Kinderimpfung im ICC - "Der Arzt hat meinen Sohn extrem gut aufgefangen"

Mi 22.12.21 | 08:27 Uhr
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Corona-Impfzentrum im ICC am Funkturm. (Quelle: imago images/S. Brose)
Bild: imago images/S. Brose

rbb|24-Redakteurin Sabine Prieß war am Sonntag mit ihrem zehnjährigen Sohn zum Impfen im ICC. Was sie dort erlebt hat und wie ihr Sohn mit der Situation vor Ort und der Impfung selbst klar kam, berichtet sie im Kolleginnengespräch.

rbb|24: Hallo Sabine, Du hast Dein unter zwölfjähriges Kind kürzlich gegen Corona impfen lassen. Wieso hast Du Dich dafür entschieden? Kinder in diesem Alter können sich ja noch gar nicht lange impfen lassen.

Sabine Prieß, rbb|24: Mein Sohn ist zehn Jahre alt, wird bald elf. Er hat sich schon länger gewünscht, sich impfen lassen zu können. Viele seiner Freunde sind schon zwölf und schon seit Monaten geimpft. Unser Sohn hat richtiggehend daraufhin gefiebert, dran zu sein, obwohl wir Eltern das gar nicht forciert haben. Wir waren relativ abwartend und hätten eigentlich auch noch die Stiko-Empfehlung für die nicht vorerkrankten Kinder abgewartet. Aber es war unserem Sohn wirklich ganz wichtig, geimpft zu werden - obwohl wir ihn darüber aufgeklärt haben, dass er kaum Vorteile dadurch hat.

Nachdem wir miteinander und auch mit befreundeten Eltern und Ärzten gesprochen haben, haben wir dann beschlossen, den Wunsch unseres Sohnes nach einer baldigen Impfung ernst zu nehmen. Größere Bauchschmerzen hat uns das nicht gemacht. Das liegt sicherlich auch daran, dass unser Kind schon fast an der Altersgrenze derjenigen Kinder ist, die schon seit Monaten ohne große Probleme geimpft werden.

Wie wäre Eure Entscheidung denn ausgefallen, wenn Dein Sohn erst fünf Jahre alt wäre. Also gerade erst zu der Altersgruppe gehören würde, die geimpft werden darf?

Dann hätten wir vermutlich länger gezögert und sicherlich auch nicht so stark auf das gehört, was das Kind selbst gewollt hätte. Im Endeffekt denke ich aber, dass wir zu der Impfung tendiert hätten.

Wie hat Euer Umfeld auf die Entscheidung reagiert? Dieses Thema polarisiert ja durchaus.

Wir Eltern haben die Tatsache, dass unser Kind geimpft wird, nicht an die ganz große Glocke gehängt. Das hat er selbst übernommen. Er hat in den Tagen vor dem Impftermin jedem, der nicht bei drei auf dem Baum war, erzählt, dass er am Sonntag auch endlich geimpft wird. Allen Bekannten hat er es gesagt, aber auch der Kassiererin im Supermarkt und dem Einlasspersonal vom Weihnachtsmarkt. Das wurde im Wesentlichen positiv aufgenommen. Am Tag nach der Impfung haben wir allerdings eine Mutter getroffen, die auf seine freudige Mitteilung hin sagte, sie wolle mit der Impfung ihres gleichaltrigen Kindes auf den Totimpfstoff warten. Das hat meinen Sohn dann schon etwas irritiert. Er wollte im Anschluss vor allem von mir wissen, ob sie damit eine Corona-Leugnerin sei. Als ich verneinte, war er beruhigt.

Wie ist es für Deinen Sohn in seiner Schule oder in seiner Klasse: Ist er geimpft eher ein Außenseiter?

Mein Sohn besucht die fünfte Klasse einer Grundschule, in der jahrgangsübergreifender Unterricht stattfindet. In seiner Lerngruppe sind Viert-, Fünft- und Sechstklässler. Vom Alter her sind da einige der Sechstklässler schon zwölf und davon wiederum einige geimpft. Der Rest der Klasse kann sich ja erst seit vergangenem Mittwoch offiziell impfen lassen. Davon ist ein Kind gleich in der vergangenen Woche geimpft worden. Aber er weiß von mehreren anderen Kindern, die in den nächsten Tagen und Wochen einen Impftermin haben.

Tür zum Eingang zum Kinderimpfen im ICC (Quelle: rbb/privat)Sieht nicht so einladend aus: der Eingang für die Kinder zum Impfen im ICC

Wie lief der Impftermin selbst konkret ab?

Wir hatten gleich am Sonntagmorgen einen Termin im Impfzentrum im ICC. Vor Ort wurden wir von der Security direkt am Haupteingang vorbei zu einem Seiteneingang geschickt. Denn die Kinderimpfungen finden getrennt von denen der Erwachsenen statt. Der Eingang hierfür liegt etwas abseits und man läuft seitlich am ICC entlang. Irgendwann kommt ein Schild, das den Eingang zur Kinderimpfung weist. Dieser Eingang selbst sieht allerdings von außen wenig einladend aus. Er ist etwas zugemoost, es steht fett und in rot "Kein Eingang" dran und sieht eher aus wie der Eingang zu einem illegalen Club.

Da hat mein Sohn erst mal den Rückwärtsgang eingelegt und gesagt, dass er da auf keinen Fall reingeht. Glücklicherweise kamen direkt hinter uns noch mehr Kinder mit ihren Eltern und ein Ordner öffnete die Tür von innen. Der innere Bereich sah dann schon auf den ersten Blick sehr viel einladender aus. Es war warm, indirekt beleuchtet und es waren viele Ordner da. Wir stellten uns in eine relativ lange Schlange mit weiteren Eltern und ihren Kindern. Die Atmosphäre war angenehm. Es stellte sich allerdings heraus, dass in die Schlange auch Kinder über zwölf Jahre geraten waren – die dann, weil sie bei den Erwachsenen und auch mit deren Dosis geimpft werden, wieder weggeschickt wurden. Da waren wir dann plötzlich sehr schnell sehr weit vorne in der Schlange.

Gab es dann durch die Ärzte vor Ort nochmal eine Aufklärung? Wurde dem Kind nochmal erklärt, worauf es sich einlässt?

Wenn man dran ist, wird man erst einmal in eine Kabine geführt, in der die Unterlagen ausgefüllt beziehungsweise überprüft werden. Da ich angekreuzt hatte, dass wir auf das Arztgespräch verzichten wollen, fand das auch nicht statt. Über die Vorteile und auch die Risiken der Impfung hatten wir ja vorher ausführlich mit unserem Sohn gesprochen. Die Frau, die unsere Daten eingab, schimpfte über leichte Technikprobleme. Das hat den Ablauf aber offenkundig nicht behindert. Mein Sohn hat sich dann gewundert, dass wir die Kabine – mit einer Kladde in der Hand – noch einmal wechseln mussten. Wir wurden etwa 20 Meter weiter von einem Arzt in Empfang genommen, der uns in eine nett mit Kinderzeichnungen gestaltete Impfkabine geführt hat. Er hat sich erstmal in aller Ruhe hingesetzt mit uns.

Der Arzt hat sich wirklich Zeit genommen und mit meinem Sohn gesprochen. Über die Länge der Nadel, dass er selbst auch nicht so gern geimpft wird und über Fußball.

Sabine Prieß, Redakteurin bei rbb|24

Diese Umgebung hat bei Deinem Sohn ja dann vermutlich ein ganz gutes Gefühl ausgelöst?

Ich glaube, mein Sohn hatte in dieser Kabine leider kein gutes Gefühl mehr. Denn da war ja klar, dass jetzt auch die Spritze samt Nadel zum Einsatz kommt. Und während er vor dem Medikament selbst keine Angst hat, hat er vor Spritzen im Allgemeinen doch einen gehörigen Respekt. Doch der Arzt hat meinen Sohn wirklich extrem gut aufgefangen. Er hat das nicht nur sofort gemerkt, sondern sich auch wirklich Zeit genommen und mit meinem Sohn gesprochen. Über die Länge der Nadel, dass er selbst auch nicht so gern geimpft wird und über Fußball.

Auch als mein Sohn darum bat, noch mal ein paar Minuten durchatmen zu dürfen, war das gar kein Problem. Der Arzt sagte, mein Sohn könne das Tempo bestimmen und er solle einfach Bescheid sagen, wenn es losgehen kann. Mein Sohn schlug dann vor, der Arzt solle ihm, während er selbst bis drei zähle, bei drei die Spritze in den Arm 'rammen'. Was den Arzt zum Lachen brachte. Zwischen Lachen und Zählen impfte er meinen Sohn. Der wiederum war überrascht, dass es dann schon vorbei war. Extrem erleichtert sprang er auf und marschierte sehr dynamisch mit mir zu der kurzen Registrierung der Impfung im Computer. Von einem der in wirklich großer Zahl vorhandenen Security-Mitarbeiter wurden wir von da aus dann zum Ausgang geleitet. In insgesamt einer halben Stunde war die Sache erledigt.

Mein Sohn hat mich dann noch gefragt, warum so viele Security-Mitarbeiter da sind. Was ich nicht ganz beantworten konnte. Ich nehme an, dass man auch immer mit Protesten von Impfgegnern rechnet.

Impfung für Kinder im ICC (Quelle: rbb/privat)Auf dem Weg zur Schlange beim Kinderimpfen im ICC

Es waren aber keine vor Ort, oder?

Ich war sehr dankbar, dass keine Impfgegner vor Ort waren. Es hätte mir wirklich leidgetan für meinen Sohn. Er hat diese Entscheidung so bewusst getroffen und ist jetzt auch stolz auf sich. Er hat zum ersten Mal aus eigenem Antrieb etwas für die Gesellschaft getan. Ich hätte es traurig gefunden, wenn Menschen ihn und uns dafür attackiert hätten. Wir haben aber vorher mit unserem Sohn darüber gesprochen, dass das passieren könnte.

Hat sich die Impfung denn im Anschluss bei Deinem Kind bemerkbar gemacht?

Jetzt, in den Tagen nach der Impfung, ist der Arm leicht schmerzhaft. Aber sonst hat er im Prinzip gar nichts gemerkt. Als wir aus dem Impfzentrum herauskamen, war ihm leicht schwindelig. Aber ich glaube, das war eher die abfallende Anspannung.

Was bleibt, ist die große Erleichterung und Leichtigkeit, die ich an ihm beobachte. Er ist so erleichtert, dass es mich manchmal traurig macht. Denn es zeigt ja, wie sehr er Corona und die derzeitige Situation als Bürde auf seinen Schultern empfindet. Ich finde, es sollten sich nicht die Kinder impfen lassen müssen. Sondern die bisher impfunwilligen Erwachsenen hätten das tun sollen.

Das Kollegengespräch führte Anne Kohlick, rbb|24

Sendung: Inforadio, 23.12.2021, 14:30 Uhr

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