
Der Absacker - Mit besten Grüßen aus der Zukunft
Ein Nachrichtentag so unerfreulich wie das Wetter: Die Fallzahlen steigen und steigen, Bund und Länder verhandeln und verhandeln. Aber es gibt auch einen kleinen Gewinner. Von Sarah Mühlberger
In meinem Schwimmbad gelten gerade, wie überall, spezielle Corona-Regeln: Im Kreis schwimmen, hintereinander, überholen nur am Beckenende und - natürlich - Abstand halten. Das alles ist umso leichter umzusetzen, je weniger Schwimmer es gibt. Heute Morgen wusste ich beim ersten Blick ins Becken sofort: Das wird schwierig. Auf meiner Bahn waren wir zu sechst, viel zu viele, das Überholen klappte nicht, der langsamste Schwimmer bestimmte für alle das Tempo und ich wurde zunehmend genervt von der unfreiwilligen Entschleunigung.
Nach fünf Minuten drehte sich die weißhaarige Schwimmerin vor mir um und sagte fröhlich: "Klappt doch gut, oder?" Und sie hat ja recht: Mitten in der Pandemie können da zwei Dutzend Berliner*innen schwimmen, und die Regeln sorgen dafür, dass sich niemand zu nahe kommt und auch der schwächste Schwimmer nicht benachteiligt wird. Eigentlich super.
Aber so sehen wir es ja meist nicht, also das größere Ganze, schon gar nicht, wenn Geduld gefragt ist. Die war heute auch nötig, zumindest für uns Nachrichtenleute:
1. Was vom Tag bleibt
Es war in den vergangenen Tagen viel auf den heutigen Mittwoch geblickt und verwiesen worden, was würden Merkel und die Ministerpräsidenten vereinbaren? Welche Auswirkungen hat das für Berlin und Brandenburg? Ich hätte es Ihnen an dieser Stelle gerne verraten, aber offenbar gestalteten sich die Gespräche kompliziert, es wird jedenfalls noch verhandelt, während ich diese Zeilen schreibe. Diskutiert wurden/werden eine erweiterte Maskenpflicht und eine Begrenzung privater Feiern - und zwar bereits in Regionen, die in einer Woche 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner registrieren.
Weil die Zahlen sowohl in der Hauptstadt als auch in Brandenburg weiter ansteigen, wären davon so einige Regionen betroffen (die 7-Tage-Inzidenz für alle Landkreise, Städte und Berliner Bezirke finden Sie unten in unseren Fallzahlen).
A propos Zahlen: Was ist eigentlich noch mal dieser R-Wert und warum zur Hölle ist die entsprechende Berliner Corona-Ampel auf grün, wenn doch die Zahl der Neuinfektionen von Höchstwert zu Höchstwert springt? Das beantwortet mein Kollege Haluka Maier-Borst in seinem tollen, Achtung, kleiner Scherz, R-Klärstück.
Ein bisschen war heute auch in Sachen Nicht-Corona-Nachrichten los:
- Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen rassistischer und menschenverachtender Inhalte in einer Chat-Gruppe von 26 Polizeischülern
- Wichtiges Zwischenziel für die neue Fabrik in Grünheide: Tesla hat nach wochenlangem Warten den Vertrag für die Wassererschließung unterschrieben
- Vor dem Roten Rathaus haben 500 Berliner Taxifahrer gegen die aus ihrer Sicht "praxisfernen" Regeln am BER-Flughafen protestiert (und wie eigentlich ein kompletter Flughafen umzieht, lesen Sie hier)
Und zu guter Letzt noch das Tier des Tages: Der Heide-Steppenrüssler. Erstens: Was für ein Name. Zweitens: Was für ein Comeback. Nach 70 Jahren einfach so wieder aus der Versenkung krabbeln, Respekt.
2. Abschalten.
Finden Sie 2020 auch ein wenig, nun ja, merkwürdig? Mal so im Jahresvergleich betrachtet? Bei Twitter gibt's eine plausible Erklärung:
Tja, missglückte Zeitreisen, da kann man wohl nix machen, aber irgendwann wird auch dieses Jahr, in das mehrere Jahre gepasst hätten, zu Ende gehen. Beim Thema "Zeitreisen und was da alles schiefgehen kann" fiel mir die sehr charmante kanadische Serie "Being Erica" ein, die Ihnen hiermit empfohlen sei.
Und apropos Serien: Morgen wird nun endlich die Sonderfolge von "The West Wing" ausgestrahlt, auf die ich mich in meinem letzten Absacker schon sehr gefreut hatte.
3. Und, wie geht's?
Meine Freundin B. ist Lehrerin an einem Berliner Gymnasium. Vor den Ferien gab es an ihrer Schule einige Corona-Fälle, die für sie zu einer Mischung aus Präsenzunterricht und Digitalem Lernen führten, wobei "digital", haha. Das WLAN der Schule ist so mies, dass es nicht für Video reicht, also telefoniert sie mit ihren Schülern und blickt mit ihnen gemeinsam auf die vorab versandten Unterrichtsmaterialien (beziehungsweise: sie hofft, dass sie nicht die einzige ist, die auf das Material blickt). Funktioniert natürlich nur so mittelgut, aber ein besseres WLAN wird's auf absehbare Zeit nicht geben, sagt ihr der zuständige IT-Mensch.
Wie ist das an Ihrem Arbeitsplatz: Womit müssen Sie sich arrangieren? Wo hakt's? Schreiben Sie uns: absacker@rbb-online.de.
4. Ein weites Feld...
Wenn ich irgendwann aus der Zukunft zurückreise zum 14. Oktober 2020 ... dann fällt mir hoffentlich eine schlaue Idee ein, wie ich diesen letzten Absatz fülle. Seien Sie gespannt!
Blickt hoffnungsvoll nach vorn:
Sarah Mühlberger
3 Kommentare
Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.
Ja, vllt sind es Reparaturversuche durch Zeitreisende, die uns das hier einbrocken. Vllt aber sitzen wir wie Phil Connors (Bill Murray) in "Und täglich grüßt das Murmeltier" auch nur deshalb in ner Zeitschleife fest, weil wir uns letztlich mit unserem eigenen Wohlergehen beschäftigen. So, wie uns auch hier die Autorin zur guten Nacht zum 10. Mal aufgießt, womit schon den ganzen Tag Panik gefeiert wurde. Und am Tag davor. Und am Tag davor. Und davor. - Wir haben ein massives Artensterben auf der Erde. Fossile Rohstoffe gehen zuende. Menschen, Tiere, Pflanzen sterben durch den Abbau von Rohstoffen. Berlin hat jedoch 2020 noch immer kaum Solardächer, aber immer neue Handys und dicke Autos. Menschen, die keinen anrufen können, sterben derweil einsam in "Pflege""heimen". Andere Menschen sterben auf der Flucht. - Und dennoch ist DAS entscheidende Ereignis schon wieder der Anstieg der Fallzahlen??? - Ich glaub, ich verschwinde lieber in einem Erdloch. Wake me up when it's all over.
Tja gerade ging die Pressekonferenz zu Ende .....
Das Land schaut auf Berlin und hofft das man sich mal bei irgendwas einig wird.
Und wie üblich wird einem alles als Einigung verkauft.
Ab 35 Neuinfektionen gilt jetzt eine verschärfte Maskenpflicht .... was das bedeutet wird dann wohl wieder jedes Bundesland selbst bestimmen.... usw.
Das beherbergungsverbot bleibt ....also wie gehabt jeder macht wie er es will und am 08.11. (Ende der Herbstferien im letzten Bundesland) wird man schauen ob dieses verbot erfolgreich war.
Naja da man keine Vergleichszahlen hat wird mit was verglichen ? Den Sonnenstunden ?
Das ganze wird einstimmig begleitet vom üblichen seit Monaten zu hörenden bla bla.
Tja und beruflich .... selbständig aber in einer Branche die von Corona nicht betroffen ist.... die Maskenpflicht im Büro ist kein Thema .... zu zweit hält man sich einfach nicht dran .... Lockdown gab es für uns auch nicht....
Und nein mit Mitte 50 gehöre weder mein Kollege noch ich zum Partyvolk
Minister Spahn sagte etwas wie "heute mit Einschränkungen leben ist wichtig für die Zukunft". Das gab es in der DDR auch. "So wie wir Heute arbeiten, werden wir Morgen leben." Hat nicht geklappt.
Ich denke, die Maßnahmen gegen Corona werden nichts bringen. Oder welches Land ist damit erfolgreich? Maske und Abstand sind okay, aber (fast) alles andere hat meine Akzeptanz verloren. Es ist zu Wiedersprüchlich und Unsinnig.
Mein Blick in die Zukunft ist negativ.
Weniger Geld durch Kurzarbeit und verhinderter Reisen. Zwei Personen im Haushalt sind definitiv von Arbeitslosigkeit bedroht, wenn die Lage so bleibt. Und das wird sie!
Etwas positives in der Zukunft: Tesla eröffnet sein Werk und kann aus einigen Millionen mehr Arbeitslosen die geeignetsten Arbeitskräfte aussuchen.