Teils aggressive Atmosphäre - Wie Impfärzte in Berlin mit Anfeindungen umgehen

Di 02.08.22 | 06:16 Uhr | Von Hendrik Schröder
Ein Mitarbeiter des Corona-Impfzentrums hält eine Spritze mit dem Corona-Impfstoff in der Hand. (Quelle: dpa/Fabian Sommer)
Audio: rbb24 Inforadio | 01.08.2022 | Hendrik Schröder | Bild: dpa/Fabian Sommer

Immer wieder werden Ärztinnen und Ärzte, die gegen Corona impfen, Ziel von Anfeindungen und Bedrohungen. In Österreich beging eine bekannte Impfärztin nach massiven Drohungen in der vergangenen Woche Suizid. Wie ist die Situation in Berlin? Von Hendrik Schröder

Im Großen und Ganzen seien die Patienten dankbar über das Angebot der Corona-Impfungen, sagt Wolfgang Kreischer, Allgemeinmediziner und Vorsitzender des Hausärzteverbands Berlin und Brandenburg. Aber es gebe einige wenige, die immer wieder drohen und beleidigen würden - in Form von anonymen Schreiben, gefälschten Berichten in sozialen Medien oder auch durch aggressive Konfrontationen in Praxen und Krankenhäusern.

Diese wenigen seien aber ein erhebliches Problem für das medizinische Personal, sagt Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin: "Ein Problem, was dazu führt, dass zum Beispiel Praxen in Berlin haben schließen müssen oder dass Gebäudeschutz hat eingerichtet werden müssen". Statistiken darüber gibt es nicht, aber die Berichte Betroffener sind zahlreich.

Nach einer Morddrohung zunächst unter Schock

Einer der Betroffenen ist der Arzt Malik Böttcher, der in seiner Praxis in Schöneberg und in der Klinik Havelhöhe in Spandau sehr früh massenweise Patienten gegen Corona geimpft hatte und dabei teils von den Medien begleitet wurde. Plötzlich bekam er vermehrt E-Mails mit gewalttätigen Drohungen bis hin zu einer Morddrohung. Zunächst war er unter Schock, berichtet der Arzt, aber dann seien er und sein Team schnell zu der Entscheidung gekommen, weiterzumachen und die Sache der Polizei zu übergeben.

Das ist nun ein Jahr her, aber auch heute noch wird Malik Böttcher regelmäßig von Impfgegnern angezeigt, die ihm irgendein Fehlverhalten nachweisen und ihm somit schaden wollen - bisher ohne Erfolg. Aber so ganz spurlos geht all das an niemandem vorbei, sagt Böttcher: "Dass das persönlich natürlich bei mir zu Gefühlen führt, die sehr unschön sind, wenn ich dann mal alleine in meinem stillen Kämmerlein sitze, das ist ja klar."

Ärztekammer: Vertrauen zwischen Patient und Arzt wird erschüttert

Malik Böttcher hat die Dinge für sich eingeordnet, hat sich schnell zum Weitermachen entschlossen und hat nach eigener Aussage keine Angst. Eine Mitarbeiterin wollte sich den Drohungen allerdings nicht weiter aussetzen und beendete ihre Arbeit in der Praxis. Auch wenn es immer mal wieder vorkommt, dass Patienten in der Praxis versuchen, Arzt Malik lautstark von der Gefährlichkeit von Impfungen zu überzeugen, handgreiflich wurde es bisher nicht.

Ärztekammerpräsident Peter Bobbert sieht resultierend aus den Anfeindungen auch eher ein ganz allgemeines Problem. Eine solche aggressive Atmosphäre in Praxen, Impfzentren und Krankenhäusern würde das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient beschädigen und zu einer reduzierten medizinischen Versorgung führen, fürchtet er. In den vergangenen Monaten seien die Drohungen und Beleidigungen zwar zurückgegangen, offenbar weil Corona nicht mehr so sehr im medialen und gesellschaftlichen Fokus stand. Es sei allerdings damit zu rechnen, dass im Herbst, wenn die Impfungen wieder mehr Aufmerksamkeit bekämen, auch die Drohungen wieder zunehmen würden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.08.2022, 17:10 Uhr

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