3. Oktober am 5. feiern - Unternehmer fordern, Feiertage auf Sonntage zu legen

Mi 08.01.25 | 15:20 Uhr
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Symbolbild:Eine Teilnehmerin einer Demonstration am Frauentag in Berlin.(Quelle:imago images/IPON)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 08.01.2025 | F. Herkt | Bild: imago images/IPON

Tag der Einheit, Internationaler Frauen- oder Pfingstmontag: Solche Feiertage könnten doch auch an Sonntagen begangen werden, schlagen die Unternehmerverbände Berlin-Brandenburg vor. Und ernten umgehend teils heftige Kritik.

Angesichts der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung in der Hauptstadtregion fordern die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) weniger freie Feiertage. "Sicherlich hat Berlin weniger Feiertage als andere, Berlin hat aber auch mehr Schulden als andere", sagte der UVB-Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp am Dienstag. Er schlug vor, bestimmte Feiertage grundsätzlich auf Sonntage zu legen, damit unter der Woche kein Werktag betroffen ist.

Berlin und Hamburg hatten 2024 bundesweit am wenigsten gesetzliche Feiertage mit jeweils zehn Feiertagen. Die beiden Bundesländer haben nur die bundesweit geltenden Feiertage sowie einen zusätzlichen Feiertag, in Berlin ist es der 8. März (Internationaler Frauentag), in Hamburg der 31. Oktober (Reformationstag). Bundesländer wie Bayern haben 13 Feiertage.

Schirp: "Jeder Arbeitstag bringt rund 230 Millionen Euro"

Jeder zusätzliche Arbeitstag brächte Berlin einen volkswirtschaftlichen Nutzen von rund 230 Millionen Euro, sagte Schirp. Zuletzt sei mit dem Internationalen Frauentag am 8. März in Berlin sogar ein grundsätzlich freier Feiertag hinzugekommen. Das gelte es zu überdenken. "Das ist ein weltweiter Tag, der ist am 8. März und trotzdem spricht aus unserer Sicht nichts dagegen, am folgenden oder davorliegenden Sonntag die Sache zu würdigen", sagte der UVB-Hauptgeschäftsführer.

Der 8. März ist in Berlin erst seit 2019 ein gesetzlicher Feiertag. In diesem Jahr fällt er auf einen Samstag. Zudem ist der 8. Mai 2025 anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung vom Nationalsozialismus und des Endes des Zweiten Weltkriegs einmalig Feiertag.

Auch Pfingstmontag oder 3. Oktober denkbar

Für UVB-Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp käme auch eine Verlegung von Feiertagen auf die umliegenden Sonntage infrage. "Wir haben über den Pfingstmontag mal nachgedacht, wir haben über den 3. Oktober mal nachgedacht." Am 3. Oktober wird bundesweit der Tag der Deutschen Einheit gefeiert. Es brauche bei diesen Themen mehr Bereitschaft, flexibler zu denken, betont er.

Die bundesweite Wirtschaftsflaute trifft laut UVB auch Berlin und Brandenburg, etwa in der Industrie. Für beide Bundesländer gehen die Verbände für das neue Jahr von einem Wachstum von 0,5 bis 1,0 Prozent aus. Auch die Dynamik am Arbeitsmarkt hatte sich zuletzt deutlich abgekühlt. Zum Halbjahr stagnierte die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in der Hauptstadt, in Brandenburg ging sie sogar leicht zurück.

Grüne gegen weniger Feiertage

Kritik an der Forderung der UVB kam auch von den Grünen in Brandenburg. "Die strukturellen Herausforderungen in Berlin und Brandenburg werden nicht durch weniger Feiertage gelöst", sagte der Bundestagsabgeordnete Michael Kellner am Dienstag.

Vielmehr brauche es gezielte Investitionen in Bildung, Infrastruktur und die ökologische Transformation. Das seien die "wahren Hebel für nachhaltiges Wachstum und Arbeitsplätze", so Kellner weiter. Er forderte einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel und eine Reform der Schuldenbremse, "damit die dringend benötigten Investitionen in klimaneutrale Technologien, moderne Bildungsstätten und leistungsfähige Infrastruktur möglich werden."

Kiziltepe: "8. März als Feiertag erkämpft"

Die Berliner Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) äußerte sich kritisch zu Schirps Vorschlägen. "Am 8. März demonstrieren weltweit Frauen für ihre Rechte", sagte sie. "Dieser Tag wurde in Berlin als Feiertag erkämpft und erinnert an den Aufstand der Textilarbeiterinnen in New York 1857." Wer diesen wichtigen Kampftag in Frage stelle, nehme Frauenrechte nicht ernst genug und ignoriere die zunehmende Gewalt an Frauen. "Wenn das wirklich ein ernstgemeinter Vorschlag des UVB sein sollte, gibt es hier großen Diskussionsbedarf", sagte Kiziltepe weiter.

"Ich fordere den UVB auf, lieber die eigenen Hausaufgaben zu erledigen im Kampf um Fach- und Arbeitskräfte", sagte Tuba Bozkurt, die Sprecherin für Industrie und Digitalwirtschaft der Grünen. "Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen, die Mitverantwortung für gute Betreuungsstrukturen wahrnehmen, Lohnstrukturen selbstkritisch hinterfragen, Führungs- und Unternehmenskultur modernisieren." Nur so ließe sich die anhaltende Ungleichbehandlung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt beenden, so Bozkurt. Genau daran erinnere auch der Internationale Frauentag, so Bozkurt. "Niemand hat den Frauentag nötiger, als die Herren vom UVB."

Auch die frauenpolitische Sprecherin der Berliner SPD-Fraktion, Mirjam Golm, kritisierte den Vorstoß der UVB scharf. "Frauenrechte sind nicht verhandelbar – auch nicht für Wirtschaftsprognosen."

Verdi und IG Metall kritisieren die Forderung

Die Gewerkschaft Verdi kritisiert die Forderung der UVB, einen Feiertag abzuschaffen. Berlin gehöre mit zehn Feiertagen zu den Bundesländern mit den wenigsten Feiertagen im Bundesvergleich. "Ausgerechnet den Frauentag als Feiertag wieder abzuschaffen, ist wohl eher ein Altherrenwitz als ein ernst gemeinter wirtschaftspolitischer Vorschlag", sagte die Verdi-Landesbezirksleiterin für Berlin-Brandenburg, Andrea Kühnemann. Solche Forderungen seien mit einer sozial verantwortlichen Unternehmenskultur nicht vereinbar. Der Berliner Verdi-Sprecher Kalle Kunkel sagte dem rbb, der UVB-Vorschlag ziele nur darauf ab, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr arbeiten müssen. Mit Blick auf die aktuelle Debatte um zu viele Krankheitstage [tagesschau.de] in Deutschland wäre es aber wichtiger, hier einen guten Ausgleich zu schaffen.

Jan Otto von der IG Metall Berlin sagte im rbb-Interview, der Vorschlag sei sinnlos, weil er das Grundproblem nicht angehe. "Wir brauchen in diesem Land, auch in Berlin und Brandenburg, wieder eine aktive Industriepolitik, die sie dabei unterstützt in die Zukunft zu transformieren." Der Beschäftigte müsste mehr im Mittelpunkt stehen. Der Fachkräftemangel sei überall zu spüren. Dieser Vorschlag würde keines der Probleme wirklich lösen, so Otto.

Diskussion auch um Krankheitstage

Zuletzt hatte Allianz-Chef Oliver Bäte vorgeschlagen, dass Arbeitnehmer am ersten Krankheitstag keinen Lohn mehr bekommen sollen. Deutschland sei "Weltmeister bei den Krankheitstagen", sagte Bäte dem "Handelsblatt". Er sprach von einem Einspar-Potential von 40 Milliarden Euro pro Jahr. Gewerkschaften reagierten empört auf den Vorschlag: Schon jetzt kämen viele Menschen zur Arbeit, obwohl sie krank seien, so der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).

Wirtschaftsflaute auch in Berlin und Brandenburg

Die UVB umfasst rund 60 Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände aus Berlin und Brandenburg, darunter regionale Verbände der Industrie, des Handels, der Dienstleistungen und des Handwerks sowie bundesweit tätige Verbände.

 

Sendung: Fritz, 07.01.2025, 15: 30 Uhr

198 Kommentare

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  1. 198.

    Ok, alle Feiertage werden abgeschafft, dadurch werden dann 230 Millionen mehr erwirtschaftet. Noch dümmer kann man gar nicht sein, so eine Rechnung aufzumachen. Gerade vor Feiertagen sind im Einzelhandel die Umsatzstärksten Tage, das geht dann Bundesweit in die Milliarden an Umsatz. Familien die sich nicht mehr besuchen an den Feiertagen. Noch mal riesige Verluste bei DB und Tankstellen. Und vieles mehr. Ist Dir im Leben nichts gelungen, dann mach doch in Versicherungen. Hauptsache Allianz versichert, ist das Elend mit gesichert!!

  2. 197.

    Also ich finde den Vorschlag gut.
    Wir schaffen alle Feiertage ab. Mit den genannten Effekten.
    Zusätzlich käme hinzu, dass durch die wenige Zeit der Erholung, der Regeneration, die krankenstände steigen.
    Nunmehr entstehen höhere Kosten durch Ausfall, die mit den Instrument den erste Tag keine Lohnfortzahlung zu gewähren, auf andere abgewälzt wird.
    Selbstverständlich kann dann über eine Zusatz Versicherung dieser Tag dann erstattet werden. Die dann über ein Boni Programm klein gerechnet wird.
    M.E. sollte dann so eine Regelung zu höheren Löhnen führen mindestens 30,00 EUR je Tag. So dass die Versicherung für 400.00 Euro einkaufbar wäre.
    Ist das dann steuerfrei? Fragen über Fragen.
    Wie gut das wir in Mitteleuropa leben und nicht mit dem Zug, mit der Bahn, über den Atlantik reisen können.

  3. 196.

    Krankheiten verstehe ich langsam. Das wird von viel zu vielen gnadenlos ausgenutzt.

  4. 195.

    Ich würde sagen wir fangen einmal an alle Bundes- und Landesverband, sowie den größten Teil der 126 Krankenkassen in Deutschland aufzulösen, sodass diese Leute auch einmal vernünftige Leistungen in der Wirtschaft erbringen und sich über jeden Feiertag den Sie mit ihrer Familie verbringen können, freuen würden

  5. 194.

    Die Feststellung "Im Schnitt sind die Menschen 20 Tage im Jahr krank" ist ungefähr so aussagekräftig wie "Im Schnitt hat jeder Deutsche ein privates Vermögen von 111.000 EUR". Für Schlussfolgerungen und zum Treffen von Maßnahmen sind das aus meiner Sicht zu wenig Informationen. Herr Bäte wird dies für ein Gehalt von 4.000 EUR pro Stunde vermutlich auch wissen. Wenn man die Information ergänzt, dass es sich um eine Studie unter 2,4 Millionen Versicherten der DAK handelt und beispielsweise die 5,7 Millionen TK-Versicherten im Schnitt 14,13 Tage krank waren, ergibt sich bereits ein etwas anderes Bild. Für konkrete Maßnahmen sind aus meiner Sicht aber noch ganz andere Daten notwendig - beispielsweise die Verteilung über Berufsgruppen.

  6. 193.

    Mein Vorschlag wäre, ab einem Nettojahreseinkommen von 300k werden Boni mit 90% besteuert.

  7. 192.

    Wer oder was zum Teufel ist verdammt noch mal die Allianz? Brauchen wir die, oder können die nicht einfach weg? Mir fällt da wirklich gar nichts zu ein wo ich die hinstecken könnte.

  8. 191.

    Falsch. Der fehlende Tag muss eingegeben werden. Aber mal eine andere Frage, sollte dieser "Vorschlag" Realität werden, so fehlen dann aber auch ein Teil der Lohnsteuer und Sozialabgaben? Hoffentlich wurde der Finanzminister schon in Kenntnis gesetzt. Da ja der Allianzchef bestimmt von einer großen Anzahl der Karenzfälle ausgeht, werden sich große finanzielle Lücken ungeahnten Ausmaßes ergeben?

  9. 190.

    Ja, SPD wählen, damit nicht wieder eine Ampel erforderlich ist. Mit CDU/CSU und SPD wurde vieles liegen gelassen, das können die dann der Reihe nach erledigen. Was besseres steht leider nicht zur Wahl! CDU/CSU und FDP wäre für den fleißigen Arbeitnehmer ein Desaster.

  10. 189.

    Wählt sozial. Alles andere hilft der Arbeit nicht.

  11. 188.

    In Spanien ist es so; fällt ein Feiertag auf einen Sonntag, wird dieser unmittelbar am Montag nachgeholt - sprich arbeitsfrei!

  12. 187.

    Sie sollten kündigen und ganz schnell H4 beantragen!

  13. 186.

    Das macht die Lohnabrechnungssoftware automatisch. Aufwand: NULL.

  14. 185.

    Und was machen die chronisch Kranken? Sie können bspw. Migräne- oder Gichtanfälle nicht einfach wegplanen und auf Sonntage verschieben (die ja der Erholung dienen, zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit).

    Tag 1 jeder AU wäre dann eine diskriminierende "Privatsache".

  15. 184.

    Anschauliches Beispiel: Nach Unfall ins KH, definitiv nicht arbeitsfähig. Laut Unternehmern: Das ist Freizeitvergnügen, zumindest für einen Tag. Erst ab Tag 2 "glaubt" man das Kranksein, die AU. Nein, das ist doch irre!

    Auch, indirekt der Ärzteschaft eine Lüge zu unterstellen, zumindest für Tag 1 einer AU, ist einfach gesellschaftsschädigend!

    Irgendsoein Heini brachte gar das teure Bürokratiemonster "Teilzeit-AU" ein!

  16. 182.

    So zersetzt man Kulturen und Gesellschaften!

    Feiertage richten ich nicht nach dem Feieranlass, sondern nach Kapitalismusinteressen.

    Auch Geburtstage und Hochzeiten sollten grundsätzlich nur noch an Sonntagen nachgefeiert werden dürfen!

  17. 181.

    Anschauliches Beispiel: Nach (Wege?)Unfall ins KH, definitiv nicht arbeitsfähig. Laut Unternehmern: Das ist Freizeitvergnügen, zumindest für einen Tag.

    Nein, das ist doch irre!

    Auch, indirekt der Ärzteschaft eine Lüge zu unterstellen, zumindest für Tag 1 einer AU, ist einfach gesellschaftsschädigend!

    Irgendsoein Heini brachte gar das teure Bürokratiemonster "Teilzeit-AU" ein, wtf!

  18. 180.

    Ja, ein Unternehmer der einen wirklich persönlichen Bezug zu seinem Unternehmen hat, insbesondere zu den Mitarbeitern, der würde sich sowas verrücktes nicht einfallen lassen. Wie lange gibt es Trigema, und hat man Wolfgang Grupp in all den Jahrzehnten einmal klagen hören? Und der bürgt sogar noch mit sein Privatvermögen wenn alles den Bach runter geht! Die, die da jammern, das sind keine Unternehmer, das sind Typen die nur zur Gewinnmaximierung in ihren Sesseln sitzen. Und sobald der Wind von vorne weht wissen die nicht mehr weiter. 3-4 Unternehmensberater weniger im Jahr, dann kommt man finanziell auch mal durch eine Krise.

  19. 179.

    Es ist eine Elite die sich seit Studienzeiten kennen und schon von ihren Eltern "Vitamin B" veerbt bekommen haben.

    Da zählt weder Leistung, Ausbilkdung, noch Können, sondern einzig allein wen man kennt. Schauen sie sich die meisten Vorstände an, es werden immer wieder die gleichen Namen fallen.

    McKinsey, Blackrock und wie die ganzen anderen Heuschrecken und Ausplünderer ganzer Staaten heißen.

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