Überlastung der Labore durch Omikron - Giffey fordert vom Bund klare Regelung für PCR-Priorisierung

Di 18.01.22 | 18:02 Uhr
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Archivbild: Die Leiterin PCR, Dr. Christina Kiehl, der Medizinische Labore Dessau Kassel GmbH arbeitet am 29.10.2020 an einem Aufreinigungsgerät der Nukleinsäuren für den PCR-Test. (Quelle: dpa/Waltraud Grubitzsch)
Video: rbb|24 | 19.01.2022 | Material: Abendschau | Bild: dpa/Waltraud Grubitzsch

Die Omikron-Welle und die vielen PCR-Tests drohen die Labore zu überlasten. Berlin steht bei einer Auslastung von 92 Prozent und sieht dringenden Handlungsbedarf. Der Bund solle klar priorisieren, wer noch die PCR-Kapazitäten in Anspruch nehmen soll.

Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) fordert vom Bund eine klare Regelung, PCR-Kapazitäten der Labore in der Omikron-Welle vor allem für Personen zu reservieren, die mit vulnerabelen Gruppen arbeiten - wie beispielsweise Pflegepersonal oder Rettungssanitäter. Eine entsprechende Priorisierung sei notwendig, denn gerade hier sei Sicherheit besonders wichtig, sagte sie am Dienstag auf der Senats-Pressekonferenz.

"Flaschenhälse nicht steuerbar"

Die Kapazitäten der PCR-Tests seien zuletzt ausgeweitet worden. Im Vergleich zum Dezember gab es eine Verdreifachung socher Tests bei den landeseigenen Teststellen und eine Vervierfachung bei privaten Anbietern. Diese Steigerung sei aber endlich. "Da sind Flaschenhälse im Hintergrund, die wir nicht steuern können", betonte Giffey. Es sei klar, dass Berlin nach den aktuellen Verfahren nicht genug PCR-Tests zur Verfügung habe. Auch deshalb sei es schon jetzt die nationale Strategie, dass man sich auch mit einem Schnelltest freitesten könne.

Eine Priorisierung für Menschen, die mit vulnerablen Gruppen arbeiten, müsse vom Bund organisiert werden, sagte Giffey mit Verweis auf die nächste Ministerpräsidentenkonferenz am kommenden Montag. Es brauche auch eine Klarstellung, dass zum Beispiel ein Schnelltest auch vom Arbeitgeber anerkannt werde, so Giffey.

Zuvor werden die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder darüber beraten, voraussichtlich am kommenden Samstag. Wie eine Sprecherin der Berliner Gesundheitsverwaltung dem rbb am Dienstag sagte, hätte die Gesundheitsministerkonferenz einen solchen Beschluss am Montag lediglich aus Zeitgründen noch nicht gefasst. Nach Angaben der Sprecherin Laura Hofmann war der Antrag aufgrund der langen Tagesordnung auf das nächste Treffen am kommenden Samstag vertagt worden.

Berliner Antrag konnte nicht besprochen werden

Angestoßen hatte die Debatte über eine Priorisierung Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Er hatte noch am Freitag vergangener Woche gesagt, dass PCR-Tests künftig vorrangig für das Personal im Gesundheitswesen und in Pflegeeinrichtungen eingesetzt werden sollten. Er habe diese Priorisierung veranlasst. Hintergrund sind die zunehmenden Engpässe in den Laboren aufgrund der sprunghaft gestiegenen Nachfrage nach PCR-Tests inmitten der aktuellen Omikron-Welle.

Auch das Land Berlin hatte dazu am Montag einen Antrag in die Gesundheitsministerkonferenz eingebracht. Ursprünglich hieß es, der beziehe sich allerdings nicht auf bestimmte Berufsgruppen, sondern auf Infizierte mit Symptomen sowie gefährdete Menschen, die vorrangig PCR-Tests erhalten sollen.

Zahlreiche Menschen warten in einer langen Schlange auf ihren PCR-Test in einem landeseigenen Testzentrum in der Neuköllner Leinestraße. (Quelle: dpa/Monika Skolimowska)Zahlreiche Menschen warten in einer langen Schlange in Berlin-Neukölln auf ihren PCR-Test.

Lauterbach will Freitesten per Schnelltest ermöglichen

Personen die nicht mehr unter die Priorisierung fallen, sollen sich nach dem Willen des Bundesgesundheitsministers nur noch über Schnelltests freitesten können. Lauterbach betonte am Dienstag im Deutschlandfunk, dass Antigen-Schnelltests zwar am Anfang einer Infektion weniger zuverlässig seien, aber sehr gut funktionierten, "wenn man zurück" wolle. Zuletzt galt für die meisten Corona-Infizierten bereits, dass sie sich mittels eines PCR- oder Antigen-Schnelltests freitesten lassen können. Diese Wahl solle nun wie beschrieben wegfallen und durch eine klare Regelung ersetzt werden.

Labore in Berlin schon nahe der 100-Prozent-Auslastung

Laut dem Interessenverband der akkreditierten medizinischen Labore in Deutschland (ALM) wurden in der Vorwoche deutschlandweit fast zwei Millionen PCR-Tests durchgeführt, so viele wie noch nie in einer Woche seit Beginn der Corona-Pandemie. Das sei eine Zunahme von 40 Prozent im Vergleich zur Woche zuvor, die Tendenz sei weiter steigend, teilte der ALM mit.

Zwar wurden die Testkapazitäten nochmals gesteigert, sie kämen aber jetzt an die Grenze, hieß es. Die Auslastung liege bundesweit schon jetzt bei 86 Prozent. In Berlin liege sie sogar bei 92 Prozent. In Brandenburg sehe es mit etwas über 50 Prozent dagegen aktuell noch besser aus, aber das könne sich täglich ändern.

Auch der ALM plädiert deshalb nun für eine sofortige Priorisierung der PCR-Tests. Auch PCR-Tests für Urlaube oder um eine Veranstaltung zu besuchen, seien hintenanzustellen, hieß es. Die Priorisierung sei jetzt notwendig, um vulnerable Gruppen weiter vernüftig testen zu können und auch, um den normalen Laborbetrieb - also alles, was nicht mit Corona zu tun habe - aufrecht erhalten zu können.

Berlin und Brandenburg wollen Beschlüsse abwarten

In Berlin und Brandenburg gibt es laut Gesundheitsverwaltung beziehungsweise -ministerium aktuell noch keine Priorisierung bei PCR-Tests.

Wenn nötig, werde man sich an der nationalen Teststrategie orientieren, sagte ein Sprecher des Brandenburger Ministeriums am Dienstag dem rbb. Auch Berlin werde erst nach den Entscheidungen im Bund beraten, ob es eine Gewichtung bei den Tests geben wird.

Sendung: Abendschau, 18.01.2022, 19:30 Uhr

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25 Kommentare

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  1. 25.

    Die Auslastung bezieht sich auf die Testkapazität für SARS-CoV-2.

  2. 24.

    Man muss immer einen Schritt weiter denken.... Party und Shopping Test....
    Was machen sie wenn bei z.B. Aldi nur noch eine Kasse besetzt ist und sie 1 Stunde zum bezahlen anstehen ?
    Die Regale räumen sich auch nicht von selbst ein.
    Und die Waren müssen ja auch erst einmal den Laden erreichen.
    usw. usw. usw.

  3. 23.

    Wenn die Labore jetzt mit Corona zu 92% ausgelastet sind, zu wie viel % sind die dann ohne Corona ausgelastet? Wie viel der Auslastung entfällt auf Corona? Ich meine, die anderen Tests gehen ja trotz Corona weiter.
    50 % ? 20 % ? Und davon kann man dann leben? Mit 50% Arbeit? Sind dann die Preise überhöht? Zahlen die Krankenkassen zu viel? Sind dadurch die Beiträge zu hoch? Fragen über Fragen.

  4. 22.

    Ich bin hin- und hergerissen. Zum einen ergibt es Sinn, zum anderen ist es mal wieder etwas, was nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz zu vereinbaren ist.
    Aber im Grunde bin ich für die Nachrangigkeit von Party- und Shopping Tests.

  5. 21.

    Sorry, ich meinte natürlich die Antigen-Schnelltests und nicht die PCR-Tests. :-)

  6. 20.

    Das kann ich durchaus nachvollziehen, auch wenn ich die Variante nicht bevorzugen würde. AG-Test sind mit dem Nachweis sicherer, wenn auch halbwegs hohe Konzentrationen an Viren in der Probe sind. Lauterbach meint hier den Einsatz der AG-Test zum Freitesten aus einer Quarantäne, wenn keine Symptome (mehr) da sind. Kurz nach der Infektion ist die Virusmenge in der Probe erstmal kleiner und steigt später, da kann der AG-Test Probleme haben mit dem richtig positiv. Für das Freitesten, wollen wir wissen, ob jemand noch ansteckend ist - das setzt man hier (nicht ganz falsch) gleich mit hoher Virusmenge ausscheidend - gesucht ist also ein Testersatz für die PCR, um zu sehen, ob jemand noch große Mengen Virus ausscheidet und das ginge ersatzweise schon mit dem AG-Test (wenn auch mit höherem Restrisiko als bei PCR, die aber Mangelware wird).

  7. 19.

    @KB: Das soll bedeuten, dass die PCR-Test zu Beginn einer Infektion nicht allzu aussagekräftig sind, im weiteren Verlauf (bei zunehmender Viruslast und in Richtung Zeitpunkt des Freitestens = "wenn man zurück" z.B. ins Arbeitsleben will) dann aber schon.

  8. 18.

    ach und wer hätte das dann wie genau besser gemacht? Was wäre denn Ihrer Meinung nach die "richtige" Entscheidung am Wahltag gewesen?

  9. 17.

    „ Lauterbach betonte am Dienstag im Deutschlandfunk, dass Antigen-Schnelltests zwar am Anfang einer Infektion weniger zuverlässig seien, aber sehr gut funktionierten, "wenn man zurück" wolle.“

    Bin ich die einzige, die das nicht versteht?

  10. 16.

    "da frage ich mich doch ganz entsetzt Wer dieses zu verantworten hat oder verschlafen hat."
    Der Wähler?
    Am Wahltag beobachte ich gerne meine Mitbürger und frage mich selbst mit welchen Erwartungen sie das Wahllokal ansteuern?
    Offenbar mehrheitlich mit ziemlich unpräzisen, zumindest wenn man die Zahl der "nachher Enttäuschten" sieht.

  11. 15.

    Der Fußball legt vermutlich fett Kohle auf den Tisch, dann läuft das mit dem PCR wie geschmiert, dann tritt kein Mangel auf, weil dann liefert jeder PCR-Hersteller mit Freude und Prio 1 erstmal in Richtung Ballsport.

  12. 14.

    Da wir wohl am Status quo des Mangels nichts ändern können, muß also die Zahl der PCR-Tests runter. Der Ersttest kann nicht weg, da sonst die Bescheinigung fehlt, wie Sie bemerken. Also können nur Tests bei der Quarantäne weg. Also könnte man ein Verkürzung durch PCR-Freitestung auf einen engen Personenkreis beschränken und der Rest sitzt die Quarantäne ohne abschließenden Test und ohne vorzeitige Freitestung ab oder dann halt abschließenden Antigentest nach voller Quarantäne (dann findet man noch Menschen mit hohen Konzentrationen, trotz langer Quarantäne).

  13. 13.

    Wenn die PCR Test eingeschränkt werden soll, dann bringen die ganzen Fallzahlen Zählung nichts, dann sind sie ganzen Verordnungen sinnlos. Der Überblick ist dann nicht mehr gegeben.

  14. 12.

    Wenn ich das alles mal so Revue passieren lasse muss ich zu dem Schluss kommen, so schlimm wie es uns weisgemacht wird kann es ja nicht sein, oder?

  15. 11.

    Man kann auch mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung/Krankschreibung fernbleiben.

  16. 10.

    Labore haben noch andere Dinge zu tun als nur PCR-Tests auszuwerten, denn es gibt noch andere Untersuchengrn, die ohne Labor nicht auskommen.

    Und irgendwo müssen nun mal Abstriche gemacht werden.

    Und saß liegt NICHT an den Politikern. Und irgendwie muss ha der Laden am Laufen gehalten werden
    Anstatt zu kritisieren: BESSER MACHEN!!!!

  17. 9.

    Was sich offenbar durch die gesamte deutsche Coronapolitik zieht, ist die Mangelverwaltung. Erst gab es nicht genügend Tests und zu wenig Intensivbetten. Dann nicht genügend Impfstoff. Nun wieder nicht genügend Tests. Und zum Arzt sollte man bei einer Erkrankung schon garnicht gehen. Wirklich absurd.

  18. 8.

    Ich darf nur von der Arbeit fernbleiben, wenn ich das Quarantäneschreiben vom Gesundheitsamt habe (kann ich immerhin nachreichen), aber dieses Schreiben bekommt man nur wenn man PCR getestet wurde. Sonst fehle ich unentschuldigt und habe Gehaltsverlust. Ebenso werden nur pcr getestete Positive Fälle in die Statistik aufgenommen. Sollen so etwa die Inzidenz zahlen runter??

  19. 7.

    Was nicht passt, wird passend gemacht. Nicht genug Arbeitskräfte = Quarantäne kürzen. Nicht genug Tests = den Kreis der zu Testende verkleinern.
    Politik vor Medizin?

  20. 6.

    Was solll ich als Friseurinhaberin da sagen?
    Ich muss von heute auf morgen die Beschlüsse des Senats umsetzen und der Senat bekommt selbst nichts auf die Reihe.

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