Interview | Torwart-Experte Sascha Felter - "Gersbeck ist ein Top-Zweitligatorhüter"

Mo 27.01.25 | 19:50 Uhr
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Die Hertha-Torhüter Tjark Ernst und Marius Gersbeck (imago images/rbb)
Bild: imago images/rbb

Während die Hinrunde Tjark Ernst gehörte, setzt Hertha-Trainer Cristian Fiél zwischen den Pfosten neuerdings auf Marius Gersbeck. Warum das eine gute Entscheidung ist und was ihm trotzdem fehlt.

rbb|24: Sascha Felter, mal angenommen, Sie als Torwart-Experte und –Trainer hätten am vergangenen Samstag über die Aufstellung von Hertha BSC bestimmen müssen. Für wen hätten Sie sich entschieden zwischen den Pfosten: Marius Gersbeck oder Tjark Ernst?

Sascha Felter: Gersbeck. Weil er es zuvor gegen Paderborn gar nicht schlecht gemacht hat. Und wenn beide Keeper zuletzt so ihre gesundheitlichen Probleme gehabt haben und Gersbeck aber in einem engen Konkurrenzkampf leicht die Nase vorn haben soll, dann spricht allein schon seine Erfahrung für ihn.

Zur Person

Der 28-Jährige Sascha Felter ist Betreiber der "Keeperanalyse", einem Blog und Podcast, der sich explizit mit den Feinheiten des Torwartspiels auseinandersetzt. Der gebürtige Leipziger ist Torhüter und Torwart-Trainer und schreibt regelmäßig Analysen für Fußballmagazine wie 11Freunde.

Was für eine Art Torhüter ist er denn? Wo liegen seine Stärken und Schwächen?

Man hat gegen den Hamburger SV schon auch gesehen, warum er nicht in der ersten Liga spielt. Dabei gibt es nichts, was er komplett falsch macht. Es sind eher die Kleinigkeiten, die aber einen großen Effekt haben.

Zum Beispiel?

Sein Positionsspiel ist nicht immer optimal. Er lässt sich zu oft nach vorn ziehen, er schiebt zu oft auf fünf Meter raus und hat dann weder genug Druck auf den Stürmer im Eins gegen Eins noch genug Zeit, um einen Zwischenschritt zu setzen oder in den Abdruck zu kommen für eine Parade. Es ist häufig nicht Fisch, nicht Fleisch im Fünfer.

Was macht er denn gut?

Er macht ziemlich wenig krasse Fehler. Die können ja alle kicken und fliegen und tolle Paraden zeigen. Aber es geht um die Konstanz, gerade auch unter Druck. Und es lag ja an den Umständen, am Vorfall im Sommer-Trainingslager 2023 (Gersbeck wurde nach einer Schlägerei suspendiert, Anm. d. Red.), dass er nicht gespielt hat. Gersbeck ist ein überdurchschnittlicher, ein Top-Zweitligatorhüter.

Und Tjark Ernst? Wie sieht sein Profil aus?

Das ist ein Torhüter, der genau wie seine Kollegen aus dem Jahrgang 2003, wie Noah Atobolu (SC Freiburg, Anm. d. Red.) oder Jonas Urbig (1. FC Köln, Anm. d. Red.), top ausgebildet ist. Die Jungs wissen genau, wo sie zu stehen haben, die können wunderbar einen großen Block stellen im Eins gegen Eins, die sind beweglich wie Sau. Wo wir uns alles reißen würden, legen die noch einen Spagat obendrauf. Dann kommt Ernst auch sehr, sehr schnell runter, dazu hat er eine krasse Dynamik auf der Linie. Er ist groß, hat lange Arme. Das sind alles sehr gute Voraussetzungen.

Das klingt doch fantastisch!

Bei Distanzschüssen ist noch Luft. Da gefällt mir seine Beinarbeit nicht. Sein Abdruck ist auch nicht druckvoll genug. Das kann aber auch daran liegen, dass die jungen Torhüter weniger die großen Spielformen kennen. Da wird viel auf 20 Metern trainiert. Da kommt man gar nicht in diese Situation.

Wir halten also fest: Ein Torwart-Problem hat Hertha BSC so oder so nicht.

Absolut nicht.

Aber es kann eben immer nur einer auflaufen. Spielt denn die Art und Weise, mit der Cristian Fiél seine Mannschaft agieren lässt, eine Rolle bei der Auswahl des Torhüters?

Dadurch dass Hertha zuletzt in allen Bereichen nicht so super konstant und souverän war, tut man sich schon einen Gefallen mit einem Torhüter, der mehr Erfahrung besitzt, der mehr Ruhe ausstrahlt. Der vielleicht auch ein Führungsspieler ist. Ernst ist fußballerisch gar nicht schlechter als Gersbeck. Aber er hat eben noch diese Ausschläge. Da sind manchmal Pässe dabei – da denkst Du, der landet zweite Reihe Oberrang. Und in der zweiten Liga spielen in jeder Mannschaft gute Stürmer. Da brauchst Du einen Torhüter, der im Zweifel weniger Fehler macht. Der vielleicht nicht die Ausreißer nach oben hat, aber auf Strecke einfach mehr bringt.

Unlängst haben wir, natürlich zum Tag der Jogginghose und in Gedenken an Gabor Kiraly, auf zehn besondere Torhüter der Hertha-Historie zurückgeschaut. Welcher ist denn dem Experten Sascha Felter besonders ans Herz gewachsen?

Rune Jarstein fand ich immer gut. Der hat keine Faxen gemacht. Du wusstest immer, was Du an ihm hast. Fußballerisch ist mir da jetzt auch nicht das Monokel in die Kaffeetasse gefallen. Aber der hatte ein geiles Linienspiel, top Position, machte kaum Fehler. Das fiel halt selten auf, weil er so unspektakulär gespielt hat. Aber der war schon top.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview wurde geführt von Ilja Behnisch.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.01.2025, 20:15 Uhr

13 Kommentare

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  1. 13.

    Zitat: "Jonas Urbig (1. FC Köln, Anm. d. Red.)"

    Zwanzig Minuten vorm Einstellen des Artikels hat der FC Bayern M. die sich schon länger abzeichnende Verpflichtung von Urbig bekannt gegeben, der damit szn. zum teuersten 2. Liga Torhüter überhaupt avanciert ist. ;)

    Mal davon ab, sollte Hertha m. E. auf Ernst setzten und den gescheiterten Gersbeck als (höchstens noch) Kabinen-Motivator abstellen - das nat. ohne Fäusteschwingerei, ne.

  2. 12.

    Gersbeck ist ganz sicher nicht besser als Ernst, hat zudem kein wirkliches Entwicklungspotenzial mehr. Aber so läuft es ja alle zwei Jahre bei diesem Verein. Man kann sich denken, dass im Hintergrund wieder viel Mist gelaufen ist. Mich wundert da gar nichts mehr.

  3. 11.

    Es kommt jetzt zu Wort, weil das Thema erst nach dem HSV Spiel von allen Seiten hoch kam. In Paderborn war Ernst ja verletzt. Es ist noch nicht so lange her, da wurde Ernst im Herbst von Vielen hier und in den soziale Medien deutlich kritisiert (Defizite bei Fernschüssen, keine Strafraumbeherrschung, langsame, schlechte Spieleröffnung, für viele Gegentore verantwortlich gemach)t und eine Ablösung gefordert.
    Gersbeck war nicht gut in den Spielen, ihn aber letztlich für die Niederlage verantwortlich zu machen ist auch übertrieben. Das waren in erster Linie haarsträubene Abwehr-und Taktikfehler, wie so oft in dieser Saison.
    Ich hoffe trotzdem, das Ernst wieder seine Chance bekommt, denn ihm gehört definitiv die Zukunft. Man sollte vielleicht eher mal über einen Wechsel auf der Torwarttrainerposition (Menger) nachdenken, um da neue Impulse zu setzen. Denn eine wirkliche Weiterentwicklung ist bei Tjark Ernst auch nicht zu erkennen.

  4. 10.

    Ich tausche mich mit vielen Menschen aus und kenne keinen, der Gersbeck für den besseren Torwart hält als Ernst. Warum kommt der sogenannte Experte überhaupt gerade jetzt zu Wort? Weil eine sehr fragwürdige Maßnahme medial unterstützt werden soll?

  5. 9.

    Mich überraschen die Aussagen zu den letzten beiden Spielen. Beim Spiel gegen Paderborn irrte Gersbeck bei jeder Ecke durch die Gegend und es war nur Glück das Paderborn diese Chancen nicht nutzte. Bei den 3 Gegentoren vom HSV zeigte Gersbeck keinerlei Reaktionen, außer Schulterzucken. Wenn man andere Torhüter in ähnlichen Situationen sieht, versuchen diese wenigstens mit guten Reflexen das Gegentor zu verhindern. Es spricht nach diesen beiden Spielen nichts dafür Ernst auf die Bank zu setzen.

  6. 8.

    Ich sehe das ganz anders, als der Experte. Für mich strahlt Gersbeck überhaupt keine Ruhe aus. Da ist Ernst trotz seiner Jugend gelassener und auch viel sicherer im Passspiel auf engem Raum um den Fünfer herum (was manchmal etwas zu intensiv betrieben wird). Gegen den HSV und Paderborn hatte Gersbeck weniger Wackler als schon in anderen Spielen und auch ein paar gute Paraden. Tjark Ernst macht auch Fehler, er ist aber auch noch jung und wird vermutlich immer souveräner, mehr Vertrauen er bekommt.
    Fakt ist, wenn Ernst spielt, beruhigt er zumindest mich als Zuschauer mehr als Gersbeck, möglicherweise empfinden es die Mitspieler genauso.

  7. 7.

    Ich war im Stadion auch sehr überrascht. Wenn Ernst noch nicht fit war, dann wäre Goller meine Wahl. Leider hat man den in meinen Augen besten der jungen Talente woanders geparkt: Kwasigroch, der sollte zurückgeholt werden.
    Aber eigentlich ist die Torwartfrage gar keine, es gibt wohl andere Probleme. Siehe Chancenverwertung...

  8. 6.

    Wenn bei Hertha jemand ausgetauscht werden sollte, dann sicherlich nicht Tjark Ernst. Und wenn es darum gegangen wäre, auch einem anderen Torwart Spielpraxis zu geben, dann hätte Tim Goller zwischen die Pfosten gehört. Aber so wirft das ein sehr zweifelhaftes Licht auf das Urteilsvermögen des Trainers. Und auch des aktuellen Kapitäns, der so etwas öffentlich gelobt hat.

  9. 5.

    Steht Fiél schon so kurz vor dem Aus, dass er jeden noch so dünnen Strohhalm ergreift? Absolut die falsche Maßnahme, einen der jungen Spieler auszubooten. Das völlig falsche Signal an die eigene U23!
    Hertha braucht mehr junge, frische Spieler statt der alten, langsamen, behäbigen Garde wie Leistner und Dauermeckerer Niederlechner.

  10. 4.

    Ein junges Talent, U-Nationaltorwart, wird gegen einen schlechteren Torwart ausgetauscht, der Bernsteins Kumpel war? Ist das der „Berliner Weg“?

  11. 3.

    Ich war am Samstag eher erschrocken, dass Gersbeck im Tor steht. Er hatte gute Szenen in Paderborn. Aber seine Reaktion bei den Eckbällen ging gegen Null. Und gegen den HSV habe kein Verständnis dafür, dass er beim 2:3 nicht nach vorn geht, um den Winkel zu verkleinern. Er macht Den Schritt nach vorn, um dann wieder nach hinten zu gehen. Für mich ist Ernst die Nummer 1. Liegt vielleicht auch an dem was damals im Trainingslager passiert ist. Da kam mir das drüber sprechen und die Reue zu spät. Ja, die Ermittlungen liefen und Hertha hatte da sicherlich auch ein Wörtchen mitzureden. Aber das kam für mich zu spät. Was mir generell nicht gefällt, sind die Abstoßvarianten. Da bringen wir uns immer wieder selbst unter Druck. Das läuft bei anderen Mannschaften flüssiger und mit mehr Varianten. Trotz meiner motzerei freue ich mich auf jedes Spiel., egal ob Liga 2…. #hahohe

  12. 2.

    Gersbeck hätte im Sommer 23 rausfliegen müssen. Und wurde damals zurecht durch Ernst ersetzt, der das mit Leistung zurückgezahlt hat. Ihn zu rasieren finde ich völlig unverständlich. Aber die Kurve freut sich. Offenbar trifft der Trainer seine Entscheidungen inzwischen unabhängig von der Leistung. Und hofft, dass er etwas später entlassen wird, wenn er sich bei der Kurve anbiedert.
    Alles Gute woanders, Tjark. Geh deinen Weg in einem richtigen Verein.

  13. 1.

    Kann man sehen wie man will.
    Gegen den HSV fand ich sein Verhalten unerträglich.
    Viel zu langes und gefährliches Ball halten. Damit hat er das Spiel unheimlich langsam gemacht. Entspricht nicht mein Verständnis für einen „Klasse Torwart“.

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