Kommentar | Berlin nach dem Wahl-Urteil - "It Wasn't Me" - Berlin macht den Shaggy

Do 17.11.22 | 18:56 Uhr | Von Sabine Müller
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Ein symbolischer Holzstempel mit der Aufschrift "Wahlwiederholung", gehalten von einer Hand über dem Plenarsaal im Abgeordnetenhaus in Berlin. (Foto: picture alliance/sulupress.de)
Audio: rbb24 Inforadio | 17.11.2022 | Andreas Geisel | Bild: picture alliance/sulupress.de

"It Wasn't Me", beteuert Sänger Shaggy in einem seiner Hits. Und beschreibt damit ziemlich gut die Lage in Berlin nach dem Urteil des Verfassungsgerichts Denn aktuell macht sich hier so mancher einen schlanken Shaggy-Fuß - kommentiert Sabine Müller.

"Ich war's nicht" – sagt Andreas Geisel, der Mann, der vor einem Jahr als Innensenator politisch für die Organisation der Pannenwahl verantwortlich war und jetzt Bausenator ist.

Ich war's nicht, zumindest nicht alleine, argumentiert Geisel, denn schuld an den Wahlpannen sei keine einzelne Person gewesen. Deshalb weist er alle Forderungen, Verantwortung zu übernehmen und zurückzutreten, vehement zurück. Nun ist es in der Politik sehr häufig so, dass nicht Einzelpersonen die Schuld an einem Versagen tragen, aber die politisch Verantwortlichen trotzdem personelle Konsequenzen ziehen. Das scheint Geisel aber nicht zu interessieren. Den Druck halte ich aus, sagt der Senator trotzig.

Giffey: War damals nicht in Verantwortung

Das stimmt wahrscheinlich, solange Franziska Giffey ihre schützende Hand über den SPD-Parteifreund hält und ihn nicht als zu große Belastung im Wahlkampf empfindet. Zumal die Regierende Bürgermeisterin selbst durchaus Sympathien für ein beherztes "Ich war's nicht" hat, wie ihre erste Reaktion auf das Urteil des Verfassungsgerichts zeigte. Gleich zu Anfang kam da die Kernbotschaft: Ich bin zwar heute in Verantwortung, aber war es damals, bei der Pannenwahl, nicht.

Vom Druck der Opposition auf Geisel wird sich Franziska Giffey vermutlich nicht beeindrucken lassen. Aber was ist mit dem Druck aus Reihen der rot-grün-roten Koalition selbst? Der grüne Fraktionschef Werner Graf wagte sich ziemlich vor, als er in der Abgeordnetenhaus-Debatte zu Giffeys Regierungserklärung kaum verklausuliert den Rücktritt des Senators forderte.

Nur noch peinlich

Andererseits: Wie ernst kann man eine solche Forderung nehmen, wenn sich ebendieser Politiker gleichzeitig selbst als begnadeter "Ich war's nicht" präsentiert? In seiner Rede beschrieb und kritisierte Werner Graf ein weitgehend dysfunktionales Berlin, das vom Kopf auf die Füße gestellt werden müsse und endlich ein Update ins neue Jahrtausend brauche. Ganz so, als hätten seine Grünen, die in der Hauptstadt seit sechs Jahren mitregieren, rein gar nichts mit der aktuellen Lage zu tun. Wahlkampfrhetorik in allen Ehren, Herr Graf – aber ein derart übertriebenes "Ich war's nicht" beziehungsweise "Wir waren's nicht" ist einfach nur peinlich.

Das geneigte Publikum tut aber sicher gut daran, sich schonmal auf die Berliner Shaggys einzugrooven, denn "It Wasn't Me" – "Ich war's nicht" – werden wir in den nächsten Monaten im Wahlkampf noch oft genug hören. Außer natürlich bei den Gelegenheiten, wo es Lorbeeren zu ernten gibt und alle schreien "Ich war's!"

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.11.2022, Andreas Geisel

Beitrag von Sabine Müller

54 Kommentare

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  1. 53.

    Tja, da hat man den Text von Beitrag # 39 nicht verstanden, und promt wird der Schreiber mit beleidigenden Unterstellungen konfrontiert.
    Na ja, Texte zu verstehen ist halt eine höhere "Liga", als die Rechtschreibung.

  2. 52.

    Ach Herr Neumann, was genau haben sie an "Ihre persönlichen Diffamierungen laufen bei mir ins Leere" nicht verstanden?

    Sie können gerne weiter mit Schaum vor dem Mund gegen mich giften, sie versüßen mir famit gerade den Nachmittag. Sie könnten es aber auch mit Argumenten versuchen, dumm nur dass sie keine haben.

    Wie heißt es so schön? "Ich würde mich gerne mit Ihnen geistig duellieren, aber wie ich sehe sind Sie unbewaffnet."

  3. 51.

    Als ob Giffey als Regierende Bürgermeisterin nicht für ihre Senatsmitglieder verantwortlich wäre, d.h. auch für die Frage, ob sie einem für eine historische Wahlblamage verantwortlichen Senator weiterhin das Vertrauen ausspricht - immerhin schädigt das Wahlchaos nicht die Demokratie, sondern kostet Berlin auch 40 Mio. Euro!

  4. 49.

    Amüsant trift es gut, stellt man sich vor, dass Ihre intellektuellen und kommunikativen Fähigkeiten für einen Posten als Radträger von Frau Jarasch reichen könnten. Bleiben Sie mit Ihren Sprechblasen besser in den (a)sozialen Netzwerken; da sind werden Sie geholfen.

  5. 48.

    "weil die Parteibasis auf Krampf RGR durchsetzen wollte. Giffey wäre schlicht an der Parteibasis gescheitert, die lieber ein "weiter so" wollte. "

    Warum auch nicht. Man hatte ja erst eine Legislaturperiode zusammengearbeitet. Und die Alternative zum "weiter so" war ein "zurück", schließlich hieß die Vorgängerregierung "Rot-Schwarz". Und diese GroKO hatte nicht ohne Grund nach der Wahl kein Mehrheit mehr - ganz im Gegensatz zu RRG.

    Aber ja, Giffey könnte ihr Anbiedern an die CDU und auch an die FDP (!) Stimmen kosten und damit die SPD - endlich - die Mehrheit verlieren

  6. 47.

    PKW-Zulassungen, Tausch von Führerscheinen (EU-Format), neue Ausweise / Reisepässe, ... Ließe sich unendlich fortführen. Statt diese Missstände zu beseitigen, belästigt man uns mit immer neuem Firlefanz: Hunderegister, Grundsteuerreform, etc. pp. Meiner Meinung nach hat der Wahnsinn Methode und betrifft nicht nur Berlin.

  7. 46.

    "Chapeau! Wie es Ihnen stets gelingt, Ihnen missfällige Meinungen unmittelbar im braunen Sumpf zu verorten. "

    Ihre Scheinargumente sind so schlecht wie sie schlecht klauen. Leute wie sie sollten nicht von "demokratischer Debattenkultur" schwafeln, die sie hier zu unterlaufen versuchen. Ihre persönlichen Diffamierunge laufen bei mir ins Leere.

    Im Gegenteil, ich finde sie eher amüsant. Getroffene Hunde bellen, Herr Neumann.

  8. 45.

    "Grundgesetzt ". Sie müssen nicht von sich auf andere schließen. Ihre Vorstellung vom GG ist so falsch wie sie es schreiben.

  9. 44.

    Dann hart die Basis aber eine falsche Kandidatin aufgestellt, die dem Volk einen starken Häuptling vorgaukeln soll.

  10. 43.

    Chapeau! Wie es Ihnen stets gelingt, Ihnen missfällige Meinungen unmittelbar im braunen Sumpf zu verorten. Haben Sie dafür einen Kurs an der VHS besucht oder sind Sie gar ein Empörungstroll? Was Sie hier laufend veranstalten hat aber auch rein gar nichts mit demokratischer Debattenkultur zu tun.

  11. 42.

    Was Sie unter "Demokratie" verstehen, tun Sie hier unter häufig wechselnden Nicks immer wieder gerne kund. Nur hat das wenig mit dem Grundgesetzt zu tun.

  12. 41.

    Und was soll uns ihr sinnbefreiter Kommentar sagen? Mir ist eine Partei lieber wo man sich streitlustig mit Themen und Ausrichtung befasst als eine Basta! Politik. Sie nennen das "ohne starken Führer".

    Die Basis einer Partei ist ein urdemokratisches Element. Sie wollen das Führerprinzip.

  13. 40.

    "Frau Sabine Müller - BRAVO!" Ja, Bravo Fr. Müller, sie haben den Feinden der Demokratie eine Steilvorlage gegeben.

  14. 39.

    So manche Partei irrlichert ohne starken Führer rund um die 5%-Hürde herum - s. die Linke.

  15. 38.

    Ich glaube nicht, das der der RBB respektlos ist. Mir würde da so ein Titel von J.B.O. einfallen - das käme dem schon näher.
    Aber, gestatten sie mir die Frage, würden sie sich bei Mr. Boombastic als Spoiler auch aufregen?

  16. 37.

    "Die Bildung einer bürgerlichen Regierung unter Führung der SPD war doch ein reines Schauspiel, weil die Parteibasis auf Krampf RGR durchsetzen wollte."

    Sie setzen selbstverständlich auf das Führerprinzip, das passt auch bestens zu ihrer Agenda.

  17. 36.

    Meine kühne PROGNOSE für die nächste Berliner Wahl:

    1. CDU wird die meisten Stimmen erhalten.
    2. Die Grünen werden Nr. 2 und - gemeinsam mit der SPD (Nr. 3) und den Linken (Nr. 4) - die Regierende
    Bürgermeisterin stellen.
    3. Frau Giffey wird in die Röhre gucken.


  18. 35.

    Auf kommunaler Ebene gilt in Berlin bereits die 3%-Regelung für die Wahlen zu den BVV, erst auf Landesebene sind es 5%,

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