Wahlkampfauftakt der Linken in Berlin - Auf Thermosocken zur Mission Viertelmillion

Sa 10.12.22 | 10:32 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Parteitag der Linken (Quelle: rbb/Sebatian Schöbel)
Audio: Inforadio | 10.12.2022 | Sebastian Schöbel | Bild: rbb/Sebatian Schöbel

Mit einem kleinen Parteitag sind die Berliner Linken offiziell in den Wahlkampf gestartet. Ihr Ziel: Weiter regieren mit SPD und Grünen. Allerdings ist der Tonfall gegenüber den beiden Partnern zuletzt eher genervt gewesen. Von Sebastian Schöbel

Es dauert keine Minute, da hat Katina Schubert auch schon angesprochen, was den Berliner Linken gerade besonders viel Hoffnung im Wahlkampf macht: Ausgerechnet die zunächst so unbeliebte Expertenkommission zum Volksentscheid "Deutsche Wohnen und Co enteignen".

Weder Mieteraktivisten noch Linke hatten Vertrauen in das Gremium, das die Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheids prüfen soll. Der nun bekanntgewordene vorläufige Zwischenbericht zeige aber unmissverständlich, so Schubert, dass Berlin "Gesetzgebungskompetenz bei Vergesellschaftungen" habe und als Entschädigung für die Grundstücke "keine Mondpreise" zahlen müsse, also nicht zwingend die aktuellen Marktpreise - so, wie es die Linke immer versprochen hat.

Schuberts Interpretation des Berichts ist freilich sehr optimistisch. Zwar sagen die Juristen in der Kommission, dass die Enteignung von Immobilienkonzernen theoretisch möglich sei. Aber sie haben auch mehr juristische Fragen als Antworten aufgeschrieben. Trotzdem: Linken-Chefin Schubert gibt im Festsaal Kreuzberg schon die Losung für den Wahlkampf aus. "Die Frage ist nicht ob vergesellschaftet wird, sondern wie."

Schon wieder eine "Mietenwahl"

Spätestens durch die Indiskretion in der Enteignungskommission werde die Wiederholung der Wahl von 2021 nun auch wieder eine "Mietenwahl", da ist man sich bei diesem Mini-Parteitag einig. Dahinter steckt natürlich auch Kalkül: Kaum ein Thema bringt so zuverlässig linke Wähler:innen an die Urnen wie die Mietenpolitik - von der man pandemie- und energiekrisenbedingt zuletzt allerdings nur noch wenig gehört hatte. Nun ist sie wieder da.

Weil man aber nicht nur als "Mieter-Partei" gelten will, sondern auch als "Wohnungsbau-Partei", kündigt Spitzenkandidat Klaus Lederer dann auch gleich noch an, die Linke wolle künftig eine Milliarde Euro jährlich in den Bau von Sozialwohnungen stecken. Demnächst werde man dazu ein eigenes Konzept vorlegen.

Eine Breitseite gegen SPD-Bausenator Andreas Geisel: Haben die Sozialdemokraten nicht behauptet, sie würden "schneller und besser bauen als ein linker Bausenator", fragt Lederer süffisant in die Runde. Nun erreiche Geisel selbst die Wohnungsbauziele nicht. "Es fehlen klare Vorgaben, verbindliche Regulierungen und vor allem das Interesse und Plan für den Neubau, den Berlin wirklich braucht", bilanziert Lederer. "Teure Buden haben wir in Berlin doch genug."

Lederer greift auch die Grünen an

Die Themen dieser Wiederholungswahl mögen denen von 2021 ähneln, doch der Tonfall des Linken-Spitzenkandidaten ist ein anderer. Vor gut einem Jahr warb Lederer noch enthusiastisch für die Fortführung der damals rot-rot-grünen Koalition - während Grüne und vor allem SPD sich lange alle Optionen offen hielten. Ein Jahr später nun geht es um die Zukunft von rot-grün-rot, doch Lederer klingt beinahe koalitionsmüde. SPD und Grüne wirft er in der rbb|24 Abendschau "Eitelkeiten" vor, zuletzt im Streit um einen Abstimmungstermin für den Klima-Volksentscheid. "Ich finde, das können wir uns als Berliner Senat nicht leisten und wir als Linke wollen es uns nicht leisten."

Er betont jetzt vor allem die linken Erfolge und teilt ungewöhnlich offen gegen die Partner aus. Und zwar nicht nur gegen die SPD: Der grüne Finanzsenator Daniel Wesener zum Beispiel habe beim milliardenschweren Entlastungspaket des Senats lieber gekleckert statt geklotzt. "Unserem Finanzsenator hätte auch ein Drittel des Geldes gereicht", so Lederer. "Und das wäre dann vor allem Wirtschaftshilfe gewesen." Er aber wolle, so der Kultursenator, dass es "auch nach dem 12. Februar im Senat jemanden gibt, der sich um die Solidarität kümmert".

Motzen, meckern, vermitteln

Dass Lederer seinem Image als entspannter Kumpeltyp nicht immer entspricht, deutet auch Sozialsenatorin Katja Kipping an. Zwar bemühe er sich bei Konflikten im Senat meist um Ausgleich, aber nicht, wenn es um linke Kernthemen gehe. "Dann legt er so richtig los", so Kipping, "und lädt rhetorisch durch". Dann möchte sie "nicht in der Haut derjenigen stecken, die er gerade zur Schnecke macht".

Klaus Lederer, der Senatsmotzki: Es ist eine etwas durchsichtige Übertreibung, die vor allem den Kampfgeist des kleinsten Koalitionspartners bewerben soll. Die Berliner Linken wollen sich als unbeugsames soziales Gewissen von rot-grün-rot bei den Wählern empfehlen - und als rationaler Vermittler zwischen den dauerzankenden Grünen und SPD. In dem Wissen, dass es ohne diese beiden keine Chance für sie gibt, linke Ziele auch zu verwirklichen.

Dafür brauchen die Linken die gut 250.000 Stimmen, die sie schon 2021 bekommen haben. Besser wären natürlich mehr, rechnet Parteichefin Katina Schubert vor und schwört alle auf einen harten Wahlkampf ein. Und einen kalten: Der Winterwahlkampf sei eine "Zumutung", sagt sie. "Also besorgt euch vor allem Schuhsohlen mit Thermo. In die Füße kriecht die Kälte besonders eklig an den Ständen."

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Beitrag von Sebastian Schöbel

32 Kommentare

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  1. 32.

    Klingt als hätten sie bereits gaanz viel gearbeitet. Dann sind sie also auch ein Leistungsträger, also jemand der etwas in die Kasse einzahlt und nicht nur raus holt. Willkommen im Club ! Wir werden nur immer weniger ...

  2. 31.

    Klingt als hätten sie bereits gaanz viel gearbeitet. Dann sind sie also auch ein Leistungsträger, also jemand der etwas in die Kasse einzahlt und nicht nur raus holt. Willkommen im Club ! Wir werden nur immer weniger ...

  3. 30.

    Sie diskriminieren. Spalten die Bewohner. Berlin gehört allen Menschen. Sie sind wahrscheinlich auch nicht in Berlin geboren, nicht wahr? Und glauben jetzt hier mit Schubladendenke über andere pauschal urteilen zu können. Haben Sie sich mal selbst gefragt, warum Sie fremdenfeindlich sind?


  4. 29.

    Also ich persönlich hätte so gar nichts gegen eine Ausweitung des gemäßigten, liberalen Islams in Europa.

    Und das meine ich vollkommen ernst - egal was mir gleich von zu erwartender Seite unterstellt wird (z. B. Max, SlaveofMordor). ;-)

  5. 28.

    Ja und, wo ist das Problem!? Die Idee Sozialismus prägt unsere Gesellschaft seit fast 200 Jahren! Viele Soziale Errungenschaften unserer Zeit haben ihren Ursprung genau dort! Auch wenn Faschisten und so manche Christen gerne etwas anderes proklamieren!
    Und wenn im Westen nichts neues, dann vorwärts und nicht vergessen ...!
    Moorsoldaten gibt es immer!

  6. 27.

    „Und als Sahnehäupchen sich dann noch vor der wirtschaftlichen Verantwortung drücken. „

    Sie meinen damit sicherlich den Länderfinanzausgleich, der Sie und mich in unserem individuellen Dasein innBerlin subventioniert ?

    Also die sozialen Transferzahlungen für das Armenhaus Berlin.

    Berlin braucht nicht links, sondern fremdregierung.

  7. 26.

    Tja, wer lesen kann und will, ist klar im Vorteil! Ihre Aussage bestätigt doch einzig, ihre Unwissenheit! Das Sie sich nicht einmal das Programm oder mit den Inhalten der Linken auseinander gesetzt haben! Mehr nicht! Das kommt sozusagen wie:
    `SEHT ALLE HER, WAS ICH NICHT WEIß!´ --jaaa, danke, herzlichen Glückwunsch....

  8. 25.

    Das einzige BLA BLa welches wir ertragen müssen, unzwar seit über zwanzig Jahren, ist die immerselbe Laier von den sogenannten Leistungsträgern, die eigentlich nix leisten, dabei Millionen verdienen, siehe Friedrich Merz, aber ganz gross dabei sind ,wenn es um das Kürzen des Geldes für Bedürtige sind. Seit über zwanzig Jahren heucheln, lügen, veruntreuen, verschulden, abschöpfen, ausbeuten und leugnen, danke cDU/cSU, Fdp das ihr unsere Welt keinen Deut besser gemacht habt!
    Und nein, daran hat Putin keine schuld!

  9. 24.

    Jo, wenn Sie mit konstruktiver Kritik nicht umgehen können, wen juckts!? Ich habe nur auf ihre Idee reagiert. Worin sich in meinem Beitrag Neid und Missgunst äussert, erschliesst sich mir nicht. Ihre Idee birgt einfach Ungerechtigkeiten, wenn sie das nicht selber merken, kann ihnen wohl keiner weiter helfen!

  10. 23.

    Wie immer, bla bla in gleicher Manier, und sonst nichts, keine Fakten, keine Argumente,................

  11. 22.

    Können Sie auch anders als Schubladendenke, Neid und Missgunst? Worauf basiert denn Ihr Erfahrungsschatz Hinsichtlich Herkunft und Gründen? Die Stadt sollte allen Menschen gehören und wir sollten hier nicht diskriminieren.

  12. 21.

    Der Sozialismus ist die Zielsetzung der Linke, genannt Demokratischer Sozialismus.

  13. 20.

    Ein Programm ist nie das, was dann gemacht wird. Es dient aber dazu, zu verschleiern, wem alles weggenommen wird. Bei den „Link*innen“ ist es klar: Alle „Reichen“ über Mindestlohn. Wetten?

  14. 19.

    Na das ist ja ne glorreiche Idee (Ironie off)!? Das heisst die Bayern und Schwaben, die hier teils für hohe Mieten sorgen, sollen auch noch wählen dürfen. So von wegen, wer sich ne zweite Wohnung leisten kann, hat auch mehr mitzureden!?
    Und als Sahnehäupchen sich dann noch vor der wirtschaftlichen Verantwortung drücken. Grossartige Einstellung Holger!
    Sie geben da ein gutes Beispiel weshalb Berlin links wählen sollte!

  15. 18.

    "Die politische Ausrichtung der Linke hat sich nicht geändert, man träumt immer noch von Sozialismus, und danach sieht auch die Themenwahl dieser Partei aus."

    Wie immer haben sie viel "Meinung" aber wenig Ahnung. Wer so etwas behauptet steht einen ganz anderen "Partei" sehr nahe und da kommt zwangsläufug das Gesülze von Sozialismus oder SED und Mauerschützenpartei, sonst müßten sie sich ja inhaltlich mit dem Programm der Linken auseinandersetzen.

  16. 17.

    Man sollte übrigens auch Menschen mit langjährigem Zweitwohnsitz in Berlin das Wahlrecht zugestehen. Es handelt sich um gerade mal 130.000 Menschen mit Zweitwohnsitz in Berlin. Auch sollten die 17.000 Zweitwohnsitzsteuerzahlenden endlich davon befreit werden. Es ist eine absolute Last! Durch mehr Wahlberechtigtr käme es zu mehr Durchmischung und 250.000 Stimmen würden dann wohl nicht ausreichen, um Berlins Tagesgeschehen zu beeinflussen.

  17. 16.

    Die Linke ist doch nicht erst seit gestern in Berlin am mitspalten, äh ich meinte mitregieren. Welche Erfolge haben die denn ganz konkret in der Jahren der Verantwortung erreicht? Weil Motzen kann man doch in der Opposition als Lokalregierung muss man liefern, gerade auch über seine Regierungspartner öffentlich herzuziehen ist kein guter Charakterzug, Herr Lederer.

  18. 15.

    "Was für ein verlogen anmutendes Bild." Allerdings. Ihre frechen Lügen ("alle über Mindestlohn")haben sie wie üblich frei erfunden um sich nicht inhaltlich mit dem Programm der Linken auseinandersetzen zu müssen.

    Können sie auch gar nicht, sie haben schlicht keine Argumente und müssen uns ihre alten Märchen wiederholen.

  19. 14.

    Sorry, OT. Aber Thermosocken waren heute bei Santa Claus on Road e.V. auch angebracht. Meine, da wurde auch viel Rotes getragen. Sogar 'ne "Jubi-Tour" - die 25. - und beim RBB - nichts davon. So, ich wärm' mich jetzt am Ofen auf.

  20. 13.

    Für heißt es dieser Senat muß abgewählt werden um endlich einen Politikwechsel in dieser Stadt zu erreichen.

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