Koalitionsverhandlungen mit der SPD - Wegner verteidigt Forderung nach Abfrage von Vornamen
Eine Koalition "auf Augenhöhe" erwartet CDU-Landeschef Wegner mit der SPD. Bevor die Gespräche beginnen, betonte er im rbb Schnittmengen - sprach aber auch unterschiedliche Standpunkte an. In einem besonders umstrittenen Punkt verteidigte Wegner seine Haltung.
- Wegner sieht Schnittmengen mit SPD vor allem beim Verkehr und Wohnungsneubau
- "Passgenaue Angebote": CDU-Chef steht zum Vornamen-Vorstoß
- Weiterhin große Skepsis gegenüber Enteignungen von Wohnungsunternehmen
- Am Montag sollen Koalitionsgespräche beginnen
Der Berliner CDU-Landeschef Kai Wegner sieht in einer Koalition mit der SPD Schnittmengen beim Wohnungsneubau, der Mobilitätswende und im Bereich innere Sicherheit. Das sagte Wegner am Freitagmorgen im rbb24 Inforadio. Der CDU-Politiker bekräftigte, er gehe bei einer möglichen Regierungskoalition mit den Berliner Sozialdemokraten von einem Bündnis "auf Augenhöhe" aus.
Aus der SPD war in den vergangenen Tagen hingegen wiederholt Kritik am Verhalten der CDU nach den Silvesterkrawallen in Berlin lautgeworden. Die Christdemokraten hatten die Bekanntgabe der Vornamen von Straftätern gefordert, die eine doppelte Staatsbürgerschaft haben. Dazu sagte Wegner im rbb24 Inforadio, man sei sich mit der SPD im Grundsatz darüber einig, dass man "Probleme benennen" müsse.
"Zu Berlin gehört Mehmet genauso wie Michael"
"Wir haben ein Gewaltproblem in Berlin von rechts, von links, aber teilweise auch von Jugendlichen mit Migrationshintergrund" sagte Wegner im rbb24 Inforadio. "Nur wenn ich Probleme benenne, kann ich sie auch richtig lösen."
Wegner betonte: "Zu Berlin gehört Mehmet genauso wie Michael - das ist gut, Berlin ist eine vielfältige Stadt. Es geht auch tatsächlich nicht darum, wie der Vorname lautet." Am Ende zähle, "wie man sich verhält. Ich muss wissen, welche Hintergründe die jungen Leute haben, wenn ich passgenaue Präventionsangebote machen will, um diese abzuholen."
SPD-Chefin Giffey hatte vor Kurzem mit Blick auf das Thema gesagt: "Die Vornamen-Debatte war nicht in Ordnung. Da muss sich die CDU ein Stück weit auf die SPD zubewegen. Wir haben aber deutliche Signale, dass die Bereitschaft dazu besteht."
Beim Thema Ausbau der Stadtautobahn A100 sieht der CDU-Landeschef noch Klärungsbedarf mit der SPD. Grundsätzlich seien sich CDU und SPD aber einig, dass die Stadt starke Verkehrsadern brauche, damit die Menschen gut von A nach B kämen. Es sei auch wichtig die Berlinerinnen und Berliner in die Entscheidungen mit einzubeziehen, so Wegner.
Enteignungen: Wegner erwägt Normenkontrollklage
Auch zum Thema der Enteignung von Wohnungskonzernen äußerte sich Wegner: "Wir lehnen eine willkürliche Enteignung von Wohnungsunternehmen weiterhin ab, nehmen aber den Volksentscheid und die Sorgen der Menschen sehr ernst." Man werde zunächst den Bericht der zuständigen Expertenkommission abwarten. Wenn dieser Enteignungen als grundsätzlich möglich erachte, werde man ein Rahmengesetz im parlamentarischen Verfahren schaffen. "Damit wollen wir dann eine Normenkontrollklage vor Gericht machen, um festzustellen, ob das verfassungskonform ist", so der CDU-Chef. Er habe aber "große Zweifel" und sei sich "sehr
sicher", dass Gerichte dem nicht zustimmen würden. Es müsse verhindert werden, dass so wie beim Mietendeckel erneut ein Gesetz von einem Gericht kassiert werde.
Montag starten Arbeitsgruppen
Nach der SPD hatte sich am Donnerstag auch der CDU-Landesvorstand dafür ausgesprochen, Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufzunehmen. Wegner zufolge sollen am Montag die Arbeitsgruppen eingesetzt werden. In den Tagen darauf werde die Dachgruppe mit dem Spitzenvertretern der Parteien zum ersten Mal zusammenkommen und das weitere Prozedere beraten.
Sollten die Koalitionsgespräche erfolgreich abgeschlossen werden, dürfte der 50-jährige Wegner neuer Regierender Bürgermeister werden und die erst seit Dezember 2021 amtierende Franziska Giffey ablösen. Die SPD-Landesvorsitzende hat ihre Bereitschaft erklärt, Senatorin in der neuen Landesregierung zu werden. Einen Regierungschef in Berlin hatte die CDU zuletzt mit Eberhard Diepgen gestellt, der von 1984 bis 1989 und von 1991 bis 2001 amtierte.
Die CDU hatte die Abstimmung Mitte Februar mit 28,2 Prozent gewonnen. SPD und Grüne bekamen beide 18,4 Prozent. Die Sozialdemokraten haben mit 53 Stimmen nur einen hauchdünnen Vorsprung vor den Grünen. Die Linke kam auf 12,2 Prozent, die AfD auf 9,1.
Sendung: rbb24 Inforadio, 03.03.2023, 8:45 Uhr