Berlins Gesundheitssenatorin frustriert - Kalayci kritisiert Bund für "hingeschmissene" Teststrategie
Schnelltests sollen mehr Sicherheit geben im Kampf gegen das Coronavirus. Jede Person soll sich einmal pro Woche kostenfrei testen lassen können, heißt es vom Bund. Kritik für fehlende Richtlinien dazu gibt es von der Berliner Regierung.
Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) macht sich angesichts der von Bund und Ländern am Mittwoch beschlossenen Corona-Teststrategie, bei der pro Person pro Woche ein kostenloser Test auf das Virus möglich sein soll, Sorgen. Dem rbb sagte Kalayci am Freitagmorgen: "Dieses 'Testen für alle' wurde für den 01.03. angekündigt. Wenige Tage vorher einfach dahin geschmissen vom Bund." Viele Fragen blieben allerdings unbeantwortet – unter anderem zur Testbeschaffung, zu PcR-Tests und was bei einem positiven Test passiere, kritisiert Kalayci in einem Interview mit der rbb-Radiowelle radioeins.
Und weiter: "Jetzt wird eine Taskforce eingerichtet vom Bund, weil Herr Spahn das anscheinend so nicht hinbekommt." Man sei frustriert, so die Senatorin, und warte auf Entscheidungen des Bundes. Dennoch kündigte sie an, dass Berlin das Testen mit bereits vorhandenen Schnelltests in den Teststellen für Bürgerinnen und Bürger ab der kommenden Woche ermöglichen wolle.
"Wir haben sehr viele Teststellen in den letzten Wochen aufgebaut, sowohl stationäre als auch mobile", sagte Kalayci. Die Infrastruktur sei also vorhanden. "Und wir haben auch die Schnelltests schon längst besorgt", so die SPD-Politikerin weiter. Unklar sei aber, wieviele Berlinerinnen und Berliner überhaupt Bedarf hätten.
Berlin startet Impfen in Arztpraxen
Brandenburg hat am Mittwoch ein Pilotprojekt gestartet, in dem auch in Arztpraxen gegen das Coronavirus geimpft werden kann. Berlin plant ab kommender Woche etwas ähnliches, etwa für chronisch kranke Menschen, sagte Kalayci. Die Kassenärztliche Vereinigung hatte das bereits am Donenrstag angekündigt. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür würden nächste Woche rechtskräftig werden, sagte die Senatorin. "Also werden wir auch nächste Woche mit den Arztpraxen starten." Dennoch kämen solche gesetzlichen Änderungen "einfach zu spät", kritisiert Kalayci den Bund.
Auch Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller (SPD), hatte am Donnerstagabend in der rbb-Abendschau den Ausbau von Testzentren in Berlin angekündigt, um mehr Corona-Tests zu ermöglichen. In diesen Zentren sollen bis zu 1.000 Tests am Tag durchgeführt werden können, so Müller. Die Teststellen würden noch entsprechend bekannt gemacht. Derzeit könnten sich dort Lehrkräfte oder Verwaltungsmitarbeiter testen lassen. Dies werde jedoch gar nicht in vollem Umfang genutzt, sagte der SPD-Politiker.
Linke: Teststellen reichen nicht aus
Kritik am Bund kam auch von dem Berliner Linken-Politiker Wolfgang Albers. Im rbb-Inforadio sagte der Abgeordnete am Freitagmorgen, der Bund habe die Verantwortung in die Kommunen und in die Länder gegeben und sich über die praktische Ausführung nicht weiter Gedanken gemacht.
In Berlin gebe es bisher neun feste Teststellen - die reichten aber bei weitem nicht aus, kritisierte der Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhaus auch in Richtung des Senats. Es brauche deshalb intelligentere Lösungen. So könne man Tests direkt dort stationieren, wo man Zugang gewähren wolle, etwa vor Kosmetiksalons oder Geschäften.
Sendung: Radioeins, 05.03.2021, 7 Uhr