UN-Berichterstatter - Berliner Polizei weist Gewaltvorwürfe nach Demos gegen Corona-Politik zurück

So 08.08.21 | 16:41 Uhr
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Bild: Fabian Sommer/dpa

Der Polizeieinsatz bei der zuvor verbotenen "Querdenker"-Demonstrationen vor einer Woche in Berlin hat reichlich nachgehallt. Nun erklärt sich die Polizei ausführlich, auch bezüglich Vorwürfen eines UN-Sonderberichterstatters.

Die Berliner Polizei hat Kritik eines Experten der Vereinten Nationen (UN) an ihrem auch gewaltsamen Vorgehen bei unerlaubten Versammlungen gegen die Corona-Politik vor einer Woche zurückgewiesen. "Unmittelbarer Zwang ist Gewalt, Gewalt schmerzt, Gewalt verletzt, Gewalt sieht gewalttätig aus", erklärte Polizeisprecher Thilo Cablitz auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (DPA). "Unmittelbarer Zwang auch mit all seinen Bildern ist dennoch Teil unseres Rechtssystems."

Keine Dialogbereitschaft der Demonstrierenden

Zwangsmaßnahmen seien erst wegen fehlender Kommunikationsbereitschaft der Protestierenden, fortwährender Verstöße gegen Versammlungsverbote und die Infektionsschutzverordnung, der Missachtung polizeilicher Weisungen und Angriffen auf Einsatzkräfte erforderlich gewesen. Die Berliner Polizei setze bei solchen Einsätzen immer zuerst auf Kommunikation mit Demonstranten, etwa durch Lautsprecherdurchsagen, direkte Ansprache oder Social-Media-Kanäle, so Cablitz. "Sie steht jedoch in Abhängigkeit der Dialogbereitschaft der anderen Kommunikationsparteien." Am vergangenen Sonntag habe das aufgrund des Aggressions- und Gewaltpotenzials von Demonstranten nicht gefruchtet.

Zur Person

Nils Melzer, Sonderberichterstatter über Folter (Quelle: dpa/SALVATORE DI NOLFI)
dpa/SALVATORE DI NOLFI

Nils Melzer (50) ist ein Schweizer Rechtswissenschaftler und Diplomat. Seit 2016 ist er vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zum Sonderberichterstatter über Folter ernannt worden.

Seit 2019 ist er überdies Vizepräsident des Internationalen Instituts für humanitäres Völkerrecht in Sanremo. Zuvor war er als Sicherheitsberater der Schweizer Regierung sowie Rechtsberater in Kriegs- und Kriesengebiten für das internationale Komitee vom Roten Kreis unterwegs.

Melzer ist in seiner Funktion immer wieder im Fall des inhaftierten investigativen Journalisten und Politikaktivisten Julian Assange tätig gewesen, hat ihn beispielsweise im Hochsicherheitsgefängnis in London besucht.

Der UN-Sonderberichterstatter für Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, Nils Melzer, untersucht Vorwürfe übermäßiger Gewalt der Polizei gegen Demonstranten und will die Bundesregierung um Stellungnahme bitten. Am Donnerstag sagte er der DPA, womöglich seien Menschenrechtsverletzungen begangen worden.

Bei einer Demonstration mit Tausenden Menschen, die angeordnete Maßnahmen ignorierten aber nicht gewalttätig seien, müsse anders reagiert werden. "Das ist ein Kommunikations-, kein Gewaltproblem. Da ist eine gepanzerte Polizeitruppe vielleicht nicht die richtige Antwort."

Polizei aufgeschlossen für UN-Untersuchungen

In der schriftlichen Erklärung von Polizeisprecher Cablitz heißt es weiter: "Im Zusammenhang mit vorangegangenen Versammlungen der in Rede stehenden Protestbewegung mussten wir wiederkehrend massive Angriffe auf Einsatzkräfte verzeichnen. Die vom UN-Sonderberichterstatter als Panzerung deklarierte Schutzausstattung der Einsatzkräfte diente lediglich dazu, sie vor schweren Folgen der gegen sie verübten Angriffe zu bewahren." Dennoch seien mehr als 60 Polizistinnen und Polizisten verletzt worden - in Teilen schwer.

Nach den Worten von Cablitz steht die Polizei der UN-Untersuchung "aufgeschlossen" gegenüber und begrüßt, dass der Sonderberichterstatter vor einer abschließenden Bewertung sämtliche beteiligte Parteien hören wolle. "Zielführend scheint es auch, das der Polizei Berlin vorliegende Beweismaterial einzusehen. Das vollständige Videomaterial, die schriftlichen Dokumentationen, Zeugenaussagen, die weiteren Erkenntnisse und Informationen scheinen aus hiesiger Sicht hilfreich, um ein belastbares Gesamtbild zuzeichnen, auf dessen Grundlage eine Beurteilung vorgenommen werden kann."

LKA ermittelt bereits zu möglichen Fehlverhalten in eigenen Reihen

Unabhängig davon habe das Landeskriminalamt Ermittlungen aufgenommen "zu sämtlichen vorliegenden Verdachtsmomenten zu Körperverletzungen im Amt", so Cablitz. Derzeit würden unter anderem bisher gesicherte Videosequenzen gesichtet und bewertet.

Trotz eines Verbots großer Demonstrationen, darunter solchen sogenannter "Querdenker", waren am 1. August mehrere Tausend Menschen durch die Hauptstadt gezogen. Sie versammelten sich immer wieder in Gruppen in verschiedenen Stadtteilen, mehrfach kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Polizeikräften. Die Polizei sprach von einer hohen Gewaltbereitschaft mancher Demonstranten und leitete mehr als 500 Ermittlungsverfahren gegen Teilnehmer der Proteste ein.

Sendung: Inforadio, 08.08.2021, 12:20 Uhr

 

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41 Kommentare

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  1. 41.

    "Einmal bei Youtube "Pure Polizei Gewalt in Berlin!!!!!" eingeben. Trauen Sie sich ruhig."

    Na, das hab ich dann mal gemacht...

    Ich lässt sich schlecht einschätzen, ob die Boxattacken nötig waren. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist aber – wenn ich nicht irre – ein Straftatbestand. Und dass hier vehement Widerstand geleistet wurde ist offensichtlich. Ansonsten das gleiche (leider nicht für Jeden...) durchsichtige Spiel wie immer: Videoschnipsel, die den Kontext außen vorlassen. Der Trompetenheini wollte, deutlich zu sehen, provozieren, die Tante mit ihrer Handykamera, vor den Gesichern der Polizisten rumfuchtend und ohne MNS auf diese kurze Distanz, ja wohl ebenso. Also, was soll uns dieses Filmchen eigentlich sagen, Herr Meister? Hören Sie doch bitte auf mit Ihren Spielchen!

    D.M.

  2. 40.

    Ich schliesse mich Ihrer Meinung an, sehr guter Kommentar von Ihnen.

  3. 39.

    Zwischen „bitte macht doch dies und das“ und einer mit Bußgeld belegten Handlung besteht dann doch ein gewaltiger Unterschied.

  4. 38.

    Was haben sachfremde Videos auf YouTube mit dem geschilderten Ereignis zutun? Sind gefakte Videos zielführend? Wenn Demonstranten gegen Weisungen von PVB verstoßen, müssen sie mit entsprechenden Reaktionen rechnen. Das ist zulässig. Immer wird von Polizeigewalt und angeblich ungerechtfertigter Gewalt geredet, leider gibt's kaum Beweise

  5. 37.

    Bleibt mal alle sachlich und gelassen. Vorwürfen wird in einen rechtsstaatlichen Verfahren nachgegangen und gut ist. Wartet das Ergebnis. Videoaufnahmen sind immer relativ, wenn sie nur Ausschnitte zeigen. Ich seh dem Ergebnis gespannt entgegen.

  6. 36.

    "Cablitz ist nicht neutral, denn er ist Polizist, vertritt also die beschuldigte Seite."

    Na, was denn sonst, bitte?!


    Diverse Versionen der Quertreiber können Sie sich auf den einschlägig bekannten Plattformen reinziehen. Aus dem Kontext gerissene Videofetzen, vermeintlich zu diesem Tag gehörendes Videomaterial... Sie haben es möglicherweise auch noch nicht verstanden, dieser "Bewegung" geht es nicht um den friedlichen Bürgerprotest (manchem minderbedarften Mitläufer natürlich schon), sondern um Destabilisierung der Demokratie. Da sind federführend Leute am Werk, die den Umsturz wollen. Das sind die gleichen Mentalitäten, die vor 1933 die Demokratie ausgereizt haben, um sie danach abzuschaffen. Beschäftigen Sie sich eigentlich mit Höcke & Konsorten? Die Quertreiber-"Bewegung" ist auf dem Missionierungspfad. Das von Ihnen eingeforderte Material ist pure PR! Und das soll mal schön – auch nach meiner Überzeugung – da bleiben, wo es hingehört, in die Blase der Schwurbler!

    D.M.

  7. 35.

    Ja ! Die Polizei ist dem Gesetz verpflichtet. Und! Ja, sie hat auch die sogenannte Polizeigewalt einzusetzen, wenn es um die Umsetzung der Auflagen, Gesetze ..geht. Die Aggressivität einiger Demonstranten kann man doch nicht hinnehmen!? Haben diese Menschen denn den Staat richtig verstanden? Das sind für mich Berufsbetroffene. Ständig „weinen“ wenn sie sich nicht an die Verordnungen halten. Wie die kleinen Kinder! Sorry!

  8. 34.

    Nicht nur in Brandenburg wird gegenstandslosen Anzeigen nicht nachgegangen.
    Die von @Franky angesprochenen "vorsätzlichen Verstöße, in der Absicht Menschen zu infizieren und trotz Warnung ausgeführt" werden wohl Fälle sein, in denen sowohl der Vorsatz, als auch der mögliche Taterfolg der Phantasie des Betrachters entspringen.

    "In Brandenburg must du erst an einer Infektion sterben, damit man eine Anzeige bearbeitet" - das glaube ich nicht.
    Es müsste allerdings eine Infektion nach der Tat beim Anzeigenden nachweisbar sein, oder beim Verstoßenden eine solche vor der Tat vorliegen, um den Tatbestand der (versuchten) Körperverletzung zu erfüllen.

    Wenn einer mit Plastikpistole durch die Straße läuft und "Peng! Peng!" ruft, würde eine Anzeige ebenso "vertuscht".

  9. 33.

    Ja, die Polizei ist schuld. Man wird doch wohl mal demonstrieren dürfen. Man wird doch wohl mal Vergehen im voraus ankündigen dürfen. Man wird doch wohl mal sagen dürfen, dass Maskentragen einer Massenmord an millionen gleichzusetzen ist, man wird doch wohl mal sagen dürfen, dass es Zeit wird, dass Köpfe rollen.
    Aber wenn der Staat und das ist die überwiegende Mehrheit dann mal für klare Kante und Ordnung sorgt, ist das geschrei wieder groß. Ich kann es nicht mehr hören. Bitte liebe Querdenker und andere Antisemiten, hört auf Regeln zu brechen und euch dann als Opfer darzustellen, wenn ihr die Rechnung bekommt. Die Polizie macht ihren Job gut und ihr euren naja Schwachsinn halt.

  10. 31.

    Das die Coronaexporteure dazu beitragen, die Zahlen in die Höhe zu treiben ist keine Verletzung von Menschenrechten? Und zwar die Rechte auf körperliche Unversehrtheit - welches diese Hohlschädel mit Füßen treten?

  11. 30.

    Jeder einzelne der Demonstranten hat also Gewalt angewendet? Steile These!
    Es mag sicherlich Angriffe auf die Polizei gegeben haben. Über die entsprechenden Reaktionen darauf würde ich mich auch nicht aufregen. Es geht um die nicht gerade wenigen Situationen, in denen die Polizei mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen die Demonstranten vorgegangen sind. Einmal bei Youtube "Pure Polizei Gewalt in Berlin!!!!!" eingeben. Trauen Sie sich ruhig.

  12. 29.

    Bei früheren Demos (aus dem "linken" Spektrum) war nie ein UN-Sonderbeobachter unterwegs."
    Ich nehme an, das war geplant-eine bewusste Provokation zur Erzeugung von Bildern und der anschliessenden medialen Ausschlachtung.
    Mal sehen, ob sich künftig weitere UN-Organisationen vor solche Karren spannen lassen.
    Die Strippenzieher im Hintergrund werden sich ins rechte Fäustchen lachen.

  13. 28.

    Richtig - und die Gewalt ging zuerst von den "Demostrierenden" aus - mit Worten und Handlungen. Sicherlich gab es auch Gewalt aus den Reihen der eingesetzten Beamten - aber versetzen Sie sich doch mal in deren Lage. Wie würden Sie reagieren, wenn Sie während eines Einsatzes immer nur angeschrien, bespuckt, angehustet, beleidigt und angegangen werden, während Sie versuchen, die Lage zu deeskalieren, aber die "friedliebenden" Demonstrierenden sich gegen jede Art von Hygienekonzept, Abstandregelung und gute Sitten benehmen?
    Ich würde dem UN-Beauftragten empfehlen, sich die Entwicklung der Lage, das Verhalten dieser leeren Denker zu betrachten und auch zu beachten, wie sich solche Leute in öffentlichen Verkehrsmitteln verhalten und bewegen und ihn dann fragen, ob nicht die "Querdenker" anfangen mit den Menschenrechtsverletzungen, in dem sie sich verhalten, wie sie sich verhalten.

  14. 27.

    Ich lese, die Anderen haben Schuld.
    Kenne ich noch aus den Zeiten der DDR"
    Die Opferrrolle, garniert mit DDR, SED und dem sonstigen Gedöns, das war zu erwarten.
    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, das da bewußt auf dieses Szenario hingeplant wurde.

  15. 26.

    Ach Erika, herzlichen Glückwunsch zu den Augen. Was sie allerdings sehen, können Sie nicht hören.

  16. 25.

    Aus div. Demoerfahrungen weiss ich, das die Polizisten bei Demos, selbst bei solchen, die "phantasievoll" aber gewaltfrei waren, wahrlich keine Chorknaben sind. Mir sind auch Demos geläufig, wo die Gewalt von der Polizei ausging und massiv ausgeübt wurde, inkl. des Einsatzes von mitterweile geächteten Reizkampfstoffen.
    Wenn man jedoch, wie auf div. Videos zu sehen, jemanden ins Gesicht spuckt, schlägt etc. braucht man sich nicht wundern, wenn es eine Watschen gibt. Andererseits waren aber auch durchaus übergriffige Handlungen ggü. den Demonstranten zu sehen. Würgetechniken, also Gewaltanwendungen gegen den Hals, sind tabu. Soviel Profi sollte in der Uniform stecken, das sie das Gelernte auch unter Druck umsetzen können.
    Auf das Ergebnis der Untersuchung bin ich gespannt.

  17. 24.

    Die Bilder habe ich auch noch im Kopf. Das war Krieg. Aber die Aggressoren waren auch dort nicht die Polizist:innen. Und mal ehrlich: Wenn jemand mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern auf mich werfen würde, würde ich dem oder derjenigen auch den A**** aufreissen.

  18. 23.

    Ich will unsere Polizei in Schutz nehmen. Kaum jemand will diesen harten Job machen, aber alle meckern rum. Die Polizistinnen haben das Recht dazu sich selbst zu schützen. Die Coronaleugner haben wiederholt Gewalt gegen Polizistinnen angewendet, sie sind daher eine Gefahr. Wer so aggressiv ist, darf nachher nicht rumjammern.

  19. 22.

    Ich habe noch heute die Bilder des G 20 Gipfels vor mir und auch die von den letzen Corona Demos und ich bin sprachlos,wie die Polizei in beiden Fällen reagierte.


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