Lockdown-Beratungen am Mittwoch - Wie Berlins Stufenplan die Bund-Länder-Gespräche beeinflusst
Inzidenzwerte, Schnelltests, Impfstrategie: Beim Bund-Länder-Treffen gibt es viel zu besprechen, bevor am Ende ein Stufenplan für weitere Lockerungen herauskommen kann. Berlin hat die Vorlage geliefert – ob sie Bestand hat, ist allerdings fraglich. Von Dorit Knieling
Mit einem umfangreichen Stufenplan geht Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller in das Treffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Plan war in der vergangenen Woche vom Senat abgestimmt worden und soll als Grundlage für die Bund-Länder-Besprechung dienen. Damit soll eine Perspektive für mögliche Öffnungen unter anderem für Kultur, Sport, Gastronomie und Einzelhandel gegeben werden. Zwar würden Masken, Abstand und strenge Hygieneregeln noch lange notwendig sein, sagte Müller dem rbb. "Wir müssen weiter besonnen und besorgt bleiben bei den hohen Infektionszahlen, die wir noch haben."
Dennoch seien durch Impfen und Tests Lockerungen möglich. Nun müsse Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)erklären, wann mit welchen Tests zu rechnen sei, so Müller. "Ansonsten kann man über weitergehende Schritte gar nicht reden." Er rechne fest damit, so der SPD-Politiker, dass am Mittwoch ein Grundgerüst verabredet werde, an dem sich die Länder orientieren können.
Ziel des Berliner Senats: Einheitlichkeit
Als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz muss Müller nun versuchen, in den Beratungen die oft widerstreitenden Interessen der Bundesländer und des Bund zusammenzubringen. Zumindest der Beschlussentwurf für das Bund-Länder-Treffen, der dem rbb vorab vorliegt, ist schon mal nahezu identisch mit dem Berliner Stufenplan.
Berlin strebe eine bundeseinheitliche Regelung an, heißt es aus Senatskreisen. Man wolle vor allem Nachvollziehbarkeit und Planungssicherheit erreichen, damit die Menschen weiter Verständnis für die Maßnahmen hätten. Die Grünen wollen vor allem mit Corona-Tests eine Öffnungsperspektive schaffen.
Immer noch unterschiedliche Regelungen - auch zwischen Berlin und Brandenburg
Ob der Berliner Stufenplan allerdings eins zu eins von Bund und Ländern übernommen wird, ist offen. "Es ist mit Sicherheit nicht einfach, das noch bundesweit zu verabreden", sagte Müller dem rbb. Das liege auch am regional unterschiedlichen Infektionsgeschehen. Schon vor dem Treffen mit Merkel warb etwa Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) für weitere Lockerungen. "Wir haben harte Maßnahmen, aber diese können nicht ewig aufrechterhalten werden, wenn die Akzeptanz für unsere Corona-Politik nicht nachlassen soll", sagte Haseloff den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Auch Berlin und Brandenburg waren bei den jüngsten Lockerungen unterschiedliche Wege gegangen: In Brandenburg durften Bau- und Gartenmärkte bereits öffnen, in Berlin nicht. Berlins Stufenplan richtet sich nicht starr nach dem Inzidenzwert von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. Berücksichtigt werden auch der R-Wert sowie die Kapazitäten der Intensivbetten, die Veränderung der Inzidenz und die Impfquote. Bei einer Inzidenz von 35 sollen sich künftig fünf Personen aus zwei Haushalten wieder treffen. Bleibt der Inzidenzwert 14 Tage lang stabil, sollen Treffen von maximal zehn Personen aus drei Haushalten möglich werden, und nach weiteren zwei stabilen Wochen Treffen von zehn Personen aus unterschiedlichen Haushalten.
Zwei Wochen Stabilität bedeutet: Lockerung
Dieser Zwei-Wochen-Rhythmus soll auch auf alle anderen gesellschaftlichen Bereiche angewandt werden. Geschäfte könnten zuerst mit Zugangsbeschränkungen und limitierter Kundenzahl öffnen. Auch Restaurants sollen ab einer Inzidenz von 35 schrittweise zuerst öffnen können - wobei am Anfang nur die Außengastronomie für maximal fünf Personen aus drei Haushalten an der Reihe sein soll. Auch Museen, Theater, Galerien und Konzerthäuser dürften dann wieder Besucher empfangen.
Auch die Öffnung von Hotels soll laut Berlins Regierendem Bürgermeister Müller auf dem Bund-Länder-Treffen gesprochen werden. Übernachtungen könnten möglich gemacht werden für Besucher, die einen negativen Corona-Test vorlegen können. Wie schwierig die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern sind, haben Berlin und Brandenburg mit den unterschiedlichen Regelungen zu Bau- und Gartenmärkten vorgemacht. Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hatte die unterschiedlichen Regelungen für beide Bundesländer öffentlich bedauert: Man stimme sich mit Sachsen und mit Mecklenburg-Vorpommern ab, aber nicht mit Berlin, sagte Nonnemacher. Dies schaffe immer wieder Probleme, die nicht zu vermeiden seien.
Linke: Sorge, dass zu schnell geöffnet wird und Inzidenzen keine Rolle spielten
Der Berliner Senat reagierte irritiert auf die Öffnungen im Nachbarland: Die seien überraschend gekommen und nicht abgesprochen gewesen, hieß es aus Senatskreisen. Im Beschlussentwurf der Ministerpräsidenten heißt es nun: Künftig sollen sich die Nachbarländer besser abstimmen.
Die Linken befürchten ihren Aussagen zufolge allerdings, dass von dem Berliner Modell am Ende nicht viel übrig bleiben werde. Es gehe die Sorge um, dass das Öffnen zu schnell gehe. und die Inzidenzen keine Rolle mehr spielten. Geht es nach den Linken, die mit Klaus Lederer in Berlin den Kultursenator stellen, sollten vor allem kulturelle Einrichtungen wie Museen und Bühnen mit Pilotprojekten vorrangig wieder öffnen. Vor allem Theater und Opernhäuser aber kommen im Beschlussentwurf erst sehr viel später für Öffnungen in Frage.
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