Long Covid in Brandenburg - Teure Rehas, fehlende Ambulanzen

Mi 11.01.23 | 18:24 Uhr | Von Ismahan Alboga und Amelie Ernst
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Symbolbild: Die "Long Covid"-Patientin am 07.07.2022 beim Riechtraining im Unfallkrankenhaus Berlin (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 11.01.2023 | Ismahan Alboga | Bild: dpa/Jörg Carstensen

Corona scheint langsam an Bedeutung zu verlieren. Allerdings nimmt die Zahl derjenigen nicht ab, die auch Monate nach der eigentlichen Erkrankung unter massiven Symptomen leiden – genannt: Long Covid. Wird genug für sie getan in Brandenburg? Von Ismahan Alboga und Amelie Ernst

Das Gedächtnis ist das, was Dieter Köhler seit seiner Covid-Erkrankung vor gut zwei Monaten am meisten Probleme macht. Wörter finden, Zahlenreihen wiederholen – das trainiert der 70-Jährige jetzt in der Neurologischen Rehabilitationsklinik Beelitz-Heilstätten.

Zusammen mit 15 anderen Long Covid-Patient:innen nimmt er an einer Beobachtungsstudie teil. Die soll Klarheit bringen und eine Abgrenzung zu anderen Krankheiten ermöglichen. Im Gegensatz zu anderen Studien gibt es dabei gleich mehrere Kontrollgruppen: Etwa Patient:innen, die auch auf Intensivstationen beatmet wurden, aber keine Covid-Infektion hatten.

Keine genauen Zahlen über Betroffene

Auch genaue Zahlen, wieviele Menschen deutschlandweit von Long Covid betroffen sind, gebe es bisher nicht, berichtet Tobias Müller, Chefarzt der Klinik für Neurologie in Neuruppin, im Gesundheitsausschuss des Brandenburger Landtags. Mehrere hunderttausend PatientInnen dürften es sein. Dafür wisse man inzwischen einiges über die Symptome. "Denkabläufe sind langsamer, Wörter werden nicht in der gewohnten Geschwindigkeit gefunden, Geschmacksstörungen. Und besonders auch das Erschöpfungssymptom."

Bis zu acht Monate Wartezeit auf Reha-Platz

Immerhin hat Rentner Dieter Köhler nur zwei Monate nach seiner Erkrankung einen Reha-Platz bekommen. Doch das sei eher die Ausnahme, sagt Jördis Frommhold, die Leiterin des neu gegründeten Long Covid-Instituts in Rostock. "Wir sehen häufig Patienten, die monatelang – mitunter sechs Monate, acht Monate, ohne irgendwelche Möglichkeiten der ambulanten Therapie verbleiben und dann irgendwann einer Reha zugewiesen werden. Also eine sehr große Zeitspanne, in der nicht viel passiert."

Dabei müsse auch die Gesellschaft ein Interesse daran haben, die Betroffenen schnell zu behandeln und zurück in ihr altes Leben zu bringen, so Frommhold. Schließlich seien viele Long Covid-Patient:innen noch recht jung und sowohl arbeitsfähig als auch -willig. "Auch weil wir ja überall einen Fachkräftemangel haben, ist es entscheidend, dass wir diese Menschen wieder ins Berufsleben integrieren und damit nicht monatelang warten."

Viele Anfragen - aber nur zwei Long Covid-Ambulanzen

Doch schon bis zur richtigen Diagnose kann es ein langer Weg sein – auch in Brandenburg. Nur zwei spezielle Long Covid-Ambulanzen gibt es hier, in Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark) und in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin); dazu die Charité in Berlin. Hier sollte die Politik nachsteuern, meint Martin Spielhagen, der Geschäftsführer der Neurologischen Fachkliniken in Beelitz. "Wir haben hier viele Anfragen in der Post Covid-Ambulanz, die wir nicht adäquat unterbringen, während die fachärztliche Versorgung im Land ja gesichert ist."

Spielhagen gehört zu den Initiatoren des Netzwerks DiReNa: Diagnostik, Rehabilitation und Nachsorge, das sich im April 2022 gegründet hat. Auf der Internet-Plattform des Netzwerks [https://direna.de] wird Covid-Patient:innen Beratung und Betreuung vermittelt. Außerdem wollen die Initiatoren erreichen, dass an vier Standorten in Brandenburg spezielle Anlaufstellen für Long Covid-Betroffene entstehen.

Infobox

Long-Covid ist der Oberbegriff für Langzeitfolgen nach einer Ansteckung mit dem Coronavirus. Damit werden Symptome erfasst, die mehr als vier Wochen nach Ansteckung mit dem Coronavirus fortbestehen, sich verschlechtern oder neu auftreten.

Von einem Post-Covid-Syndrom spricht man, wenn Long-Covid-Beschwerden nach drei Monaten immer noch bestehen und mindestens zwei Monate lang anhalten oder wiederkehren nach einer Infektion mit dem Coronavirus.

Gute Ausstattung und gutes fachliches Personal wird benötigt

Denn fehlende Expertise bei der Diagnose verzögert wiederum die richtige Behandlung und die Überweisung in die passende Reha-Klinik. In diesem Bereich ist Brandenburg insgesamt gut aufgestellt - auch viele Long Covid-Patienten aus anderen Bundesländern würden hier behandelt, sagt Christin Walsh, Verwaltungsdirektorin der GLG Fachklinik Wolletzsee und Sprecherin des Netzwerks "Reha Land Brandenburg".

Doch gerade Long Covid-Patient:innen würden wegen der besonderen Therapien auch viele Kräfte binden. Deshalb müsse man über die Finanzierung reden. "Wir brauchen für die Versorgung dieser Patienten eine gute Ausstattung und gutes fachliches Personal."

95 Millionen Euro für Krankenhäuser

95 Millionen Euro will die Brandenburger Landesregierung den Krankenhäusern in diesem und im nächsten Jahr zusätzlich zur Verfügung stellen. Reha-Kliniken sollen davon allerdings nicht profitieren. Das müsse die Kenia-Koalition ändern, fordert die Linke im Landtag. Von den Reha-Möglichkeiten, aber auch von Spezial-Ambulanzen und anderen Beratungsangeboten wird abhängen, wie schnell Betroffene wie Dieter Köhler wieder zurück ins Leben finden.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 11.01.2023, 19:30 Uhr

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Beitrag von Ismahan Alboga und Amelie Ernst

22 Kommentare

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  1. 22.

    Dsnn müssen die Rehakliniken auch mehr bieten. Eine Rehaklinik ohne Sauerstoffversorgung, WLAN, bzw. Mobilfunk und Therapieplänen, wo die Patienten nach TEP-OP Atemübungen durchführen, statt sich zu mobilisieren und nur um die Stunden voll zu kriegen und gegenüber den Kassen abzurechnen, wie in Bad Belzig, sollte sich die Frage gefallen lassen, inwieweit sie die finanziellen Mittel richtig einsetzen, um den Patienten einen angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen und sie ZIELGERICHTET zu behandeln.


  2. 21.

    Eigentlich schlimm dass solche empathielosen und egoistischen Menschen wie sie nicht einfach auch mal gesperrt werden.
    Meine Tante hat nur noch 5% Sehfähigkeit seit der dritten Impfung, mein Vater musste ins Pflegeheim nach der dritten Impfung, vorher mopsfidel.
    Ansonsten kann ich nur eins sagen, diese ganzen aufgezeigten nebenwirkungen habe ich seit ungefähr 20 Jahren nach einer Krebs Chemo Behandlung, da gab es danach 0,0 Hilfe oder irgendwas in den Medien.

  3. 20.

    Falsch!!!! Die RV übernimmt auch die EM Rente. Man sollte sich vorher informieren, bevor man solchen Blödsinn von sich gibt!

  4. 18.

    Long Covid= "Impf"- Nebenwirkung. Fragt mal bei Pfizer nach. Die Dokumente werden ja bereits weltweit ausgewertet. Nur nicht von denen, die es tun müssten.

  5. 17.

    Schon klar, nur 44 Jahre ist nur 1 Jahr weniger als 45 Einzahljahre. Ist dies so relevant?
    Die Rentenversicherung kann nur die reguläre Altersrente absichern (wie der Name schon sagt), für Krankheiten sind andere Versicherer zuständig. Die Solidargemeinschaft kann sich ein Bürgergeld (Notgroschen) leisten, mehr nicht. Was aber schon viel ist, wenn man woanders hin schaut. Wird Ihnen denn nun richtig bedarfsgerecht geholfen oder werden Sie "rumgeschickt"?

    "Thomas" #11: Ein Schaden muss man nachweisen wenn andere für aufkommen sollen. Sonst wird es ungerecht. Wobei, die Frage, ob es ungerecht ist oder nicht, was alles bei einer Impfung unterschrieben werden muss, hier nicht geklärt werden kann.

  6. 16.

    Ob Sie auch so argumentieren, wenn Ihre eigenen Kinder schwer erkrankt sind? Mal sehen, was Sie persönlich dann von einem "Vollkaskostaat" halten würden.

  7. 15.

    Ob die Impfschäden überhaupt anerkannt werden? Wie sieht es in diesem Zusammenhang mit der Beweispflicht aus? Dieses Thema wird wohl ganz gut verdrängt.

  8. 14.

    Ja, es gab gute Rentenpunkte und trotzdem werden auch prozentual welche abgezogen. Immerhin bin ich ja vor der Regelaltersrente berentet worden.

  9. 13.

    Warum soll der Staat in diesem konkreten Fall mehr Unterstützung geben? Zuerst ist die Versicherung des Patienten für die Kostenübernahme zuständig. Wird eine Kostenübernahme abgelehnt hilft ggf. der Gang zum Sozialgericht.
    Der Staat ist keine Vollkaskoversicherung, ohne Eigenbeteiligung, für alle Not- und Lebenslagen.

  10. 12.

    Ah ja, Kritik am RBB ist wieder mal nicht "freigabewürdig". So viel zur Meinungsfreiheit.
    Also noch einmal: Warum gibt es keine belastbaren Zahlen zu den Langzeitfolgen? "Immer mehr" und "nicht weniger" sind seit Beginn der Pandemie Dauerbegriffe ohne Inhalt geworden. Wo erfüllt das den journalistischen Auftrag?

  11. 11.

    Eine Behandlung und Anerkennung eines Impfschadens wünschen sich auch sehr viel Menschen....

  12. 10.

    Sehr offene und mutige Worte "Paul".
    Gibt es denn jetzt statt mehr Aufmerksamkeit auch mehr richtige Behandlung?
    Bei 44 Jahren Einzahlungen muss es doch gute Rentenpunkte gegeben haben?

  13. 9.

    Eine Abgrenzung wird schwierig. Ist aber auch nicht wirklich wichtig wie man das Kind nennt, es sei denn man braucht es für Finanzierungen oder als Grund (Lauterbach nimmt das gern).
    Hier mal Artikel dazu
    https://algesiologikum.de/aktuelles/long-post-covid-und-chronisches-fatigue-syndrom
    Daraus ein Abschnitt:
    „Die häufigsten Symptome sind unspezifisch und treten auch bei der Allgemeinbevölkerung auf. In einer französischen Studie mit 26.823 Teilnehmenden korrelierten Atemnot, Erschöpfung, Schlaf- und Konzentrationsstörung eher mit der Überzeugung, eine Infektion durchgemacht zu haben, als mit einer nachgewiesenen Infektion.“
    Naja man hat den Menschen eingetrichtert… jede laufende Nase kann Corona sein. Die Angst die verbreitet wurde hat auch ihre Auswirkungen.

  14. 8.

    Teil 3: Nun hab ich glatt vergessen zu erwähnen, ich bekomme nun 100% Erwerbsminderungsrente. Leider reichen weder Herz oder Lungenleistung für die Ausübung meines Berufs aus. Und vielleicht kann es nicht jeder verstehen, aber ich habe geweint. Über 44 Jahre meinen Beruf ausgeübt, um dann komplett ausgebremst zu werden. Ich für meinen Teil hätte mir den Übergang in die Rente anders vorgestellt.

  15. 7.

    Teil 2: Ich hätte mir einfach nur gewünscht, dass die Long Covid Patienten schon früher die Aufmerksamkeit bekommen hätten und nicht teilweise als Simulanten behandelt worden wären. Heute wissen die Ärzte/Innen mehr zu diesem Thema. Und ich stehe der Diskussion vollkommen offen gegenüber.

  16. 6.

    Ich bin im Februar 2020 an Corona erkrankt, da gab es noch nicht die Erfahrungen die es jetzt gibt. Der Hausarzt machte ein EKG und hat mich sofort ins Krankenhaus überwiesen. Von der Notaufnahme wurde ich wieder nach Hause geschickt. Ich soll doch wenn die Beschwerden weiter bestehen am nächsten Tag wiederkommen. Bis zu dieser Erkrankung habe ich körperlich schwer gearbeitet. Aber leider haben damals auch ganz viele Ärzte die Long Covid Erkrankung als nicht real abgetan. Heute sind wir weiter und es gibt Aufmerksamkeit. 2020 war es nicht so, ich habe mir die Finger wund telefoniert um einen Rehaplatz zu bekommen Mitte 2021 war es dann endlich soweit. Bis zu dieser Erkrankung habe ich Kreuzworträtsel lösen können, als die Reha begonnen hat wusste ich die einfachsten Wörter nicht mehr. Die Treppe bis zu meiner Wohnung ging nicht mehr auf einmal. Ich habe mich für mich selber geschämt. Wie kann ein "gesunder" Mensch auf so ein Niveau sinken?

  17. 5.

    "Auch genaue Zahlen, wieviele Menschen deutschlandweit von Long Covid betroffen sind, gebe es bisher nicht, berichtet Tobias Müller, Chefarzt der Klinik für Neurologie in Neuruppin, im Gesundheitsausschuss des Brandenburger Landtags. " Ist es denn überhaupt genau definiert, sodaß man es differntialdiagnostisch klar von anderen Erkrankungen abgrenzen kann?

  18. 4.

    Schade, dass sie das nicht ablegen können. Gibt auch genug geschädigte trotz (oder wegen?)Impfung. Auch diese haben es schwer medizinische Versorgung zu bekommen. Wenn sie konsequent wären müssten sie auch medizinische Versorgung für Menschen mit Übergewicht, mit Zigaretten und auch Alkoholkonsum ablehnen.

  19. 3.

    Egal welche Reha man beantragt, es wird grundsätzlich abgelehnt. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Auch mit Empfehlung des Arztes!

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