Senatoren, Staatssekretäre, Leitungsposten - Diese Kosten könnten durch einen Regierungswechsel entstehen

Do 23.03.23 | 06:13 Uhr | Von Thorsten Gabriel
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Symbolbild: Abgeordnetenhaus Berlin. (Quelle: dpa/C. Koall)
Audio: rbb24 Inforadio | 23.03.2023 | Sabine Müller | Bild: dpa/C. Koall

Um Stadträte in den Bezirken während der laufenden Wahlperiode abzulösen, musste das Abgeordnetenhaus erst eine teure Sonderlösung auf den Weg bringen. Personalwechsel auf Senatsebene sind dagegen klar geregelt – die Kosten aber auch. Von Thorsten Gabriel

Normalerweise sind es beliebte Fragen am Ende einer Wahlperiode: Wie viel Geld bekommt eine Senatorin, wenn sie nicht mehr in Amt und Würden ist? Was erhalten Staatssekretäre, die in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden?

Vorerst steht fest: Wenn die jetzige rot-grün-rote Regierung mutmaßlich Ende April oder Anfang Mai abtritt, wären die finanziellen Folgen auf Senatsebene deutlich geringer als am Ende einer vollen Wahlperiode – und das nicht nur, weil die SPD an Bord bliebe, sollte es zu einer schwarz-roten Koalition kommen. Vor allem liegt es daran, dass unter den derzeitigen Regierungsmitgliedern fast keine "Oldies" zu finden sind.

Nur zwei Senatoren hätten Anspruch auf Ruhegehalt

Unter den Regierungsmitgliedern von Grünen und Linken hat sich bislang einzig Bürgermeister und Kultursenator Klaus Lederer (Linke) ein Anrecht auf spätere Zahlungen im Ruhestand erarbeitet. Ein Ruhegehalt steht Senatorinnen und Senatoren nämlich erst nach vier Jahren Amtszeit zu. Lederer ist seit Ende 2016 im Amt und hätte damit ab dem 55. Lebensjahr Anspruch auf rund 33 Prozent seines jetzigen Gehalts. Als Bürgermeister erhält Lederer derzeit 15.670 Euro monatlich. Im Ruhestand käme er somit auf etwa 5.200 Euro pro Monat.

Auch bei der SPD gibt es derzeit nur ein Senatsmitglied, dass länger als vier Amtsjahre dabei ist: Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel. Er ist bereits seit Ende 2014 im Amt, zunächst verantwortlich für Stadtentwicklung und Umwelt, dann von 2016 bis 2021 für Inneres und Sport und seit 2021 wieder für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Als Senator stehen ihm 14.700 plus Familienzuschlag zu. Träte er mit dem Regierungswechsel ab, hätte er sich Anspruch auf rund 38 Prozent seines derzeitigen Gehalts erworben. Das wären monatlich rund 5.600 Euro.

Alle Senatsmitglieder hätten Anspruch auf Übergangsgeld

Ein Sonderfall wäre Franziska Giffey (SPD): Sie wird zwar nach jetzigem Stand ihr Amt als Regierende Bürgermeisterin aufgeben, einer neuen Landesregierung aber höchstwahrscheinlich als Senatorin angehören, sollte die zustande kommen. Würde Giffey wider Erwarten doch aus dem Senat ausscheiden, brächte sie es nicht auf die notwendigen vier Amtsjahre für einen Anspruch auf Ruhegeld. Allerdings sieht das Berliner Senatorengesetz vor, dass der Senat ihr ihre frühere Tätigkeit als Bundesfamilienministerin von 2018 bis 2021 als Amtszeit anrechnen könnte. Damit hätte auch sie Aussicht auf ein Ruhegehalt ab dem 55. Lebensjahr.

Unabhängig vom späteren Ruhegehalt steht allen ausscheidenden Regierungsmitgliedern in jedem Falle direkt nach dem Ende ihrer Amtszeit ein sogenanntes "Übergangsgeld" zu. Für jeden Monat Amtszeit gibt es einen Monat Übergangsgeld – allerdings maximal für zwei Jahre. In den ersten drei Monaten entspricht dieses Übergangsgeld dem bisherigen Gehalt, danach halbiert es sich. Bei Senatsmitgliedern, die nach ihrer Amtszeit in einen neuen Job wechseln, wird das neue Einkommen ab dem zweiten Monat vom Übergangsgeld abgezogen. Auch auf die maximal zwei Jahre Übergangsgeld kämen nur der Lederer und Geisel.

Mehr Staatssekretäre im einstweiligen Ruhestand als im aktiven Dienst

Für Schlagzeilen sorgt häufig die Leitungsebene unterhalb der Senatsriege: Die vom Senat ernannten Staatssekretärinnen und Staatssekretäre sind politische Beamte auf Lebenszeit, die Anrecht darauf haben, auch dann bezahlt zu werden, wenn sie ihre Staatssekretärsaufgaben nicht mehr wahrnehmen, weil sie in den "einstweiligen Ruhestand" versetzt wurden.

Das geschieht durchaus häufig, vor allem aber nach Regierungswechseln. Deshalb sind schon seit einigen Jahren in Berlin mehr Staatssekretärinnen und Staatssekretäre im einstweiligen Ruhestand unterwegs als im aktiven Dienst: 21 dieser Führungskräfte sind derzeit aktiv, 35 Staatssekretärinnen und Staatssekretäre befinden sich außer Dienst.

6,8 Millionen Euro für ausgeschiedene Staatssekretäre

Wer in den einstweiligen Ruhestand versetzt wird, erhält zunächst für drei Monate seine vollen Bezüge (Besoldungsgruppe B7, derzeit 10.810 Euro) weiter. Anschließend besteht Anspruch auf ein Ruhegehalt. Für maximal drei Jahre liegt dieses Ruhegehalt bei 71,75 Prozent des bisherigen Solds. Die Höhe des weiteren Ruhegehaltes richtet sich nach der Anzahl der Dienstjahre, beträgt aber mindestens 35 Prozent der ursprünglichen Bezahlung. Allerdings werden Einkünfte aus neuen Jobs auf das Ruhegehalt angerechnet.

In den vergangenen zehn Jahren gab das Land Berlin für Staatssekretäre im einstweiligen Ruhestand insgesamt 6,8 Millionen Euro aus, wie aus einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Antwort der Senatsfinanzverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage hervorgeht [pardok.parlament-berlin.de]. Bei den meisten Staatssekretären im einstweiligen Ruhestand zahlt das Land derzeit nichts, weil sie entweder neue Jobs in der Privatwirtschaft haben oder mittlerweile in anderen Bundesländern oder beim Bund arbeiten.

Zahlreiche Posten in Leitungsstäben könnten umbesetzt werden

Wenn sich eine neue Regierungskoalition bildet, kommt es aber nicht nur unmittelbar im Senat zu Personalwechseln, sondern auch in den dazugehörigen Leitungsstäben – je nachdem, ob ein Senatsressort künftig von einer anderen Person oder auch einer anderen Partei besetzt wird oder nicht. Pro Senatsverwaltung sind potenziell rund ein Dutzend Leute davon betroffen: Büroleiter:innen, Referent:innen, Pressesprecher:innen – alles Jobs, bei denen ein enges Vertrauensverhältnis zum jeweiligen Senatsmitglied oder zu den Staatssekretärinnen und Staatssekretären zwingend erforderlich ist.

Nimmt man allein die derzeit von Grünen und Linken verantworteten Ressorts, geht es hier um insgesamt rund 70 Posten in den Leitungsstäben. Gingen zusätzlich zurzeit von der SPD besetzte Senatsverwaltungen an die CDU, wären weitere Leitungsstäbe neu zu besetzen.

Allerdings sind Büroleiter:innen oder Referent:innen nicht verbeamtet, sondern haben befristete Arbeitsverträge. In manchen Fällen ist diese Befristung an die Amtszeit eines Senators oder einer Senatorin gebunden. Stichprobenartige rbb-Nachfragen zeigen allerdings, dass diese Arbeitsverträge häufig auch an die Legislaturperiode gebunden sind und damit bis ins Jahr 2026 laufen. Hier könnte es also zu zusätzlichen Ausgaben kommen, weil neue Referent:innen und Sprecher:innen eingestellt werden, die Arbeitsverträge des bisherigen Personals aber weiterlaufen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 23.02.2023, 06:00 Uhr

Beitrag von Thorsten Gabriel

22 Kommentare

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  1. 22.

    Sich selbst mit Politiker*innen und ihren Staatssekretär*innen zu vergleichen, ist das Gleiche wie Äpfel mit Birnen. In die Politik wollen - und können - Wenige einsteigen und bleiben, die meisten haben Bildungsvitas so lang wie mancher Unterarm. Klar kann man über die Regelungen zu Ruhegeldern etc. reden, die Ausgaben dort senken. Allerdings wird diese Normalität hier von manchen Kommentierenden als Skandal dargestellt. Es geht im auslaufenden Senat um zwei - in Zahlen, 2 - Personen und allein die letzten zehn Jahre an Ausgaben für alle im Ruhestand befindlichen Staatssekretär*innen sind nicht groß genug, um damit auch nur eine Schule zu sanieren, die allermeisten der ehem. Sekretär*innen haben sich ohnehin selbstversorgt durch andere Arbeit. Wem das Gras auf der anderen Seite viel grüner erscheint, der muss auch Qualifikationen und Erfahrung mitbringen, die Arbeit zu leisten, im gleichen Berufsfeld arbeiten und kann dann anfangen, Sozialneid zu verbreiten.

  2. 21.

    Es ist noch viel schlimmer. Wenn man jenseits jeder Sachebene weiter Falsches verfolgt, immer wieder, die Leute sich trotzdem nicht umerziehen lassen wollen, dann darf man auch mal die Frage nach der moralischen Einstellung stellen. Öffentliche Gelder und die Kunden sind mehr wert als nicht gewollter und erzieherisch daherkommender, oft missionarisch wahrgenommener „Haltungsjournalismus“.

  3. 20.

    Ausbeutung der Bevölkerung mit System. Ist das ein Projekt, in dem man testet, wie weit man die eigene Bevölkerung benachteiligen kann und sie dazu schweigt? Denke, man sollte es nicht auf die Spitze treiben. Die Bevölkerung ist nicht dumm.

  4. 18.

    Herbert G.Donnerstag, 23.03.2023 | 08:26 Uhr
    "Das liegt auch daran, dass die Linke, besonders die Grünen, auch die SPD, ihr Klientel mit Posten und Pöstchen versorgt hat. Soviel Staatssekretäre gab es in keiner Legislatur vorher.
    Nicht können, nichts machen - abgreifen, die Devise."

    Das ist in dieser Auswahl tatsächlicher oder vermeintlicher Parteizugehörigkeit schlicht falsch. Die Sache mit dem Posten liegt in der Logik der Struktur und wir bis ans Ende der Menschheit immer wieder überprüft werden müssen.
    Sie finden es insbesondere eben bei CDU, CSU, FDP, AfD ganz genauso.

    Also Vorsicht mit Reden, die in der Folge funktionelle Lüge sind.
    Suchen Sie sich sachliche Wege und Argumente DIE LINKE, GRÜNE, SPD zu kritisieren.
    Was Sie hier tun ist nur selektives Raunen.

  5. 17.

    Ob das wirklich ausser Frage steht und die „Kosten für das Volk“ unter einer neuen Regierung tatsächlich niedriger werden, wird die Zukunft zeigen.

  6. 16.

    Das Argument der materiellen Verantwortung wurde schon so oft eingebracht.
    Der Wahlwiederholung ist doch eine durch menschliche Misswirtschaft vorausgegange Situation vorgeschaltet gewesen. Kausale Kette....
    Nun ist das Dilemma da. Wozu eine Wahlwiederholung, wenn dann alles beim Alten bleibt? Und da ist dann auch bspw. ein Bürgermeister, der alleine auf Abgeordnete zählen muss, die nicht seiner Partei angehören. Das Chaos will wohl auch niemand erleben.

  7. 15.

    Na, ist doch schön wie die Regierung sich um seine Leute kümmert. Mit 55 in den Ruhestand mit 5000€ könnte ich auch leben. Ich habe bis 62 gearbeitet und bekomme 800€.
    Kein Wunder das dann immer mehr die keine Lust für Schule oder Ausbildung haben in die Politik gehen. Es zeigt das man nur Visionen haben muss oder besser Träumereien um zu regieren und ein Land kaputt zuwirtschaften ohne Rücksicht auf das Volk.

  8. 14.

    Das falsche Deutsch im Plural geht einem derart auf dem Senkel, dass es schon langsam weh tut, bei jedem lesen. Die moderne Lehrmeinung hat sich von diesem „oben herab“ und erzieherischen, oft beleidigenden Sprachgebrauch längst verabschiedet. Und der Datenschutz auch: Wer gehört dazu und wer nicht geht keinem was an!

    P.S. Beleidigend deshalb, weil negative Eigenschaften mit Absicht und damit diskriminierend nicht verwendet werden. Diese sollen den Männern vorbehalten bleiben.

  9. 13.

    Ganz genau so ist es wir leben auf der Erde und die Herrschaften in Saus und Braus. Wir müssen den Euro dreimal umdrehen ist doch alles so gewollt.

  10. 12.

    Ich frage mich wieso in den bezahlten Ruhestand auf Steuerzahler Kosten in der Verwaltung in dieser Stadt fehlen ganz viel Mitarbeiter/innen dort einsetzen bis die Zeit abgelaufen ist danach ein Angebot auf Dauerbeschäftigung. So könnte der Senat die Verwaltung Bürgerfreundlicher machen.

  11. 11.

    „Ruhegehalt ab dem 55. Lebensjahr“ - verstehe ich das richtig, dass die entsprechenden Politiker bei Unwilligkeit mit 55 Jahren in Rente gehen können ohne Abzüge zu erhalten? Das würde auch erklären warum man problemlos eine Arbeitszeit von 67 Jahren für die restliche Bevölkerung fordert.

  12. 10.

    Ebenso könnte man das Personal auf allen Ebenen extrem reduzieren.
    Senkung der Sitze im Abgeordnetenhaus auf 70-80
    Senkung der Sitze in der BVV von 55 auf 25-30
    - maßvolle Kürzung der Diäten
    - weniger anhängiges Personal
    - weniger Büros
    - weniger Fahrdienste
    - Beschneidung der Pensions-Regelungen
    - weniger Kosten
    Wir haben übrigens genug Branchen, wo händeringend Arbeitskräfte gesucht werden. Da könnte man im Politik-Segment problemlos deutlich reduzieren.

  13. 9.

    Das liegt auch daran, dass die Linke, besonders die Grünen, auch die SPD, ihr Klientel mit Posten und Pöstchen versorgt hat. Soviel Staatssekretäre gab es in keiner Legislatur vorher.
    Nicht können, nichts machen - abgreifen, die Devise.

  14. 8.

    Die Kosten entstehen nicht durch den Regierungswechsel!
    Sondern weil Politiker es versäumt haben, rechtzeitig schlanke finanzielle Regelungen zu beschließen.
    Da muss man sich dann über unseren Schuldenberg nicht wundern.
    Würden die Menschen sich die Ausgabenpolitik der Politik zum Vorbild nehmen, wären hier schon alle im Dispo oder privat hoch verschuldet.
    Und dann heißt es, der Bürger soll sich einschränken und Ressourcen schonen.

  15. 7.

    CDU/SPD sind hoffentlich schnell in Regierungsverantwortung im Berliner Senat.
    RRG redet(e) von Zukunft/Erfolg :)), die anderen tun es ohne zu palavern.
    Und weil die so Volksnah und sozial waren, machen die sich hinterher ungeniert immer noch die Taschen voll obwohl die bei der Wahl abgestraft wurden. Hoffe die nächste Wahl versetzt RRG einen letzten, starken Dämpfer

  16. 6.

    Zum ersten Satz…. Musste das AgH die Sonderlösung auf den Weg bringen? Allein politischer Anstand und Wille hätte gereicht alle Bezirksamtsmitglieder mit der erforderlichen 2/3 Mehrheit abzuwählen und dann neu zu besetzen. Daran hatte man aus Versorgungsgründen aber kein Interesse. Und wenn schon eine Sonderlösung zu Abfederung gemacht wird, hätte die auch anders gestaltet werden können mit einem Übergangsgeld was deutlich kürzer läuft und nicht bei 100 Prozent liegt.

    Ihre Formulierung suggeriert eine Alternativlosigkeit die einfach nicht gegeben ist.

  17. 5.

    Politiker:innen bekommen mMn viel zu viel, für das, was sie leisten. Ein paar Jahre viel Wind um nichts und dann weiter zu hohe Bezüge. Ein Schlag ins Gesicht für regulär arbeitende Personen und ein Mosaiksteinchen der kranken Gesellschaft.

  18. 4.

    Einfach nur lächerlich gegen die Kosten für das Volk wenn diese Regierung im Amt bleibt ! Das steht wohl außer Frage!!!!

  19. 3.

    Als ich diesen Artikel gelesen habe, konnte ich es nicht fassen, was Politiker sich nach wenigen Jahren in die Taschen stecken. Ich als Beispiel für viele Menschen..... 42 Jahre Hart gearbeitet, Rücken kaputt gemacht und Anspruch auf 1700€ Brutto Rente. Die Politiker wissen doch gar nicht wie es in der Realität aussieht bei solchen Bezügen.

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