war ein "komisches Gefühl" immer wieder auf das Riskio einer Herzmuskelentzündung angesprochen zu werden.

Zurück im Weltcup

Tokio habe sie damals "nie in Frage gestellt", sagt sie, und sich schließlich für einen Start beim Weltcup in Budapest entschieden. Mit einer "ganz anderen Art von Anspannung" ging Schleu dort im März in den Wettkampf. Sie spricht von "deutlich weniger Leistungsbereitschaft" und "deutlich mehr Sicherheit". Speziell im Schwimmen und im Laufen war Schleu nach eigenem Bekunden vorsichtig. Sie habe gemerkt, dass sie nicht auf dem Niveau ist wie vor der Infektion. Trotzdem absolvierte sie einen guten Wettkampf und qualifizierte sie sich für das Weltcup-Finale im Mai im ungarischen Székesfehérvár. Dort kann sie die Teilnahme an den Olympischen Spielen endgültig vollbringen. Bis dahin will Schleu dann auch in den organische Disziplinen wieder vorne mit dabei sein - um am Ende ganz oben stehen zu können.

Sendung: rbbUM6, 24.04.2021, 18 Uhr

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1 Kommentar

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  1. 1.

    Man kann schuldlos hinfallen. Aufstehen, Krone richten, weitergehen! Alles Gute!

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