Berliner Verwaltungsgericht - Schüler mit Eilanträgen für Präsenzunterricht erfolgreich

Zwei Grundschüler sind gerichtlich gegen den Wechselunterricht an ihrer Schule vorgegangen - mit Erfolg. Das Verwaltungsgericht sieht angesichts der sinkenden Infektionszahlen keinen Grund mehr, kompletten Präsenzunterricht weiter zu verbieten.
Das Berliner Verwaltungsgericht hat Eilanträgen auf Wiederaufnahme des Präsenzbeschulung im Regelbetrieb stattgegeben.
Die Eilanträge eingereicht hatten eine Grundschülerin und ein Grundschüler. In ihrer Schule gibt es derzeit wie in allen anderen Berliner Schulen Wechselunterricht in halbierter Klassenstärke. Die beiden Kinder sahen ihre Grundrechte verletzt und hatten eine Vollbeschulung gefordert.
Das Verwaltungsgericht entschied nun, dass die Antragstellerin und der Antragsteller “in ihren Bezirken eine Vollbeschulung unter Beachtung der im Übrigen geltenden infektionsschutzrechtlichen Schutzmaßnahmen beanspruchen" dürfen.
Gericht sieht Lücken bei Legitimation von Wechselunterricht
Der Senat hatte den Wechselunterricht an den Schulen damit begründet, dass die Inzidenzwerte in der Altersklasse höher sind als im Durchschnitt der Bevölkerung. Dies ließ das Gericht nicht gelten. Die Inzidenzwerte lägen unter dem Bundesdurchschnitt. Außerdem nähmen Testungen und Impfquote zu. Der Senat habe nicht belegt, dass die getroffenen Schutzmaßnahmen nicht für einen Regelunterricht ausreichten.
Die Beschränkung des Unterrichts auf das Wechselmodell diene zwar einem legitimen Zweck, nämlich der Eindämmung des Infektionsgeschehens. Es sei jedoch angesichts der rückläufigen Infektionszahlen "nicht hinreichend dargetan" worden, dass die Beschränkung des Schulunterrichts zur Erreichung dieses Zweckes erforderlich sei.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichtes gilt nur für die Schülerin und den Schüler, die die Eilanträge eingereicht hatten. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.
Scheeres will erst nach den Ferien vollen Präsenzunterricht
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) will bis zum Ferienbeginn am 24. Juni den Wechselunterricht beibehalten. Kompletter Präsenzunterricht soll dann nach den Ferien im August starten. Die Senatsverwaltung für Bildung führte in einem Standardschreiben an Eltern weiter aus, dass Unterricht im Regelbetrieb Öffnungen in anderen Bereichen gefährden könnte und das Wechselmodell "organisatorische Kontinuität für die Schulen" ermögliche.
Die Frage nach der Rückkehr zur Präsenzbeschulung hatte zuletzt auch innerhalb der rot-rot-grünen Koalition zu Diskussionen geführt. Die Grünen sehen sich nun in ihrem Standpunkt zum Wechselunterricht bestätigt. "Ich erwarte, dass die Koalition angesichts des Urteils zu einer weitergehenden Einigung kommt, als bisher", teilte die Spitzenkandidatin der Partei für die Abgeordnetenhauswahl, Bettina Jarasch, am Montag mit. "Der Senat sollte es mindestens für alle Grundschulkinder umsetzen und so schnell es geht ermöglichen, dass die Kinder mit all ihren Mitschülerinnen und Mitschüler noch vor den Ferien gemeinsamen Unterricht haben."
CDU und FDP sehen "richtungsweisendes Urteil"
Auch die Berliner CDU begrüßt die Gerichtsentscheidung und kritisiert Senatorin Scheeres. Sie habe grundsätzliche Regeln der Infektionsschutzverordnung "missachtet und die Schulen nun ins Chaos gestürzt", teilte Landesparteichef Kai Wegner am Montag mit. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts habe eine Signalwirkung für alle Schülerinnen und Schüler in Berlin. "Zu Hause machen sich Kopfschütteln, Ärger und Verunsicherung breit. Es ist an der Zeit, endlich Klarheit zu schaffen. Die Schülerinnen und Schüler gehören zurück in die Schulen", so Wegner weiter.
Und auch die FDP sieht sich bestätigt. Man habe bereits in der jüngsten Sitzung des Bildungsausschusses auf rechtliche Probleme mit dem Wechselunterricht hingewiesen, "doch Bildungssenatorin Scheeres wollte sich nicht damit beschäftigen", sagte der Berliner FDP-Bildungspolitiker Paul Fresdorf am Montag. Dieses Urteil sei richtungsweisend - an Grundschulen müsse nun wieder in ganz Berlin Regelunterricht aufgenommen werden, so Fresdorf.
Sendung: Abendschau, 31.05.2021, 19:30 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 01.06.2021 um 19:41 Uhr geschlossen
Die
Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der
Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die
Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß
ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter
schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr
auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln
unserer Kommentarrichtlinien verletzt.