Zahl der Geflüchteten nimmt zu - Kapazitäten am Ankunftszentrum Reinickendorf reichen nicht mehr aus

Do 03.03.22 | 16:03 Uhr
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Archivbild: Unterkunftsgebäude im Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten Berlin (LAF) amn 25.02.2022 in Berlin-Reinickendorf. (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Bild: dpa/Jörg Carstensen

Immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine kommen in Berlin an. Nun reichen die Kapazitäten am Ankunftszentrum Reinickendorf nicht mehr aus. Eine Lösung ist aber in Sicht. Zudem ist auch ein zweites Ankunftszentrum in Planung.

In Berlin kommen mittlerweile so viele Geflüchtete aus der Ukraine an, dass die Kapazitäten am Ankunftszentrum Reinickendorf nicht mehr ausreichen. Das hat das Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) der ARD am Donnerstag bestätigt.

Laut Sascha Langenbach, Pressesprecher des LAF, soll nun zusätzlich das Containerdorf neben dem Ankunftszentrum für die ukrainischen Geflüchteten bereitgestellt werden. Dort sei Platz für weitere 300 Menschen. Bisher leben dort noch unter anderem Ortskräfte aus Afghanistan. Die würden aber spätestens am Freitag umziehen.

1.700 Menschen am Mittwoch registriert

Am Mittwoch seien mindestens 1.700 Menschen registriert worden, sagte Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) am Donnerstag im Integrationsausschuss. Normalerweise würden so viele Geflüchtete innerhalb von ein bis zwei Monaten in Berlin gezählt – nun kämen so viele an einem Tag. Berlin stehe damit vor einer historischen Herausforderung, sagte Kipping.

"Die Dimension ist unfassbar, es ist die wahrscheinlich größte Flüchtlingsbewegung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg mit ganz eigener schneller Dynamik und kaum Vorlaufzeiten", erklärte Kipping – und das sei bloß die Spitze des Eisbergs.

1.000 der 1.700 Geflüchteten in anderen Bundesländern untergebracht

Berlin sei bilateral mit anderen Bundesländern im Austausch, so Kipping, um die Verteilung der Schutzsuchenden zu koordinieren. Besonders eng sei die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg. Etwa 1.000 der am Mittwoch registrierten 1.700 Geflüchteten seien in anderen Bundesländern untergebracht worden, etwa in Brandenburg an der Havel und in Potsdam. Die Ankommenden werden dort registriert, ärztlich versorgt und erhalten eine Unterkunft. Kipping appellierte jedoch an den Bund, die Koordinierung zwischen den Bundesländern zu zentralisieren.

Allein am Mittwoch kamen fünf Direktzüge aus Warschau in Berlin an, mit insgesamt circa 3.000-4.000 Personen. Weil es nach wie vor keine Entscheidung des Bundes zum Aufenthaltsstatus der Geflüchteten gibt, erfolgt auch keine offizielle Registrierung aller Ankommenden.

Zwar komme die Mehrheit der Schutzsuchenden weiterhin bei Freunden und Verwandten unter. Dennoch sei es laut Kipping nun notwendig, so viele Objekte wie möglich zu akquirieren. Die Senatsverwaltung für Soziales habe mittlerweile zehn neue Unterkünfte erschlossen – es handele sich jedoch um einen laufenden Prozess. Die genauen Standorte wollte sie gegenüber dem rbb noch nicht bestätigen. Auch Liegenschaften des Landes müssten nun aktiviert und eine Bettenbörse und private Unterkünfte genutzt werden.

Giffey erwartet mehr als 20.000 Geflüchtete

Angesichts stark steigender Flüchtlingszahlen aus der Ukraine hält Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) eine bundesweite Koordination bei der Aufnahme der Menschen für nötig. "Berlin ist natürlich der große Dreh- und Angelpunkt und auch Zielort für viele Menschen, die hierher kommen", sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch. Es sei aber Unterstützung anderer Bundesländer nötig.

Giffey hält es mittlerweile für möglich, dass mehr als 20.000 Geflüchtete in Berlin eine Unterkunft brauchen. "Das ist eine sehr volatile Zahl", sagte sie. "Wir wissen nicht, wie sich das weiterentwickeln wird. So wie wir die Lage im Moment einschätzen, wenn wir die Bilder aus der Ukraine sehen, dann wird es eher hochgehen, als dass es weniger wird."

Berlin ist natürlich der große Dreh- und Angelpunkt und auch Zielort für viele Menschen, die hierher kommen

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD)

Senat stellt Hilfsanfrage an Brandenburg

Der Senat hat mittlerweile auch eine Hilfsanfrage an Brandenburg zur Aufnahmen von Flüchtlingen aus der Ukraine gestellt. Das hat Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) dem rbb am Mittwochabend bestätigt. Brandenburg will nun Berlin kurzfristig bis zu 420 Plätze zur Verfügung stellen.

Auch in Brandenburg selbst steigt derweil die Zahl der Flüchtlinge aus dem ukrainischen Kriegsgebiet. "Wir haben mittlerweile über 3.000 Kriegsflüchtlinge in Brandenburg", bilanzierte Stübgen. Die meisten Flüchtlinge, davon gehen die Behörden derzeit aus, werden zunächst versuchen, bei Verwandten oder Bekannten in der Bundesrepublik Zuflucht zu finden.

Zweites Ankunftszentrum in Planung

Der Berliner Senat hatte am Dienstag angekündigt, zunächst Unterbringungen für 20.000 Flüchtlinge zu schaffen. Berlin müsse dafür "großflächige Strukturen" schaffen, sagte Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke). Wo die geplante große Unterkunft entstehen soll, wollte sie noch nicht verraten. Ein zweites Ankunftszentrum neben dem in Reinickendorf sei nötig und werde geplant.

Spekulationen, dass ein zweites Ankunftszentrum in Tegel entstehe, wollte Kipping nicht bestätigen. "Natürlich weiß jeder, der sich in Berlin auskennt, es gibt einige große Orte: Messe, ICC, Tegel, Tempelhof. Die werden alle geprüft, und ein paar Sachen verdichten sich", sagte Kipping.

Neue Unterbringungen seien bereits in Neukölln, Pankow, Spandau, Friedrichshain und Reinickendorf entstanden. Bislang habe jeder ankommende Flüchtling ein Bett bekommen. Ein eigens eingerichteter Krisenstab organisiert die Verteilung. Angesichts der enormen Zahl an Flüchtlingen an der polnisch-ukrainischen Grenze gebe es keine Zeit zu verlieren.

Sendung: Abendschau, 03.03.2022, 19:30 Uhr

12 Kommentare

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  1. 11.

    Das war ein Krankenhaus was da gebaut wurde und keine Flüchtlingsunterkunft. Dafür sind die Messehallen auch nicht geeignet. (sanitäre Anlagen, Aspest)
    Für noch mal so viele Millionen wurde dieses Krankenhaus nun wieder abgebaut.
    Der Senat von Berlin hat es doch an Geld.

  2. 10.

    Hauptsache ist, trotz aller Empathie für die Flüchtlinge, dass nicht nur wieder Deutschland alle Last tragen muss.
    Alle anderen europäischen Länder kneifen dann womöglich wieder.
    Das kann dann auch nicht gut gehen.
    Wir in Berlin platzen wirklich schon aus allen Nähten.

  3. 9.

    Natürlich weiß jeder, der sich in Berlin auskennt, es gibt einige große Orte: Messe, ICC, Tegel, Tempelhof. Die werden alle geprüft, und ein paar Sachen verdichten sich", sagte Kipping.
    Die Frau soll nicht lange prüfen sondern "Ballett" machen. Diese Menschen brauchen eine Unterkunft und das ohne langes Geprüfe und Gerede.....

  4. 8.

    Wenn ein großer Teil der Bevölkerung, die ein Gästezimmer besitzen dieses den Ukrainern zur Verfügung stellen würden, dann wäre das Problem auch nicht so groß. Man kann doch nicht die Mütter mit ihren Kindern in irgendwelche Hallen unterbringen. Da sie wohl länger als nur ein paar Tage bleiben, sollten die Menschen schnell in der Mitte der Gesellschaft ankommen und Hilfe erfahren. Es ist für die Mütter und Kinder so schon schlimm genug.

  5. 7.

    Haben sie angst zu kurz zu kommen? Oder das man ihnen was weg nimmt? Kritik an Polen ist richtig, aber nicht für das Jahr 22. Da sind die seeeehr solidarisch. Und ja, die nehmen Flüchtlinge auf. Da fängt der Heinz sich schon wieder an zu fürchten, in seinem warmen zu Hause, wärend dort der Krieg tobt. Da fällt mir nur eins ein: Schäbig!!!

  6. 6.

    Wenn Sie das Corona Krankenhaus meinen. Diese Hallen wurden bereits zu Messehallen zurück gebaut.

  7. 5.

    Als die Pandemie in Berlin ausbrach, wurde für viele Millionen die Funkturm Hallen umgebaut! Was damit passiert??
    Dort könnten viele Menschen untergebracht werden.

  8. 4.

    Sorry, aber Berlin "plant"?
    Die Menschen kommen HEUTE, spätestens MORGEN!
    Wo sind die Hotelzimmer, Hostels, Pensionen ...?

    ",,, Bisher leben dort noch unter anderem Ortskräfte aus Afghanistan.
    Die würden aber spätestens am Freitag umziehen. ,,,"
    Warum müssen diese umziehen und wohin?

  9. 3.

    Nein, braucht sie nicht mehr, Frau Baerbock hat vor der Kamera entschieden: "Wir nehmen sie alle!" Die EU braucht sich nicht mehr zu bemühen.

  10. 2.

    Super-Idee, schreiben Sie schnell an die europäische Kommission!

  11. 1.

    Deutschland und Polen gehören zur EU, da sollte es selbstverständlich sein, dass die anderen EU-Mitglieder bei der Aufnahme von Flüchtlingen helfen, sprich: Es muss schnellstmöglich ein EU-weiter Verteilungsschlüssel erstellt werden.
    Aber das hat ja schon 2015 nicht funktioniert.....

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