Interview | Potsdamer Kita-Leiterin - "Wir sind kein Förderband, das man einfach wieder anlaufen lassen kann"

Do 11.06.20 | 13:49 Uhr
Ein Kind wäscht sich in einer Kita die Hände (Quelle: imago images/Wilhelm Mierendorf)
Audio: Radioeins | 11.06.2020 | Interview mit Kathrin Hoffmann | Bild: imago images/Wilhelm Mierendorf

Am Montag kehren Kindergärten und Krippen in Brandenburg in den Normalbetrieb zurück. Sind die Einrichtungen überhaupt vorbereitet? Über Probleme und Sorgen spricht Kathrin Hoffmann, Leiterin des Fröbel-Kindergartens am Volkspark in Potsdam, im Interview.

rbb: Frau Hoffmann, freuen Sie sich, dass am Montag Ihre Kita im Regelbetrieb wieder öffnet?

Kathrin Hoffmann:  Ja. Die  Freude überwiegt schon, dass wir alle Kinder jetzt wieder zurückbekommen, das muss man schon so sagen. Wir haben die Kinder ja auch vermisst.

Was haben Sie bis Montag noch zu tun?

Wir hatten jetzt den erweiterten Regelbetrieb, der gerade in der zweiten Woche lief. Das haben wir sozusagen alles gemanagt. Und jetzt fangen wir von Neuem an. Jetzt müssen Personalprozesse geändert werden. Wir müssen planen, wie wir die Kinder zurückholen.

Hygiene- und Abstandsregeln sind für kleine Kinder kaum konsequent einzuhalten. Welche Regeln gibt es dennoch bei Ihnen im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten?

Im Hygienebereich hat sich natürlich vieles geändert. Zu Hoch-Zeiten, als wir nur Notbetreuung hatten, haben wir zweimal am Tag mindestens desinfiziert, alle zwei Stunden sogar zwischendurch. Das haben wir jetzt auf einmal täglich reduziert, denn mit steigender Kinderzahl haben wir natürlich auch nicht mehr das Personal, dass wir alle zwei Stunden desinfizieren können. Man übt mit den Kindern beispielsweise ganz viel Händewaschen oder die richtige Husten-Hygiene. Das ist alles, was wir bei uns im Haus umsetzen. Natürlich sind auch die Abstandsregeln Thema hier im Kindergarten.

Kann man Kinder in dem Alter auf Abstand halten?

Nein, das kann man nicht. Man kann die Gruppen auf Abstand halten. Das haben wir jetzt in den letzten Wochen ganz gut gelöst, dass wir sozusagen zum Beispiel gruppenbezogen gearbeitet haben. Und jetzt muss man sehen, inwieweit wir das jetzt aufweichen und wie weit wir da gehen können.

Übersicht Schulen und Kitas in Brandenburg (Quelle: rbb|24)

Wie haben Sie die Notfallbetreuung erlebt?

Für meinen Standort war es relativ gut zu managen. Wir waren sehr gut im Elternkontakt. Wir haben mit den Eltern alles gut planen können. Wir wurden von der Stadt Potsdam und unserem Träger immer sehr gut beraten. Von daher war die Notbetreuung bei uns eigentlich gut zu stemmen. Man musste das komplette System immer ändern. Die große Kritik: Die Verordnungen kamen immer am Freitag und wir mussten zusehen, wie wir es schnellstmöglich mitbekommen. Wir sind kein Förderband, dass man einfach wieder anlaufen lassen kann, sondern man muss auch gucken, dass die Kinder zurückkommen können.

Hatten Sie deutlich mehr Arbeit als im Normalbetrieb?

Das kann man so nicht vergleichen, weil es ein völlig anderes Arbeiten war. Wir hatten schon mehr Arbeit. Die Strukturen waren völlig andere. Man musste sich auf ganz andere Bedingungen einstellen, die man sonst nicht hat. Die Arbeitsbelastung war sehr hoch und ist es auch nach wie vor. Wir müssen immer noch gucken, wie man das alles hinbekommt. Auch die Übergabesituation mit den Kindern an der Tür muss neu geplant werden.

Nach jetzigem Kenntnisstand sind Kinder wahrscheinlich genauso ansteckend wie Erwachsene. Nur haben die allermeisten Kinder überhaupt keine Symptome. Wie besorgt sind Sie eigentlich um ihre Erzieherinnen und Erzieher?

Man macht sich schon immer wieder Gedanken, weil man sich überlegt, was wäre wenn. Aber auf der anderen Seite gehört es zum Berufsrisiko. Ob es jetzt Corona oder die Grippe ist: Kinder sind immer hoch ansteckend. Wir kennen das, und ich glaube, das trägt uns gerade als Team ein bisschen durch die Zeit. Sorgen macht man sich immer. Aber da sind Kinder, die brauchen unsere Mimik und unsere Gestik. Sie brauchen uns als Tröster und Begleiter - und das kann man nicht wegnehmen. Das geht nicht, das kann man nicht verstecken.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit Kathrion Hoffmann führten Marco Seiffert und Tom Böttcher, Radioeins.

Der Text ist eine redigierte und leicht gekürzte Fassung. Das vollständige Interview können Sie oben im Audio-Player nachhören.

Sendung: Radioeins, 11.06.2020, 09:40

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