Tagebuch (14): Ukraine im Krieg - "Wir lesen jeden Tag dieses Grauen"

Mo 31.10.22 | 19:47 Uhr | Von Natalija Yefimkina
Archivbild: Feuerwehrleute in Kiew arbeiten nach dem Beschuss von Gebäuden durch eine Drohne. (Quelle: dpa/E. Lukatsky)
dpa/E. Lukatsky
Audio: rbb24 Inforadio | 18.07.2022 | Natalija Yefimkina | Bild: dpa/E. Lukatsky Download (mp3, 5 MB)

Die Russen nutzen vermehrt Drohnen, um die Ukraine anzugreifen, erzählt der Vater von Natalija Yefimkina. Jeden Tag sei Bombenalarm und alle stünden ständig unter Stress. In ihrem Kriegstagebuch hat sie das Gespräch aufgezeichnet.

Natalija Yefimkina: Julia, meine Cousine, hat jetzt eine Wohnung in Berlin gefunden, in einem ehemaligen Wohnheim. Die Wohnung besteht aus einem Zimmer mit Einbauküche, es ist 34 Quadratmeter groß und kostet 800 Euro. Als ich ihr beim Umzug half, haben wir zusammen in dem Flur auf der Kommode Tee getrunken, weil die Kinder schliefen.

Gestern ist meine Cousine nach Kiew gereist, weil die Kinder nach einem halben Jahr ihren Vater sehen wollten. Ihr war nicht wohl dabei, aber sie hatte es ihren Kindern versprochen. Sie treffen sich zwischen Zhytomyr und Kiew in einem kleinen Hotel im Wald, wo es keine strategischen Objekte in der Nähe gibt.

Am letzten Tag ihrer Abreise haben wir uns noch einmal getroffen und Julia sagte zu mir, ganz nebenbei: "Wenn sie eine kleine Atombombe abwerfen, dann wohl in Kiew in die Senke des ältesten Stadtteils Podil".

Diese Menschen sind in ihrer Machtlosigkeit dem Krieg gegenüber und den ganzen Problemen, die sie hier erleben, so unglaublich stark, aber was bleibt ihnen auch anderes übrig. Ich rufe meinen Vater an, um zu fragen, wie es ihm geht, weil er in Kiew wohnt, im elften Stock eines Hochhauses in der Nähe vom Energiekraftwerk und der Universität.

Natalija Yefimkinas Tochter im Arm ihres Großvaters. (Quelle: Natalija Yefimkina)
Natalijas Vater mit ihrer kleinen Tochter auf dem Arm | Bild: Natalija Yefimkina

Hallo, Papa

Erzähl mal.

Erzähl Du, was bei euch so ist.

Nun, wir sitzen ja auf dem Land. Vom 9. auf den 10. Oktober war ich ja in Kiew, als der erste Angriff kam. Ich habe den Einschlag sogar gesehen - diese große Explosion neben dem Bahnhof. Und dann waren wir jetzt wieder in Kiew und diesen Montag war ja wieder ein Angriff auf Kiew. Und wieder neben dem Hauptbahnhof. Die Geschosse fliegen nach Kiew, sie fliegen, diese iranischen Drohnen. Zuerst war es unerwartet und jetzt glaube ich, dass man gelernt hat sie abzuschießen. Sie werden einfach abgeschossen und sie kommen nicht bis in die Stadt. So ist es bei uns.

Hast du sie etwa gesehen, wie sie angeflogen kam?

Ich habe gesehen, als die Rakete eingeschlagen ist. Das war am Montag, den 10. Oktober, es war eine Rakete. Und am 17. Oktober waren das bereits Drohnen, die geflogen kamen.

 

Zur Person

Die Regisseurin Natalija Yefimkina (Quelle: Lucia Gerhardt)
Lucia Gerhardt

Natalija Yefimkina lebt in Berlin. Sie ist in Kiew aufgewachsen. Nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl zog die Familie zunächst nach Sibirien. In den 1990er Jahren emigrierte die Familie dann nach Deutschland.

Und was ist der Unterschied?

Na, die Rakete fliegt mit einer Geschwindigkeit von 900 Kilometer pro Stunde, wie ein Passagierflugzeug, eine Boeing. Und die Drohne ist wie ein Moped und ist genau so laut wie ein Moped, es hat einen Zweitaktmotor und die Geschwindigkeit ist 120 km/h. Man kann sie mit einer Kalaschnikow abschießen. Es gibt spezielle Maschinengewehre, aber wie immer in der Ukraine: Sie haben sie auf Lager, aber nie sind sie da, wenn man sie braucht.

Im Prinzip ist die Luftabwehr gegen diese Drohne diese speziellen Maschinengewehre, mit denen man zielen kann. Sie sind nicht groß und haben 40 bis 50 Kilo Sprengstoff. Sie wollten die ukrainische Energieverwaltung treffen, haben ein Wohnhaus gegenüber getroffen und haben Menschen umgebracht. Die Drohne hat ihr Ziel verfehlt, die Genauigkeit ist nicht sehr hoch, weil sie ein "Inertial"-Navigationssystem haben. So wie das programmiert wurde, so fliegt das Unglücksding und macht, je länger es fliegt, umso mehr Fehler. Durch diese ungenaue Zielprogrammierung treffen sie nicht das, wo sie hinzielen, sondern fast immer Wohnhäuser.

Furchtbar.

Das ist die Situation in Kiew. Aber heute haben sie zum Beispiel das Heizwerk in Lwiw getroffen, das Kohlekraftwerk. Es heißt offiziell, dass bis zu 30 Prozent der Energieversorgung durch die Russen zerstört wurden, sie schießen ein Kraftwerk nach dem anderen ab. Vorgestern haben sie das Kraftwerk auf dem linken Dnepro-Ufer getroffen, die Feuerwehrleute konnten einen halben Tag nicht löschen. So geht es uns. Und im Süden fangen sie an, sich aus Cherson zurückzuziehen, dort werden sie zurückgedrängt.

Natalija Yefimkinas Vater beim Meloneschneiden. (Quelle: Natalija Yefimkina)
Natalijas Vater | Bild: Natalija Yefimkina

Heute habe ich gelesen, dass irgendein russischer General heute öffentlich gesprochen hat.

Ja, ein Vollidiot, der den Text mit Einsager abgelesen hat, idiotischer Text, in dem er gedroht hat. Man nimmt an, dass die Russen den Damm für das Wasserkraftwerk in Kakhovka in die Luft sprengen könnten. Aber ich glaube, das ist eine Einschüchterung, weil dieses Kraftwerk Wasser gibt für die Krim, zwei Pipelines, die in Kakhovka starten. Ich glaube, das klappt nicht. Aber es sieht so aus, als würden sie den Wasserspiegel des Stausees von Kakhovka senken, damit das Atomkraftwerk in Saporischschja kein Wasser mehr hat. Dieses Kraftwerk ist etwas höher gelegen.

Es wird auch mit dem Wasser des Stausees gespeist und wenn man den Wasserspiegel zu stark absenkt, dann wird es dort Probleme mit der Kühlung geben. Das bedeutet, es findet bereits ein Krieg mithilfe der Energieversorgung statt und zwar mit der Energie, die Europa versorgt. Denn dieses Atomkraftwerk ist direkt mit Europa verbunden, denn das Saporischschja-Atomkraftwerk stellt 30 Prozent des gesamten Stroms der Ukraine her und verkauft es auch an all die Länder, die an Ukraine grenzen, somit in den Westen.

Und Russland versucht dieses Energieverteilungsschema zu stören. Sie tun so, als ob das im Kampf mit der Ukraine und den Ukrainern geschieht, aber am Ende wollen sie Europa dazu bewegen, dass Europa doch die Ukraine zum Waffenstillstand zwingt. So ein Spiel ist das.

Wir sind ja alle unentwegt im Internet und verfolgen die Situation.

Und woher weißt du das?

Ich lese viel, verschiedene Kanäle und Nachrichten, wir sind ja alle unentwegt im Internet und verfolgen die Situation.

Und die Einwohner von Cherson werden von den Russen aus der Stadt gebracht. Es sieht so aus, als würden sie sich zurückziehen und dieser dumme russische Offizier hat darauf gezielt zu verkünden, dass die Ukrainer Cherson beschießen werden. Natürlich werden Ukrainer Cherson nicht beschießen, das versteht sich ja, ein leeres Cherson. Es sieht so aus, als würden sie sich darauf vorbereiten, selbst Cherson anzugreifen, wenn die Ukrainer es einnehmen. Die Ukrainer werden die Stadt nicht in Gefahr bringen, aber Fakt ist, dass die Russen anfangen, sich von der rechten Dnepro-Seite zurückzuziehen.

Und so haben sie diesen russischen General vorgeschoben, damit nicht Putin das sagt, aber eben jemand anderes und somit die ganze Schuld dann auf sich nimmt: Es klappt nicht, die Ukrainer drängen sie von überall hinaus.

Na ja, ich habe es so verstanden, dass er sagte, dass man Menschen evakuieren muss und die Ukrainer kappen die Evakuierungswege - dass also die Ukrainer schuld sind.

Die Ukraine hat zwei Brücken beschädigt und auch die Eisenbahnbrücke. Selenski hat ja damals groß verkündet, dass wir in Cherson unsere Offensive starten und die Russen haben ihre Armee dort konzentriert. Das wurde extra gemacht, damit die Russen ihre Armee dort konzentrieren und die Ukraine hat dann diese Brücken mit den amerikanischen Himars-Raketen beschädigt - also die Brücken so beschädigt, dass, wenn Panzer dort drauf drauffahren, sie einstürzen.

Und jetzt sagen die Russen, dass es sich um Zivilbevölkerung handelt. Aber das war ja gegen die Armee, dass sie nicht rüberkommt. Also die Armee wird eingekesselt. Und jetzt werden die Russen wahrscheinlich versuchen, mit der Zivilbevölkerung sich zurückzuziehen, dass die Zivilbevölkerung zum Beispiel auf den Panzern sitzen muss, verstehst du? Damit die Ukrainer nicht schießen können. Darum geht es.

Jetzt versuchen die Russen, die Bevölkerung von Cherson auf die Krim und weiter umzusiedeln. Man schüchtert sie ein und sie haben Angst, dass jetzt die Ukrainer eine Offensive starten, aber es findet eine Umsiedlung der Bevölkerung statt. Wie zu einer anderen Zeit, als ganze Bevölkerungsgruppen umgesiedelt wurde, die gleiche gezwungene Umsiedlung findet gerade mit der Bevölkerung von Cherson statt.

Und in Khahovka gibt es jetzt Russen, wie Heringe in der Büchse. Das erzählen mir die Menschen aus Khahovka, die dort sind. Dass sie zu Not auch mit den Zähnen an diesen zwei Pipelines festhalten werden. Aber wie alles sein wird, wissen wir noch nicht.

Welche zwei Pipelines?

Die zwei Pipelines - die eine führt zur Krim, die andere in den Osten, und sie beginnen in Khakovka. Riesige Pumpwerke, Pipelines mit einem Durchmesser von drei Metern, die Wasser in die Wasserkanäle pumpen - eine auf die Krim und die andere in den Osten der Ukraine. Kanäle, die die ganze Bevölkerung und die Bewässerung mit Wasser versorgen.

Und diese Pipelines brauchen die Russen für die Krim und dieser Kanal wird von dem Kraftwerk in Khahovka versorgt. Wenn es aufhört zu funktionieren, dann gibt es auch kein Wasser mehr. Das ist alles in einen Knoten verwoben, verstehst du. Aber wenn man dieses Kraftwerk sprengt, dann werden Dörfer unterhalb von Dnepro geflutet. Das ist so eine riesen Scheiße, das ist alles eine Abscheulichkeit.

Wenn man die Brücken kappt, dann ist die rechte Uferseite von Dnepro wie ein Kessel und sie versuchen jetzt auf die linke Seite zu kommen und abzuhauen. Und somit versuchen sie, die Zivilbevölkerung langsam auf das linke Ufer zu bringen. Diese Brücken sind ja so präpariert, dass die schwere Technik nicht rüberkommt. Aber die Menschen können mit normalen Autos rüber, die Brücken sind durchlöchert, aber nicht zerstört. Und in diesem Kessel sind 20.000 russische Soldaten.

Nur mit solchen Halbsätzen wird kommuniziert, man kann nicht offen reden.

Kennst du jemanden von dort?

In Cherson haben wir eine befreundete Familie, aber alle unsere Mitarbeiter sind raus. Und in Khahovka haben wir natürlich unsere Mitarbeiter. Dort ist ja unser Firmenstandort und natürlich halten wir Kontakt.

Welcher Firmenstandort?

Wo wir unser Saatgut ausgesät haben. Unser Versuchsstandort, du warst doch auch mal mit?

Und du hälst Kontakt?

Natürlich mit der Direktorin der Station Tatiana Petrovna, sie leitet die Station.

Und sie erzählen dir alles?

Sie erzählen nichts. Wenn wir einander erreichen, dann fragen wir nur "Wie geht’s" und reden Blabla, weil sie unter russischer Beobachtung stehen. Das ist es ja, dass sie nichts erzählen können, nur Hinweise geben, dass es zum Beispiel heute laut war. Und ich lese nach, dass es dort irgendwo einen Raketeneinschlag gab und ich frage sie, ob etwas mit der Station ist. - Nein sagt sie. - Gut, wo? - Gegenüber der Straße.

Nur mit solchen Halbsätzen wird kommuniziert, man kann nicht offen reden. Sie kommunizieren ja über das russische Internet, da kann man nicht viel erzählen.

In der gesamten Ukraine gibt es Angriffe. Jeden Tag ist Bombenalarm. Es kommen diese Drohnen angeflogen, sie sind sehr laut, in der ganz Ukraine ist Luftalarm. Wir haben Telegramkanäle in der Ukraine, die Luftangriffe verzeichnen und die ganze Landkarte ist rot: Da wurde etwas abgeschlossen, dort fliegt wieder was. So sieht es aus. Sie haben weniger Raketen, aber sie haben diese iranischen Drohnen gekauft, denn Raketen sind ja teuer und die Drohnen billig, und die fliegen jetzt von allen Seiten. So ist es. Es ist auch beängstigend.

Alle Tagebuch-Einträge von Natalija Yefimkina

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    rbb/Natalija Yefimkina

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    Tagebuch (15): Ukraine im Krieg 

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    Gemüse anbauen, Tiere füttern, fischen gehen - das war bisher das Leben des ukrainischen Rentners Mykola Ivanovich Smoljarenko. Dann kam der Krieg bis in seinen Garten. Natalija Yefimkina hat in ihrem Ukraine-Tagebuch Mykolas Geschichte aufgeschrieben.

  • Tagebuch: Ukraine im Krieg (Quelle: privat)
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    Ein Zufall hat Tilde aus ihrem Kaffeeladen in Schweden an die Front in der Ostukraine geführt. Natalija Yefimkina berichtet in ihrem Kriegstagebuch über eine Frau, die ihren ganz eigenen Umgang mit dem Grauen in der Ukraine hat.

  • Tagebuch Ukraine (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (12): Ukraine im Krieg 

    "Sie fahren besoffen mit ihren Militärfahrzeugen in den Gegenverkehr"

    Anja hat wochenlang im besetzten Cherson ausgeharrt – bis ihr die Flucht glückte. Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch über Anjas Alltag unter russischer Okkupation, den Fluch der Propaganda und Müllhalden mit Leichenteilen.

  • Bohdan. (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (11): Ukraine im Krieg 

    "Sucht nicht den Krieg, er wird euch von selbst finden"

    Das Azot-Werk ist ein gewaltiger Industriekomplex in Sjewjerodonezk. Seit Wochen kämpft hier Bohdan gegen die Russen. Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch über einen Freiwilligen, der den Krieg da erlebt, wo er am schlimmsten tobt.

  • Ukraine-Tagebuch. (Quelle: privat)
    Quelle: privat

    Tagebuch (10): Ukraine im Krieg 

    "Den Mädchen wurden die Zähne ausgeschlagen, die Vorderzähne"

    Wer zu Tatiana kommt, ist am Ende. Die Psychologin arbeitet in Kiew mit den schwer misshandelten Opfern des Krieges. Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch über den Versuch, sich aus dem Grauen wieder herauszukämpfen.

  • Tagebucheintrag vom 13.5 (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (9): Ukraine im Krieg 

    "Ich verdamme deine Tante und den Tag, als ich dich geboren habe"

    Jana ist mit ihren Töchtern bei einer Berliner Familie untergekommen. Doch damit kehrt kein Frieden ein: Ihr Mann ist in der Ukraine, die Mutter beschimpft sie von Russland aus. Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch über innere und äußere Zerrissenheiten.

  • Tatjanas Familie. (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (8): Ukraine im Krieg 

    "Es war sehr gefährlich, Wanja herauszubringen"

    Natalija Yefimkina hält von Berlin aus Kontakt mit den Menschen in der Ukraine. Für diesen Tagebucheintrag hat sie mit Tatjana gesprochen. Die hat ihren Sohn Wanja aus Donezk herausgebracht, damit er nicht gegen die Ukraine kämpfen muss.

  • Tagebuch: Ukraine im Krieg. Journalistin Tatjana (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (7): Ukraine im Krieg 

    "Man konnte zur Kochstelle laufen, umrühren und sich wieder verstecken"

    Tanja ist eine erfahrene Kriegskorrespondentin. Über Wochen ist sie im belagerten Mariupol eingeschlossen. Natalija Yefimkina hält von Berlin aus Kontakt mit den Menschen in der Ukraine - und berichtet darüber in diesem Tagebuch.

  • Zettel in den ukrainischen Nationalfarben (blau und gelb) hängen an einer Brüstung des Ufers der Moskwa, im Hintergrund sind Gebäude des Hochhausviertels Moskwa City zu sehen. (Quelle: dpa/Ulf Mauder)
    dpa/Ulf Mauder

    Tagebuch (6): Ukraine im Krieg 

    "Du wirst es doch nicht so publizieren, dass man weiß, wer ich bin?"

    Natalija Yefimkina hält von Berlin aus Kontakt mit den Menschen in der Ukraine. Für diesen Tagebucheintrag hat sie allerdings Kontakt mit Freunden und Bekannten in Russland aufgenommen - es sind für sie keine einfachen Gespräche.

  • Andrei und seine Frau Elena vor ihrem Hotel Stockholmstudios in Irpin (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (5): Ukraine im Krieg 

    "Sie schossen durch die Küchentür, mit einem Abstand von vier Metern"

    Andreis kleines Hotel in der Nähe von Kiew wird beschossen. Kurz darauf dringen russische Soldaten ein: Natalija Yefimkina hält von Berlin aus Kontakt mit Menschen in der Ukraine - und berichtet darüber in diesem Tagebuch.

  • Alexander Sasnovski vor dem Krieg zu Hause in Mariupol. (Quelle: privat)

    Tagebuch (4): Ukraine im Krieg 

    "Ich wache morgens auf und denke, ich bin zu Hause, aber ich habe kein Zuhause mehr"

    Alexander und seine Frau wollten Mariupol nicht verlassen. Doch Putins Krieg zwang sie zur Flucht: Natalija Yefimkina hält von Berlin aus Kontakt mit den Menschen in der Ukraine - und berichtet darüber in diesem Tagebuch.

  • Viktor mit seinem Sohn Zenja in Deutschland (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (3): Ukraine im Krieg 

    "Er hat immer davon geträumt, ein Offizier zu werden. Gestorben ist er am 27. Februar"

    Ein Vater spricht über seinen im Krieg gefallenen Sohn, die fliehende Familie erreicht endlich Berlin: Natalija Yefimkina hält von Berlin aus Kontakt mit den Menschen in der Ukraine - und berichtet darüber in diesem Tagebuch.

  • Oleg sitzt als Beifahrer in dem Transporter. (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (2): Ukraine im Krieg 

    "Bitte komm, Oma, es ist Krieg!"

    Die Regisseurin Natalija Yefimkina hat ukrainische Wurzeln. Seit Tagen hält sie Kontakt mit den Menschen vor Ort. In diesem Tagebuch berichtet sie darüber, wie es den Menschen in der Ukraine geht, aber auch was die Situation mit ihr macht.

  • Die Ukrainerin Julia T. hat sich entschieden, mit ihren beiden Kindern aus der Ukraine zu fliehen. Die beiden Kinder im Zug. (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (1): Ukraine im Krieg 

    "Julia, entscheide dich!"

    Die Regisseurin Natalija Yefimkina hat ukrainische Wurzeln. Seit Tagen hält sie Kontakt mit den Menschen vor Ort. In diesem Tagebuch berichtet sie darüber, wie es den Menschen in der Ukraine geht, aber auch was die Situation mit ihr macht.

  • Der zentrale Platz der Stadt Charkiw liegt nach dem Beschuss des Rathauses in Trümmern.
    picture alliance / AP

    Berichte aus der Ukraine 

    "Ich will nicht für die Ukraine sterben, ich will für sie leben!"

    Plötzlich leben die Menschen in der Ukraine im Krieg. Eine Lehrerin harrt voller Angst auf dem Land aus. Ein Fabrikarbeiter baut Molotow-Cocktails. Ein Chirurg arbeitet seit sechs Tagen ohne Pause. Sieben Protokolle aus der Ukraine.

Du klingst nicht mehr so optimistisch wie am Anfang.

Ja, ich dachte sie kommen hierhin und ich muss mich in der Zivilverteidigung verteidigen. Aber sie kamen nicht zu mir und wir haben gesehen, was sie für Gräueltaten anrichten. Somit ist es die beste Entscheidung, nicht im okkupierten Gebiet zu sein. Sie sind so böse, so bestialisch, Orks [Anm.d.Red.: abschätzig für russische Soldaten], wie eine Horde.

Aber du bist doch auch russisch.

Zum einen bin ich Halbrusse. Und immerhin lebe ich in der Ukraine und nicht in Russland, ich habe keinen Imperialismus im Kopf, dass den Russen die ganze Welt gehören muss, das habe ich ja nicht.

Aber unser Opa war doch gut?

Nein. Er war ein Imperialist. Er war ein absoluter Imperialist, der dachte, dass das Russische alles ist, Peter der Große und so weiter. Erinnerst du dich etwa nicht daran?

Die Russen haben dieses Unheil des Imperialismus. Sie finden, dass sie eine von Gott auserwählte Nation sind, das ist ein großes Unglück. Am Ende leben sie in der Scheiße und glauben, sie haben die Mission, die ganze Welt umzukrempeln. Sie töten Ukrainer, vergewaltigen - und gleichzeitig denken sie, dass hinter ihnen die Wahrheit steht, dass sie die ganze Welt retten, dass sie die Ukraine vor dem Nazismus retten. Dabei sind sie solche Nazis. Das ist eine große Tragödie.

Sogar die guten Russen sind in der Tiefe ihrer Seele imperialistisch und denken, sie sind eine große Nation. Und die guten Russen sind gefährlich, weil sie wieder dazu führen könnten, dass die Welt wieder Russland glaubt und es nicht bis zum Ende zerschlägt. Und in 30,40 Jahren werden sie wieder die ganze Welt bedrohen.

Aber du verlierst nicht deine gute Laune?

Welche gute Laune, wenn ich Probleme mit der Gallenblase habe? Das ist ständiger Stress. Da ist nichts Gutes dabei, wir sind alle hier ständig unter Stress. Wir lesen jeden Tag dieses Grauen. Wir lesen beim Frühstuck schon das Grauen. Was kommt dabei raus? Es geht einem schlecht. Es gibt natürlich Adrenalin, damit man immer in Bereitschaft ist. Aber ehrlich gesagt sind wir von all dem schon etwas müde, verstehst du? Und wenn ich mir erst vorstelle, was in den Schützengräben passiert, wo die Menschen kämpfen …

Und dass die Russen jetzt diese Mobilisierung durchführen, sie vernichten sich selbst, sie schmeißen die Jungs ohne Vorbereitung direkt in den Kampf und hier werden sie sofort getötet. Es findet ein Genozid statt. Dadurch dass es von ihnen zehn Mal so viele gibt, werden auch viele Ukrainer getötet. Sie schießen ja auch zurück, die einen von hier, die anderen von drüben, das ist ein grandioser Fleischwolf von Menschenleben.

Und das macht sich beim Nervensystem und der Gesundheit bei allen bemerkbar. Und was ist bei euch?

Beitrag von Natalija Yefimkina

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