Berlin - Landesrechnungshof kritisiert Pandemie-Rücklage des Senats

Mo 06.12.21 | 10:45 Uhr | Von Birgit Raddatz
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Karin Klingen, Präsidentin des Rechnungshofs, stellt den Jahresbericht des Rechnungshofs von Berlin vor (Bild: dpa/Wolfgang Kumm)
Audio: Inforadio | 06.12.2021 | Birgit Raddatz | Bild: dpa/Wolfgang Kumm

Wegen der Corona-Pandemie hat der Berliner Senat 2020 insgesamt 7,3 Milliarden Euro Schulden aufgenommen. Ausgegeben wurde davon nur ein Bruchteil, der Rest floss in Rücklagen. Der Landesrechnungshof hält das für unzulässig. Von Birgit Raddatz

Schon vor rund einem Jahr hatte Landesrechnungshof-Präsidentin Karin Klingen das Vorgehen des Berliner Senats kritisiert - nun steht es auch schwarz auf weiß im zweiten Teil des Jahresberichts des unabhängigen Prüforgans: Als Berlin für die Corona-Pandemie hohe Kredite aufnahm, handelte das Land aus Sicht des Rechnungshofs nicht korrekt, als es Teile davon für andere Zwecke zurückhielt.

Die Schuldenbremse habe ihre Bewährungsprobe während der Pandemie bestanden. Jedoch sei nicht gesetzlich geregelt, dass Kredite nur wegen einer Notsituation aufgenommen werden können.

Die Berliner Landesregierung habe eine hohe Summe aufgenommen, nämlich 7,3 Milliarden Euro. Davon flossen über fünf Milliarden in eine Pandemie-Rücklage, weil sie nicht ausgegeben wurden. Das aber sei unzulässig. "Die Notlagen-Kredite dürfen nicht zur Finanzierung von zusätzlichen Maßnahmen dienen, die schon immer gewünscht waren, sondern müssen zur Bekämpfung der Notlage verwendet werden", mahnte Klingen bei der Vorstellung des Jahresberichts am Montag.

Drei Senatsverwaltungen brauchten am meisten Geld

Im Jahr 2020 befand sich Berlin - wie alle anderen Bundesländer - wegen der Corona-Situation tatsächlich in einer äußerst schwierigen Haushaltssituation. Gastronomiebesitzer:innen und Künstler:innen etwa mussten für die Zeit, die sie nicht arbeiten konnten, entschädigt werden, Krankenhäuser brauchten Schutzmaterial, eine Notfallklinik wurde auf dem Messegelände errichtet.

Im zweiten Teil des Jahresberichts des Rechnungshofs schlagen deshalb die coronabedingten Ausgaben der Gesundheits- und der Wirtschaftsverwaltung am meisten zu Buche. Die Gesundheitsverwaltung hat rund 670 Millionen Euro ausgegeben, die Wirtschaftsverwaltung fast zwei Milliarden Euro. Die Verkehrsverwaltung gibt an, etwas mehr als 200 Millionen Euro als Ausgleich fehlender Einnahmen durch den Öffentlichen und Regionalen Nahverkehr gebraucht zu haben.

Die Finanzverwaltung gibt aber gleichzeitig an, coronabedingte Einnahmen von fast drei Milliarden Euro gehabt zu haben. Laut Berliner Rechnungshof hätten also - aufs Ganze gerechnet - Kredite von rund 500 Millionen Euro genügt.

"Verschuldung wird Auswirkungen für zukünftige Generationen haben"

2021 wurden überdies Mittel nachträglich aus der Pandemie-Rücklage entnommen, heißt es im Bericht. Der Senat begründet das damit, dass einige Summen noch für Bauprojekte benötigt werden, die im vergangenen Jahr pandemiebedingt nicht abgeschlossen werden konnten, etwa weil Baustellen nicht oder nur eingeschränkt betreten werden durften. Demnach handle es sich um pandemiebedingte Ausgaben.

Dem Rechnungshof genügt diese Begründung jedoch nicht. Der Senat hätte in diesem Jahr einen Nachtragshaushalt einbringen müssen. Die Kreditermächtigung sei nur in Höhe des pandemiebedingten Bedarfs vorzunehmen, heißt es im Bericht. Die Prüfer:innen fordern von der rot-grünen-roten Regierung, alles dafür zu tun, dass der Haushalt schnellstmöglich wieder ausgeglichen wird. Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und Linke zwar festgehalten, die Notfallkredite zurückzuzahlen, wenn sie nicht benötigt werden. Damit wolle man aber eventuell bis zum Ende der Legislatur warten.

Spätestens im Doppelhaushalt 2024/25 müssten Einnahmen und Ausgaben angeglichen werden, fordert Rechnungshofpräsidentin Klingen. "Die Koalitionspartner müssen die Weichen für den zukünftigen Umgang mit der hohen Verschuldung stellen." Auch wegen der Pandemie steigen Berlins Schulden nun auf fast 65 Milliarden Euro. Das, so Klingen, werde Auswirkungen auf mehrere Generationen haben.

Sendung: Inforadio, 06.12.2021, 10:45 Uhr

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Beitrag von Birgit Raddatz

19 Kommentare

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  1. 19.

    Sie reden über den Staat iS von D. Hier geht es aber um Berlin. Jedes Bundesland nimmt seine Kredite selbst auf. Und muss natürlich Zinsen zahlen. Und eine Umschuldung ist auch nicht günstig. Jedes Bundesland verantwortet seinen eigenen Haushalt. Zur Niedrigzinspolitik wissen Sie ganz genau, dass diese derzeit aufgrund der Inflation diskutiert und in absehbarer Zeit enden wird. Also, wird Berlins Zinslast steigen. Der Bund und seine Staatsanleihen spielen für Berlin keine Rolle. Sie müssen schon zwischen EU, Deutschland und Berlin unterscheiden.

  2. 18.

    1. "Natürlich müssen Schulden zurückgezahlt werden" Für Ihre Schulden mag das gelten, aber nicht für die des Staates. Denn der Staat schuldet einfach um. Würde er nicht unter der suboptimal designten Euro-Zone leiden, würde er auch nicht umschulden, sondern lediglich Geld drucken, fertig.

    Fun-Fact: In wie vielen Jahren seit 1949 hat die BRD denn unterm Strich schulden getilgt? Und waren 2015-2020 Ihrer Meinung Nach die besten Jahre, die dieses Land seit dem Krieg hatte?

    2. "Und außerdem belasten die Zinsen den Haushalt (sofern es keine Negativzinsen sind)!" Leider genau so falsch wie Ihre erste Aussage. Haben Sie VWL an der FDP-Akademie studiert? Solange in die Integrität des Deutschen Staates geglaubt wird, liegen die Zinsen für Staatsanleihen nicht signifikant oberhalb der Inflationsrate. Damit belasten sie den Haushalt netto nicht.

  3. 17.

    Sie haben mit ihrem letzten Satz Recht, aber mein Kommentar bezog sich auf die #9, wo wieder einmal mit unsinnigen Thesen ausschließlich Halbwahrheiten gestreut wurden, um andere Nutzer(@Freizeitradler) hier vorzuführen.

  4. 16.

    Auch das ist, mit Verlaub gesagt, Unsinn. Genau aus diesem Grund haben wir die Europäische Zentralbank. Die "beschützt" die Mitgliedsstaaten vor dem internationalen Finanzmarkt, was wir privat durch die Null-Zins-Politik bezahlen müssen.

  5. 15.

    Kleine Fehler zu zugeben habe ich von den geplazten " Oster-Ruhetagen" der Kanzlerin abgeschaut. Was mich jedoch auf jeden Fall für ein hohes Amt befähigen würde, ist der fehlende Sachverstand. Da bin ich ehrlich !!

  6. 14.

    Ohne Bürgschaft? Schon lange nicht mehr, auch Staaten erhalten ein Ranking. Je schlechter, desto höher die Zinsen. Und je höher die Zinslast, desto eingeschränkter ist der Staat im Haushalt. Daher gibt es die Schuldenbremse. Aber im Bericht geht es darum, dass die Gelder zweckfremd verwendet werden. Schulden wegen der Pandemie aufnehmen und dann das Geld für andere Sachen ausgeben ist mindestens unredlich.

  7. 13.

    ron:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 06.12.2021 um 12:32
    ".......Und wieder die alte Mär,......." Weshalb? Er hat doch recht.
    Ihre Argumentation ist, mit Verlaub gesagt, unsinnig. Der Staat kann zu Deckung seiner Schulden neue machen,"

    ... aber nur solange er neue Kreditgeber findet. Da hatten andere Staaten schon große Probleme!

    ron:
    "OHNE BÜRGSCHAFT."

    Das hat bei manchen Staaten nicht mehr funktioniert.

    ron:
    "Das ist der Unterschied zwischen Staat und ihnen."

    Da gibt es keinen Unterschied: Wenn Zahlungsunfähigkeit bzw. Schuldenstreichung droht, dann finden ein Staat genausowenig wie ich einen neuen Kreditgeber! Der einzige Unterschied ist, dass ein Staat mehr pfändbares positives Vermögen - also mehr Sicherheiten - hat. Das hilft aber auch nicht viel, wenn die Schulden das vorhandene Vermögen um Größenordnungen übersteigen.

  8. 12.

    Anna:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 06.12.2021 um 12:32
    Entscheidend ist, was man unter "zurückzahlen" versteht. Klar, wenn die Laufzeit eines einzelnen Kredits abgelaufen ist, muss der Staat dem Gläubiger sein Geld zurückzahlen. Der Staat kann die Rückzahlung aber einfach finanzieren, indem er neue Kredite aufnimmt. Und das kann er grundsätzlich beliebig oft wiederholen."

    ... solange er neue Kreditgeber findet. Andere Staaten hatten schon das Problem keine Kreditgeber mehr zu finden. Für Deutschland war dies - zum Glück - noch nie der Fall, könnte aber im worst case natürlich passieren.

    Anna:
    "Ein Zurückzahlen in dem Sinne, dass die Staatsschulden irgendwann auf null fallen müssten, ist deshalb definitiv nicht nötig."

    Das ist aber nicht für alle Ewigkeiten ausgeschlossen! Andere Staaten hatten da schon massive Probleme.

  9. 11.

    "Es tut mir ja leid, ihnen schreiben zu müssen, für ein hohes politisches Amt sind sie nicht geeignet, weil sie ja eigene Fehler zugeben. "

    Es gibt noch einen Grund. Für ein hohes politisches Amt müssen sie einen Eid auf unsere Verfassung leisten.

  10. 10.

    Es tut mir ja leid, ihnen schreiben zu müssen, für ein hohes politisches Amt sind sie nicht geeignet, weil sie ja eigene Fehler zugeben.

  11. 9.

    ".......Und wieder die alte Mär,......." Weshalb? Er hat doch recht.
    Ihre Argumentation ist, mit Verlaub gesagt, unsinnig. Der Staat kann zu Deckung seiner Schulden neue machen, OHNE BÜRGSCHAFT. Das ist der Unterschied zwischen Staat und ihnen.

  12. 8.

    Danke für den Hinweis ! Gut beobachtet ! Es hätte natürlich nach der " 1 " heißen müssen ! Zur Strafe werde mich sofort für ein hohes poltisches Amt bewerben.

  13. 7.

    Entscheidend ist, was man unter "zurückzahlen" versteht. Klar, wenn die Laufzeit eines einzelnen Kredits abgelaufen ist, muss der Staat dem Gläubiger sein Geld zurückzahlen. Der Staat kann die Rückzahlung aber einfach finanzieren, indem er neue Kredite aufnimmt. Und das kann er grundsätzlich beliebig oft wiederholen.

    Ein Zurückzahlen in dem Sinne, dass die Staatsschulden irgendwann auf null fallen müssten, ist deshalb definitiv nicht nötig.

  14. 6.

    Es sind immer die gleichen die diesen Mist erzählen. BMW hat sich sogar die Dividende von Stuergeldern bezahlen lassen und hier wird das Geld überwiegend als Ausgleich während der Pandemie gebraucht. Während einer Nullzinsphase.

    Berlin hat eine Milliardenpleite hinter sind, wo waren da ihr Gejammer als die cDU das mit vollen Händen für Parteifreunde rausgeworfen hatte? Sagt ihnen Aubis etwas?

  15. 5.

    Traurig, wie Berlin immer weiter gen Abgrund taumelt.
    Merkt eigentlich niemand, welchen Schaden wir unseren Kindern hinterlassen, wenn die Politik eine derartige Misswirtschaft betreibt?
    Da wandert Geld in so viele unwichtige Kanäle - und in 5 Jahren ist Berlin völlig Bankrott, oder wie?

  16. 3.

    Freizeitradler:
    ""werde Auswirkungen auf mehrere Generationen haben." Und wieder die alte Mär, dass Schulden die zukünftigen Generationen belasten. Dass Staatsschulden (und damit auch Landesschulden) überhaupt nicht zurückgezahlt werden müssen und damit, im Gegensatz zu kaputt-gesparter Infrastruktur und einem mangelhaften Bildungssystem, auch weder jetzige noch künftige Generationen belasten, scheint auch Klingen leider noch nicht begriffen zu haben."

    Was ist denn das für ein Quatsch?!?

    Natürlich müssen Schulden zurückgezahlt werden, wenn die Rückzahlung fällig ist und der Gläubiger das verlangt!

    Und außerdem belasten die Zinsen den Haushalt (sofern es keine Negativzinsen sind)!

  17. 2.

    "werde Auswirkungen auf mehrere Generationen haben." Und wieder die alte Mär, dass Schulden die zukünftigen Generationen belasten. Dass Staatsschulden (und damit auch Landesschulden) überhaupt nicht zurückgezahlt werden müssen und damit, im Gegensatz zu kaputt-gesparter Infrastruktur und einem mangelhaften Bildungssystem, auch weder jetzige noch künftige Generationen belasten, scheint auch Klingen leider noch nicht begriffen zu haben.

  18. 1.

    Ob 6, 9 oder auch 12 Nullen vor der " Eins " stehen, interessiert doch schon lange keinen Politiker mehr. Warum auch ? Weil er dafür nicht haften muss. So sieht dann die sog. Verantwortung aus. Mit fremden Geld lässt sich bekanntlich immer leicht haushalten!

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