Geplantes Thema im Innenausschuss - Wie gut ist Berlin auf den Katastrophenfall vorbereitet?

Fr 04.03.22 | 16:34 Uhr
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Verschiedene Warn-Apps, darunter die Notfall-Informations- und Nachrichten-App "Nina" des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, sind auf auf einem Smartphone zu sehen. (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
Bild: dpa/Jens Kalaene

Nach dem überraschenden Kriegsgeschehen stellen sich auch Berliner Abgeordnete die Frage, ob die Stadt im Katastrophenfall gut aufgestellt ist. Von Iris Völlnagel

Eigentlich dachte Frank Balzer, innenpolitischer Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, sei Katastrophenschutz in der Hauptstadt gut aufgestellt. Zwölf Jahre war Balzer Bezirksbürgermeister von Reinickendorf und als solcher in seinem Bezirk erste Ansprechperson für Krisen und Katastrophen.

Von seinem Wohnort aus hört er manchmal die Sirenen im benachbarten Brandenburg. "Die Versorgungssituation in Berlin ist eine andere als im ländlichen Brandenburg" war sich Balzer sicher und Sirenen deshalb nicht notwendig. Auch seien Polizei und Feuerwehr in der Hauptstadt sehr präsent. Doch seit Balzer das Kriegsgeschehen in der Ukraine verfolgt, ist sich der Politiker nicht mehr ganz so sicher, ob die bisherige Katastrophenvorsorge ausreicht.

Bund wird im Verteidigungsfall aktiv - sonst die Bundesländer

Dabei sind die Zuständigkeiten im Katastrophenfall in Deutschland klar geregelt: Im Verteidigungsfall ist der Bund für Warnungen zuständig, bei sonstigen Katastrophen die jeweiligen Bundesländer. Das heißt, das Land Berlin muss dafür sorgen, dass jeder weiß, was zu tun ist, wenn der Strom oder die Infrastruktur ausfällt.

In Brandenburg gibt es Warnsirenen - in Berlin nicht mehr

Anders als in Brandenburg gibt es in Berlin keine Sirenen. Sie wurden in den 1990er Jahren nach Ende des Kalten Kriegs abgeschafft. Denn sie galten auch als wartungs- und kostenintensiv. Heute empfiehlt die zuständige Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport den Bürgern, sich mindestens eine der beiden Warn-Apps "NINA" oder "KATWARN" herunterzuladen.

Ob und wie diese genutzt werden, dazu gibt es keine eindeutigen Zahlen. Laut Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe wurde in der Warn-App "NINA" Berlin 365.815 Mal abonniert (Stand 16.08.2021). Aus dieser Zahl könne jedoch nicht auf die Zahl der Nutzenden geschlossen werden, so eine Sprecherin der Behörde. Außerdem werde der Standort Berlin auch von Pendlern aus anderen Gemeinden und Kreisen abonniert.

Die Kehrtwende kam mit der Flutkastastrophe in Westdeutschland

Darüber hinaus ist es auch Aufgabe des Rundfunks, die Bevölkerung zu informieren. Außerdem ist es Aufgabe der Polizei und der Feuerwehr vor Ort die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten per Lautsprecherdurchsagen zu warnen. Ob Warnungen erforderlich sind und auf welchem Wege sie veröffentlicht werden, entscheiden die zuständlichen Einsatzbehörden.

Nach der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer im Westen Deutschlands beschloss das Bundeskabinett, 80 Millionen Euro für die Wiedereinführung von Sirenen bereitzustellen. Das Land Berlin sollte davon rund 4,5 Millionen erhalten. "Berlin soll wieder Sirenen bekommen" kündigte Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) im vergangenen September im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhaus an. Sie seien in einer Katastrophenlage kein Heilmittel, aber eine gute Ergänzung, hieß es. Zuvor hatte es oft geheißen, vor Gefahren könne mit Sirenen nicht genau genug gewarnt werden. Eine Sirene aus Kreuzberg höre man auch noch in Schöneberg und dort könne die Situation eine andere sein.

Warn-App "NINA" versagte bei Testlauf 2020

Vor welchen Herausforderungen die Behörden im Ernstfall stehen könnten, zeigte sich auch bei einem Testlauf im September 2020. Im Rahmen eines bundesweiten Warntags sollten alle Sirenen und Apps auf ihre Tauglichkeit hin überprüft werden. So auch die App "NINA". In Berlin kam die Meldung eine halbe Stunde zu spät. Zu diesem Zeitpunkt war auf anderen Kanälen bereits wieder Entwarnung gegeben worden.

Ob Sirenen bei einer schwerwiegenden Bedrohungslage wirklich helfen, ist sich Björn Matthias Jotzo, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion, nicht so sicher. Ihm geht es wie Frank Balzer. Die Ereignisse in der Ukraine stelle Berlin vor neue Fragen. "Wir wollen keine Panik auslösen, dazu besteht kein Anlass", sagt Jotzo. Dennoch müsse man reden. Kurzerhand beantragt der FDP-Politiker einen Tagesordnungspunkt "Vorbereitung auf den Fall einer kriegerischen Auseinandersetzung – Bevölkerungsschutz und Resilienz der kritischen Infrastruktur in Berlin." Voraussichtlich Anfang April wird das Thema im Innenausschuss verhandelt.

14 Kommentare

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  1. 13.

    War die Kleinstadt ,in der Ihre Oma wohnte , in der DDR oder in der BRD ? In der DDR war das so ,ständig gingen die Sirenen ,bei Feuer, schwerer Autounfall , einmal ist ein sehr alter Mann (Demenz )nachts weggelaufen , Sirenen an ,Feuerwehr fuhr raus ,große Suchaktion, man fand ihn auch , wohlauf .

  2. 12.

    Antwort : garnicht !!!!

  3. 11.

    Also unsere Sirenen funktionieren schon mal nicht, wie wir wissen und die Pflege ist kaputt, dank C-Krise und impfpflicht jetzt noch etwas mehr. Vorräte haben die wenigsten Menschen zu Hause, sah man ja zu Beginn von Covid an den Hamsterkäufen. 70 % der Haushalte hängen am Gas, Förderungen für Solaranlagen hat Deutschland vor langer Zeit beendet, so dass wir da auch keinerlei Autonomie haben! Ich denke, es sieht ziemlich schlecht aus!

  4. 10.

    Berlin ist für keine Art von Katastrophe aufgestellt. Das Tagesgeschäft wird nur durch Ausnahmezustände geschafft. Reserven an Fahrzeugen, Material und Personal gibt es eigentlich gar nicht. Das ganze Warnsystem mit Apps ist fehlerhaft und ohne Strom geht nahezu gar nichts mehr. Dazu kommt dass die Berliner Bevölkerung die Hilfe zur Selbsthilfe immer mehr aus den Augen verliert. Der Katastrophenschutz auf Landesebene braucht eine Milliarden spritze um die Sparpolitik auszugleichen.

  5. 9.

    uhhhhh schon wieder Freiheitsberaubung, Zwangshandlungen und Verschwörungen? Wer kein Smartphone hat und / keine Apps will, hat ja viell Familie oder Nachbarn, die ihn im Zweifelsfall mahnen? Es geht doch hier darum, wie man möglichst viele Menschen gleichzeitig warnen kann und das dürfte per Smartphone sein. Oder eben Sirenen, aber da gibt's dann bestimmt Demos dagegen, wegen laut, Kreuzkröten oder.....

  6. 8.

    Nun wohne ich schon seit 1969 in Berlin (ehemals West) und habe mich als Kind immer gewundert, wenn ich bei meiner Oma in einer Kleinstadt da ab und zu mal für Sirenen geheult haben.
    Tja, da musste ich also erst mal die 50 überschreiten, um zu lernen, wozu die da sind. Erstaunlich...

    Ich befürworte die Sirenen, da die Apps für das Smartphone nicht sicher funktionieren.

  7. 7.

    Ok, ich geh' mal in mich und stelle fest, ich will diesen ganzen Appwahnsinn nicht. Nicht wenige taumeln durch die Gegend und sind regelrecht äpphängig von diesen Programmen. Selbst mein Uralt-Ackerschnacker nutzt nichts, wenn die Netze zusammengebrochen oder ausgefallen sind. Ok, der ist so stabil, damit kann man sich wenigstens noch 'ne Buddel aufmachen.
    So'ne olle Sirene ist doch nicht verkehrt. Zur Not 'ne Kurbel ran, dann ist Musik und 'n altes Radio haben doch bestimmt noch mehrere. Hätte auch den Vorteil, das nicht vor jedem quersitzenden Magenwind gewarnt wird.

  8. 6.

    Was ist eigentlich so schwer daran wieder Sirenen zu installieren und Bunker/Schutzräume zu bauen?

  9. 5.

    " Wie gut ist Berlin auf den Katastrophenfall vorbereitet? "

    ich befürchte: gar nicht. es müßte eher heißen : Wie schlecht ist Berlin auf den Katastrophenfall vorbereitet? und wahrscheinlich nicht nur Berlin . Und @Eskimo callboySkadowFreitag, 04.03.2022 | 17:27 Uhr hat mit seinem Beitrag recht

    bereits die zahlreichen Flüchtlinge aus der Ukraine bereiten den Verantwortlichen schon Probleme ( so bei rbb nachzulesen )

  10. 4.

    Die Sparmaßnahmen der letzten Jahre fällt uns immer wieder auf die Füße und die Apps funktionieren auch nicht 100%.

  11. 3.

    Was nützt denn bei einem Stromausfall das Smartphone? Zu Hause ist da Internet/Festnetz weg, da die grauen Telekomkästen an den Straßen auch keinen Strom mehr haben und die Funkmasten stehen bei einem Stromausfall auch nur noch in der Gegend rum. Notstromer sind dann auch nur punktuelle Lösungen. Bleiben nur noch die Kirchenglocken!

  12. 2.

    Ich möchte mal darauf hinweisen nicht jeder hat ein Smartphone bzw. Zugang zum Internet nicht jeder will das oder weiß wie das geht .
    Wenn man die gesamte Bevölkerung dazu zwingen will sollte man Sie auch ausbilden und die Geräte zur Verfügung stellen?
    So langsam frage ich mich ob Leute die sowas nicht wollen Absichtlich ausgegrenzt werden sollen?
    Ich bitte jeden in sich zu gehen und hinterfragen ob er das möchte?

  13. 1.

    Was bei dem ganzen App Wahnsinn vergessen wird, es gibt sehr viele Leute die aus unterschiedlichsten Gründen keine SmartPhone nutzen. Eine Sirene ist einfach und die versteht jeder. Daher war es mal wieder eine der grandiosen Fehlleistungen des Berliner Senats diese abzuschaffen.
    Wenn man ein echtes Warnsystem will, müssen diesen wieder aufgebaut werden. Denn dann weiß jeder wie früher: Wenn das Ding erklingt, Radio oder TV oder Internet einschalten. Egal was man gerade zur Hand hat.

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