Gemeinsame Verfassungsbeschwerde aus Berlin - Klage gegen Wahlwiederholung kommt vor Bundesverfassungsgericht

Fr 16.12.22 | 18:32 Uhr
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Eine Frau gibt in einem Wahllokal Wahlzettel für die Wahl des Abgeordnetenhauses und den Volksentscheid in Berlin ab. (Quelle: dpa/Sebastian Gollnow)
Audio: radioeins | 16.12.2022 | Boris Hermel | Bild: dpa/Sebastian Gollnow

43 Berlinerinnen und Berliner wollen, dass das Bundesverfassungsgericht nochmal überprüft, ob die Wahl zu Abgeordnetenhaus und Bezirksparlamenten wirklich komplett wiederholt werden darf. Am Freitag haben sie Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Die vollständige Wiederholung der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen landet nun doch vor dem Bundesverfassungsgericht. Wie ein Gerichtssprecher dem rbb bestätigte, ging dort im Lauf des Freitags eine Verfassungsbeschwerde in Form eines Eilantrages ein.

Insgesamt 43 Beschwerdeführende wenden sich damit gegen das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs, der die Wahlen vom 26. September 2021 wegen einer Vielzahl von schweren Fehlern für ungültig erklärt und deshalb eine komplette Wiederholung der Wahl angeordnet hatte. Als Termin für die Neuwahl, die auch die zwölf Bezirksparlamente betrifft, hat der Landeswahlleiter den 12. Februar 2023 bestimmt.

Bezirkspolitiker von Boxberg: "Warum ungültig, wenn es hier kaum Fehler gab?"

Nach rbb-Informationen sollen unter den 43 Personen mehrere Berliner Politiker verschiedener Parteien auf Bezirks- und Landesebene sein. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" über diesen Aspekt berichtet. Einer der Beschwerdeführer ist der Vizefraktionsvorsitzende der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung von Tempelhof-Schöneberg, Bertram von Boxberg. Nach seinen Angaben haben sich sowohl Wählerinnen und Wähler, aber auch Mandatsträger mehrerer Parteien zu der Verfassungsbeschwerde zusammengeschlossen.

Aus Sicht von von Boxberg habe der Berliner Verfassungsgerichtshof die Mandatsrelevanz der Wahlfehler nicht ausreichend nachgewiesen, um eine Komplettwiederholung der Abgeordnetenhaus- und BVV-Wahlen zu rechtfertigen. So habe es in seinem Bezirk keine gravierenden Fehler in den Wahllokalen gegeben. "Warum soll eine Wahl in Tempelhof-Schöneberg ungültig sein, wenn es hier kaum Fehler gab?", sagte von Boxberg am Freitagabend dem rbb.

Zudem sei in keiner Weise nachvollziehbar, dass die Bundestagwahl nur in Teilen, die Abgeordnetenhaus- und BVV-Wahlen aber komplett wiederholt werden sollten. Bertram von Boxberg sagte, er lege Wert darauf, dass er die Beschwerde als Privatperson und nicht als Vertreter der Grünen unterstütze.

Zunächst keine Auswirkungen auf Wiederholungswahl am 12. Februar

Der Verfassungsgerichtshof hatte in seinem Urteil vom 16. November keine Notwendigkeit gesehen, sein Urteil selbst in Karlsruhe zur Prüfung vorzulegen. Betroffene können dennoch selbst Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einlegen, wie gegen jede andere Gerichtsentscheidung auch. Die Frist für solche Beschwerden läuft Freitagnacht ab.

Der Sprecher des Bundesverfassungsgerichts machte keine Angaben zur Identität der Beschwerdeführenden. Zum weiteren Verfahren erklärte er, die Verfassungsbeschwerde werde zeitnah bearbeitet. Ob die Karlsruher Richterinnen und Richter die Beschwerde überhaupt annehmen, ist jedoch offen. Ähnlich gelagerte Klagen beispielsweise zur für ungültig erklärten Hamburger Bürgerschaftswahl 1991 hatte das Bundesverfassungsgericht nicht angenommen.

Direkte Auswirkungen auf den Zeitplan bis zur Wiederholungswahl am 12. Februar hat die aktuelle Verfassungsbeschwerde zunächst nicht. Nach Angaben des Berliner Verfassungsgerichtshofs haben "etwaige außerordentliche Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung".

Bundesverfassungsgericht überprüft auch Wiederholung der Bundestagswahl

Die ebenfalls pannenreiche Bundestagswahl in Berlin vom selben Tag soll nur in bestimmten Bezirken wiederholt werden, in denen es nachgewiesene Probleme gab. Das hatte der Bundestag auf Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses am 10. November beschlossen.

Dass diese Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht überprüft wird, steht nach dem Eingang erster Wahlprüfungsbeschwerden schon fest. Die Frist hierfür läuft bis 10. Januar, bis Freitag waren laut Sprecher sechs Beschwerden eingegangen. Auch die Fraktionen von Union und AfD hatten jeweils eine eigene Wahlprüfungsbeschwerde angekündigt. Sie wollen eine breitere beziehungsweise vollständige Wiederholung der Wahl.

Sendung: radioeins | 16.12.2022 | 18:00 Uhr

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53 Kommentare

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  1. 52.

    Hallo Zicke, erst richtig lesen und dann antworten wäre besser!
    1. Ich wohne in Schönefeld (steht da) und das liegt in Brandenburg!
    2. Ich darf nicht mitwählen!
    3. Mache ich immer Briefwahl (steht im Text), daher kann ich bei Wahlen entweder Tee und Keks oder den Liegestuhl am Wahltag genießen.
    Schönen Abend! :-)

  2. 51.

    Hallo Ein Radfahrer,

    SCHADE, dass Sie lieber Zuhause sitzen bleiben bei Kaffee und Kuchen.

    Eigentlich sollte JEDER VERANTWORTUNGSBEWUSSTE wählen ob vor Ort oder per Briefwahl.

    Da sind Ihnen die ALTEN und GEHBEHINDERTEN weit voraus, denn sie nehmen VERANTWORTUNG noch ernst.

  3. 50.

    Hallo T. Becker,
    NEIN IST ES NICHT !!

    Leute, die nicht wählen gehen sind oft die, die über die GEWÄHLTEN am meisten meckern und mosern aber selber keine Stellung beziehen.

    AUßERDEM
    vergessen Sie bitte nicht, dass die Stimmen der NICHTWÄHLER auf alle Parteien prozentual verteilt werden.

    Evtl. profitiert auch eine Partei davon, die

    SIE SELBST AUF KEINEN FALL

    gewählt hätten.

    WOLLEN SIE DAS ?

  4. 49.

    Ja die Grünen
    .
    Kleben an ihren Pöstchen

  5. 48.

    @Horst
    Auf Bezirksebene ändert sich. Die Bürgermeister bleiben.
    Die sind für die Legislaturperiode gewählt,oder sie müssen von den Verordneten abgewählt werden, s.Mitte

  6. 47.

    Wer sind denn die Alternativen für diejenigen Wähler, die das letzte Mal Grün gewählt haben? Weil die müssen anders wählen, damit die Grünen nicht so viele Stimmen bekommen.

    OK, mit einer sehr starken CDU und damit der GroKo könnte Berlin noch die Grünen "abwählen". Aber da müssten hauptsächlich AfD-Wähler taktisch klug wählen - da erwartet man wohl zuviel. Und wir hätten schon wieder ne GroKo an der Backe.

  7. 46.

    Ich hoffe, Giffey sammelt noch möglichst viele Stimmen von den Grünen ein.
    Am besten wäre eine CDU/SPD-Koalition, damit es endlich wieder aufwärts geht in Berlin.

  8. 44.

    Die alles entscheidende Frage, wenn man konsequent alles, aber auch wirklich alles, bis ganz zu Ende denkt ist: Darf der VW-Bulli zukünftig in der Stadt fahren und parken?

  9. 43.

    Vielleicht sollten ältere Menschen von der Briefwahl Gebrauch machen

    Ich hatte genug Diskussionen, warum Rollifahrer wegen dem defekten Aufzug nicht ins Wahllokal kommen konnten.

  10. 42.

    Diese Angst vor Wahlen ist für mich unbegreiflich.
    Das Berliner Verfassungsgericht hat doch nun eindeutig geurteilt.
    Die Wahl wurde für ungültig erklärt - und jeder sollte sich damit abfinden.

  11. 41.

    Die Grünen kommen nur wieder an die Macht, wenn sie gewählt werden. Jeder Wähler hat doch selbst in der Hand, wen er wählen will.

  12. 40.

    Frau Giffey muss sich vor der Neuwahl nur richtig positionieren und ein weiterso mit den Grünen ablehnen. Dann wird die SPD auch wieder vorne sein. Frau Jarasch kann dann wieder nach Augsburg ziehen.

  13. 39.

    Kläglich, wenn Politiker Angst davor haben, nicht wieder gewählt zu werden. Wer sich sein Amt einklagen muss, hat es nicht verdient.

  14. 38.

    Bertram von Boxberg , Grüne , das sagt doch schon alles.

  15. 37.

    Zitat aus dem Beitrag, fünfter Abschnitt -

    "Zudem sei in keiner Weise nachvollziehbar, dass die Bundestagwahl nur in Teilen, die Abgeordnetenhaus- und BVV-Wahlen aber komplett wiederholt werden sollten. Bertram von Boxberg sagte, er lege Wert darauf, dass er die Beschwerde als Privatperson und nicht als Vertreter der Grünen unterstütze."

    Ich beziehe mich auf diese Aussagen.

  16. 36.

    " "Warum soll eine Wahl in Tempelhof-Schöneberg ungültig sein, wenn es hier kaum Fehler gab?""
    Ach Herr von Boxberg - genau deshalb. Es gab Fehler. Ein bisschen schwanger geht ja auch nicht.

  17. 35.

    Eine NACHWAHL ist nur in den Berliner Wahllokalen erforderlich, in denen MANDATSRELEVANTE Fehler aufgetreten sein könnten.

    Ob das BUNDESVERFASSUNGSGERICHT das auch so sieht oder zumindest den Eilantrag (gegen das „Wahlurteil“ des Berliner Verfassungsgerichtshofes)als begründet anerkennt, wird sich zeigen.

  18. 34.

    "Wer noch?"

    Na ganz klar die FDP. Denn da besteht die Gefahr, dass sie aus dem Abgeordnetenhaus fliegen.

    Die SPD, die könnte Platz 1 und damit den Posten des Regierenden Bürgermeister verlieren.

    Wie es auf Bezirksebene aussieht, keine Ahnung.

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