Interview | Bundes-Notbremse endet - "Es gibt keinen Anspruch - aber auch keine Pflicht mehr auf Home-Office"

Mi 30.06.21 | 12:32 Uhr
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Symbolbild: Eine junge Frau arbeitet an ihrem Laptop. (Quelle: dpa/M. Frankenberg)
Audio: Antenne Brandenburg | 30.06.2021 | Interview mit Hans Imhof | Bild: dpa/M. Frankenberg

Mit der Bundes-Notbremse endet ab 1. Juli auch die Pflicht für Unternehmen, Home-Office anzubieten. Welche Rechte Arbeitnehmer und Arbeitgeber nun haben, beantwortet Hans Imhof, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Potsdam, im Interview.

rbb: Herr Imhof, ich habe es mir wochen- oder monatelang im Home-Office gut eingerichtet. Muss ich jetzt tatsächlich zurück ins Büro, wenn mein Arbeitgeber das will?

Hans Imhof: Die Problematik ist, dass wir jetzt wieder bei der Rechtslage sind, wie sie vor der Bundes-Notbremse gegeben war. Und das heißt im Grunde, ich habe keinen Anspruch auf Home-Office. Aber ich habe im Gegenteil auch keine Pflicht, im Home-Office zu bleiben.

Wenn ich nun aber festgestellt habe, dass ich zu Hause eigentlich sogar besser arbeiten kann als im Büro und deshalb vielleicht zumindest teilweise weiter im Home-Office arbeiten möchte - was raten Sie mir dann?

Grundsätzlich rate ich immer, das Gespräch zu suchen. Wenn die Arbeit im Home-Office wirklich gut und auch vielleicht sogar besser gewesen ist, ist es ja auch für den Arbeitgeber grundsätzlich sinnvoll, daran festzuhalten. Aber wenn es unter juristischen Aspekten hart auf hart kommt, ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers ausschlaggebend für die Frage, wo ich zu arbeiten habe. Und wenn er sagt, das soll wieder wie vorher im Büro passieren, dann ist das halt so.

Was ist aber, wenn ich trotzdem Sorge habe, mich im Büro anzustecken. Corona ist noch nicht vorbei, auch wenn die Zahlen momentan niedrig sind. Welche Schutzmaßnahmen können Arbeitnehmer konkret verlangen?

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, Schutzmaßnahmen einzurichten, die eine Infektion beziehungsweise ein Infektionsrisiko ausschließen oder vermindern. Zu sagen, ich komme nicht zur Arbeit, weil ich Angst habe, mich anzustecken, das hat sogar das Arbeitsgericht Kiel entschieden, kann ein Grund für eine fristlose Kündigung sein. Ansonsten rate ich immer, auch wenn ich einen Betriebsrat habe, sich an den zu wenden, dass arbeitsschutzrechtliche Vorschriften eingehalten werden, dass Abstände eingehalten werden, regelmäßiges Lüften.

Nur wenn ausdrücklich geregelt ist, dass ich meine Arbeit im Home-Office ableisten muss, kann der Arbeitgeber von mir verlangen, weiter im Home-Office zu bleiben.

Hans Imhof, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Wie sieht es im umgekehrten Fall aus? Ich möchte endlich wieder ins Büro zurück. Mein Arbeitgeber will aber an der Home-Office-Pflicht festhalten. Darf er das so einfach?

Das kommt darauf an, was ich im Arbeitsvertrag geregelt habe. Aus meiner Erfahrung haben die seltensten Arbeitsverträge eine Regelung zum Home-Office. Wenn da nichts drinsteht, dann habe ich auch das Recht, ins Büro zurückzukommen. Nur wenn ausdrücklich geregelt ist, dass ich meine Arbeit im Home-Office ableisten muss, kann der Arbeitgeber von mir verlangen, weiter im Home-Office zu bleiben. Aber ich denke, das sind relativ exotische Arbeitsverträge - noch. Das kann sich in Zukunft ändern.

Das heißt praktisch: Solange es die Pandemie noch gibt, kann jetzt der Arbeitgeber nicht sagen, wir behalten das aber jetzt erst mal noch bei.

Da kommen wir zur anderen Hälfte des Direktionsrechts. Das dürfte in der Regel nicht vom Direktionsrecht gedeckt sein, weil das ist mein Haus, meine Wohnung. Das muss ich dem Arbeitgeber nicht zur Verfügung stellen, um seinen arbeitstechnischen Zweck zu erreichen.

Viele Arbeitgeber führen flexible Office-Regelungen ein. Müssen die dann für eine Ausstattung im Home-Office gegebenenfalls auch aufkommen?

Gegebenenfalls müssen sie dafür aufkommen. Also sie müssen auch sicherstellen, dass die Arbeitszeitgesetze, der Arbeitsschutz und der Datenschutz geregelt wird. Und wenn ich eben meine persönlichen Sachen einbringe, da habe ich zumindest einen Anspruch darauf, dass mir der Aufwendungsersatz erstattet wird, wie zum Beispiel Strom- und Telefonkosten, wenn zusätzlich etwas anfällt. Das sind alles Regelungen, die man, wenn man einen Betriebsrat hat, über den Betriebsrat regeln lassen sollte. Oder wenn man es arbeitsvertraglich regelt, dann sollte man das auch schriftlich niederlegen, damit man im Streitfall eben weiß, worauf man sich geeinigt hat.

Danke für das Gespräch!

Das Interview mit Hans Imhof führte Alexander Dieck, Antenne Brandenburg.

Sendung: Antenne Brandenburg, 30.06.2021, 11:40 Uhr

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1 Kommentar

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  1. 1.

    Schafft das Home Office im ÖD endlich ab, damit die Mitarbeiter wieder anfangen arbeiten zu lernen und den Pandemieurlaub beenden, es ist unglaublich dass viele MA trotz Diensthandy in der Vergangenheit überhaupt innerhalb der Dienststelle nicht erreichbar sind und die Arbeit schlecht erledigen.
    Im der Privatwirtschaft mag es wohlmöglich Sinn ergeben, da es nicht den öffentlichen Bedarf an Dienstleistungen betrifft, aber dass Ämter, BVG, BSR, BWB Home Office machen dürften ist mir schleierhaft.

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