Singverbot, Applaus und Sitzplatzmarkierungen - Wie Berliner Gemeinden die Auflagen für Gottesdienste umsetzen

Mo 11.05.20 | 15:00 Uhr | Von Jürgen Buch
Teilnehmer am Gottesdienst der evangelischen Kirchengemeinde am 10.05.2020 in der Friedrichstadt auf dem Dorotheenstädtichen Friedhof in Berlin-Mitte. (Quelle: rbb/Jürgen Buch)
Audio: Inforadio | 11.05.2020 | Jürgen Buch | Bild: rbb/Jürgen Buch

Die Kirchengemeinden profitieren von den Lockerungen in der Corona-Pandemie. Jetzt dürfen sich maximal 50 Gläubige wieder zu Gottesdiensten versammeln, aber nur unter Auflagen. Jede Gemeinde findet ihren eigenen Weg, damit umzugehen. Von Jürgen Buch

Die evangelische Kirchengemeinde in der Friedrichstadt nutzt an diesem Sonntag das gute Wetter und hält den ersten Gottesdienst seit acht Wochen im Freien ab: Auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte, vor der Friedhofskapelle, hat Pfarrer Stephan Frielinghaus alles vorbereitet. Vor allem steht dort ein Tisch mit Formularen, die jeder Gottesdienstbesucher ausfüllen muss. "Wir müssen vier Wochen lang nachweisen können, wer an dem Gottesdienst teilgenommen hat", erklärt Frielinghaus. Schließlich könnte es ja sein, dass eine Corona-Infektionskette nachverfolgt werden müsste.

Singen verboten

Nach den Formalien ist dann Zeit, sich auf die Andacht einzustimmen. Vier Mitglieder des Posaunenchors der Gemeinde haben sich in gebührendem Abstand zueinander zu den Gottesdienstbesuchern aufgestellt. Gesungen werden darf nicht, aber eine Andacht ohne Musik? "Ich finde es sehr wichtig, dass man den Leuten mit der Musik wieder Freude bringt", sagt Birgit Gutbier, eine der Musikerinnen. "Das ist in diesem Zusammenhang, wo wir zum ersten Mal wieder ein bisschen Gottesdienst feiern, sehr wichtig."

4 Mitglieder des Posaunenchors der evangelischen Kirchengemeinde in der Friedrichstadt am 10.05.2020. Von links: Birgit Gutbier, Dalina Schambach, Johanna Mühle, Dieter Horstmann. (Quelle: rbb/Jürgen Buch)
Der Posaunenchor der evangelischen Gemeinde in der Friedrichstadt | Bild: rbb/Jürgen Buch

Für die Gottesdienstbesucher ist vor allem das Beisammensein wichtig, darin sind sich alle einig. Etwa zwei Dutzend sind gekommen. Die Andacht ist kurz, nach einer Viertelstunde ist sie zu Ende, aber viele bleiben noch. Die Sonne scheint, man tauscht sich aus, endlich wieder direkt. Für Stephan Frielinghaus ist klar: "Wir kommen endlich wieder analog zusammen. Das andere ist bestenfalls ein Ersatz. Vielleicht auch eine Ergänzung, aber für viele Menschen ist das Eigentliche die persönliche Begegnung. Zumindest im kleinen Kreis haben wir das Gefühl, so ganz langsam geht es wieder los und wir hoffen natürlich, dass auch alles gut geht und jetzt nicht wieder ein Lockdown kommt und alles wieder schlimmer wird."

Applaus für Pater Benedikt

Endlich wieder die Gemeinschaft zu erleben, dass ist auch für die katholische Gemeinde St. Petrus am Gesundbrunnen wichtig – so wichtig, dass die 50 Gläubigen, die sich in dem Kirchenschiff verteilen, ihrem Pater Benedikt applaudieren. Er und die Mitarbeiter der Gemeinde hatten vor diesem Gottesdienst eine große Sorge. Was tun, wenn mehr als 50 Personen teilnehmen wollen? Durch Aushänge und Kontakt zu möglichst vielen Gemeindemitgliedern wurde schon im Vorhinein klar gemacht: Kommen darf nur, wer sich vorher im Gemeindebüro telefonisch anmeldet. Maria Chojnacka von der Gemeinde St. Petrus steht am Haupteingang der Kirche und kontrolliert, wer kommt: "Es funktioniert alles ganz gut und wir sind alle sehr froh, dass endlich Gottesdienst gefeiert wird, dass Menschen die Heilige Kommunion empfangen können. Viele haben sich danach gesehnt."

Gemeinde in der katholischen Kirche St. Petrus in der Bellermannstraße am Gesundbrunnen in Berlin am 10.05.2020 mit Pater Benedikt an der Kanzel. (Quelle: rbb/Jürgen Buch)Gottesdienst unter Corona-Bedingungen in der St. Petrus-Kirche

Markierte Sitzplätze

Alles ist geplant: Die Sitzplätze in der Kirche sind markiert, der Weg zur Kommunion ist so vorgegeben, dass es kein Hin und Her gibt. Alles klappt. Wären nicht die Masken, die alle tragen, man könnte denken, alles sei normal. Die Orgel spielt, eine Solistin singt. Dass es aber doch außergewöhnliche Zeiten sind, wird in den Fürbitten von Pater Benedikt deutlich: "Wir beten auch für alle, die in diesen Tagen voll Angst sind oder krank oder auch Probleme mit der Arbeit haben, dass sie durch Gottes Kraft an Leib und Seele gesunden. Wir bitten dich, erhöre uns." Nach der Andacht auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof, nach der Messe in St. Petrus ist allen anzumerken: Sie sind erleichtert, weil ein Stück Normalität zurückgekehrt ist in den Alltag ihrer Gemeinden.

Sendung: Abendschau | 10.05.2020 | Petra Gute

Sendung: Inforadio, 11.05.2020, 10:10 Uhr

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