Kommentar | Neuer Senat für Berlin - Rot-Grün-Rot hat keine 100-Tage-Schonfrist

Di 21.12.21 | 17:55 Uhr | Von Jan Menzel
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Vorstellung des rot-grün-roten Koalitionsvertrags 2021-2026 in Berlin (Bild: imago images/Bernd Elmenthaler)
Bild: imago images/Bernd Elmenthaler

Berlin hat einen neuen Senat und mit Franziska Giffey erstmals eine Regierende Bürgermeisterin. Die Farben der Koalition bleiben dieselben. Und doch braucht Berlin auch einen Neustart, findet Jan Menzel.

Wunder wird es auch mit Franziska Giffey nicht geben. Rot-Grün-Rot wird keine Berge versetzen. Und Berlin bleibt immer noch Berlin. Das sollte man bei aller Euphorie auf der einen und aller Miesepetrigkeit auf der anderen Seite nicht aus dem Blick verlieren.

Diese Koalition ist sowohl "Weiter so!" als auch Neuanfang - und das ist auch gar nicht schlecht. Neu sind die Köpfe, unter denen Giffey, Bettina Jarasch und Linken-Überraschungs-Neuzugang Katja Kipping herausragen. Sie und die fast komplett erneuerte Riege der Staatssekretäre haben die Chance, als großes Regierungsteam vieles anders, schneller und besser zu machen.

Fluffige Slogans müssen zur Berliner Wirklichkeit werden

Sie werden ihre Arbeit in einer Stadt tun, in der vieles einfach großartig ist, aber vieles eben nicht funktioniert. Wartezeiten im Bürgeramt, eine Verwaltung mit Uralt-Rechnern und das berühmt-berüchtigte Behörden-Ping-Pong als Ausdruck einer Kultur, die eher blockiert als anpackt - hier etwas zu bewegen, wird mühsam, dürfte aber eher eine der leichteren Aufgaben für Rot-Grün-Rot werden. Zumal Franziska Giffey eine Bürgermeisterin ist, die Verwaltung von der Pike auf gelernt hat.

Die eigentliche rot-grün-rote Herausforderung wird sein, die fluffigen Slogans, die ambitionierten Überschriften, die Prosa des Koalitionsvertrags Berliner Wirklichkeit werden zu lassen. 20.000 neue Wohnungen im Jahr sind nicht von Pappe. Eine Klima-Notlage ist schnell erklärt, ändert aber nichts am CO2-Ausstoß. Auch die Lehrer-Verbeamtung macht Berlin nicht zum Pisa-Gewinner.

Fließender Übergang für Franziska Giffey

Der neue Senat muss wieder alte dicke Brocken bewegen. Wenn Giffey mit guter Laune anpackt, kann es der Stadt nur guttun. Allein mit schöner Inszenierung und hübscher Politik-Verkaufe wird die Koalition nicht erfolgreich sein.

Rot-Grün-Rot hat keine 100-Tage-Schonfrist. Giffey fängt an, wo Vorgänger Michael Müller aufhörte: in der Ministerpräsidentenkonferenz und bei Corona. Die Wähler haben ihr eine breite Mehrheit mitgegeben und die jüngsten Umfragen zeigen: Diese Mehrheit steht hinter genau dieser Koalition. SPD-Fraktionschef Raed Saleh hat passend von einer zweiten Chance für seine Partei gesprochen. Das gilt genauso auch für diese neue, alte Koalition.

Beitrag von Jan Menzel

19 Kommentare

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  1. 19.

    Immer wieder die selbe fade Hetze gegen gebildete andersdenkende. Dumfer gehts nicht.

  2. 18.

    Wer sich mit Politik beschäftigt, der ist informiert.
    Die Einwände wegen Interessen- Konflikt sind immer wieder aufgetreten, sowohll in-Deutschland als auch in der EU, insbesondere aus diesen politischen Lagern.

    Ja,ja, das mit dem verchwinden, auf diese Stunde hoffen Sie und gleichgesinnte.
    .

  3. 17.

    Glauben Sie, dass es mit Leuten wie Ihnen in Berlin aufwärts geht?
    Glauben Sie das wirklich?
    Nur noch Ja-Sager, servil Beifallklatschend und nur noch "Links" wählen, für eine bessere Welt?
    So ein Elend wurde schon einmal probiert, als es zum erzwungenen Zusammschluß von SPD und den Kommunisten zur SED kam.
    Wie das endete, können Sie 1989 sehen.
    Nur leider krieschen die Gleichen von Damals wieder aus ihren Löchern, fabulieren von Enteignung und Verstaatlichung.
    Da braucht man kein enttäuschter Wähler der rechtsextremen AfD" zu sein, um das zu erkennen.
    Das machen die Kollaboration aus SpD, Grünen und SeD schon selbst.
    Da muss man auch kein "Miesepeter und Hetzer" zu sein, sondern Bürger dieser Stadt.
    Und, aus welchen morgigen Holz Sie geschnitzt sind, sieht man an "Verschwindet endlich aus Berlin ...", einem Spruch erzkonsevertiven CDU der 60', 70' Jahre.

  4. 16.

    "Wunder wird es auch mit Franziska Giffey nicht geben" - doch!
    Das eine Person, die bei ihrer Master- und Doktorarbeit betrogen hat, statt als Bundesministerin zurückzutreten, an ihrem Sessel klammerte, deren familiäres Umfeld auch aus Betrügereien besteht, wird Berliner Oberbürgermeisterin.
    Wenn das kein Wunder ist?

  5. 15.

    Mal im ernst, was Sie für Unternehmer halten, und was Sie pesöhnlich stört oder nicht stört, ist hier nicht die Frage.

    Erst mit dem Thema eingehend beschäftigen, ist hier die Devise.

  6. 14.

    "Üblicherweise, wird in einem solchen Fall ein Interessen - Konflikt unterstellt, insbesondere von links und grün. "

    Hier wird von enttäuschten Wählern der rechtsextremen AfD schon seit Monaten gehetzt. Erst frohlockte man RRG würde abgewählt, dann erklärte man die Wahl für manipuliert und jetzt redet man die Koalition schon schlecht, die gerade mal einen Tag im Amt ist.

    Mein Tipp an die ewigen Miesepeter und Hetzer hier: Verschwindet endlich aus Berlin, damit es noch schneller wieder aufwärts gehen kann, nachdem ihr Berlin jahrzehntelang ruiniert habt.

  7. 13.

    Nö, hatten wir schon mal. Den Fischhändler als Finanzsenator für die SPD. Der war glaub ich aus Bremen. Also, nicht etwas völlig Ungewohntes. Klar, ein Unternehmer aus Berlin hat immer den Effekt der Parteilichkeit. Aber die CDU hatte mal einen Teppichhändler aus Reinickendorf ins Rennen geschickt. Entscheidend ist was derjenige daraus macht. Ich unterstelle niemandem von vornherein etwas. Und es sind politische Beamte. Die sind nie objektiv sondern parteinah. Was auch richtig ist. Schließlich wählen wir Parteien.

  8. 12.

    uns Seher schön wäre es jetzt - fangt mal an zu arbeiten. Die Zeit für schöne Fotos und Party habt ihr nun langsam überstrapaziert....

  9. 11.

    Her Menzel ist sichtlich von der neuen Koalition angetan, auch ist die Sprache von neuen Köpfen, wie Frau Kippng, als große Überraschungs - Zugang. Ja, aber der größte Überraschungs - Zugang ist Herr Stephan Schwarz, Senator für Wirtschaft, Energie und Betriebe, und dass nicht nur weil er parteilos ist, sondern weil er ein Unternehmer ist.
    Üblicherweise, wird in einem solchen Fall ein Interessen - Konflikt unterstellt, insbesondere von links und grün.

    Fazit: " Ein Schelm wer hier böses denkt".

  10. 10.

    Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh spricht von einer 2. Chance? Aber wie soll das mit dem vereinbarten Retro-Koalitionsvertrag denn bitte in der Praxis aussehen?

  11. 8.

    „Alles“ und „nichts“… Ah ja. Jaja, es immer immer Alles Mist. Schon klar. Nichts taugt was. Sie sollten im Bett bleiben. Aufstehen lohnt nicht, Sie gehen abends eh wieder ins Bett

  12. 6.

    Ein großes Problem in Berlin ist die Verwaltung, die sich mit den Regierungen nicht groß ändert. Alles ist unterbesetzt, alles dauert zu lang, nichts ist digitalisiert. Es ist leicht reden von Verkehrswende, aber wenn es mindestens fünf Jahre dauert einen neuen Zebrastreifen zu bauen, weil ein halbes dutzend Behörden sich absprechen müssen, dann wird das halt alles nichts.

  13. 5.

    Das es mit diesem Senat besser für uns Berliner wird, glaube ich auf keinem Fall.

  14. 4.

    Jetzt müssen nur noch Bevölkerung, die z.B. den Schlenker zum Ostkreuz mit Einwänden verzögert und vor allem die Linke, die selbst nach Jahren der Diskussion noch Redebedarf bei der Verlängerung der M10 in Kreuzberg sieht, von Ihrer Strassenbahnidee überzeugen. Die wenigsten Berliner werden dabei aber wie Sie den Blick aus dem Fenster auf Platz 1 der Prioritätenliste beim ÖPNV setzen. Die grösseren Entfernungen und Fahrgastströme im Vergleich zu Potsdam und die grösserer Siedlungsdichte im Vergleich zu franz. Vorstädten schaffen Zwänge, die Ihre heißgeliebte Tram nicht allein bewältigen kann. Es gibt in Millionenmetropolen gute Gründe für die U-Bahn, weshalb in Paris die Metro massiv ausgebaut wird und auch Wien damit Erfolge bei Zurückdrängung des MIV hatte.

  15. 3.

    Ausgezeichneter Kommentar. Nur bei einer Stelle geriet ich ins Stocken: Gibt es wirklich eine Euphorie um Frau Giffey?! Also um den RGR-Senat gewiss nicht.

  16. 2.

    "up to date" = auf der Höhe der Zeit war Berlin immer, wenngleich auch meisten zum Nachteil. Das war bei dem faktisch vom Bundesgebiet finanzierten zahllosen Stadtautobahnen so, die seitdem in maßloser Weise Stadtquartiere zerschneiden, bei der Einstellung der Straßenbahn 1968, ohne alle Not, und so war es auch, zu Fuß Gehenden allenfalls Randbereiche des Straßenraumes zukommen zu lassen.

    Es geht weder um ein simples Hinterherlaufen im Sinne modischer Torheiten, noch darum, etwas mit heißer Nadel zu nähen. Die Eintaktung von Straßenbahnprojekten in die Behördenstruktur hat zwar innerhalb der letzten Legislaturperiode sichtbar kaum etwas gebracht, endlich ist jedoch eine Grundstruktur vorhanden, mit Hilfe derer es jetzt Schritt für Schritt und grundlegender weitergehen kann. So auch beim Verkehrsumbau in Richtung Radverkehr und Fußverkehr.

    Wider das Überhastete, für das Grundlegendere und gut Durchdachte.



  17. 1.

    Den Optimismus des Herrn Menzel in Bezug auf das Behörden-Ping-Pong teile ich leider nicht. Selbst wenn im Senat der schwarze Peter nicht von einem Ressort zum anderen geschoben werden würde, um die eigenen Untätigkeit zu begründen, bleiben immer noch mächtige Bezirksfürsten, die weiterhin ihre eigenen Süppchen kochen und vor allem die eigenen Pfründe verteidigen werden.

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