Inzidenzen in Berlin und Brandenburg - Corona-Infektionen bei Jüngeren steigen massiv

Fr 20.08.21 | 07:33 Uhr | Von Haluka Maier-Borst
Inzidenzen steigen bei Jungen
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Inzwischen liegen die Inzidenzen für die jüngeren Berlinerinnen und Berliner über 100. Auch in Brandenburg sind deutliche Zuwächse bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu sehen. Doch es gibt auch gute Neuigkeiten. Von Haluka Maier-Borst

3, 6, 12, 17, 33, 56, 166 – in den letzten sechs Wochen haben sich die Corona-Inzidenzen für die 5- bis 14-Jährigen in Berlin fast kontinuierlich verdoppelt. Ähnliches ist gerade in Brandenburg zu beobachten – wenn auch auf niedrigerem Niveau. Das zeigt eine rbb|24-Analyse basierend auf Meldezahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI). Die Folge: Die Gruppe der 5- bis 14-Jährigen in Berlin ist schon in der nächsten Infektionswelle.

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Im Vergleich zu früheren Wellen gibt es aber einige Besonderheiten, die dazu führen, dass die aktuelle Lage nicht eins zu eins zu vergleichen ist mit der Situation vor einem Jahr. Und nicht alle davon machen die Lage problematischer, sondern geben durchaus Hoffnung.

1. Die "Sommerpause" war kürzer

Die Zeit der niedrigen Inzidenzen ist dieses Jahr deutlich kürzer als letztes Jahr. Während im letzten Jahr ab etwa Anfang Mai die Zahl der Corona-Infektionen in den Niedriginzidenz-Bereich fielen, dauerte es dieses Jahr bis etwa Mitte Juni, bis die Zahl der Infektionen in einen ähnlichen Bereich absanken.

Genauso steigt jetzt auch die Kurve sowohl in Berlin als auch Brandenburg früher. Das Niveau, das man jetzt in Berlin und Brandenburg sieht, hatte man in etwa im Oktober 2020.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Ansteckendere Varianten wie Alpha und Delta dürften entscheidend gewesen sein. Eine gewisse Pandemiemüdigkeit wird sicher auch eine Rolle spielen. Und natürlich auch, dass man von einem höheren Niveau an Fallzahlen kam.

Im Vergleich zum letzten Jahr hat man zudem, trotz aller Skandale um falsche Testabrechnungen, dank Schnelltests einen deutlich besseren Überblick über das Infektionsgeschehen. Entsprechend vorsichtig sollte man Zahlen vom letzten Jahr mit diesem Jahr vergleichen. In der Tendenz stimmt aber die Feststellung, dass die nahezu Corona-freie Zeit speziell bei den Menschen zwischen 5 und 34 Jahren deutlich kürzer ausfällt.

2. Die Zuwächse der Fälle sind massiver

Wie bereits erwähnt, verdoppelt sich in gewissen Altersgruppen gerade die Inzidenz von Woche zu Woche. Sehr klar zu sehen ist das, wenn man nicht auf die reinen Inzidenzen schaut, sondern auf die Zuwächse von Woche zu Woche.

Für die Gruppe der 5- bis 14-Jährigen in Berlin gilt seit Anfang Juli, dass die Fälle sich von Woche zu Woche ungefähr verdoppeln. In Brandenburg ist das seit etwa drei Wochen der Fall. Es gab zwar bereits zuvor in der Pandemie schon Wochen, in denen sich die Zahl der neuen Fälle verdoppelt hat. Aber sie waren eher Ausreißer oder dem Anfang der Pandemie geschuldet, als mangelhaft getestet und wenig für die Eindämmung unternommen wurde.

Insofern ist die aktuelle Entwicklung eine, die vermutlich klar auf die ansteckendere Delta-Variante zurückzuführen ist.

3. Die Fälle breiten sich weniger zu den Älteren aus

In der ersten und der zweiten Welle gab es immer ein klares Muster. Erst stecken sich die Jüngeren an und im Anschluss die Älteren. Doch in der dritten Welle, ausgelöst durch das frühe Lockern der Maßnahmen Anfang März, veränderte sich etwas. Wieder stiegen die Zahlen bei den Jüngeren massiv, doch die Inzidenz bei den Menschen über 80 Jahren blieb relativ niedrig.

Der Grund dafür: die Impfungen. So langsam die Impfkampagne auch anlief, durch die Priorisierung der Älteren wurden diejenigen mit hohem Risiko aufgrund ihres Alters früh geschützt. Während also die Inzidenz der über 80-Jährigen in der zweiten Welle zeitweilig sogar noch die höchste aller Altersgruppen war, war in der dritten Welle der Anstieg moderat.

Auch aktuell sieht die Lage besser aus. Sowohl bei den über 80-Jährigen, als inzwischen auch bei den 60-79-Jährigen ist der Anstieg der Inzidenzen sehr gering. Während man bei den Jüngeren durchaus von einer sich aufbauenden neuen Welle sprechen kann, stellt die Entwicklung bei den Älteren eher eine kleine Delle dar.

Das ist auch für die Intensivstationen eine gute Nachricht, denn wenngleich es eine steigende Tendenz bei den Einweisungen in Berlin gibt, sind die absoluten Zahlen der belegten Betten nicht ansatzweise zu vergleichen mit dem Krankenstand aus früheren Wellen.

Das heißt jedoch nicht, dass die aktuell rapide steigenden Inzidenzen bei den Jüngeren überhaupt kein Problem sind. Denn wenngleich die Verläufe speziell bei Kleinkindern nach einer Infektion meist mild sind, kann eine Covid-19-Infektion junge Erwachsene nach wie vor ins Krankenhaus bringen oder Long-Covid verursachen.

Auch vor diesem Hintergrund hatte das RKI davor gewarnt, die Pandemie als bereits bewältigt zu sehen. So zeigten Modellierungen der Bundesbehörde [rki.de], dass die Intensivstationen durchaus noch einmal stark belastet werden könnten, wenn die Impfquote auf dem aktuellen Niveau verharrt. Gelänge es jedoch die Quote bei den 12- bis 59-Jährigen von 65 auf 75 Prozent zu erhöhen, so würde sich die maximale Zahl der gleichzeitig belegten Betten halbieren.

Sendung: Inforadio, Nachrichten, 20.08.2021, 9 Uhr

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Beitrag von Haluka Maier-Borst

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