Mögliches Bündnis mit der CDU in Berlin - SPD-Mitglieder können nur noch heute über Koalitionsvertrag abstimmen
Die Entscheidung wird mit Spannung erwartet: Noch bis 23:59 Uhr am Freitag können Mitglieder der Berliner SPD über den Koalitionsvertrag mit der CDU abstimmen. Bislang haben das rund zwei Drittel getan. Am Sonntag wird das Votum verkündet.
Die Frist für die Abstimmung über den Koalitionsvertrag mit der CDU endet für die Berliner SPD-Mitglieder am Freitag eine Minute vor Mitternacht.
Fast zwei Drittel der Berliner SPD-Mitglieder haben sich bereits an dem Votum beteiligt. Bis Freitagvormittag (10:00 Uhr) haben nach Angaben der Partei 11.451 von 18.556 stimmberechtigten Mitgliedern an dem Mitgliedervotum teilgenommen. Es war am 4. April gestartet. Die nötige Mindestbeteiligung von einem Fünftel der Stimmberechtigten (3.714) war bereits lange vorher erreicht.
Die Auszählung soll am Sonntagmorgen im Kurt-Schumacher-Haus, der Berliner SPD-Zentrale, beginnen. An der Auszählung beteiligen sich nach Angaben der Partei rund 60 Mitglieder. Vorsitzende der Zählkommission ist Ina Czyborra, die auch stellvertretende Landesvorsitzende ist. Das Ergebnis soll am Nachmittag mitgeteilt werden.
Giffey und Saleh sehen Handschrift der SPD
Die Sozialdemokraten haben in den vergangenen Wochen immer wieder über das mögliche Zweierbündnis mit den Christdemokraten gestritten. Sollte die Mehrheit der SPD-Mitglieder mit Nein stimmen, wird es für die Landesvorsitzenden Franziska Giffey und Raed Saleh, die sich für Schwarz-Rot starkmachen, problematisch. In diesem Fall ist mit Rücktrittsforderungen zu rechnen. Schließlich hatte die Hauptstadt-SPD nach der Wiederholungswahl im Februar auch die Möglichkeit, die bisherige Regierungskoalition mit Linken und Grünen fortzusetzen.
Giffey und Saleh argumentieren, der mit der CDU ausgearbeitete Koalitionsvertrag trage eine klare sozialdemokratische Handschrift. Zu den Schwerpunkten gehören mehr Anstrengungen beim Wohnungsbau, ein Milliardenprogramm für mehr Klimaschutz, eine Reform der Berliner Verwaltung sowie eine bessere Ausstattung von Polizei und Feuerwehr. Vereinbart haben CDU und SPD außerdem, dass beide Parteien jeweils fünf Senatsverwaltungen bekommen sollen - und die CDU den Chefsessel im Rathaus.
Jusos von Ablehnung überzeugt
Gegen den Koalitionsvertrag haben sich unter anderem die Jusos ausgesprochen. "Unser Eindruck ist, dass die Stimmung in den letzten Wochen in Richtung einer Ablehnung des Vertrages gekippt ist", sagte Juso-Landesvorsitzende Sinem Tasan-Funke der Deutschen Presse-Agentur.
Manche Stimmen in der SPD plädieren dafür, lieber gleich in die Opposition zu gehen und Schwarz-Grün die Regierung zu überlassen. Vor der politischen Zuschauerrolle hatte aber nicht zuletzt Giffey mehrfach gewarnt, die noch Regierende Bürgermeisterin ist und davon ausgeht, beim Zustandekommen einer rot-schwarzen Koalition Senatorin zu werden. Für das Bündnis mit der CDU war sie immerhin bereit, auf ihre bisherige Spitzenposition im Roten Rathaus zu verzichten. Bei einer Fortsetzung von Rot-Grün-Rot hätte sie Regierende Bürgermeisterin bleiben können. Aber dass Grüne und Linke sich noch einmal mit ihr an den Regierungstisch setzen würden, gilt als eher unwahrscheinlich.
Wegner könnte Donnerstag zum Regierenden gewählt werden
Die CDU will am Montag bei einem Parteitag über den Koalitionsvertrag entscheiden. Stimmen beide Parteien zu, könnte CDU-Landeschef Kai Wegner am Donnerstag (27. April) bei der Plenarsitzung im Abgeordnetenhaus zum ersten Regierenden Bürgermeister seiner Partei seit 2001 gewählt werden.
Sendung: Radioeins, 21.04.2023, 13:00 Uhr