Interview | Friedrich-Loeffler-Institut - "Bei einem Maul-und-Klauenseuche-Ausbruch zählt jeder Tag"

Di 21.01.25 | 19:26 Uhr
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Symbolbild: Impfstoffentwicklung in einem Labor. (Quelle: dpa/Peljak)
Audio: rbb24 Inforadio | 17.01.2025 | Sylvia Tiegs | Bild: dpa/Peljak

Zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche lässt Brandenburg Impfstoff herstellen, um bei einer möglichen Ausbreitung vorbereitet zu sein. Elke Reinkin vom Friedrich-Loeffler-Institut erklärt die Details.

Brandenburg hat nach Absprache mit den Bundesländern die Impfbank aktiviert. Das ist nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) die Voraussetzung, dass innerhalb einer Woche der geeignete Impfstoff gegen die Maul- und Klauenseuche (MKS) hergestellt werden könne. Entschieden ist damit aber noch nicht, ob es tatsächlich Impfungen geben wird.

Insgesamt 750.000 Impfdosen gegen die MKS soll die Reserve in der Impfbank in Brandenburg dann zukünftig umfassen, heißt es vom Landesumweltministerium. Der Impfstoff verhindert zwar nicht die Infektion, er mildert und verkürzt aber den Krankheitsverlauf.

rbb|24: Frau Reinking, wissen Sie denn schon, um was für einen Virustypen es sich bei dem Ausbruch in Brandenburg handelt?

Elke Reinking: Das Friedrich-Loeffler-Institut hat innerhalb von wenigen Tagen den Serotypen ermittelt, der in Brandenburg aufgetreten ist. Das ist der Serotyp "O". Ein Impfstoff hilft nur, wenn er auf den Serotypen abgestimmt ist. Bei der Maul- und Klauenseuche gibt es sieben bekannte Serotypen, die nochmal in Untergruppen unterteilt sind. Je dichter man mit dem Impfstoff an dem Virus dran ist, desto besser schützt er die Tiere.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass der Impfstoff auch tatsächlich verimpft wird?

Die Maul- und Klauenseuche ist die gefürchtetste Tierseuche, die es weltweit überhaupt gibt. Das ist auch historisch gewachsen, weil sie so leicht übertragbar ist. Dennoch würde man nicht flächendeckend alle empfänglichen Tiere in Deutschland impfen, um sie vor einer Infektion zu schützen, sondern sich im Ausbruchsgebiet genau anschauen, ob es eine Tendenz gibt. Dann würde man um die schon jetzt bestehenden Zonen oder in dieser Überwachungszone anfangen, die empfänglichen Klauentiere zu impfen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.

Archivbild: Elke Reinking, Pressesprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts. (Quelle: dpa/Sauer)Elke Reinking, Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts

Es gibt auch Gegner der Impfung, unter anderem weil geimpfte Tiere nicht mehr exportiert werden können. Wie stehen Sie dazu?

Ob die Tierhalter eine Impfung befürworten oder nicht, ist bei Maul- und Klauenseuche-Ausbrüchen nicht relevant, weil die Handelsrestriktionen ohnehin gelten. Ob die Tiere geimpft sind oder nicht: Sie bekommen keine Tiere aus den betroffenen Regionen heraus.

Ganz Deutschland ist für den Handel bereits von Drittländern gesperrt – von Produkten und dem Lebendhandel mit den Tieren. Zum Beispiel nimmt Südkorea keine Schweine-Produkte mehr, Mexiko genauso wenig. Innerhalb der EU ist das anders, weil sich die EU auf eine Regionalisierung eingelassen. Das heißt, innerhalb der EU gilt dieses Verbot nur für Tiere und Produkte aus der betroffenen Region in Brandenburg.

Wo kommt der Impfstoff her?

Die Impfbank, die von den deutschen Bundesländern finanziert wird, hält das Virus, beziehungsweise Antigen, tiefgefroren vor. Das inaktivierte Virus kann aufgetaut werden, mit einem Wirkstoff-Verstärker versetzt werden, und innerhalb von einer Woche kann relativ viel Impfstoff produziert und ausgeliefert werden. In diesem Fall erst einmal an Brandenburg.

Welche Rolle hat das Friedrich-Loeffler-Institut dabei?

Wir sind in die Impfstoffproduktion nicht involviert. Das FLI gibt Empfehlungen, wann sollte was geimpft werden. Unsere Aufgabe ist unter anderem auch, das Bundeslandwirtschaftsministerium zu beraten.

Ob der Impfstoff zum Einsatz kommt, hängt von der Ausbruchssituation ab und wie die Lage in dem Bundesland eingeschätzt wird. Ist es sinnvoll eine Ring-Impfung in der betroffenen Region zu machen oder nicht? Ist eine Ausbruchs-Tendenz da oder nicht? Die Empfehlung des LFI ist es, die Impfbank möglichst frühzeitig anzustoßen, weil man oft gar nicht so richtig weiß, wie weit das ganze verbreitet ist. Bei einem Maul-und-Klauenseuche-Ausbruch zählt jeder Tag.

Kann man geimpfte und infizierte Tiere unterscheiden?

Wichtig ist ein sogenannter Marker-Impfstoff, weil es Missverständnisse oder Vorbehalte gibt. Das heißt, es gibt geeignete Test-Systeme, mit denen sie auf die Antikörper schauen können: Ist es ein geimpftes Tier und bildet deswegen Antikörper oder ist es ein infiziertes Tier mit Antikörper-Bildung?

Es lässt sich sogar unterscheiden, ob es ein geimpftes und trotzdem infiziertes Tier ist. Das ist auch sehr wichtig, weil man zum Ende eines Ausbruchs wieder Untersuchungen braucht, um zu zeigen, dass es keine infizierten Tiere mehr gibt. Das ist auch wichtig für die Aufhebung der Restriktionszonen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Magdalena Dercz.

 

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.01.2025, 18:15 Uhr

8 Kommentare

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  1. 8.

    „Ganz Deutschland ist für den Handel bereits von Drittländern gesperrt“

    Verstehe ich das richtig: ein Landwirt aus Lörrach (gut 700km von Hönow entfernt) darf nichts verkaufen, einer aus Mieczkowice (ca. 70km von Hönow entfernt) aber schon?

  2. 7.

    Na dann schreiben sie es genau und verwässern dies nicht mit #4. Denn einem geimpften und/oder genesenen Tier ist es wurscht, wie lange sich ein und derselbe Virenstamm "in seinem Stall versteckt".

    Das ist eben genau der Punkt, es geht eben nur ums Geld und da hat das Tierwohl im Kontext der Spielregeln des Marktes zurückzutreten.

  3. 6.

    Bei der Impfung von Menschen geht es nur um Schutz von Leben und Gesundheit. Dieser Aspekt hat bei Nutztieren jedoch eine nachrangige Bedeutung. Mit der Viehwirtschaft soll Geld verdient werden. Wenn das aufgrund der Haltung der Absatzmärkte zu geimpften Tieren nicht möglich ist, hat die Viehhaltung keinen Sinn mehr. Und genau vor diesem Problem stehen die Viehalter im Infektionsgebiet. Es geht hier mithin weniger um den Seuchenschutz selbst sondern um die ökonomischen Folgen.

  4. 5.

    Ach und wie steht’s denn bei uns mit Virusinfektionen? Viele Virenstämme lassen sich nicht ausrotten bzw. stabilere Formen werden neu eingeschleppt.
    Und hören wir deswegen mit Impfungen auf? Das ist ja gerade der Sinn und Zweck einer Impfung, dass Immunsystem auf den Fall der Fälle vorzubereiten.
    Das was in der Humanmedizin geht, funktioniert auch, oh Wunder, bei Tieren.

  5. 4.

    Wenn dieser Virus jahrelang im Boden und anderswo überdauern kann, dann hilft die zeitlich begrenzte Immunisierung des Viehbestandes nicht wirklich zuverlässig. Solange die Eintragsquelle nicht gefunden wird, kann sich der Ausbruch jederzeit wiederholen. Und da man wohl kaum alle Ställe und Scheunen niederbrennen und neu bauen wird, bleibt das ökonomische Problem der Viehzüchter bestehen, weil sie ihre Produkte aufgrund der Vorsicht der Kundschaft auch mittelfristig nicht verkaufen können. Wahrscheinlich wäre es daher besser, den Viehhaltern eine Kompensation zu zahlen und die Viehwirtschaft in der Region einzustellen.

  6. 3.

    Das erste gute Interview zum Thema Impfen bei "Nutz"tieren im Zusammanhang von MKS von seitens des Friedrich-Loeffler-Instituts.

  7. 1.

    Vielen Dank, dass noch ein mal ein Interview mit der Fachfrau für das Thema des LFI geführt wurde.
    Denn die Frage, warum man(wer auch immer)bei der möglichen Impfung (wird in einem Spzialistenstab mit entsprechenden Teilnehmenden) beschlossen, bewegte ja auch schon viel in den Foren. - Und da sind wir wieder beim Thema - keine Impfung, weil geimpfte Tiere "keinen Ertrag bringen" - Es geht also ums Geld. Und hierzu noch der ohnehin glasklare Zusatz - von Fr. Reinking, dass Tiere nicht transportiert werden dürfen! D benötigt wieder das Attest, MKS-frei zu sein! Auch wenn halt nur eine kleine Region betroffen war. Die strikte Einhaltung der Rechtsgrundlagen bringt für alle Seiten Sicherheit. Diskutieren ist nicht. Weil eben diese Tiererkrankungen weltweit wirtschaftsschädigend sind! Man kann nur hoffen, dass der Status, MKS-frei für D, bald erreicht wird. Denn die gesamten Abläufe, es war an einem WE(!)funktionierten doch wirklich einwandfrei, so kam es am Rande jedenfalls an!Prima.

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