Wahlwiederholung in Berlin - Berliner Grüne küren Bettina Jarasch mit deutlicher Mehrheit zur Spitzenkandidatin

Sa 19.11.22 | 21:22 Uhr
  243
Die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen für die anstehende Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, Bettina Jarasch, kommt zur Sitzung des Landesausschusses ihrer Partei. (Quelle: dpa/P. Zinken)
Audio: rbb24 Abendschau | 19.11.2022 | Boris Hermel | Bild: dpa/P. Zinken

Bei der Wiederholung der Berlin-Wahl im Februar soll Bettina Jarasch die Grünen zum Sieg führen. Beim Kleinen Parteitag stimmten 92,5 Prozent der Delegierten dafür, dass sie für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin antreten soll.

Die Berliner Grünen haben am Samstagmittag Bettina Jarasch zu ihrer Spitzenkandidatin für die Wahlwiederholung am 12. Februar gewählt. Für die amtierende Verkehrs- und Umweltsenatorin stimmten beim Kleinen Parteitag in Berlin 37 von 40 anwesenden Delegierten, was einer Zustimmung von 92,5 Prozent entspricht. Die 53-Jährige führte die Grünen bereits im Vorjahr in den Wahlkampf.

Laut Urteil des Landesverfassungsgerichts müssen die Parteien mit denselben Bewerberinnen und Bewerbern antreten wie am 26. September 2021 - das gilt für Listen- wie für Direktkandidaten. Gleichwohl kürten die Grünen Jarasch nochmals zur Spitzenkandidatin. Das wäre eigentlich nicht nötig gewesen, war von der Spitze der Partei aber als Signal gedacht, um Jarasch den Rücken zu stärken.

"Wir packen das", rief Jarasch zuvor in ihrer Bewerbungsrede vor den Delegierten. Es komme in solchen Zeiten nicht darauf an, wer die größten Versprechungen mache, "und wer am lautesten schreit." Es komme darauf an, Versprechen auch umzusetzen.

Graf: "Mehr um Berlin als im Instagram kümmern"

Jarasch machte klar, dass sie weiter mit der SPD und der Linken regieren wolle, aber als Anführerin dieses Bündnisses: "Berlin hat eine neue Führung verdient, und ich bin bereit, diese Führung zu übernehmen." Die Verkehrssenatorin kündigte tiefgreifende Reformen an, vor allem eine "radikale Verwaltungsreform". Nach ihrem Willen sollen doppelte Zuständigkeiten - sogenanntes Behörden-Pingpong - vermieden werden.

"Man sollte meinen, dass das nicht gerade ein sexy Thema ist. Aber nach dem Wahldebakel, dass es überhaupt jetzt zu einer Wahlwiederholung kommt, ist es ein Thema, dass die Leute umtreibt, weil es zeigt, dass die Stadt nicht funktioniert", sagte Jarasch in der rbb24 Abendschau. Es gebe viele Alltagsbeispiele wie Anwohner-Parkausweis, Müll wegräumen, Kältehilfe im Winter organisieren für Obdachlose, wo es diese Pingpong-Spiele gebe. "Wir sind den Menschen eine funktionierende Stadt schuldig", so Jarasch.

Bisher sei es nicht so gewesen, dass die angepackt wurde. Eine Verwaltungsreform war im aktuellen Koalitionsvertrag vereinbart. "Denn das Problem ist ja nicht ganz neu", betonte Jarasch. Es habe in den 1990ern Reformen gegeben, die die Zuständigkeiten zwischen Bezirken und Land eben nicht klar verteilt haben. "Es ist nichts passiert. Es hätte aus der Senatskanzlei kommen. Das muss man von oben steuern", klagte Jarasch.

Jarasch übte Kritik an Koalitionspartner SPD

Die 53-Jährige übte deutliche Kritik am Koalitionspartner SPD, vor allem an der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey und dem jetzigen Bausenator Andreas Geisel, der bei der letzten Wahl Innensenator war. "Eins geht nicht: Erfolge für sich allein reklamieren, und sich gleichzeitig wegducken, wenn die Stadt nicht funktioniert, wie sie soll." Geisel hatte einen Rücktritt abgelehnt. Er sei für die Aufsicht der Wahl zuständig gewesen, nicht aber für deren Organisation.

Dass sich Zuständigkeiten ändern müssten und klarer werden, zwischen Senat und Bezirken, forderte auch Grünen-Fraktionschef Werner Graf: "Wir müssen Berlin ein Update verpassen und die Prozesse vom Kopf auf die Füße stellen. Dafür fehlt bisher der Wille, und der muss wirklich aus dem Roten Rathaus kommen." Graf griff die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey an: "Berlin hat es verdient, dass im Roten Rathaus eine Frau sitzt, die sich mehr um Berlin als um Instagram kümmert."

Jarasch will Klima-Volksentscheid am Wahltag abhalten

Jarasch kündigte an, gerade bei der Mobilitätswende und beim Kampf für bezahlbares Wohnen mehr Tempo machen zu wollen. Und: Der Klima-Volksentscheid müsse am Wahltag, also am 12. Februar 2023, mit abgestimmt werden.

Die Senatsinnenverwaltung hatte zuvor mitgeteilt, dass der Volksentscheid eher nicht am Tag der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl stattfinden werde. Da die zusätzliche Organisation des Volksentscheids in der Kürze eine enorme Herausforderung wäre.

Grüne fordern "politisches Bezirksamt"

Ein programmatischer Schwerpunkt der Grünen im Wahlkampf ist die Forderung nach einer umfassenden Verwaltungsreform, wie Jarasch und andere Redner auf dem Kleinen Parteitag deutlich machten. Nötig sei eine klarere Aufgabenverteilung zwischen Landesebene und Bezirken, damit die Stadt wieder funktioniere. Die Grünen plädieren für ein "politisches Bezirksamt": Bezirksbürgermeister und -stadträte sollen also nach ihrem Willen in Zukunft stärker als bisher entsprechend der Wahlergebnisse für die Bezirksparlamente gewählt werden.

Der Verfassungsgerichtshof hatte am Mittwoch entschieden, dass die Wahl zum Abgeordnetenhaus komplett wiederholt werden muss. Die Abstimmung sei wegen "schwerer systemischer Mängel" und vieler Wahlfehler ungültig. Am Freitag wurde der Wahltermin im Berliner Amtsblatt veröffentlicht.

Sendung: rbb24 Abendschau, 19.11.2022, 19:30 Uhr

Die Kommentarfunktion wurde am 21.11.2022 um 08:06 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

243 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 243.

    Ein wesentlicher Grund, warum am Ende die Nazis die Macht übernommen haben waren die Straßenkämpfe zwischen Kommunisten und Nazis und die schwache Reaktion der Demokraten auf diese Ausschreitungen. Der Demokraten, die es nicht schafften die beiden Feinde der Demokratie in Schach zu halten. Nicht Ihre einseitige Betrachtung der Geschichte ist die Richtige.

  2. 242.

    "Das wundert aber bei dem jahrzehntelang von der cDU dominierten Bezirk überhaupt nicht,"
    Also wenn man dem link von #238 Alfred Neumann folgt dann wird im rbb Video die CDU überhaupt nicht erwähnt sondern klar und deutlich gesagt wer die Anordnung für die Umleitung traf.

  3. 241.

    Sie sollten sich angewöhnen ihre verlinkten Beiträge auch durchzulen, bzw. anzuhören.

    Ulli Zelle: Wir fragten nach beim zuständigen Bezirksamt Reinickendorf. Und "urspünglich lag die Zustimmung [...] vor.

    Sie biegen sich mal wieder alles zurecht. Kennt man ja, das sie es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen, wenn sie gegen Grüne Oder Linke hetzen wollen.

  4. 240.

    Der Markt wirds regeln.. wir haben alle eine zweite Chance!!

  5. 238.

    Die Umleitung ist vom Team Jarasch angeordnet worden.
    vergl. https://www.rbb-online.de/abendschau/videos/20221119_1930/kopenhagen-radweg-mit-hindernis.html

  6. 237.

    "Die NSDAP wurde nicht durch die KPD gestärkt, sondern durch die bürgerlichen und rechten Parteien." Ja. Und durch Spenden aus dem Ausland.

  7. 236.

    Das ist Blödsinn. Die NSDAP wurde nicht durch die KPD gestärkt, sondern durch die bürgerlichen und rechten Parteien. Sie sollten mal tatsächlich ein Geschichtsbuch in die Hand nehmen, statt ihre Bildung aus Boulevardzeitungen zu beziehen.

  8. 235.

    Das ist kein Blödsinn sondern lässt sich an vielen Bespielen in der Geschichte ablesen. Wenn Sie das nicht wahrhaben wollen, ist das Ihre Sache. Bleiben Sie bei ihrer von Ideologie geprägten Sichtweise. Die Tatsachen zeigen etwas anderes.

  9. 234.

    Frau Jarasch hat nichts wirklich substantielles vorzuweisen. Insofern die goldrichtige Entscheidung für das sinkende Berlin-

  10. 233.

    Die Frage nach den Verdiensten von Frau Jarrasch hatte ich auch gestellt. Bisher kam da relativ wenig an Fakten - nichts!

  11. 232.

    Jaaaa,an dieser Nichtberlinerin scheiden sich die Geister.
    Sie versteht nicht wie Berlin tickt.Sie bedient ein Klientel das von der Stadt keine Ahnung hat.Dsdvwsd sie hier veranstaltet hat mit Demokratie nichts zu tun.Immethin schafft sie Fahrradwege die deutlich besser als Bürgersteige ausgestattet sind.Na Bravo.

  12. 231.

    ""Üblich" bei Veranstaltungen der AfD ist, dass die woke Blase solche Veranstaltungen völlig zu verhindern sucht. Der Journalist und Focus-Gründer Helmut Markwort sieht eine Mitverantwortung der Medien, dass Minderheitenthemen eine so große Aufmerksamkeit haben."

    Markwort sagt viel dummes Zeug wenn der Tag lang ist. Und manchmal redet er auch ihrer rechtsextremen AfD das Wort.

  13. 230.

    Ja die Grünen sind wieder an Allem Schuld.
    Vielleicht mal zum Nachdenken: Hätten wir schon vor 10 Jahren auf die Grünen gehört, wäre mehr für Klima und zukunftssichere Energieversorgung deutlich besser gestellt.
    Aber hier tummeln sich die "bloß alles so lassen wie immer" Leute.

  14. 229.

    "rfolg der AfD ist das Versagen der demokratischen Parteien. Extremismus auf der einen Seite fördert den Extremismus auf der anderen Seite."

    Das hört man von den Anhängern der Faschisten oft, nur ist das völliger Blödsinn.

  15. 228.

    Je extremer und je rücksichtsloser die Partei Die LINKE und die Grünen ihre Forderungen gegen die betroffenen Anwohner und andere Berliner durchzusetzen versuchen, je mehr Menschen wenden sich den extremen Rechten zu. Der Erfolg der AfD ist das Versagen der demokratischen Parteien. Extremismus auf der einen Seite fördert den Extremismus auf der anderen Seite.

  16. 227.

    Es haben schon viele Zugereiste versucht hier in Berlin die Politik neu zu erfinden. Jetzt versucht es Frau Jarasch aus die Stadt ein Bullerbü zu machen. Da sie in ihrer bayrischen Heimat nichts werden konnte versucht sie es bei den "dummen" Preußen in Berlin. Warum ist die Dame nicht in ihrer Heimat geblieben. Dort ist so viel Arbeit für sie.

  17. 225.

    Jarasch und das Tempomachen. In der Frage der Kreuzkröten, die am Pankower Tor die Neuerstellung von 2000 Wohnungen zur Zeit verhindern, Nabu, ich würde sagen eine Vorfeldorganisation der Grünen, hatte geklagt. Und das kann dauern, jubiliert Nabu. Schon im Frühjahr 22 hatte Frau Jarasch deswegen ein Gespräch mit dem Unternehmer, der jetzt die gewaltigen Verschleppungen für seine Investition beklagt. Jetzt ist Ende des Jahres und Frau Jarasch hat dafür sowieso keine Zeit, sie will ja jetzt Bürgermeisterin werden. Und Jarasch' Unterstützer von Nabu schlagen schonmal vor, das ganze Projekt abzublasen.

  18. 224.

    Wenn Bettina Jarasch so selbstherrlich und selbstverliebt lacht, erinnert sie mich stark an Egon Krenz.

Nächster Artikel