Ernte - Totalausfälle bei Werders Obstbauern
Frühe Blüte und Frost im April haben massive Ernteausfälle zur Folge. In der Obstbauregion Werder sind vor allem Kirschen vom Totalausfall betroffen. Anderes Obst kam besser durchs Jahr. Von Michaela Grimm
Obstbauern aus der Region in und um Werder (Havel) im Kreis Potsdam-Mittelmark haben in diesem Jahr Totalausfälle. Das berichten mehrere von ihnen auf Nachfrage von rbb|24. Vor allem Kirschen sind betroffen.
Mathildus van Dam von Van Dams Kirschenhof gehört zu denen, die in diesem Jahr gar nichts ernten können. Seine Sauerkirschen, Pflaumen und Süßkirschen sind dem Wetter Ende März, Anfang April zum Opfer gefallen, sagt er. Nach sommerlichen Temperaturen kamen Minusgrade und Frost. "Jedes Jahr ist anders. Wir haben sonst 6.000 bis 20.000 Kilogramm Kirschen, aber dieses Jahr null", sagt van Dam, der knapp 4.000 Bäume hat – darunter 3.000 Kirschbäume – und einen Campingplatz betreibt.
Kirschen: Keine Selbsternte einerseits, Schutz durch Dächer andererseits
Ebenso betroffen ist der Obsthof Lindicke, auf dem Beeren-, Stein- und Kernobst angebaut werden. Der Anbau von Süßkirschen zählt zu den Betriebsschwerpunkten. "Durch die drei sehr kalten Frostnächte im April haben unsere Plantagen großen Schaden genommen", teilt der Hof auf seiner Website mit. 2024 fällt die Selbstpflücke deshalb komplett aus, heißt es weiter.
Besser durchs Jahr gekommen ist Svetlana Riedel vom Obstbau Riedel. Ihre diesjährige Birnenernte liege bei 30 bis 50 Prozent. "Wir hatten 50 Prozent bei den Kirschen, die sind bei uns überdacht", sagt Riedel im Gespräch. Das habe die Bäume und Früchte geschützt.
Himbeer-Ernte "ist eine sichere Sache"
Auch Stephan Hübner vom Derwitzer Hofladen hat versucht, seine Kirschen mit besonderen Schutzmaßnahmen durchs Frühjahr zu bringen, hat in Frostschutzberegnung und Propangas investiert. Gegen Blütenfrost helfe das, "wir hatten sogar welche dran", sagt Hübner. Aber dann kamen die Krähen und verursachten einen Totalausfall der Süßkirschenernte.
Besser brachten Hübner und sein Team die Erdbeeren durch die Saison und "bei den Himbeeren sind die Ernte und der Absatz ok". "Wir machen immer drei Sätze und pflanzen die jedes Jahr neu. Das ist eine sichere Sache", sagt der Obstbauer.
Schlechte Apfel- und Pflaumenernte vor allem in Ostdeutschland
Die teilweise krassen Ernteausfälle bestätigt das Großhandelsunternehmen Werder Frucht mit Sitz in Groß Kreutz. Die Obsternte "ist in diesem Jahr sehr, sehr schlecht", sagt Geschäftsführerin Petra Lack. "Bei Süßkirschen und Äpfeln haben wir fast einen Totalausfall, bei Pflaumen und Zwetschgen sind es zehn bis 20 Prozent", sagt Lack. Als der Frost im April kam, hätten die Bäume bereits ihre Früchte gebildet, die dann erfroren.
Von den großen Ernteausfällen betroffen sei Lack zufolge vor allem Ostdeutschland. Deutschlandweit sei die Ernte insgesamt relativ stabil, sagt Petra Lack, so könne das Obstangebot des Handelsunternehmens kompensiert werden.
Gute Sanddornernte erwartet – deutlich früher als üblich
Äpfel, Pfirsiche, Pflaumen und Aprikosen baut Dorothee Berger vom Sanddorn-Garten Petzow an, "aber da haben wir durch den späten Frost keine Ernte in diesem Jahr", sagt sie. Besser geht es dem Sanddorn, der auf 150 Hektar Bioflächen angebaut wird. Durchschnittlich 120 bis 150 Tonnen betrage die Ernte jährlich. "Wir erwarten eine gute Ernte bei allen Sorten und einen besseren Ertrag als im Vorjahr", sagt Berger. Die Befruchtung und Bestäubung seien gut gewesen und der viele Regen habe dem Sanddorn nicht geschadet.
Allerdings berichtet Dorothee Berger von einer merklichen Veränderung: "Das Frühjahr beginnt viel zeitiger und jetzt haben wir, was wir noch nie hatten, dass wir im Juli schon ernten können. Das ist massiv." Sonst habe die Ernte immer erst Ende August, Anfang September pünktlich zum Erntefest begonnen.
Finanzielle Hilfen für Ernteausfälle in Aussicht
Bereits Anfang Juni hatte das Land Brandenburg Obstbauern rund drei Millionen Euro Unterstützung für die zu erwartenden Ernteausfälle in Aussicht gestellt. "Eine Richtlinie zur Unterstützung der Obstanbaubetriebe befindet sich derzeit in der Abstimmung", teilt das Brandenburger Ministerium für Landwirtschaft rbb|24 auf eine aktuelle Anfrage zu den Hilfen mit. Anträge betroffener Bauern lägen folglich noch nicht vor.
Auch sei das Land mit dem Bund "im intensiven Austausch bezüglich weiterer Krisenhilfen für den Obst- und Weinbau für Deutschland aus der Agrarreserve der EU", heißt es in der Antwort. Klar sei, dass das Antragsverfahren bürokratiearm ausgestaltet sein müsse.
Weil die Situation zumindest für einen Teil der betroffenen Betriebe existenzbedrohend und ein weiterer Rückgang von Obstanbauflächen in Brandenburg nicht hinnehmbar sei, "ist vorgesehen, noch in diesem Jahr eine Abschlagzahlung an die Betriebe zu gewähren", teilt die Pressestelle mit.
Sendung: Antenne Brandenburg, 21.08.2024, 17 Uhr