Ausfälle bei Polizei, Wasserwerken, Kliniken - Corona-Ampel für kritische Infrastruktur in Berlin auf Gelb

Fr 21.01.22 | 21:27 Uhr
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Mitarbeiter Leitwarte des Wasserwerks Friedrichshain sitzen vor Computerbildschirmen (Quelle: dpa/Philipp Brandstädter)
Bild: dpa/Philipp Brandstädter

In Berlin ist nicht nur die Zahl der Corona-Neuinfektionen deutlich gestiegen. Auch die neue Warnampel für die Personalsituation bei Polizei, Wasserwerken oder Gasversorgung ist jetzt auf Gelb gesprungen.

Franziska Giffey (SPD) hat es in diesen Tagen immer wieder mit Zahlen zu tun, die ihr nicht gefallen können. Die Corona-Inzidenz, bei der Berlin neben Bremen zuletzt mit Abstand an der Spitze der Bundesländer lag, ist nur eine davon. Auch die sogenannte kritische Infrastruktur macht dem Senat Sorgen. Personalausfälle wegen der Corona-Pandemie machen sich zunehmend bemerkbar.

Berlin will mit einem neuen Ampelsystem den aktuellen Stand bei der kritischen Infrastruktur von Polizei und Feuerwehr bis zu Kliniken, Wasserwerken und Gasversorgung besser im Blick behalten. "Die Ampel steht auf Grün, wenn es keine Beeinträchtigung gibt", sagte die Regierende Bürgermeisterin am Freitag nach einem Besuch im Vivantes-Klinikum in Berlin-Friedrichshain. "Das haben wir in keinem Bereich mehr." Die Ampel stehe fast überall auf Gelb.

Ampel für Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten auf Rot

Ein Bereich, das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten, sei bereits Rot, sagte Giffey. Die Warnfarbe stehe für erhebliche oder kritische Einschränkungen. Berlinweit sei das aber noch nicht so. "Wir schauen uns täglich die Zahlen an. Wir sind jetzt bei etwa 15 Prozent Ausfall." Das sei noch zu handhaben, sagte Giffey. Ein Ausfall zwischen 20 und 30 Prozent lasse sich abfangen. "Das heißt, wir bereiten uns auf diese Zahlen vor", so die Regierende Bürgermeisterin.

Sollte es tatsächlich zu einer Ausfallquote von mehr als 20 oder 30 Prozent kommen, gebe es Einschränkungen in den Angeboten und Leistungen. "Dann fährt die Bahn, der Bus, eben nicht mehr alle drei oder zwei Minuten, sondern eben in größeren Abständen. Aber es ist wichtig, dass wir die allgemeine Daseinsvorsorge absichern."

Positiv bewertete Giffey die Impfquote bei den Mitarbeitern in der kritischen Infrastruktur. Sie liege deutlich über dem Durchschnitt. In Berlin haben 76,4 Prozent der Menschen eine erste Impfung erhalten. Das Ziel sind 80 Prozent bis Ende des Monats.

Personalausfälle in Kliniken

Beim Boostern ist die vorläufige Zielmarke bereits erreicht, wie Giffey mitteilte: "Über die Hälfte der Berlinerinnen und Berliner haben eine Auffrischungsimpfung", sagte sie. Die Quote liege bei 50,1 Prozent und damit knapp über der Zielvorgabe, die sich der Senat bis Ende Januar gesetzt hatte.

Giffey war am Freitag zu Besuch im Vivantes-Krankenhaus und in der Caritas-Klinik Maria Heimsuchung in Berlin-Pankow, um sich ein Bild vom Klinikalltag während der Corona-Pandemie zu machen, wie sie sagte. Ein Thema auf allen Stationen seien die Ausfälle beim Personal gewesen. Gründe dafür seien nicht nur Erkrankungen oder Quarantäne von Mitarbeitern, sondern zum Beispiel auch Probleme mit der Kinderbetreuung nach Corona-Fällen in der Kita oder in der Schule.

Kontaktnachverfolgung für vulnerable Gruppen

Das Ziel des Senats sei es, das öffentliche Leben, so weit es gehe, aufrecht zu erhalten. Ein kategorischer Lockdown dürfe nicht die Antwort sein. "Das wird einfach der Situation, in der wir jetzt sind, nicht gerecht", sagte Giffey. "Wir haben eine Intensivstationsbelegung von 16,5 Prozent. Das ist in einem vertretbaren Bereich. Und wir wissen, wie wichtig es ist, dass die Versorgung der Bevölkerung aufrecht erhalten wird."

Vom Bund-Länder-Treffen am Montag erwartee sie klare Absprachen: "Ich sehe es so, dass wir in der Ministerpräsidentenkonferenz vor allen Dingen darüber sprechen werden, wie wir fokussierte Kontaktnachverfolgung hinbekommen, die besonders auf die vulnerablen Gruppen zielt", sagte sie.

PCR-Tests nur in wichtigen Fällen

Das sei ein ganz wichtiger Punkt, sagte die SPD-Politikerin vor dem Hintergrund der deutlich gestiegenen Infektionszahlen. "Und da erhoffe ich mir schon vom Bundesgesundheitsminister jetzt auch eine klare Darstellung in der Testverordnung, welche Antigen-Schnelltests sind so verlässlich, dass sie im Prinzip gleichgestellt sind."

Das Ziel sei, die Testkapazitäten halten zu können und PCR-Tests dort anzuwenden, wo es zum Beispiel in Pflegeeinrichtungen und in den Krankenhäusern wirklich erforderlich sei, sagte Giffey. "Und in den anderen Bereichen eben mit verlässlichen Schnelltests zu arbeiten."

Sendung: Abendschau, 21.01.2022, 19:30 Uhr

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21 Kommentare

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  1. 20.

    Im Gegenteil sogar, denn wenn hauptsächlich Rentner sterben, entlastet es vor allem die Rentenkasse. Angesichts der Politik des Laufenlassens der Pandemie, zeigt sich hier wohl ein gewünschter Kollateralnutzen. Für diese Politik kann man sich als Wähler nur noch schämen!

  2. 19.

    "... da Steuerzahler durch Todesfälle wegbrechen und die wachsen nicht so schnell nach." Die meisten Todesfälle gibt es ab ca. 70 Jahren aufwärts, da bricht nicht so viel Steuer weg. Einfach mal im RKI-Dashboard (https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4/page/Bundesl%C3%A4nder/) im rechten Panel auf "COVID-19-Todesfälle nach Altersgruppe und Geschlecht" bzw, "COVID-19-Fälle nach Altersgruppe und Geschlecht/100.000 Einwohner" durchschalten. Das Argument wegbrechende Steuereinnahmen durch Todefälle wird nicht ausschlaggebend sein.

  3. 18.

    Es gab in Deutschland noch nie einen Lockdown. Die mißbräuchliche Verwendung dieses Begriffs hat sich aber eingebürgert. Vielleicht, um sich sprachlich Ländern anzunähern (auch in Europa), welche wirkliche Lockdowns hatten und damit durchaus auch Erfolge bei der Eindämmung. Die Maßnahmen in Deutschland waren alle bisher butterweich und führten nur zu relativ kleinen Einschränkungen in der Freiheit gegenüber echten Lockdown-Ländern - Shutdown von Wirtschaftsbereichen trifft es eher.

  4. 17.

    wie man auch auf https://data.lageso.de/lageso/corona/corona.html#zeitlicher-verlauf sieht, vor allem wie wirksam die lockdowns in den Frühjahren 2020 und 2021 waren.

  5. 16.

    "Lockdown ist DIE Lösung." Wie wahr! Aus https://data.lageso.de/lageso/corona/corona.html#zeitlicher-verlauf liegt der Beweis, wie stark wirksam sich die Lockdowns in den Frühjahren 2020 und 2021 auswirkten.

    Einige fordern nun, sämtliche Regeln fallenzulassen. Wäre auch ein Weg auf den Holzweg, da Steuerzahler durch Todesfälle wegbrechen und die wachsen nicht so schnell nach.

  6. 15.

    Die Zahl an sich ist ok (auch wenn keiner so richtig in D weiß, wie hoch die Impfquote wirklich ist). Aber wieviele dieser Impfungen in der seit der ersten Impfung aufaddierten Imfpquote in D, sind schon ewig her? Man war auf 6 Monate für eine akzeptable Schutzwirkung runtergegangen - wieviele Impfungen sind nicht älter und was ist das dann als Quote. Jetzt geht man sogar auf bis zu 3 Monate runter - wieviele Impfungen wäre aktuell nicht älter als 3 Monate und was wäre dann die wirksame Quote? Das ganz ist vorrangig in den Altergruppen älter 60 Jahre zu betrachten, da diese weiterhin die Mehrheit der schweren Verläufe stellen - also eher die Gruppen, welche nur noch teilweise im Berufsleben stehen und zum Bruttosozialprodukt beitragen (also wirtschaftlich eher nur als Kunde und nicht als Arbeitskraft interessant sind).

  7. 14.

    Das ist Unsinn. In Ländern mit echten Lockdowns, ist niemals diese kritische Basisinfrastruktur ausgefallen - dafür gingen die Fallzahlen sofort und drastisch zurück (teilweise bis nahe Null) und großteils konnte es auch immer auf lokale Ausbrüche eingedämmt werden, so daß der Rest des Landes (und auch die große Mehrheit der Wirtschaft) kaum Einschränkungen hatte.

  8. 13.

    Bin gespannt wann die ersten Supermärkte dicht sind, vorhin haben bei Rewe zwei Damen mit Maske am Kinn laut schnatternd Ware aufgepackt. Merken tun die wirklich nichts mehr. Ansprechen sinnlos, man wird sofort angepamt.

  9. 12.

    Das ändert nichts an der Tatsache, dass man einmal die Zahlen der kompletten Bevölkerung mit den Zahlen der erwachsenen Beschäftigten in bestimmten Branchen vergleicht.
    Ein vollkommen sinnloser Vergleich.

  10. 11.

    Oh ja. Lockdown ist DIE Lösung. Dann kann der Großteil der kritischen Infrastruktur definitiv nicht mehr arbeiten, weil die Kinder betreut und beschult werden müssen. Ich hoffe, Sie kommen mit warmen Gedanken gut durch den Winter, wenn die Bude kalt bleibt.

  11. 9.

    Und das mit dem Lesen ist nicht Ihr Ding: die Aussage lautet, dass 76% eine ERSTE Impfung erhalten haben....

  12. 8.

    @ Werner, es wird nur die Taktung bei einzelnen Linien verlängert.
    Der 100er fährt hauptsächlich Touristen durch Berlin.
    Was wollen Sie genau mit Ihrem Kommentar aussagen? Der Zusammenhang zu tödlichen Unfällen ist ziemlich zynisch und sehr um die Ecke gedacht.
    Erstens werden in allen Branchen Arbeitnehmer ausfallen. Weniger Busse bleiben gleich voll - so rein statistisch. Es sei denn, Sie rechnen mit mehr Infizierten bei der BVG, als in anderen Bereichen der Wirtschaft.
    Zweitens wird es nicht dadurch mehr Unfälle geben. Die Straßen sind zur Zeit schon recht leer, weil viele Menschen wieder im Homeoffice arbeiten.
    Aber vielleicht sollte Ihr Kommentar auch nur an unpassender Stelle eine Kritik an der geplanten Verkehrswende sein.

  13. 7.

    Parallelrealität einer Politikerin "Dann fährt die Bahn, der Bus, eben nicht mehr alle drei oder zwei Minuten..." Tackte im ÖPNV mit Bussen und Bahnen alle 2-3 Minuten, davon können wir nur träumen.

  14. 6.

    Wenn Frau Giffey von einer fokussierten Kontaktverfolgung spricht sollte sie daran denken dass es natürlich auch in den Gesundheitsämtern zu Personalausfällen kommt und auch dort die Leistungen eingeschränkt werden müssen.

  15. 5.

    Giffey muss jetzt endlich handeln. Wir brauchen einen harten Lockdown für alle, der mindestens bis Ostern andauern muss. Die Schulen müssen geschlossen werden. Die Maskenpflicht muss auch draußen gelten. Der ÖPNV muss stark eingeschränkt werden. Zusammenrottungen von rechtsextremen und verschwörungsschwurbelnden Staatsfeinden müssen mit äußerster polizeilicher Härte auseinandergetrieben werden. Die Zeit des Abwartens muss vorbei sein. Es ist 10 Sekunden vor 12.

  16. 4.

    Positiver Nebeneffekt in den Augen von Giffey: Weniger Straßenbahnen und Busse, die den Autoverkehr "behindern".

    Könnte aber nach hinten losgehen, wenn ÖPNV-Fahrgäste dann aufs Rad steigen oder laufen und es dadurch zu noch mehr tödlichen Unfällen gegen Radfahrende und Fußgänger*innen kommt, die zu lästigen Straßensperrungen führen.
    Hat alles seine Vor- und Nachteile...

  17. 3.

    Hatte die Regierende Bürgermeisterin nicht vor recht kurzer Zeit noch gesagt, daß sie die kritische Infrastruktur in Berlin nicht gefährdet sieht durch die erwarteten Infektions- und Quarantänezahlen?

  18. 2.

    Das mit den Zahlen ist nicht so ihre Welt.
    Wenn man sagt 76,6% der Bevölkerung hat eine Impfung erhalten und dann sagt in der kritischen Infrastruktur liegt sie höher …. naja es dürften wenige 6—12 Jährige (die zur Bevölkerung gehören) im der kritischen Infrastruktur arbeiten.
    Und die impfquote ist ja wohl nicht das entscheidende… den man schickt die Leute in Quarantäne… darum fallen die aus.

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